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[Bergisch Gladbach] Vêndome - Die Speerspitze der neuen deutschen Küche (***)

Kimble

Mr. Seafood & Dr. Tartuffel
5+ Jahre im GSV
★ GSV-Award ★
Schloss Bensberg zu besuchen ist immer wieder ein Erlebnis. Der Blick über die gesamte Kölner Bucht ist ebenso atemberaubend, wie das erhabene barocke Ensemble selbst. Auch wenn dem Schloss in der Umgebung leider die Weitläufigkeit fehlt, da es in der nicht gerade hübschen Kleinstadt-Bebauung von Bensberg regelrecht eingezwängt wird, ist das schnell vergessen, sobald man vor diesem imposanten Bau steht.
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Das nach Vorbild des Schlosses Schönbrunn von Kurfürst Jan Wellem erbaute Objekt beherbergt im Nebengebäude des Grand Hotels das Restaurant Vêndome, welches seit über einem Jahrzehnt zu den höchstdekorierten Häusern Deutschlands und Europas gehört.
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Die Entwicklung der Küche von Joachim Wisssler begleiten wir nun schon seit mittlerweile 20 Jahren und er hat es in der Vergangenheit fast immer geschafft, uns zu begeistern. Sein Talent, sich immer wieder neu zu erfinden, ohne seinen klaren Stil zu verlassen, sorgte stets für Überraschungen, die in der Mehrzahl positiv waren.

Im Gegensatz zu vielen Touristen sind wir an diesem sonnigen Tag daher nicht zum Vergnügen hier 😉 , denn vor uns liegen 13 Gänge + Kleinigkeiten, da wir uns am letzten Tag vor dem "Lockdown light" ein unvergessliches Essen gönnen wollen und dazu das große 10gängige Degustations-Menü nach Rücksprache mit der Küche nochmals erweitert haben.
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Pünktlich um 11:59h betreten wir daher die heiligen Hallen, um nicht am Ende mit den Abendgästen zu kollidieren
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und bekommen prompt einen Tisch mit Aussicht auf den Dom, was für manchen Kölner wie @Coppercouch mindestens so wichtig wie das Essen ist. 😀
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Nun kann es endlich losgehen und wir starten mit den Amuse:

A1-4:
Toffee von Karamellisierter Gänseleber & Piemonteser Haselnuss
Rillettes vom Sonnenschwein & Nicolais Räucheraal
Badisches Weinbergschnecken-Tartelette
Beef Tea vom Weiderind im Wirsingblatt

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A5: Borschtschsalat & Leinsamen-Sabayon
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Trotz der recht üppig kalkulierten Weinkarte findet sich ein Tropfen, der uns wirklich reizt, ein Bollinger Coteaux Champenois La Cote Aux Enfants 2002. Das ist ein Rotwein aus der Champagne, den es nur in geringen Stückzahlen gibt. Selbst der Sommelier im Vêndome muss einräumen, ihn noch nie getrunken zu haben und hat seine liebe Mühe mit dem Verschluss 😃.
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Unser Wagemut wird belohnt: Zunächst würde man diesen Wein von Nase und erstem Eindruck für einen Burgunder halten, aber danach spürt man eine enorme Mineralität am Gaumen. Töne wie Tannin oder Barrique sind kaum vorhanden, dafür eine unglaubliche Tiefe und Komplexität, wie man sie sonst nur bei ganz großen Burgundern kennt. Eine tolle Entdeckung!

Eine Tüte mit Brotauswahl ist der Abschluss des "Vorspiels":
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Bisher eine gelungene Einstimmung, so dass das Menü beginnen kann. Vorab dürfen wir uns noch kurz davon überzeugen, dass in der Küche jeder auf seinem Posten ist
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Dann geht es endlich los, wobei trotz aller Vorplanung bereits 90 Minuten vergangen sind, bevor wir richtig einsteigen können:

1. Glasierte Gänseleber & Gebrannte Blaumohncrème
[Karamellisierte Blutwurst & Apfelsalat : Trüffelvinaigrette]

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2. Kalbshirn Piccata & „Vitello Tonnato“
[Kalbsschultersaft : Artischockensalat : Pfifferlinge]

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3. Grosse Langoustine
[Lemon-Pepper-Ginsud : Calamarettisalat : Tandoori Masalacrème]

