Es ist der 03.03.2020. Die gesamte Welt ist im Bann der Coronakrise und blickt gespannt nach Berlin, was sich Regierende überlegen, um dem Fortschreiten der Infektion Einhalt zu gebieten.
Die kulinarische Welt hingegen schaut an diesem Tag allerdings nicht nach Berlin sondern nach Hamburg. Besser gesagt, in den Computer, da die diesjährige Verleihung des Guide Michelin abgesagt ist und nur per Livestream übertragen wird. Wer gut informiert und vernetzt ist, weiß schon gegen Mittag, in welchen Restaurants es ratsam ist, noch schnell einen Tisch zu reservieren. Ein zusätzlicher Stern wirkt sich meist negativ auf eine spontane Reservierungsanfrage aus.
Für München gibt es einen großen Überraschungsgewinner, mit dem wohl nicht viele gerechnet haben: das „Les Deux“ wird mit zwei Sternen ausgezeichnet.
Das Restaurant im Ersten Stock eines tollen dreieckigen Baues aus Stahl und Glas beherbergt im Erdgeschoss eine gehobene französische Brasserie. In diesem war ich schon ein paar Mal zum Mittagessen oder für ein kurzes Abendessens nach einem anstrengende Tag in der Münchner Innenstadt. Das Restaurant hatte ich vor ziemlich genau vier Jahren zum letzten Mal besucht.
Es war damals ein schönes Erlebnis und ein guter Stern. (Les Deux * 2016)
Ich wollte immer mal wieder hin, aber ihr kennt das ja, irgendwas ist immer. Ein anderer Kandidat, der interessanter scheint oder noch mehr Abenteuer verspricht.So hatte ich das „Les Deux“ als guten Stern im Kopf behalten, allerdings auch nicht mehr. Also schnell zum Hörer gegriffen und noch einen Platz reserviert. Ich möchte sehen, ob sich das Restaurant wirklich auf einen zweiten Stern gekocht hat oder ob der Michelin dieses Jahr einfach nur großzügig war.
Es ergibt sich, dass der angepeilte Termin der Letzte sein wird, an dem es noch möglich ist, abends in einem Restaurant essen zu können. Meine anderen Reservierungen im Sparkling Bistro und im Gabelspiel, die je einen Michelin Stern bekommen haben, werden mir an den nachfolgenden Tagen leider abgesagt. So geht es abends gegen 19:00 Uhr durch die gespenstisch leere Münchner Innenstadt.
Wie immer der Erste, habe ich nochetwas Zeit und nutze die Gelegenheit für ein paar schnelle Fotos.
Das Restaurant wird an diesem Abend etwa zu einem Drittel gefüllt sein, sodass zwischen allen Tischen immer Einer frei bleibt und alle Gäste in einem gewissen Abstand zueinander sitzen können.
Auf der Toilette steht eine Literflasche viruzides Desinfektionsmittel. In Anbetracht der Zeiten ein finanziell nicht gerade ungefährlicher Aufstellungsort.
Vermutlich einer der besten und romantischsten Orte in einem Münchner Restaurant. Bequem und schick zugleich.
Die gemütlichen zwei Couchen sind in der äußersten gläsernen Spitze des Gebäudes untergebracht. Wer als Mann zum Valentinstag seine Liebste hierhin mit einer guten Flasche Rose Champagner einlädt, kann eigentlich nicht verlieren.
Was die Speisekarte des Les Deux angeht, macht es sehr viel sehr richtig und vieles davon gibt es in der Sternegastronomie leider immer seltener. Es hat zum einen Mittags geöffnet, bietet neben einem Buisness Lunch ein großes Menü und einen a La Carte Teil an. Man kann auch fröhlich zwischen Verschiedenem hin und her wechseln und so munter kombinieren.
Dem Motto „Nobel geht die Welt zugrunde“ folgend, bestelle ich eine Flasche 2006er Grand Millesime von Gosset.
