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Rehkeule total misslungen

bardioc64

Veganer
5+ Jahre im GSV
Hallo Zusammen,
hoffe ich bin mit diesem Thema hier richtig.

Am WE habe ich eine frische Rehkeule zu bereiten wollen.
Die Keule kommt von einem Arbeitskollegen meiner Frau der die Keule gefroren mitgebracht hat.

Wir wollten die Keule ganz klassisch mit Rotkohl und Soße aus dem Bratensaft machen. Soweit nix dolles.
Die keule habe ich im Kühlschrank aufgetaut, dann gesäubert, von der Silberhaut und Sehnen entfernt.
So das am Ende 3 Stücke übrig blieben, eins davon mit dem Knochen. Die restlichen kleinen Stücke sollten als Geschmacksträger für die Soße herhalten (zusammen mit Gemüse)

Das Fleisch dann gesalzen und in meiner Edelstahlpfanne schön scharf angebraten, mit Weiswein abgelöscht und dann ab in den Backofen bei 100° umd das Fleisch langsam auf eine KT von 60° zu bringen.
Die KT war nach ca. 2 Std erreicht, Rotkohl und Soße auch fertig, Gäste mittlerweile eingetroffen, es konnte also losgehen.

Ich hole das Fleisch aus dem Backofen und denke: sieht aber komisch aus. Mit der Fleischzange zugepackt und was ist das: Die zange geht so durch diesen Fleischbrei hindurch. Alles ist wie Pastete oder leberwurst!!!
Keine Fasern mehr vorhanden. Ich war den Tränen nahe.....
Geschmacklich eine einzige Katastrophe. Meine GöGa war begeistert.

Jetzt die Preisfrage: was habe ich falsch gemacht? Ist da irgendein chemischer Prozess in Gange gekommen , welches mir aus Muskelfleisch einen Fleischbrei gemacht hat?
Bin total ratlos.
Im CK Forum gibt es dazu auch einige Berichte, aber bisher keine Erklärung.

gruß in die Runde

Thomas
 
Also das hatte ich noch nie! Mache meine immer im Backofen oder im DO. Würzen, anbraten, Suppengemüse dazu, ablöschen, köcheln lassen und fertig.
Meine sind aber immer komplett, entweder mit Knochen oder ausgelöst am Stück. Evtl. war sie zu lange eingefroren das ist das einzige das ich mir erklären kann.
Einfach nochmal probieren!
 
Ich habe die folgende, ziemlich sinnvoll scheinende Erklärung gefunden:

Deine Beschreibung deutet auf übersäuertes Fleisch hin (Azidose). Dieses Fleisch ist zwar minderwertig, aber nicht schlecht. Azidose entsteht durch zu hohe Lactatkonzentration (Lactat ,Salz der Milchsäure, ist das Endprodukt des anaeroben Glucose-Stoffwechsels.Es wird verstärkt gebildet, wenn die Körperzellen auf Grund eines Sauerstoffdefizits ihren Energiebedarf nicht mehr aerob (unter Beteiligung von Sauerstoff) decken können). Dies passiert insbesondere dann bei Wild, wenn es :

a) z.B. auf Drück/Treibjagden lange von Hunden durch die Gegend gescheucht worden ist ( grade Rehwild als Kurzstreckenflüchter),
b) krankgeschossen wurde und noch weit gegangen ist oder zu früh aufgemüdet wurde
und c) nicht sach-und fachgerecht versorgt wurde ( nicht lange genug gehangen hat zum ausbluten z.B.)

durch das scharfe Anbraten hast Du im Prinzip eine geschlosse feste (Lactat)Kruste geschaffen und innerhalb der Kruste passierte das Gleiche wie in einem Dampfkochtopf: der Inhalt unter der Kruste zerkochte zu Brei. Das sieht zwar äußerst unappetilich aus, ist aber eßbar. Zur Not macht man davon Pastete oder Terrine, kann aber auch Wildkroketten daraus machen.

Was den schlechten Geschmack angeht:

Der an Urin erinnernde Geruch wie der ‘Lebergeschmack’ wird durch Stoffwechselprodukte von aus dem Magen/Darmbereich kommenden Bakterien verursacht. Diese Bakterien können auf verschiedene Arten ins Muskelfleisch kommen : ein einfachsten natürlich durch einen Pansenschuss und alle Schüsse, die den Magen/Darmbereich verletzen, das Wild aber nicht sofort töten, da haben die Bakterien sogar das Transportmittel des zirkulierenden Blutes, aber auch bei anderen tödlichen Verletzungen, bei denen der Tod nicht schlagartig eintritt.
Aber auch ohne das bricht nach dem Tod die Darmbarriere für Bakterien nach spätestens rd. einer ¾ Std zusammen. Wird ein Tier also zu spät ausgeweidet, sind die Bakterien auch schon da. Auch ein Fehler beim Ausweiden selbst kann dazu führen.

