Im Michelin 2019 gibt es in Düsseldorf insgesamt 5 Restaurants, die mit einem Bib Gourmand ausgezeichnet sind. Dort sollte man ausgezeichnetes Essen mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis finden (3 Gänge < 37 €). Diese Kategorie ist häufig interessanter als Sterne-Restaurants, weil man hier wahre Pretiosen findet.
Allerdings beweist der Michelin in Düsseldorf dabei nicht unbedingt ein glückliches Händchen, denn unsere Besuche in den mit einem Bib ausgezeichneten Brasserie Hülsmann und Rob's Kitchen waren recht enttäuschend. Dahingegen gibt es eine Reihe von Restaurants in der Stadt, wie beispielsweise die Bar Olio oder das Rocaille, die deutlich besser in das Bib-Konzept passen würden, denen aus mir unverständlichen Gründen aber bis heute der Bib fehlt.
Heute führte uns der Weg in die Brasserie Stadthaus, die ebenfalls mit einem Bib ausgezeichnet ist. Angesichts von Vorspeisen um die 15 €, Hauptgerichten um die 30 € und Desserts über 10 € stellte sich uns schon vorab die Frage, wie der Bib vom PLV her hier Einzug halten konnte. Dazu sind die meisten Bib-Restaurants eher lässige Bistrots, was zu den gestärkten weißen Tischdecken und dem klassischen Ambiente im Stadthaus eigentlich nicht passt.
Aber letztendlich zählt der Eindruck vor Ort und wir waren frohen Mutes, französische Küche auf hohem Niveau genießen zu können. Angesichts dessen, dass Düsseldorf mit über einem Dutzend französischer Bistrots imho die deutsche Hauptstadt der französischen Küche ist, waren wir gespannt, was uns erwarten würde. Da ich im Vorhinein gelesen hatte, dass man als Walk-In auch im leeren Lokal den „Katzentisch“ bekommt, hatte ich wohlweislich im Vorhinein reserviert.
Trotzdem wurden bei der Begrüßung alle Vorurteile gegenüber dem Service bestätigt, die man in einem (mittlerweile 4 Jahre altem) Bericht in der Sterneklasse nachlesen konnte: Nachdem wir einige Minuten an der Tür warten mussten, entdeckte uns der „Oberkellner“. Statt uns nun zu begrüßen oder gar zum reservierten Tisch zu geleiten suchte er verzweifelt eine Servicekraft, die diesen profanen Job übernehmen könnte. Erst nach Scheitern dieses Unterfangens ließ er sich mit der Attitüde eines englischen Butlers dazu herab, die Jacken entgegen zu nehmen. Danach fand er glücklicherweise eine Bedienung, die uns zum Tisch brachte und er verabschiedete sich grußlos. Ein solches Verhalten habe ich das letzte Mal in den 90ern in einem steifen deutschen Sternerestaurant erlebt.
Da wir aber vorgewarnt waren, ließen wir uns die gute Laune nicht verderben und studierten die Karte. Wie immer hatte ich auf der Webseite die Karte vorab durchgelesen, aber leider war diese wohl recht alt und hatte mit der aktuellen Karte fast nichts zu tun. Die Auswahl fiel trotzdem recht leicht, denn Austern öffnen können die meisten Restaurants, ebenso wie Riesengarnelen in Tomatensauce wenig Überraschung bieten.
Es gab daher nur wenige Gerichte, die meine Neugierde weckten und so war die Bestellung schnell klar. Nun war es Zeit für die Weinkarte, die nahezu komplett mit französischen Gewächsen gefüllt war. Tendenziell gab es wenig große Namen auf der Weinkarte, dafür waren die Weine sehr fair kalkuliert mit Faktor zwei und geringer.
Wir entschieden uns für einen 2015 Jean-Pierre Michel Viré-Clessé A.C. "M" de Quintaine, der erfreulicherweise offen aus der Magnum eingeschenkt wurde.