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4. Zander Im Kartoffelfeuerduft
[Schweineschnäuzchen : Sauce Vin Jaune : Schwarzmöhrensalat]
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5. Geangelter Wolfsbarsch & Wilder Fenchel Gegrillt
[Safran-Bouchotmuschel-Vinaigrette : Kichererbsenhumus]

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6. Sonnenschwein & Weissbier-Liebstöckelsaft
[Muskattrauben : Senf-Blumenkohlcrème]

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7. Landei Weiss Gekrönt
[Albatrüffel : Gestockter Schinkensaft : Nussbutterschaum]

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8. Geeister Ziegenfrischkäse & Thymianhonig
[Schwarze Oliventapenade : Feigen In Senfmarinade]

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Nach diesem "kleinen Vorspiel" geht es nun zu den Hauptgängen:

9. Challans Ente “Xo”
[Bouillon Chinoise : Runkelrübe : Mandarinen-Fjord Shrimpsalat]

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10. Rostbraten Vom Angus-Rind & Zitronen-Thymianjus
[Vadouvan-Sellerietarte : Auberginenconfit : Ochsenmark]

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11. Sonnenblumenmousse & Mango
[Topinambur : Passionsfrucht-Champagnersorbet]

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12. Banane
[Karamellisiertes Erdnusseis & Jivara-Gewürzganache]

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13. Apfelquitte mit Maronenstrudel
[Hagebuttengelee : Quitten Chantelly : Ingwer]

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Zum Abschluss starten die Petits Fours mit dem Vêmdome-Klassiker Magnum
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Leider ist es mittlerweile so spät, dass wir mit Rücksicht auf den Service den verführerischen Rest in einer DoggyBag mitnahmen.
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Glücklicherweise haben wir immer eine Stählemühle im Handgepäck 😉 und so können wir diesen großartigen Nachmittag mit einem Digestif in der Sonne vor Schloss Bensberg ausklingen lassen
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Trotz des Feuerwerks auf dem Teller, bleibt der Gedanke, dass dies durch Corona für dieses Jahr vermutlich unsere letzter Besuch dort war, so dass wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge das Schloß verlassen.
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Aufgrund der Vielzahl der Gänge verzichte ich bewusst auf eine Einzelanalyse, die vermutlich langweilen würde, sondern möchte anhand von ein paar Beispielen Licht und Schatten im Menü erklären. Vorab sei gesagt, dass Joachim Wissler für mich ohne Zweifel in die Champions League der Köche gehört, so dass jegliche Kritik ein Klagen auf allerhöchstem Niveau ist. Nichtsdestotrotz muss man sich international mit den Besten messen und da wird schnell klar, warum deutsche Köche selten in den Top10 diverser Besten-Listen landen.

Nehmen wir die Langoustine von den Färöer-Inseln (Gang 3):
Der Kaisergranat in großartiger Produktqualität ist über jeden Zweifel erhaben (9,5/10), dazu ein unglaublich intensiver, aber gleichzeitig ausbalancierter Krustentier-Fond, wie ihn nur ein Spitzenkoch mit klassischer Ausbildung hinbekommt. Ergänzt mit einer Tandoori-Masala-Creme, die hervorragend dazu passt, so dass man mit etwas Detailarbeit daraus sicherlich einen 9,5/10 Gang machen könnte, vielleicht sogar mehr. Stattdessen gibt es Kartoffeln dazu, die ein völliger Fremdkörper sind und vermutlich der Versuch, die Reise nach Indien irgendwie in die „Neue deutsche Küche“ zu integrieren. Ein ebensolcher Fremdköper ist der für sich genommen sehr gute Calamarettisalat, der gegenüber dem intensiven Fond und der würzigen Crème keine Chance hat. Vielleicht hätte er als Pré-Plats besser gepasst, allerdings erschließt sich mir einfach der Zusammenhang nicht, außer dass es um Meeresgetier geht.

Das Verständnis der Küche ist im Grunde ein Problem, dass sich durch das ganze Menü zieht. Natürlich gibt es deutsche Klassiker wie Schweineschnäuzchen und Zander, aber viele der Gänge sind für mich nicht „typisch Wissler“, sondern hätten in vielen anderen Restaurants dieser Welt serviert werden können. Technisch und kreativ kann Joachim Wissler mit seinem Team, im Gegensatz zu vieler seiner Kollegen, die gesamte kulinarische Klaviatur spielen, so dass er neben der „neuen deutschen Küche“ vermutlich jederzeit ein japanisch oder orientalisch inspiriertes ***-Menü kreieren könnte. Vielleicht ist genau das die Schwierigkeit, sich in der Vielzahl der Möglichkeiten zurecht zu finden, denn es gab an diesem Tag so einige Gänge, wo ich gerne in die Küche gegangen wäre, um mir die Idee dahinter erklären zu lassen.

