Vicente_cgn
Vegetarier
Hallo zusammen!
Einige von Euch werden es aufgrund des "Habe ich mir zuletzt gekauft"-Thread vielleicht schon mitbekommen haben dass ich vor kurzem damit begonnen habe eine Privatpilotenlizenz für Flugzeuge (PPL-A) zu erwerben. Letzten Samstag hatte ich meine erste Praxisstunde und würde gerne darüber berichten. Das passt jetzt nicht wirklich in ein Grillforum aber vielleicht wird's hier im Off-Topic Bereich ja geduldet.
Es gibt im Netz einige Blogs welche sich mit dem Erwerb einer Pilotenlizenz beschäftigen und in denen man den Blogschreiber von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Prüfung begleiten kann. Aber keine Sorge, soweit will ich in diesem Thread gar nicht gehen. Dazu fehlt mir die Zeit, das Talent und ich habe leider auch keine Videokamera die mich bei meinem Abenteuer begleiten könnte. Aber der erste Flug im Leben bei welchem man selber das Steuer in der Hand hält ist schon etwas besonderes.
Der Samstag fing damit an dass ich 1,5 Stunden vor der vereinbarten Praxisstunde meinen Lehrer anrief um abzuklären ob das Wetter überhaupt einen Flug zulässt. Ich hatte mich bereits zuvor bzgl. dem GAFOR (General Aviation Forecast) im Netz informiert und die Bedingungen waren eher grenzwertig für VFR (ein Flug nach Sichtflugregeln). Für einen erfahrenen Sichtflug-Piloten sicher gar kein Problem, aber für einen Anfänger? Ähnlich sah es mein Fluglehrer, er machte mir nicht viel Hoffnung. Aber man könnte ja einen Bodencheck machen, ein wenig Rollen üben und das Flugzeug kennenlernen. Entsprechend niedergeschlagen war ich nach dem Telefonat, hatte ich mich doch schon seit Wochen auf diesen ersten Termin gefreut.
Wer sich dafür interessiert kann übrigens auch selber mal ins GAFOR reinschauen, einfach bei Google beispielsweise "GAFOR West" (Luftfahrt Bereich West) eingeben. Hier ist der direkte Link (https://www.dwd.de/DE/fachnutzer/luftfahrt/teaser/luftsportberichte/fbeu40_edze_node.html). Mein Heimatflughafen (EDKB) liegt im Gebiet 34 (Niederrheinische Bucht).
Ich machte mich also auf zum Flugplatz wo ich um 9 Uhr morgens mit meinem Lehrer verabredet war. Wir schauten uns zusammen am vereinseigenen Rechner die aktuelle Wettervorhersage an und plötzlich änderte sich die Meinung meines Lehrer: "Das sollte zum Fliegen reichen!". Heute sollte also der Tag sein von dem ich die letzten Jahrzehnte immer wieder geträumt habe, mir vorgestellt habe wie es so ist selber ein Flugzeug zu fliegen.
Eine gewisse Aufgeregtheit erfasste mich welche im starken Kontrast zu Nüchternheit meines Lehrers stand. Ob er sich überhaupt noch an seinen ersten Flug erinnern kann?
Also schnappten wir uns die Unterlagen des Fliegers, warfen einen kurzen Blick in das Bordbuch ob der vorherige Pilot dort irgendwelche Bemerkungen hinterlegt hat und los ging's zum Segelflughangar in welchem "mein" Flugzeug den Winter über geparkt wird.
Nachdem ich zuerst schon einen Motorsegler für meinen Flieger gehalten hatte was mir aufgrund der riesigen Spannweite sofort als Fehler hätte auffallen müssen kamen wir schließlich beim richtigen Flugzeug an und arbeiteten die Vorflugkontrolle gemäß der Checkliste ab. Bzw. ich arbeitete sie ab, mein Fluglehrer erklärte einiges und gab mir Tipps oder Hilfestellungen wenn's ein wenig komplizierter wurde.