Obwohl wir zu Beginn geäußert hatten, dass wir aufgrund von Folgeterminen etwas eilig seien, dauerte es volle 50 Minuten, bis unsere Vorspeise kam. In der Zwischenzeit gönnten wir uns einen Blick auf die Details. Das Publikum war so, wie man es in einem Klischee von Düsseldorf erwartet:
Zum Lunch teuer und elegant gekleidet, distinguiert und vertieft im Gespräch über den Wochenendtrip nach Sylt – das Düsseldorfer Pendant zum Münchener Dallmayr. Dazu passend eine gestickte Serviette mit Knopfloch, die ich ebenfalls seit den 90ern nicht mehr gesehen habe.
Nicht ganz passend dazu waren allerdings Tischauflagen mit billigen Papierdecken, die vermutlich 1 € bei der Reinigung der gestärkten Tischdecken sparen.
Nun ging es endlich los
Os à Moelle
Gratinierter Markknochen, Guérande-Salz, geröstetes Graubrot
Die Anrichtweise als „schlicht“ zu bezeichnen, wäre vermutlich noch untertrieben. Nichts desto trotz war der Markknochen ganz ordentlich zubereitet, auch wenn es letztendlich nur 5 Löffel waren, wofür 14 € kein Schnäppchen sind.
Suprême de Pigeon
Taubenbrust, Sellerie, Orange
Die Taubenbrust war qualitativ in Ordnung, allerdings waren die Enden übergart. Der Sellerie-Püree war nett., aber insgesamt eher durchschnittliche Bistro-Küche.
Mittlerweile war uns klar, dass es hier vermutlich keine positiven Ausreißer geben würde, aber immerhin auch keine „Körperverletzung“ drohte, wie kürzlich in einem anderen Bistro. Letztendlich eine mittelmäßige Zubereitung ebenso mittelmäßiger Zutaten.
Passend zur bisherigen Servicequalität kam dann nach (!) der Vorspeise das Brot, das wir gern schon eine Stunde vorher gehabt hätten und daher zurück gehen ließen. Aber immerhin wurde dann zeitnah der Hauptgang serviert, der optisch nicht schlecht aussah:
Lotte
Seeteufel, Zitronenrisotto, grüner Spargel, Crème Fraîche
Ein ordentliches Stück Lotte, bei dem auch der Garpunkt halbwegs getroffen wurde. Das Risotto war aber durch seine Konsistenz und deutlich zu viel Zitrone eher kein Highlight ebenso wie das Gemüse. Witzig war, dass es beim grünen Spargel zwar 8 Enden , aber nur drei Spitzen gab. Da fragt man sich, wer der glückliche Tagesgewinner war.
Coq au Vin a la Brasserie
Gebratene Maispoularden-Brust, Ragout, Rosmarin-Kartoffeln
Auch hier war das Produkt recht ordentlich, sowohl von Qualität als auch Garung. Dazu ein wirklich süffiger Sud, der erstmals das Niveau zeigte, das man eigentlich hätte erwarten können. Dank des Suds machte der Gang grundsätzlich Spaß. Erstaunlicherweise schaffte es aber der Koch ausgerechnet das Gemüse nahezu ungenießbar zu schicken, Angesichts dessen, dass nicht nur die Lotte sondern auch einige andere Gerichte am Nebentisch dieselbe Gemüse-Beilage hatten, war es vermutlich übergarte TK-Ware, die auf diesem Niveau eigentlich nicht serviert werden sollte.
Fazit:
Die Brasserie Stadthaus verkörpert in jeder Beziehung die Attitüde eines Sternerestaurants aus dem 20. Jahrhundert. Dazu passt die Küchenleistung leider nicht ansatzweise, die zwar erträglich aber keinesfalls begeisternd ist. Der Service ist wenig überzeugend und lässt den Gast als Bittsteller zurück. Es gibt in Düsseldorf viele Restaurants wo man für das gleiche Geld deutlich mehr Spaß haben kann. Wer aber eine Zeitreise in das letzte Jahrhundert antreten möchte, dem sei das Stadthaus empfohlen – es ist auf seine Art einmalig in Düsseldorf und insoweit ein würdiger Nachfolger des (mittlerweile geschlossenen) Victorian-Bistro. Der Bib bleibt allerdings in jeder Beziehung unerklärlich, so dass es eine ganze Reihe anderer Lokale in Düsseldorf gibt, wo man für die üblichen gut 100 € (2 Personen, je 2 Gänge, inkl. Wein + Wasser) besser und entspannter essen kann.