Ein Gang bei dem dies nicht notwendig ist, ist der Wolfsbarsch (Gang 5):
Der Loup de Mer in einer Qualität, wie man ihn selbst in der Bretagne nur schwerlich bekommt, ist wirklich ein Eichmaß, also eine 10+. Der kleine orientalische Ausflug passt dieses Mal perfekt und selbst das neue Modegemüse Fenchel macht so absolut Sinn, ebenso wie die Muscheln. Nimmt man einen Löffel davon und schließt die Augen, hört man im Kopf das Meeresrauschen während der Gaumen explodiert. Eine leichte Schärfe und Salzigkeit in perfekter Balance mit dem Fisch zeigen, was in der Küche des Vêndome möglich ist. Allein deswegen hat sich unser Besuch gelohnt, dieser Gang ist die Reise wert. Daran sieht man, dass Joachim Wissler auch jenseits der deutschen Küche problemlos eine 10/10 auf den Teller bringen kann.

Ähnlich ist es beim Onsenei mit Trüffel (Gang 7):
Ich habe sicherlich eine dreistellige Anzahl getrüffelter Onseneier gegessen, aber dieses hier gehört aufgrund seiner perfekten Balance sicherlich in die Top5, eine klare 10/10, auch wenn es theoretisch ein einfaches Gericht ist, aber perfektes Soulfood klingt einfacher als es ist.

Natürlich ist nicht jeder Gang auf diesem Niveau und es zeigt sich, dass die meisten Gerichte nicht mit dem Sezieren einzelner Zutaten funktionieren, sondern nur dann, wenn man den Löffel quer durchzieht. Ein Paradebeispiel dafür ist der geräucherte Zander (Gang 4), der für sich genommen eine 9,5/10 wäre, als Gericht jedoch ein ganzer Punkt weniger, da man einen Löffel mit allen Komponenten haben muss, da der Gang wie gewünscht harmoniert . Das ist insoweit schade, weil die Proportionen der einzelnen Komponenten nicht immer stimmig sind, so dass man manchmal am Ende ratlos vor einem Rest sitzt, der für sich genommen keinen Sinn ergibt.

Nimmt man als schlechtesten Gang eine 8/10 und als besten eine 10/10 passt eine 9/10 ziemlich genau für dieses Menü.

Ein weiterer (kleiner) Kritikpunkt ist der Service, der zwar jederzeit professionell und aufmerksam ist, bei dem jedoch leider kein Funke überspringt, was vermutlich daran liegt, dass man bei einem Durchschnittsalter von Mitte 20, keine Souveränität ausstrahlen kann. Auch hier geht es wieder um Jammern auf höchstem Niveau, aber die Zeiten, wo Miguel Calero die etwas steife Atmosphäre, durch seinen Humor, vor dem niemand sicher war, aufgelockert hat, vermisst man schmerzlicher denn je.

Jenseits aller Details ist es genau das, was uns gefehlt hat:
Wir fühlten uns über weite Strecken weder vom Essen noch vom Service emotional abgeholt. Es gibt Restaurants, die nicht ansatzweise auf diesem Niveau kochen, bei denen man jedoch mit einem breiten Grinsen durch die Tür geht. Ebenso gibt es Restaurants, wo der Service nicht perfekt ist, man jedoch viel Spaß hat und lacht. All dies hat uns im Vêndome etwas gefehlt, wo zwar alles professional abgespult wurde, jedoch die Emotionen fehlten.

Insoweit werden wir wohl in 2021 zunächst wieder zu Champions-League-Köchen wie Aljamo, Frantzén, Ramirez oder Redzepi gehen, bevor wir das Gute das so nah ist, erneut ausprobieren.

Fazit:
An meiner Einschätzung, dass das Vêndome kulinarisch zu den drei besten Restaurants Deutschlands gehört, hat sich durch unseren letzten Besuch nichts geändert. Nichts desto trotz hat man das Gefühl, dass es aktuell an einem klaren Konzept mangelt, wodurch es international etwas zurückgefallen ist. Es würde mich sehr freuen, wenn Joachim Wissler den Lockdown dazu nutzt, Gerichte weiter zu perfektionieren und sein Profil zu schärfen, denn er gehört sicherlich zu den Top50-Köchen dieser Welt. Unabhängig von der Kritik auf allerhöchstem Niveau ist und bleibt er die Speerspitze der neuen deutschen Küche und insoweit ein Pflichtbesuch für jeden, der noch nicht dort war.
 