Dann öffneten wir die Hangartüren und nachdem wir eine Cessna mal eben zur Seite geschoben hatten zogen wir unser Flugzeug ins Freie. Mein Fluglehrer musste nochmal kurz zur Toilette und gab mir aber die Schlüssel mit der Aufforderung "Setz Dich schon mal rein!". Offensichtlich hielt er mich für vernüftig genug nicht direkt den Motor zu starten oder an irgendwelchen Knöpfen rumzuspielen.
Ich nutzte die Zeit um erstmal ein Foto zu machen, schließlich sollte mich dieses Gerät auf dem Weg zu meiner Fluglizenz die nächsten Monate (12-16 schätze ich) begleiten.
Bei dem Flugzeug handelt es sich um eine AQUILA A210 mit der Kennung Echo Alpha Quebec Juliet, Baujahr 2010 und damit unser modernster Flieger im Verein. Daneben haben wir noch zwei Piper PA28 und zwei Cessna 172 - diese werden von meinen Mitschülern geflogen.
Ich machte es mir also im Cockpit bequem und als mein Fluglehrer wieder dazu kam erklärte er mir erstmal die einzelnen Instrumente. Für jemanden der sich für Flugzeuge interessiert war fast alles selbst erklärend aber ein paar Hintergrundinformationen waren spannend ("Die Tankanzeige taugt nichts aber wir haben ja den Inhalt gemessen").
Wir arbeiteten die Checkliste ab bis zum großen Moment: "Dann starte mal den Motor!". Meine linke Hand zitterte leicht als ich den Schlüssel ins Schloss steckte und auf "Start" drehte während meine rechte Hand den Chokehebel zog. Der Motor sprang nach 1-2 Sekunden brav an, die Kontrollleuchten hielten sich ans Drehbuch und ich war glücklich. Nachdem der Motor auch ohne Choke lief ("Der ist aber hoch eingestellt!") kam die nächste Anweisung: "So, nun rollst Du mal ein Stück. Füße auf die Pedale, linke Hand an den Knüppel, rechte Hand ans Gas!".
Es kam mir ganz natürlich vor das Gas mit der Hand zu steuern und es fühlte sich gut an mit den Pedalen die Richtung zu bestimmen. Normalerweise fühlt man sich bei solch neuen Dingen zu Anfang doch immer etwas unwohl, alles kommt einem fremd vor und man muss sich darauf konzentrieren was man macht. Aber nein, nichts dergleichen. Vermutlich war ich diesen Moment in Gedanken schon so oft durchgegangen das mein Gehirn die Situation als völlig normal empfand.
Bevor ich mich versah kurvte ich auf dem Vorfeld um Hangars und andere Flugzeuge deren Piloten sich vermutlich fragten ob ich mich verfahren hätte. Ab und zu musste mein Fluglehrer mich jedoch darauf aufmerksam machen dass mein tolles Gefährt ja noch Tragflächen besaß und man diese besser nicht mit Gebäuden oder anderen Flugzeugen kollidieren lassen sollte. Es war wirklich so, die Dinger hatte ich einfach ausgeblendet. Ooops!
Bei Flugzeugen muss man die Funktion der Pedale beachten. Diese sind miteinander gekoppelt, drückt man also beispielsweise das linke Pedal nach vorne so kommt das rechte zurück. Einerseits lenkt man damit das Seitenruder welches direkt mit dem Bugrad gekoppelt ist, andererseits befinden sich an den Spitzen der Pedale die Bremsen. Man muss also mit den Fußspitzen bremsen während man gleichzeitig mit den Pedalen die Richtung beibehält. Damit tat ich mich etwas schwer, vor allen Dingen wenn ich beide Bremsen gleichzeitig betätigen musste. Meist schlingerte das Flugzeug dabei leicht weil ständig einer meiner Füße kräftiger auf's Pedal drückte als der andere dagegenhalten konnte. Meinem Fluglehrer fiel das scheinbar gar nicht auf, oder er ignorierte es einfach. Aber da muss ich das nächste Mal nochmal ran.