Und diese Bakterien werden auch nicht alle durch Eingefrieren abgetötet. Das ist vielleicht auch die Erklärung, warum ihr es vor allem bei NT bemängelt, da haben sie ja nach dem Auftauen im Ofen eine besonders lange, gerade schön kuschelig warme Zeit, um sich nochmals so richtig schon zu vermehren und zu stoffwechseln ; bei idealer Temperatur können sie sich nämlich alle rd. 20 Minuten verdoppeln.

Die Kombination aus beiden Berichten scheint mir alles in allem ziemlich genau auf dein Erlebnis zuzutreffen. Wirkt für mich (als Laien!) so, als wurde das Tier entweder nicht sofort getötet oder zu spät ausgeweidet... oder beides.

Aber vielleicht können Wild- und Jagdexperten da mehr zu sagen.
 
Bei 100° GT 2 Stunden? Da passt aber irgend was nicht! Bei einer Rehkeule erschein mir auch 60° KT etwas niedrig.
Sehr seltsam.
 
Ich habe die folgende, ziemlich sinnvoll scheinende Erklärung gefunden:



Aber vielleicht können Wild- und Jagdexperten da mehr zu sagen.
Bin Jäger aber sowas hatte ich noch nie. Die Erklärung ist allerdings nachvollziehbar. Bei manchen Jagden wird gerade dieses Wild nicht gern genommen und wer auf hoch flüchtiges Wild schießt und nicht sauber trifft (lange nachsuche etc.) wird auch nicht mehr so oft eingeladen :-) da das Wild hier überhizt und dadurch übersäuert. Ist wie bei Leistungssportlern, da werden auch die Laktatwerte gemessen.
 
Ich glaub ich kann da was produktives beitragen

Ich bin selbst Jäger und da landet dann einiges auf dem Grill :v:

Bei Rehen hab ich folgendes festgestellt, je länger die gereift waren umso weniger waren die genießbar bei low and slow am Grill.
Die Keulen wurden breiartig und trocken, es war nicht möglich sie zu schneiden, wirklich ungenießbar.

Kurz gereiftes Fleisch hingegen gelang immer, aber hier auch mit Abstrichen in Richtung Konsistenz

Bei langer Reifung spreche ich von vier Wochen minimum bei 1-3 Grad
Die Rehkeule an sich ist dermassen zart da brauchst du nix mit low and slow machen, mittlere Temperatur von 160 grad, KT ca 56- 60 und dann gut verpackt ca 30-5 min rasten lassen, bei maximal 60 grad Umgebungstemperatur, dann hast du eine traumhafte Textur und ein wirklich tolles Gericht
:weizen:lg Martin
 
Bin Jäger aber sowas hatte ich noch nie. Die Erklärung ist allerdings nachvollziehbar. Bei manchen Jagden wird gerade dieses Wild nicht gern genommen und wer auf hoch flüchtiges Wild schießt und nicht sauber trifft (lange nachsuche etc.) wird auch nicht mehr so oft eingeladen :-) da das Wild hier überhizt und dadurch übersäuert. Ist wie bei Leistungssportlern, da werden auch die Laktatwerte gemessen.
Deswegen schießt man Reh auch nur, wenn alle Läufe auf dem Boden sind.
 
Hallo,

bei uns gibt es sehr häufig Wild und ich hatte vor Jahren ein ähnliches Erlebnis mit einem ausgelösten Rehrücken.
Allerdings habe ich den mit noch niedriger Temperatur (ca. 80 Grad) im BO gegart. Das Fleisch war anschließend matschig und hatte einen an Leber erinnernden Geschmack.
Bei Gartemperaturen um 120 Grad ist mir das noch nie passiert - also hab ich es darauf geschoben, dass Reh vielleicht nicht für Niedrigtemperatur und sehr lange Garzeiten geeignet ist. Im Netz findest du ähnliche Beobachtungen.

Schöne Grüße und mehr Erfolg beim nächsten Reh,
Ingo
 
Das Reh lebrig wird, liest man immer wieder und meist in Verbindung mit Niedrigtemperatur - scheint einfach eine Risikokombination zu sein...
 