Meine Gedanken dazu werden mit einem ersten Gruß aus der Küche unterbrochen. Schalottenmacaron mit Pulpo, Avocadocreme und etwas Yuzu, sowie ein Foie-Gras Lollipop.
Geschmacklich okay, nett, aber mehr nicht. Die Foie-Gras kenne ich süßer und cremiger. Am interessantesten ist da der Scharlottenmacaron. Ein so feiner Eischnee mit Zwiebeln hat was. 7/10
Weiter geht es mit etwas Tatar vom Gelbflossen Tunfisch, Zucchini, Finger Limes und selbst gemachtem Ginger Beer. Eine geschmacklich tolle Kombination. 7,5/10
Selbst gemachtes Brot mit eigenem Sauerteig und ein wunderbar süß duftendes Rosmarinbrioche mit etwas aufgeschlagener Fleur de Sel Butter.
Der erste Gang, Entenleberparfait mit Carpaccio von der Ananas, Sauerteigbrot, Misocreme und rotem Pfeffer, ist der Knaller. Entenleber mit Kirschen, ja klar der Klassiker und hatten wir sowieso gerade und wo nicht.
Ein gewagterer Koch macht das vielleicht mal mit einer Erdbeere oder anderem roten Obst, aber einen Ananas, nein das hatten ich noch nicht. Dazu bestelle ich noch einen sehr sehr gut eingeschenkten 2008er Sauternes. Warum dieser Gang so gut funktioniert, liegt an den drei Komponenten Foie Gras, Ananas und Pfeffer. Die Ananas liefert der Foie Gras die nötige Süße, die sie zur Entfaltung braucht. Die Säure der Ananas wiederum braucht aber die Schärfe des Pfeffers, um die Aromen im Gleichgewicht halten zu können. Zuviel oder zu wenig von einem der drei und das Gericht würde in sich zusammenfallen. Hier ist es aber genau richtig getroffen. (Beim Schreiben fällt mir gerade mit einem Lächeln ein, dass ich noch eine wunderschöne Ananas und einen Block Foie Gras im Kühlschrank habe. Oh Mann, ich hoffe, ich habe roten Pfeffer da!). 8/10
Der nächste Gang ist ein Klassiker der französischen Bistroküche. Bouillabaisse mit Fischen, Muscheln und Sauce Rouille.
Eine wirklich wundervoll reichhaltig cremige Suppe, mit jeder Menge Fischen und Muscheln. Dazu eine herrlich cremige Rouille. Hier kommt das Sauerteigbrot zum Zug, um auch den letzten Tropfen Suppe aufzusaugen. Ich habe zwar noch keine tausend verschiedener probiert, aber diese war bis jetzt die Beste. 8/10
Weiter geht es mit einer Tranche vom Bretonischen Steinbutt, geschmortem Kalbskopf, Perigord Trüffel, Spinat, Brokkoli und Madeira Sauce.
Der Fisch ist unter dem gefühlt fünf Zentimeter hohen Berg aus Trüffeln erst garnicht zu sehen. Hier hat wirklich jemand nicht gegeizt. Der Steinbutt ist perfekt gegrillt. Ich meine nicht, das glasige, fast noch kalte aufs 0,XXX Grad temperierte Sous-Vide Filet. Es ist einfach ein richtig gegrillter heißer Fisch, der alles andere als trocken ist.
Die Madeira Soße liefert sich mit dem Fisch einen starken Kampf, wer denn der Hauptdarsteller hier auf dem Teller ist, und gewinnt ihn, glaube ich, auch. Heiß und wahnsinnig intensiv duftend wird sie aus der Kupferkasserolle am Tisch angegossen. 8/10
Weiter geht es mit dem Zweierlei von der Taubenbrust. Beim Bestellen überlege ich noch, ob ich diesen nicht einfach weg lassen soll. Ich bin nicht so der Geflügelfan. Gott sei dank siegt der Hunger über den Verstand und ich habe sie einfach so mitbestellt. Welch großen Fehler hätte ich begangen, wenn ich das nicht getan hätte.