Mein Fluglehrer meinte ziemlich bald "Das Rollen klappt ja, dann können wir jetzt die Startvorbereitung machen". Ich reihte mich also in die Kette der Flugzeuge auf die gerade den Vorflugcheck durchführten und als wir mit unserer Checkliste durch waren und alle Instrumente die richtigen Werte anzeigten kam das Kommando: "Dann roll mal zum Rollhalt vor der Startbahn!". Gleichzeitig informierte er den Tower über unser Vorhaben. Ein Blick nach rechts ob evtl. ein Flugzeug im Landeanflug ist, alles frei. Also ab auf die Bahn, in der Mitte ausrichten, beide Bremsen drücken, nochmal einen kurzen Blick auf die Instrumente und dann hieß es: "Jetzt gib mal Vollgas!".
MOMENT! Ich hatte doch noch die Füße auf den Pedalen mit welchen man die Maschine auf der Piste halten musste. Klar, das Rollen hat geklappt aber mit über 50 Knoten (knapp 100 km/h) eine Piste entlangzuheizen, das Drehmoment des Motors sowie den Seitenwind auszusteuern ist doch was völlig anderes! Kann ich das überhaupt? HILFE!

Aber es sollte so sein - mein Fluglehrer übernahm den Knüppel (also Quer- und Höhenruder) während ich die Hoheit über Seitenruder/Bugrad und Gas behielt. Um es kurz zu machen, ich brauchte ungewöhnlich viel Startstrecke für so ein leichtes Flugzeug bis wir schnell genug waren um abzuheben. Der Grund: ich traute mich nicht Vollgas zu geben aus Angst das das Drehmoment des Motors uns links von der Piste schmeißen könnte. Da musste man das rechte Pedal schon recht weit drücken damit die Maschine auf Kurs blieb. Erst nach einem erneuten Kommando meines Fluglehrers habe ich mich schließlich getraut den Hebel bis zum Anschlag nach vorne zu bewegen. Und dann flogen wir ...
Kurz nach dem abheben sagte mein Fluglehrer dann diesen einen Satz von dem ich, schon aufgrund meiner Rot-Grün-Schwäche, niemals gedacht hätte dass ich Ihn in diesem Leben jemals hören würde: "Deine Maschine!". Wie jetzt? Meine linke Hand umfasste vorsichtig den Knüppel, die rechte hielt sich weiterhin am Gas fest, meine Beine zitterten auf den Pedalen und ich wagte einen Blick nach rechts. Mein Fluglehrer hatte die Hand vom Knüppel genommen, saß (scheinbar) ganz entspannt auf seinem Platz und spielte Passagier. Das soll ein Scherz sein, oder? Irgendwo muss ein Autopilot sein der das Flugzeug steuert, das kann man doch nicht einfach so einem Anfänger überlassen. Oder doch?
Ich hatte schon öfters Berichte von Flugschülern gelesen bzw. gesehen. Und immer hieß es das diese direkt in der ersten Stunde von Anfang an an's Steuer mussten. Ich hatte das als "Heldengeschichten" abgetan um den Leser zu beeindrucken. Nie und nimmer kann man doch einem unerfahrenen Schüler das Steuer über ein Flugzeug überlassen. Jetzt war ich schlauer: doch, man kann!
Das Flugzeug wurde ein wenig durchgeschüttelt, und wenn man als Passagier nur Flugzeuge der Größe Boeing 737 und größer gewohnt ist kommt einem das Ganze schon ein wenig heftig vor. Vor allen Dingen wenn man, wie ich, auch noch Flugangst hat. Ja lacht nur! Da saß ich nun, durchgeschüttelt, ängstlich und der Tatsache völlig bewusst dass ich jetzt nicht einfach aussteigen kann. Abgesehen davon dass ich ja noch selber das Flugzeug fliegen musste welches eben diese Angst auslöste.