Das Reh lebrig wird, liest man immer wieder und meist in Verbindung mit Niedrigtemperatur - scheint einfach eine Risikokombination zu sein...

so seh ich das auch. Ist mir auch schon mal mit Rehrücken passiert. Seit ich viel mit sous vide mache, lese ich auch immer wieder, dass Wild nur bedingt geeignet ist - vor allem längere Zeit. Kurze Garzeiten bei etwas höherer Temperatur dagegen gehen immer.
Wild im Backofen gare ich jetzt nicht mehr bei 80 Grad - sondern eher bei 120 - 130 Grad.
 
Dann kannst Du es aber weder verifizieren noch falsifizieren, oder?
Erkenntnistheoretisch führt uns das nicht weiter :-)
 
danke für die interessante frage. ich drehe es mal um: NT macht man ja hauptsächlich, um fleisch mit viel bindegewebe zart zu kriegen (umwandlung des collagen in gelee;-) .Hat wild (wenn ja, welche stücke, oder wo sind die untersschiede?) denn im vergleich zu kuh so wenig bindegewebe, daß man hier NT quasi nicht braucht?
also mich würde sozusagen die zusammensetzung von reh (rücken, keule...?) interessieren, um hier rückschlüsse auf eine garmethode ziehen zu können. das fleisch bei NT "zerfällt", weil stützende fasern fehlen und damit aber das kaugefühl eher unangenehm ist, kann ich bestätigen. nicht alles wir dmit NT oder SV besser!
 
Morgen,

also wenn das Tier krankgeschossen wurde, etwa durchs kleine Gescheide (Darm) und dann in die Keule ist selbige eigentlich sofort ungenießbar und nur noch Hundefutter. Das Geschoss zieht dann soviel Äsung aus dem Darm mit ins Fleisch - aber das hättest Du beim zerteilen schon bemerken müssen.
Ansonsten kann ich auch nur spekulieren aber low&slow wird doch zumeist für Fleisch mit einem nicht unerheblichen Anteil Fett angewandt, oder? Und davon hat so ein Reh kaum etwas. Persönlich mag ichs genau wie Damwild - erst kräftige Hitze von allen Seiten, dann kurz bei ~150 Grad nachziehen je nach Dicke. Bewährt und gut.

Edith sagt: @ oben und flüchtig auf Rehwild schießen: Gibts momentan keinen Grund für. Bewegungsjagden sind eh nicht aktuell also "könnte" man die Bejagung ganz in Ruhe vornehmen wie der Meister schon sagte. Wenn alle viere aufm Boden sind.
 
Ich zitiere mich mal selbst.
Das Stichwortz ist Azidose:

"Deine Beschreibung deutet auf übersäuertes Fleisch hin (Azidose). Dieses Fleisch ist zwar minderwertig, aber nicht schlecht. Azidose entsteht durch zu hohe Lactatkonzentration (Lactat ,Salz der Milchsäure, ist das Endprodukt des anaeroben Glucose-Stoffwechsels.Es wird verstärkt gebildet, wenn die Körperzellen auf Grund eines Sauerstoffdefizits ihren Energiebedarf nicht mehr aerob (unter Beteiligung von Sauerstoff) decken können). Dies passiert insbesondere dann bei Wild, wenn es :
a) z.B. auf Drück/Treibjagden lange von Hunden durch die Gegend gescheucht worden ist ( grade Rehwild als Kurzstreckenflüchter),
b) krankgeschossen wurde und noch weit gegangen ist oder zu früh aufgemüdet wurde
und c) nicht sach-und fachgerecht versorgt wurde ( nicht lange genug gehangen hat zum ausbluten z.B.) "

Ich finde es bedauerlich, wenn der Jäger das so abgibt.
Wir verwerten und vermarkten ein hochwertiges Lebensmittel für gutes Geld.
Bei mir gehen nur Stücke in den Verkauf, die im Knall lagen.
Danach wird das Wild fachgerecht versorgt und vorschriftsgemäß in den Wildkühlschrank gehängt.
Sag dem Jäger Bescheid: so etwas braucht er dir gar nicht mehr verkaufen. Das sollte er ruhig wissen.

Ich mache Rücken SV, ich mache Keule NT und es gelingt.
Dann habe ich es aber auch selbst erlegt oder aber Freunde, die mir keinen Mist andrehen.
 
Am WE habe ich eine frische Rehkeule zu bereiten wollen.
Die Keule kommt von einem Arbeitskollegen meiner Frau der die Keule gefroren mitgebracht hat.

Was nu? Frisch oder TK?
So richtig frisch und TK passt für mich nicht so ganz zusammen.
 
Ich habe auch schon öfter Hirsch- und Rehkeule bei niedriger Temperatur gebraten. Dabei hatte ich noch deutlich längere Zeiten. Das Fleisch war dann schön rosa und wunderbar zart. Das heißt an der Methode kann es nicht liegen.
 
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