Geliefert wird Taubenbrust und Keule mit Topinamburcreme, Piemonteser Haselnuss, grünem Spargel und einer wieder angegossenen Currysauce. Mein Gott, was für ein Aroma, was für ein Duft, was für eine Textur. Hier passt alles perfekt zueinander.
So etwas bekommt man manchmal in einem Dreisterner, aber das hätte ich hier nicht erwartet. Die Gänge davor waren alles andere als schlecht, aber in einem Blindtest hätte ich nie im Leben gesagt, dass dieser Gang aus der selben Küche kommt wie die davor.
Das ist wirklich großes Tennis. Der Gang wird serviert, sieht schonmal gut aus, die angegossene Soße riecht noch besser. Man probiert und nach dem ersten Bissen hält man inne. „Moment mal, was?“ noch ein Bissen. „Das kann doch nicht war sein, wie gut ist das denn?“ Man wird ganz unruhig und hibbelig, versucht immer mehr davon zu essen, den Geschmack so lange wie möglich zu behalten.
In dem kleinen Staub-Töpfchen befindet sich noch etwas Hühnerklein. Zu Beginn denkt man noch, nett, eine Beilage, ja. Nachdem man aber erstmal in diesen Rausch gefallen ist und auch das probiert, stellt sich absolute Verzückung ein. Das ist keine einfach Beilage als schnöder Nebendarsteller. Es ist genauso gut wie das Hauptgericht.
Es ist alles perfekt an diesem Gang. Würde ich nicht locker zu Fuß ins Les Deux kommen, ich wäre bereit mindestens 5 Stunden zu fahren nur für diesen einen Gang (okay, vielleicht noch einen Teller von der Bouillabaisse vorweg) und dann wieder zurück. Absoluter Wahnsinn. 9,5/10
Als kleinen Übergang zum Dessert gibt es noch eine kleine Kugel aus weißer Schokolade, die einen flüssigen Pina Colada enthält.
Erdbeerkranz aus weißer Schokolade mit Kakaopulver bestreut, falschem Mon Cheri, ein aus Kirschgel gemachtes Kirschblatt und Eierlikör.
Ein geschmacklich schönes Dessert, welches Gott sei Dank nicht auf dem hohen Niveau der Ente liegt. Das wäre nach dieser einfach zu viel des Guten. Sonst hätte mich die Bewertung des Guide Michelin mit nur zwei Sternen langsam zu wundern begonnen. 7,5/10
Zur Verabschiedung gibt es noch Petit Fours. Etwas Salzkaramell, einen Wasabimacaron (Geil!!!) mit Cassis und etwas Himbergelee.
Als ich schon fast aufbrechen möchte kommt noch ein kleines Stückchen Zitronentarte mit Piemonteser Haselnuss an den Tisch.
Dieses sorgt mit seiner leicht säuerlichen und frischen Note für einen schönen Abschluss des Essens.
Dann kommt auch noch Edip Sigl der Chefkoch kurz an meinen Tisch und es ergibt sich ein längeres Gespräch über die Auswirkungen des zweiten Michelin Sternes, seine Entwicklung der letzten vier Jahre und die weiteren Pläne.
Fazit:
Essen und Service haben mich auf ganzer Linie überzeugt. Es wurden keinerlei Fehler gemacht. Das Les Deux hat sich wirklich von einem guten Einsterner zu einem guten Zweisterner gekocht. Ich werden den Fehler sicher nicht nochmal machen und bis zu meinem nächsten Besuch vier Jahre vergehen lassen. Der Kochsitl ist einfach und schnörkellos aber auf perfekt hohem Niveau. Edip Sigl versucht bewusst Gerichte zu liefern die man als Gast egal ob mit kleiner oder großer Erfahrung jederzeit versteht. Hier kommen nicht zehn unbekannte japanische Zutaten auf den Teller die nur eingeweihte kennen. Gerade wer schon etliche Sternerestaurants besucht hat und nach all der Regionalität und Fermentation einfach nur Lust auf einen geilen Fisch oder eine tolle Suppe hat ist hier genau richtig. Gesamtnote 8/10
Die kulinarische Welt hingegen schaut an diesem Tag allerdings nicht nach Berlin sondern nach Hamburg. Besser gesagt, in den Computer, da die diesjährige Verleihung des Guide Michelin abgesagt ist und nur per Livestream übertragen wird. Wer gut informiert und vernetzt ist, weiß schon gegen Mittag, in welchen Restaurants es ratsam ist, noch schnell einen Tisch zu reservieren. Ein zusätzlicher Stern wirkt sich meist negativ auf eine spontane Reservierungsanfrage aus.