Irgendwie machte mein Gehirn in diesem Moment jedoch genau das richtige: die Angst wurde verdrängt und ich konnte mich darauf konzentrieren was ich dank Flugsimulatoren am PC und meiner 10-jährigen Modellflugerfahrung bereits verinnerlicht hatte. Knüppel leicht ziehen, jep, Flugzeug steigt. Knüppel leicht nach links, jo, Maschine rollt nach links. Knüppel leicht nach rechts, wir wissen schon was passiert. Knüppel leicht nach vorne ... Whoooops ... schwerelos!
Panik! Wir stürzen ab! Ach nee, das Variometer sagt das was anderes und der Höhenmesser steht auch still. Und mein Fluglehrer ist nach wie vor entspannt. Wie kann das sein, spüre nur ich das? Wäre das ein Modellflugzeug würde ich das Höhenruder mit einer Exponentialfunktion belegen damit es nicht ganz so giftig reagiert. Aber hier? Gibt's nicht. Also sollte ich mir hier ganz sanfte Steuerbewegungen angewöhnen wenn ich mich nicht jedesmal auf's neue erschrecken möchte. In den nächsten Minuten kam ich mir vor wie Homer Simpson der immer wieder auf die heiße Herdplatte fasst und sich verbrennt ...
Das alles erlebte ich innerhalb von Sekunden kurz nach dem Start. Irgendwann kam das Kommando meines Lehrers "Jetzt fahr die Klappen ein!". Ich betätigte den Schalter für die Landeklappen und wurde kurz darauf von meinem Lehrer darauf aufmerksam gemacht dass ich sie aus- statt eingefahren hätte. Klar, in so einem Moment kann man schon mal oben und unten verwechseln, immerhin standen meine Chancen fifty/fifty. Peinlich ...
In den darauffolgenden Minuten konnte ich mir beweisen dass ich ein Flugzeug fliegen kann. Nicht starten, schon gar nicht landen, aber fliegen. Ich kann Vollkreise nach links und nach rechts fliegen, ich kann den Kurs und die Höhe halten, ich kann steigen und sinken, während dem Steigen oder Sinken Kurven fliegen ("Flieg mal da unten zwischen den beiden Wolken durch in einer Rechtskurve").
Was noch nicht so gut klappt ist das Einleiten einer Kurve da man dort koordiniert mit Quer- und Seitenruder arbeiten muss. Aufgrund einer Besonderheit der Aquila (kleine Querruder die zudem noch differenziert sind) ist das Querruder-Gier-Moment ziemlich gering weshalb ich meist ein wenig zu viel Seitenruder gegeben habe. Das Ziel ist es, das die Nase des Flugzeugs nach dem Einleiten der Kurve noch immer auf die gleiche Stelle am Horizont zeigt. Dies übt man indem man abwechselnd Rollbewegungen nach links und nach rechts macht (also quasi mit den Tragflächen winkt). Wenn man's kann fliegt die Maschine dabei wie an einer Schnur gezogen geradeaus. Wenn man's nicht kann sieht's halt so aus wie bei mir.
Der Erstflug dauerte nur wenige Minuten, genau 24 wie unser Protokoll am Ende zeigte. Für 11 Uhr war sie bereits für den nächsten Piloten reserviert und wir waren schon ein paar Minuten überfällig als mein Fluglehrer mir den Kurs gab welcher uns zurück zur Platzrunde bringen sollte. Während mein Fluglehrer das durchaus bedauerlich fand war ich eigentlich nicht unglücklich darüber. Ich hatte in der kurzen Zeit so viele neue Eindrücke erlebt die mussten erst mal verarbeitet werden.
Also flog ich uns im Sinkflug (natürlich mal wieder mit dem "Whoooops"-Moment) Richtung Posttower Bonn bevor ich rechts nach "der roten Schule" suchen sollte. Diese kennzeichnet praktischerweise den Einflugpunkt in die Platzrunde. Für mich mit meiner Rot-Grün-Schwäche natürlich unglaublich sinnvoll! Aber ok, ein farbiges Gebäude inmitten lautet weißer Gebäude erkenne auch ich - also flugs nach rechts gerollt und Kurs auf die Schule genommen. Danach wurde ein Hochhaus ins Visier genommen ("das hintere von den beiden da vorne") und dann ging's mit Motor im Leerlauf zwischen zwei Häusern hindurch (also darüber) in einer Linkskurve in den Endanflug. Der Blick nach draußen bestätigte dass vor uns die Landebahn lag.