Allerdings beweist der Michelin in Düsseldorf dabei nicht unbedingt ein glückliches Händchen, denn unsere Besuche in den mit einem Bib ausgezeichneten Brasserie Hülsmann und Rob's Kitchen waren recht enttäuschend. Dahingegen gibt es eine Reihe von Restaurants in der Stadt, wie beispielsweise die Bar Olio oder das Rocaille, die deutlich besser in das Bib-Konzept passen würden, denen aus mir unverständlichen Gründen aber bis heute der Bib fehlt.
Heute führte uns der Weg in die Brasserie Stadthaus, die ebenfalls mit einem Bib ausgezeichnet ist. Angesichts von Vorspeisen um die 15 €, Hauptgerichten um die 30 € und Desserts über 10 € stellte sich uns schon vorab die Frage, wie der Bib vom PLV her hier Einzug halten konnte. Dazu sind die meisten Bib-Restaurants eher lässige Bistrots, was zu den gestärkten weißen Tischdecken und dem klassischen Ambiente im Stadthaus eigentlich nicht passt.
Aber letztendlich zählt der Eindruck vor Ort und wir waren frohen Mutes, französische Küche auf hohem Niveau genießen zu können. Angesichts dessen, dass Düsseldorf mit über einem Dutzend französischer Bistrots imho die deutsche Hauptstadt der französischen Küche ist, waren wir gespannt, was uns erwarten würde. Da ich im Vorhinein gelesen hatte, dass man als Walk-In auch im leeren Lokal den „Katzentisch“ bekommt, hatte ich wohlweislich im Vorhinein reserviert.
Trotzdem wurden bei der Begrüßung alle Vorurteile gegenüber dem Service bestätigt, die man in einem (mittlerweile 4 Jahre altem) Bericht in der Sterneklasse nachlesen konnte: Nachdem wir einige Minuten an der Tür warten mussten, entdeckte uns der „Oberkellner“. Statt uns nun zu begrüßen oder gar zum reservierten Tisch zu geleiten suchte er verzweifelt eine Servicekraft, die diesen profanen Job übernehmen könnte. Erst nach Scheitern dieses Unterfangens ließ er sich mit der Attitüde eines englischen Butlers dazu herab, die Jacken entgegen zu nehmen. Danach fand er glücklicherweise eine Bedienung, die uns zum Tisch brachte und er verabschiedete sich grußlos. Ein solches Verhalten habe ich das letzte Mal in den 90ern in einem steifen deutschen Sternerestaurant erlebt.
Da wir aber vorgewarnt waren, ließen wir uns die gute Laune nicht verderben und studierten die Karte. Wie immer hatte ich auf der Webseite die Karte vorab durchgelesen, aber leider war diese wohl recht alt und hatte mit der aktuellen Karte fast nichts zu tun. Die Auswahl fiel trotzdem recht leicht, denn Austern öffnen können die meisten Restaurants, ebenso wie Riesengarnelen in Tomatensauce wenig Überraschung bieten.
Es gab daher nur wenige Gerichte, die meine Neugierde weckten und so war die Bestellung schnell klar. Nun war es Zeit für die Weinkarte, die nahezu komplett mit französischen Gewächsen gefüllt war. Tendenziell gab es wenig große Namen auf der Weinkarte, dafür waren die Weine sehr fair kalkuliert mit Faktor zwei und geringer.
Wir entschieden uns für einen 2015 Jean-Pierre Michel Viré-Clessé A.C. "M" de Quintaine, der erfreulicherweise offen aus der Magnum eingeschenkt wurde.
Obwohl wir zu Beginn geäußert hatten, dass wir aufgrund von Folgeterminen etwas eilig seien, dauerte es volle 50 Minuten, bis unsere Vorspeise kam. In der Zwischenzeit gönnten wir uns einen Blick auf die Details. Das Publikum war so, wie man es in einem Klischee von Düsseldorf erwartet:
Zum Lunch teuer und elegant gekleidet, distinguiert und vertieft im Gespräch über den Wochenendtrip nach Sylt – das Düsseldorfer Pendant zum Münchener Dallmayr. Dazu passend eine gestickte Serviette mit Knopfloch, die ich ebenfalls seit den 90ern nicht mehr gesehen habe.