Für München gibt es einen großen Überraschungsgewinner, mit dem wohl nicht viele gerechnet haben: das „Les Deux“ wird mit zwei Sternen ausgezeichnet.
Das Restaurant im Ersten Stock eines tollen dreieckigen Baues aus Stahl und Glas beherbergt im Erdgeschoss eine gehobene französische Brasserie. In diesem war ich schon ein paar Mal zum Mittagessen oder für ein kurzes Abendessens nach einem anstrengende Tag in der Münchner Innenstadt. Das Restaurant hatte ich vor ziemlich genau vier Jahren zum letzten Mal besucht.
Es war damals ein schönes Erlebnis und ein guter Stern. (Les Deux * 2016)
Ich wollte immer mal wieder hin, aber ihr kennt das ja, irgendwas ist immer. Ein anderer Kandidat, der interessanter scheint oder noch mehr Abenteuer verspricht.So hatte ich das „Les Deux“ als guten Stern im Kopf behalten, allerdings auch nicht mehr. Also schnell zum Hörer gegriffen und noch einen Platz reserviert. Ich möchte sehen, ob sich das Restaurant wirklich auf einen zweiten Stern gekocht hat oder ob der Michelin dieses Jahr einfach nur großzügig war.
Es ergibt sich, dass der angepeilte Termin der Letzte sein wird, an dem es noch möglich ist, abends in einem Restaurant essen zu können. Meine anderen Reservierungen im Sparkling Bistro und im Gabelspiel, die je einen Michelin Stern bekommen haben, werden mir an den nachfolgenden Tagen leider abgesagt. So geht es abends gegen 19:00 Uhr durch die gespenstisch leere Münchner Innenstadt.
Wie immer der Erste, habe ich nochetwas Zeit und nutze die Gelegenheit für ein paar schnelle Fotos.
Das Restaurant wird an diesem Abend etwa zu einem Drittel gefüllt sein, sodass zwischen allen Tischen immer Einer frei bleibt und alle Gäste in einem gewissen Abstand zueinander sitzen können.
Auf der Toilette steht eine Literflasche viruzides Desinfektionsmittel. In Anbetracht der Zeiten ein finanziell nicht gerade ungefährlicher Aufstellungsort.
Vermutlich einer der besten und romantischsten Orte in einem Münchner Restaurant. Bequem und schick zugleich.
Die gemütlichen zwei Couchen sind in der äußersten gläsernen Spitze des Gebäudes untergebracht. Wer als Mann zum Valentinstag seine Liebste hierhin mit einer guten Flasche Rose Champagner einlädt, kann eigentlich nicht verlieren.
Was die Speisekarte des Les Deux angeht, macht es sehr viel sehr richtig und vieles davon gibt es in der Sternegastronomie leider immer seltener. Es hat zum einen Mittags geöffnet, bietet neben einem Buisness Lunch ein großes Menü und einen a La Carte Teil an. Man kann auch fröhlich zwischen Verschiedenem hin und her wechseln und so munter kombinieren.
Dem Motto „Nobel geht die Welt zugrunde“ folgend, bestelle ich eine Flasche 2006er Grand Millesime von Gosset.
Meine Gedanken dazu werden mit einem ersten Gruß aus der Küche unterbrochen. Schalottenmacaron mit Pulpo, Avocadocreme und etwas Yuzu, sowie ein Foie-Gras Lollipop.