Ab dort übernahm dann glücklicherweise mein Fluglehrer, ich sollte nur erfühlen was er steuerte. Nein, trotz erfühlen könnte ich diese Landung nicht nachmachen, da braucht's noch einige Platzrunden (erfahrungsgemäß an die 100) bis das so reibungslos klappt. Ich durfte dann wieder das Flugzeug von der Piste zum Stellplatz fahren wo es unser Nachfolger dann in Empfang nehmen konnte.
Hat wirklich wer bis hierhin gelesen? Vielen Dank!

Ich musste das ganze einfach mal aufschreiben und dachte mir, ich kann's doch auch mit jemandem teilen. Wer weiß, vielleicht ist ja der ein oder andere von Euch jetzt angefixt!? Grillen kann man auch prima mit den Kollegen auf dem Flugplatz (in den Hangars habe ich schon das ein oder andere Grillsportgerät gesichtet) und bei dem was so manche für Ihre Grillhardware ausgeben sollte eine Fluglizenz in einem Verein auch noch drin sein.
Meine nächste Praxisstunde ist für Donnerstag geplant aber da hat Petrus ja auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich werde Euch mit weiteren Erfahrungsberichten auf alle Fälle verschonen wenn nicht gerade etwas außergewöhnliches passiert. Wer sich für das Thema interessiert und evtl. Fragen hat darf natürlich auch gerne Kontakt mit mir aufnehmen.
Viele Grüße,
Thomas
Einige von Euch werden es aufgrund des "Habe ich mir zuletzt gekauft"-Thread vielleicht schon mitbekommen haben dass ich vor kurzem damit begonnen habe eine Privatpilotenlizenz für Flugzeuge (PPL-A) zu erwerben. Letzten Samstag hatte ich meine erste Praxisstunde und würde gerne darüber berichten. Das passt jetzt nicht wirklich in ein Grillforum aber vielleicht wird's hier im Off-Topic Bereich ja geduldet.
Es gibt im Netz einige Blogs welche sich mit dem Erwerb einer Pilotenlizenz beschäftigen und in denen man den Blogschreiber von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Prüfung begleiten kann. Aber keine Sorge, soweit will ich in diesem Thread gar nicht gehen. Dazu fehlt mir die Zeit, das Talent und ich habe leider auch keine Videokamera die mich bei meinem Abenteuer begleiten könnte. Aber der erste Flug im Leben bei welchem man selber das Steuer in der Hand hält ist schon etwas besonderes.
Der Samstag fing damit an dass ich 1,5 Stunden vor der vereinbarten Praxisstunde meinen Lehrer anrief um abzuklären ob das Wetter überhaupt einen Flug zulässt. Ich hatte mich bereits zuvor bzgl. dem GAFOR (General Aviation Forecast) im Netz informiert und die Bedingungen waren eher grenzwertig für VFR (ein Flug nach Sichtflugregeln). Für einen erfahrenen Sichtflug-Piloten sicher gar kein Problem, aber für einen Anfänger? Ähnlich sah es mein Fluglehrer, er machte mir nicht viel Hoffnung. Aber man könnte ja einen Bodencheck machen, ein wenig Rollen üben und das Flugzeug kennenlernen. Entsprechend niedergeschlagen war ich nach dem Telefonat, hatte ich mich doch schon seit Wochen auf diesen ersten Termin gefreut.
Wer sich dafür interessiert kann übrigens auch selber mal ins GAFOR reinschauen, einfach bei Google beispielsweise "GAFOR West" (Luftfahrt Bereich West) eingeben. Hier ist der direkte Link (https://www.dwd.de/DE/fachnutzer/luftfahrt/teaser/luftsportberichte/fbeu40_edze_node.html). Mein Heimatflughafen (EDKB) liegt im Gebiet 34 (Niederrheinische Bucht).