@Kimble Danke! :)

Aus reinem Interesse:

Decken sich Deine Empfindungen mit denen kom. Gastrokritiker?

Teilst Du Deine Eindrücke den *-Häusern später mit, damit diese
Stellung nehmen können, oder sich "verbessern", wenn ja bekommst
Du dann auch Feedback?

Schönen Sonntag allen.
 
Schön das es Menschen gibt die solche Genüsse bewerten und so gut beschreiben können. Ich für meinen Teil wäre mit einer Beurteilung vollkommen überfordert und grob gesagt wäre ein solches Menü bei mir Perlen vor die .....
aber ich bewundere Genießer die mir ihre Eindrücke so toll vermitteln können 👏
 
Decken sich Deine Empfindungen mit denen kom. Gastrokritiker?
Teilst Du Deine Eindrücke den *-Häusern später mit, damit diese Stellung nehmen können, oder sich "verbessern", wenn ja bekommst Du dann auch Feedback?
Ich weiß nicht, ob die Kritiker komisch oder kompetent sind 😀, aber du findest sicherlich im Netz von der FAZ bis zu TroisEtoiles noch genügend andere Berichte über das Vendome, bei denen die Meinungen teils stark differieren.

Grundsätzlich verbindet Köche und Kritiker eine Art Hassliebe. Lobt ein Kritiker ein Restaurant, ist er kompetent und ein Meinungsmultiplikator, da er Küchen in der ganzen Welt besucht. Übt er Kritik, hat er keine Ahnung, denn er ist ja nun mal selbst kein Sterne-Koch. Letztendlich haben die wenigsten Köche Interesse an einer konstruktiven Kritik, einige empfinden dies sogar als Majestäts-Beleidigung. Solange das Restaurant voll ist, muss sie das ja auch nicht interessieren, denn die wenigsten Gäste sind Foodies, die sich quer durch die Spitzenrestaurants dieser Welt futtern. Die meisten Gäste sind dort wegen eines besonderen Anlasses, weil sie in das beste Restaurant der Stadt gehen wollen, oder einfach mal einen schönen Abend verbringen wollen. Das Essen ist sicherlich wichtig, aber oftmals nicht der einzige Grund dorthin zu gehen. Diese Gäste interessieren sich nicht so für Details sondern wollen einfach den Abend genießen. Ob dann die vielleicht 5 % Essensverrückte relevant sind, muss jeder Koch für sich selber entscheiden.

Insoweit schreibe ich die Berichte primär für mich, als Erinnerung an einen schönen Tag, und natürlich für all die, die es interessiert, nicht jedoch für die Köche 😉
 
Danke sehr... wir hatten es für diesen November geplant... vielleicht klappt es ja Anfang kommenden Jahres.
 
Mal wieder ein toller, klasse geschriebener Bericht, vielen Dank. Besonders der Bollinger und das Ei hätten es mir definitiv auch sehr angetan. 🍷
 
Glücklicherweise haben wir immer eine Stählemühle im Handgepäck
Hahahaaa! :thumb1:

Also irgendwie macht das den ganzen Bericht am sympathischsten. :-D Find ich mega. ***-essen gehen und dennoch ein Backup dabei. Ganz genau mein Humor.

Wenn ihr jetzt noch den 4h alten MC Signature Burger ausgepackt hättet und ihn mit ordentlich Alba-Trüffel vollgerieben hättet, hätte ich noch mehr gelacht. :-D SCNR!
 