Geschmacklich okay, nett, aber mehr nicht. Die Foie-Gras kenne ich süßer und cremiger. Am interessantesten ist da der Scharlottenmacaron. Ein so feiner Eischnee mit Zwiebeln hat was. 7/10
Weiter geht es mit etwas Tatar vom Gelbflossen Tunfisch, Zucchini, Finger Limes und selbst gemachtem Ginger Beer. Eine geschmacklich tolle Kombination. 7,5/10
Selbst gemachtes Brot mit eigenem Sauerteig und ein wunderbar süß duftendes Rosmarinbrioche mit etwas aufgeschlagener Fleur de Sel Butter.
Der erste Gang, Entenleberparfait mit Carpaccio von der Ananas, Sauerteigbrot, Misocreme und rotem Pfeffer, ist der Knaller. Entenleber mit Kirschen, ja klar der Klassiker und hatten wir sowieso gerade und wo nicht.
Ein gewagterer Koch macht das vielleicht mal mit einer Erdbeere oder anderem roten Obst, aber einen Ananas, nein das hatten ich noch nicht. Dazu bestelle ich noch einen sehr sehr gut eingeschenkten 2008er Sauternes. Warum dieser Gang so gut funktioniert, liegt an den drei Komponenten Foie Gras, Ananas und Pfeffer. Die Ananas liefert der Foie Gras die nötige Süße, die sie zur Entfaltung braucht. Die Säure der Ananas wiederum braucht aber die Schärfe des Pfeffers, um die Aromen im Gleichgewicht halten zu können. Zuviel oder zu wenig von einem der drei und das Gericht würde in sich zusammenfallen. Hier ist es aber genau richtig getroffen. (Beim Schreiben fällt mir gerade mit einem Lächeln ein, dass ich noch eine wunderschöne Ananas und einen Block Foie Gras im Kühlschrank habe. Oh Mann, ich hoffe, ich habe roten Pfeffer da!). 8/10
Der nächste Gang ist ein Klassiker der französischen Bistroküche. Bouillabaisse mit Fischen, Muscheln und Sauce Rouille.
Eine wirklich wundervoll reichhaltig cremige Suppe, mit jeder Menge Fischen und Muscheln. Dazu eine herrlich cremige Rouille. Hier kommt das Sauerteigbrot zum Zug, um auch den letzten Tropfen Suppe aufzusaugen. Ich habe zwar noch keine tausend verschiedener probiert, aber diese war bis jetzt die Beste. 8/10
Weiter geht es mit einer Tranche vom Bretonischen Steinbutt, geschmortem Kalbskopf, Perigord Trüffel, Spinat, Brokkoli und Madeira Sauce.
Der Fisch ist unter dem gefühlt fünf Zentimeter hohen Berg aus Trüffeln erst garnicht zu sehen. Hier hat wirklich jemand nicht gegeizt. Der Steinbutt ist perfekt gegrillt. Ich meine nicht, das glasige, fast noch kalte aufs 0,XXX Grad temperierte Sous-Vide Filet. Es ist einfach ein richtig gegrillter heißer Fisch, der alles andere als trocken ist.
Die Madeira Soße liefert sich mit dem Fisch einen starken Kampf, wer denn der Hauptdarsteller hier auf dem Teller ist, und gewinnt ihn, glaube ich, auch. Heiß und wahnsinnig intensiv duftend wird sie aus der Kupferkasserolle am Tisch angegossen. 8/10
Weiter geht es mit dem Zweierlei von der Taubenbrust. Beim Bestellen überlege ich noch, ob ich diesen nicht einfach weg lassen soll. Ich bin nicht so der Geflügelfan. Gott sei dank siegt der Hunger über den Verstand und ich habe sie einfach so mitbestellt. Welch großen Fehler hätte ich begangen, wenn ich das nicht getan hätte.