Ich machte mich also auf zum Flugplatz wo ich um 9 Uhr morgens mit meinem Lehrer verabredet war. Wir schauten uns zusammen am vereinseigenen Rechner die aktuelle Wettervorhersage an und plötzlich änderte sich die Meinung meines Lehrer: "Das sollte zum Fliegen reichen!". Heute sollte also der Tag sein von dem ich die letzten Jahrzehnte immer wieder geträumt habe, mir vorgestellt habe wie es so ist selber ein Flugzeug zu fliegen.

Also schnappten wir uns die Unterlagen des Fliegers, warfen einen kurzen Blick in das Bordbuch ob der vorherige Pilot dort irgendwelche Bemerkungen hinterlegt hat und los ging's zum Segelflughangar in welchem "mein" Flugzeug den Winter über geparkt wird.
Nachdem ich zuerst schon einen Motorsegler für meinen Flieger gehalten hatte was mir aufgrund der riesigen Spannweite sofort als Fehler hätte auffallen müssen kamen wir schließlich beim richtigen Flugzeug an und arbeiteten die Vorflugkontrolle gemäß der Checkliste ab. Bzw. ich arbeitete sie ab, mein Fluglehrer erklärte einiges und gab mir Tipps oder Hilfestellungen wenn's ein wenig komplizierter wurde.
Dann öffneten wir die Hangartüren und nachdem wir eine Cessna mal eben zur Seite geschoben hatten zogen wir unser Flugzeug ins Freie. Mein Fluglehrer musste nochmal kurz zur Toilette und gab mir aber die Schlüssel mit der Aufforderung "Setz Dich schon mal rein!". Offensichtlich hielt er mich für vernüftig genug nicht direkt den Motor zu starten oder an irgendwelchen Knöpfen rumzuspielen.

Ich nutzte die Zeit um erstmal ein Foto zu machen, schließlich sollte mich dieses Gerät auf dem Weg zu meiner Fluglizenz die nächsten Monate (12-16 schätze ich) begleiten.
Bei dem Flugzeug handelt es sich um eine AQUILA A210 mit der Kennung Echo Alpha Quebec Juliet, Baujahr 2010 und damit unser modernster Flieger im Verein. Daneben haben wir noch zwei Piper PA28 und zwei Cessna 172 - diese werden von meinen Mitschülern geflogen.
Ich machte es mir also im Cockpit bequem und als mein Fluglehrer wieder dazu kam erklärte er mir erstmal die einzelnen Instrumente. Für jemanden der sich für Flugzeuge interessiert war fast alles selbst erklärend aber ein paar Hintergrundinformationen waren spannend ("Die Tankanzeige taugt nichts aber wir haben ja den Inhalt gemessen").

Wir arbeiteten die Checkliste ab bis zum großen Moment: "Dann starte mal den Motor!". Meine linke Hand zitterte leicht als ich den Schlüssel ins Schloss steckte und auf "Start" drehte während meine rechte Hand den Chokehebel zog. Der Motor sprang nach 1-2 Sekunden brav an, die Kontrollleuchten hielten sich ans Drehbuch und ich war glücklich. Nachdem der Motor auch ohne Choke lief ("Der ist aber hoch eingestellt!") kam die nächste Anweisung: "So, nun rollst Du mal ein Stück. Füße auf die Pedale, linke Hand an den Knüppel, rechte Hand ans Gas!".

Es kam mir ganz natürlich vor das Gas mit der Hand zu steuern und es fühlte sich gut an mit den Pedalen die Richtung zu bestimmen. Normalerweise fühlt man sich bei solch neuen Dingen zu Anfang doch immer etwas unwohl, alles kommt einem fremd vor und man muss sich darauf konzentrieren was man macht. Aber nein, nichts dergleichen. Vermutlich war ich diesen Moment in Gedanken schon so oft durchgegangen das mein Gehirn die Situation als völlig normal empfand.