Ich habe gerade entdeckt, dass ein Restaurantkritiker des Gusto wohl eine Woche vor uns da war, der mit blumigen Worten seinen Besuch beschreibt: Hier die Lobeshymne zum Nachlesen

Schon allein beim Zander frage ich mich, ob wir über den selben Gang sprechen. Die gefühlt 99 aufgezählten Komponenten waren zwar enthalten und in Kombination funktionierte das Gericht, jedoch eben nicht die einzelnen Komponenten, der Mengenverhältnis nicht stimmig war.
Bei dem folgenden, in Kartoffelasche-Öl confierten Zander wurde dagegen die unverbrauchte Innovationskraft des Vendôme-Teams besonders gut deutlich. Der festfleischige Fisch war von einer ganz subtilen Lagerfeuer-Aromatik geprägt, die sich wunderbar mit einer erdig-fruchtigen Urkarottencreme (dezent spicy) und feinstreifigem Salat aus gelber Rübe, ätherischer Hanfsaat sowie einer stoffigen Vin Jaune-Sauce verband. Mit Kraft unterlegt wurde das Ganze noch durch schmelzig marmorierte Streifen von der Schweinemaske sowie einer kleinen Quinoa-Nocke mit Schmalz-Würze. Alles zusammen ergab ein hochkomplexes und spannungsgeladenes Ganzes von verfeinerter Rustikalität, hellen säurebetonten und dunkleren erdigen Noten.

Und wenn ich so etwas lese, habe ich das Gefühl, dass eine Strichliste mit den Zutaten abgehakt wird, denn am Ende des Textes weiß der Leser immer noch nicht, ob der Gang nun gut war oder nicht.
Beim folgenden Kinn vom Sonnenschwein (ganzjähriger Freilauf!) wurde die subtile Rustikalität das erste Mal zum Hauptthema gemacht. Wobei „Rustikalität“ auch hier unbedingt in Anführungszeichen zu setzen ist, denn auch das kompakt soft glasierte Schulterfleisch nebst zarter Blumenkohl-Senfcreme und heller Weißbier-/Liebstöckel-Jus inszenierte die charakterstarken Aromen in enormer Eleganz. Zu letzterer trugen auch die enthäuteten Muskattrauben mit Haselnuss-Hobeln, ein herbes Traubengel mit einem Hauch Vanille sowie ein ätherisches Kräuter-Topping bei, die das Ganze auflockerten und mit zusätzlicher kräutrig-fruchtiger Frische hinterlegten.

Ebenso findet man kein Wort zur üppigen Preiskalkulation der Weinkarte, die dazu wenig Spannung bietet, wie schon andere hier festgestellt haben.
Aufgetragen, erläutert und mit anspruchsvollen Weinen ergänzt

Das ganze liest sich eher wie ein PR-Test als eine Kritik, in der es Licht und Schatten geben sollte.

Es kam ja die Frage auf, warum ich meine Erinnerungen an Besuche selbst aufschreibe - genau deshalb. Ich möchte 2 Jahre später nochmals zurückschauen können, wie unser letzter Besuch war und ob es sich vielleicht lohnt, wieder dort hinzufahren. Restaurantführer sind dabei nicht immer eine Hilfe 😉

PS
Wenn ihr jetzt noch den 4h alten MC Signature Burger ausgepackt hättet und ihn mit ordentlich Alba-Trüffel vollgerieben hättet, hätte ich noch mehr gelacht. :-D
Es wäre nicht das erste Mal, dass wir nach einem ***-Menü auf der Rückfahrt einen Stopp beim goldenen M eingelegt hätten 🤫
 
Es wäre nicht das erste Mal, dass wir nach einem ***-Menü auf der Rückfahrt einen Stopp beim goldenen M eingelegt hätten 🤫
:eeek:


🤮

Edit: zur Ehrenrettung der goldenen Möwe: Ich hatte mal irgendwann so einen Signature-Burger als diese neu raus kamen. Ich kann mich erinnern dass der tatsächlich essbar war.
 
Man muss das ja im Kontext sehen:

Da die ***-Restaurants meist nicht gerade in der Nähe liegen, fahren wir oftmals 600km, manchmal auch 1.000 km für einen Lunch. Wenn man erst mal 3 Stunden auf der Rückfahrt ist, macht sich dann trotz eines großen Menüs irgendwann ein kleines Hungergefühl breit. Dann will man nach all dem feinen, leichten Essen eher einen Kontrapunkt, also etwas einfaches Fettiges wie einen Burger oder Pommes. Die Mitternachts-Currywurst ist ja nicht ohne Grund eine Kult bei Events in der Spitzengastronomie.
 
Das ist mir schon bewusst. Ich habe trotzdem eine Aversion gegen M und WürgerKing entwickelt und ziehe einen frischen Döner vor.
Da stimme ich Dir zu, allerdings ist in der Nähe der Autobahn in unbekannten Gefilden die Auswahl meist nicht so groß, da muss man dann halt durch 😏
 
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