Geliefert wird Taubenbrust und Keule mit Topinamburcreme, Piemonteser Haselnuss, grünem Spargel und einer wieder angegossenen Currysauce. Mein Gott, was für ein Aroma, was für ein Duft, was für eine Textur. Hier passt alles perfekt zueinander.
So etwas bekommt man manchmal in einem Dreisterner, aber das hätte ich hier nicht erwartet. Die Gänge davor waren alles andere als schlecht, aber in einem Blindtest hätte ich nie im Leben gesagt, dass dieser Gang aus der selben Küche kommt wie die davor.
Das ist wirklich großes Tennis. Der Gang wird serviert, sieht schonmal gut aus, die angegossene Soße riecht noch besser. Man probiert und nach dem ersten Bissen hält man inne. „Moment mal, was?“ noch ein Bissen. „Das kann doch nicht war sein, wie gut ist das denn?“ Man wird ganz unruhig und hibbelig, versucht immer mehr davon zu essen, den Geschmack so lange wie möglich zu behalten.
In dem kleinen Staub-Töpfchen befindet sich noch etwas Hühnerklein. Zu Beginn denkt man noch, nett, eine Beilage, ja. Nachdem man aber erstmal in diesen Rausch gefallen ist und auch das probiert, stellt sich absolute Verzückung ein. Das ist keine einfach Beilage als schnöder Nebendarsteller. Es ist genauso gut wie das Hauptgericht.
Es ist alles perfekt an diesem Gang. Würde ich nicht locker zu Fuß ins Les Deux kommen, ich wäre bereit mindestens 5 Stunden zu fahren nur für diesen einen Gang (okay, vielleicht noch einen Teller von der Bouillabaisse vorweg) und dann wieder zurück. Absoluter Wahnsinn. 9,5/10
Als kleinen Übergang zum Dessert gibt es noch eine kleine Kugel aus weißer Schokolade, die einen flüssigen Pina Colada enthält.
Erdbeerkranz aus weißer Schokolade mit Kakaopulver bestreut, falschem Mon Cheri, ein aus Kirschgel gemachtes Kirschblatt und Eierlikör.
Ein geschmacklich schönes Dessert, welches Gott sei Dank nicht auf dem hohen Niveau der Ente liegt. Das wäre nach dieser einfach zu viel des Guten. Sonst hätte mich die Bewertung des Guide Michelin mit nur zwei Sternen langsam zu wundern begonnen. 7,5/10
Zur Verabschiedung gibt es noch Petit Fours. Etwas Salzkaramell, einen Wasabimacaron (Geil!!!) mit Cassis und etwas Himbergelee.
Als ich schon fast aufbrechen möchte kommt noch ein kleines Stückchen Zitronentarte mit Piemonteser Haselnuss an den Tisch.
Dieses sorgt mit seiner leicht säuerlichen und frischen Note für einen schönen Abschluss des Essens.
Dann kommt auch noch Edip Sigl der Chefkoch kurz an meinen Tisch und es ergibt sich ein längeres Gespräch über die Auswirkungen des zweiten Michelin Sternes, seine Entwicklung der letzten vier Jahre und die weiteren Pläne.
Fazit:
Essen und Service haben mich auf ganzer Linie überzeugt. Es wurden keinerlei Fehler gemacht. Das Les Deux hat sich wirklich von einem guten Einsterner zu einem guten Zweisterner gekocht. Ich werden den Fehler sicher nicht nochmal machen und bis zu meinem nächsten Besuch vier Jahre vergehen lassen. Der Kochsitl ist einfach und schnörkellos aber auf perfekt hohem Niveau. Edip Sigl versucht bewusst Gerichte zu liefern die man als Gast egal ob mit kleiner oder großer Erfahrung jederzeit versteht. Hier kommen nicht zehn unbekannte japanische Zutaten auf den Teller die nur eingeweihte kennen. Gerade wer schon etliche Sternerestaurants besucht hat und nach all der Regionalität und Fermentation einfach nur Lust auf einen geilen Fisch oder eine tolle Suppe hat ist hier genau richtig. Gesamtnote 8/10