Bevor ich mich versah kurvte ich auf dem Vorfeld um Hangars und andere Flugzeuge deren Piloten sich vermutlich fragten ob ich mich verfahren hätte. Ab und zu musste mein Fluglehrer mich jedoch darauf aufmerksam machen dass mein tolles Gefährt ja noch Tragflächen besaß und man diese besser nicht mit Gebäuden oder anderen Flugzeugen kollidieren lassen sollte. Es war wirklich so, die Dinger hatte ich einfach ausgeblendet. Ooops!

Bei Flugzeugen muss man die Funktion der Pedale beachten. Diese sind miteinander gekoppelt, drückt man also beispielsweise das linke Pedal nach vorne so kommt das rechte zurück. Einerseits lenkt man damit das Seitenruder welches direkt mit dem Bugrad gekoppelt ist, andererseits befinden sich an den Spitzen der Pedale die Bremsen. Man muss also mit den Fußspitzen bremsen während man gleichzeitig mit den Pedalen die Richtung beibehält. Damit tat ich mich etwas schwer, vor allen Dingen wenn ich beide Bremsen gleichzeitig betätigen musste. Meist schlingerte das Flugzeug dabei leicht weil ständig einer meiner Füße kräftiger auf's Pedal drückte als der andere dagegenhalten konnte. Meinem Fluglehrer fiel das scheinbar gar nicht auf, oder er ignorierte es einfach. Aber da muss ich das nächste Mal nochmal ran.
Mein Fluglehrer meinte ziemlich bald "Das Rollen klappt ja, dann können wir jetzt die Startvorbereitung machen". Ich reihte mich also in die Kette der Flugzeuge auf die gerade den Vorflugcheck durchführten und als wir mit unserer Checkliste durch waren und alle Instrumente die richtigen Werte anzeigten kam das Kommando: "Dann roll mal zum Rollhalt vor der Startbahn!". Gleichzeitig informierte er den Tower über unser Vorhaben. Ein Blick nach rechts ob evtl. ein Flugzeug im Landeanflug ist, alles frei. Also ab auf die Bahn, in der Mitte ausrichten, beide Bremsen drücken, nochmal einen kurzen Blick auf die Instrumente und dann hieß es: "Jetzt gib mal Vollgas!".
MOMENT! Ich hatte doch noch die Füße auf den Pedalen mit welchen man die Maschine auf der Piste halten musste. Klar, das Rollen hat geklappt aber mit über 50 Knoten (knapp 100 km/h) eine Piste entlangzuheizen, das Drehmoment des Motors sowie den Seitenwind auszusteuern ist doch was völlig anderes! Kann ich das überhaupt? HILFE!


Aber es sollte so sein - mein Fluglehrer übernahm den Knüppel (also Quer- und Höhenruder) während ich die Hoheit über Seitenruder/Bugrad und Gas behielt. Um es kurz zu machen, ich brauchte ungewöhnlich viel Startstrecke für so ein leichtes Flugzeug bis wir schnell genug waren um abzuheben. Der Grund: ich traute mich nicht Vollgas zu geben aus Angst das das Drehmoment des Motors uns links von der Piste schmeißen könnte. Da musste man das rechte Pedal schon recht weit drücken damit die Maschine auf Kurs blieb. Erst nach einem erneuten Kommando meines Fluglehrers habe ich mich schließlich getraut den Hebel bis zum Anschlag nach vorne zu bewegen. Und dann flogen wir ...
Kurz nach dem abheben sagte mein Fluglehrer dann diesen einen Satz von dem ich, schon aufgrund meiner Rot-Grün-Schwäche, niemals gedacht hätte dass ich Ihn in diesem Leben jemals hören würde: "Deine Maschine!". Wie jetzt? Meine linke Hand umfasste vorsichtig den Knüppel, die rechte hielt sich weiterhin am Gas fest, meine Beine zitterten auf den Pedalen und ich wagte einen Blick nach rechts. Mein Fluglehrer hatte die Hand vom Knüppel genommen, saß (scheinbar) ganz entspannt auf seinem Platz und spielte Passagier. Das soll ein Scherz sein, oder? Irgendwo muss ein Autopilot sein der das Flugzeug steuert, das kann man doch nicht einfach so einem Anfänger überlassen. Oder doch?