Nicht ganz passend dazu waren allerdings Tischauflagen mit billigen Papierdecken, die vermutlich 1 € bei der Reinigung der gestärkten Tischdecken sparen.
Nun ging es endlich los
Os à Moelle
Gratinierter Markknochen, Guérande-Salz, geröstetes Graubrot
Die Anrichtweise als „schlicht“ zu bezeichnen, wäre vermutlich noch untertrieben. Nichts desto trotz war der Markknochen ganz ordentlich zubereitet, auch wenn es letztendlich nur 5 Löffel waren, wofür 14 € kein Schnäppchen sind.
Suprême de Pigeon
Taubenbrust, Sellerie, Orange
Die Taubenbrust war qualitativ in Ordnung, allerdings waren die Enden übergart. Der Sellerie-Püree war nett., aber insgesamt eher durchschnittliche Bistro-Küche.
Mittlerweile war uns klar, dass es hier vermutlich keine positiven Ausreißer geben würde, aber immerhin auch keine „Körperverletzung“ drohte, wie kürzlich in einem anderen Bistro. Letztendlich eine mittelmäßige Zubereitung ebenso mittelmäßiger Zutaten.
Passend zur bisherigen Servicequalität kam dann nach (!) der Vorspeise das Brot, das wir gern schon eine Stunde vorher gehabt hätten und daher zurück gehen ließen. Aber immerhin wurde dann zeitnah der Hauptgang serviert, der optisch nicht schlecht aussah:
Lotte
Seeteufel, Zitronenrisotto, grüner Spargel, Crème Fraîche
Ein ordentliches Stück Lotte, bei dem auch der Garpunkt halbwegs getroffen wurde. Das Risotto war aber durch seine Konsistenz und deutlich zu viel Zitrone eher kein Highlight ebenso wie das Gemüse. Witzig war, dass es beim grünen Spargel zwar 8 Enden , aber nur drei Spitzen gab. Da fragt man sich, wer der glückliche Tagesgewinner war.
Coq au Vin a la Brasserie
Gebratene Maispoularden-Brust, Ragout, Rosmarin-Kartoffeln
Auch hier war das Produkt recht ordentlich, sowohl von Qualität als auch Garung. Dazu ein wirklich süffiger Sud, der erstmals das Niveau zeigte, das man eigentlich hätte erwarten können. Dank des Suds machte der Gang grundsätzlich Spaß. Erstaunlicherweise schaffte es aber der Koch ausgerechnet das Gemüse nahezu ungenießbar zu schicken, Angesichts dessen, dass nicht nur die Lotte sondern auch einige andere Gerichte am Nebentisch dieselbe Gemüse-Beilage hatten, war es vermutlich übergarte TK-Ware, die auf diesem Niveau eigentlich nicht serviert werden sollte.
Fazit:
Die Brasserie Stadthaus verkörpert in jeder Beziehung die Attitüde eines Sternerestaurants aus dem 20. Jahrhundert. Dazu passt die Küchenleistung leider nicht ansatzweise, die zwar erträglich aber keinesfalls begeisternd ist. Der Service ist wenig überzeugend und lässt den Gast als Bittsteller zurück. Es gibt in Düsseldorf viele Restaurants wo man für das gleiche Geld deutlich mehr Spaß haben kann. Wer aber eine Zeitreise in das letzte Jahrhundert antreten möchte, dem sei das Stadthaus empfohlen – es ist auf seine Art einmalig in Düsseldorf und insoweit ein würdiger Nachfolger des (mittlerweile geschlossenen) Victorian-Bistro. Der Bib bleibt allerdings in jeder Beziehung unerklärlich, so dass es eine ganze Reihe anderer Lokale in Düsseldorf gibt, wo man für die üblichen gut 100 € (2 Personen, je 2 Gänge, inkl. Wein + Wasser) besser und entspannter essen kann.
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