Ich hatte schon öfters Berichte von Flugschülern gelesen bzw. gesehen. Und immer hieß es das diese direkt in der ersten Stunde von Anfang an an's Steuer mussten. Ich hatte das als "Heldengeschichten" abgetan um den Leser zu beeindrucken. Nie und nimmer kann man doch einem unerfahrenen Schüler das Steuer über ein Flugzeug überlassen. Jetzt war ich schlauer: doch, man kann!

Das Flugzeug wurde ein wenig durchgeschüttelt, und wenn man als Passagier nur Flugzeuge der Größe Boeing 737 und größer gewohnt ist kommt einem das Ganze schon ein wenig heftig vor. Vor allen Dingen wenn man, wie ich, auch noch Flugangst hat. Ja lacht nur! Da saß ich nun, durchgeschüttelt, ängstlich und der Tatsache völlig bewusst dass ich jetzt nicht einfach aussteigen kann. Abgesehen davon dass ich ja noch selber das Flugzeug fliegen musste welches eben diese Angst auslöste.


Irgendwie machte mein Gehirn in diesem Moment jedoch genau das richtige: die Angst wurde verdrängt und ich konnte mich darauf konzentrieren was ich dank Flugsimulatoren am PC und meiner 10-jährigen Modellflugerfahrung bereits verinnerlicht hatte. Knüppel leicht ziehen, jep, Flugzeug steigt. Knüppel leicht nach links, jo, Maschine rollt nach links. Knüppel leicht nach rechts, wir wissen schon was passiert. Knüppel leicht nach vorne ... Whoooops ... schwerelos!
Panik! Wir stürzen ab! Ach nee, das Variometer sagt das was anderes und der Höhenmesser steht auch still. Und mein Fluglehrer ist nach wie vor entspannt. Wie kann das sein, spüre nur ich das? Wäre das ein Modellflugzeug würde ich das Höhenruder mit einer Exponentialfunktion belegen damit es nicht ganz so giftig reagiert. Aber hier? Gibt's nicht. Also sollte ich mir hier ganz sanfte Steuerbewegungen angewöhnen wenn ich mich nicht jedesmal auf's neue erschrecken möchte. In den nächsten Minuten kam ich mir vor wie Homer Simpson der immer wieder auf die heiße Herdplatte fasst und sich verbrennt ...
Das alles erlebte ich innerhalb von Sekunden kurz nach dem Start. Irgendwann kam das Kommando meines Lehrers "Jetzt fahr die Klappen ein!". Ich betätigte den Schalter für die Landeklappen und wurde kurz darauf von meinem Lehrer darauf aufmerksam gemacht dass ich sie aus- statt eingefahren hätte. Klar, in so einem Moment kann man schon mal oben und unten verwechseln, immerhin standen meine Chancen fifty/fifty. Peinlich ...
In den darauffolgenden Minuten konnte ich mir beweisen dass ich ein Flugzeug fliegen kann. Nicht starten, schon gar nicht landen, aber fliegen. Ich kann Vollkreise nach links und nach rechts fliegen, ich kann den Kurs und die Höhe halten, ich kann steigen und sinken, während dem Steigen oder Sinken Kurven fliegen ("Flieg mal da unten zwischen den beiden Wolken durch in einer Rechtskurve").

Was noch nicht so gut klappt ist das Einleiten einer Kurve da man dort koordiniert mit Quer- und Seitenruder arbeiten muss. Aufgrund einer Besonderheit der Aquila (kleine Querruder die zudem noch differenziert sind) ist das Querruder-Gier-Moment ziemlich gering weshalb ich meist ein wenig zu viel Seitenruder gegeben habe. Das Ziel ist es, das die Nase des Flugzeugs nach dem Einleiten der Kurve noch immer auf die gleiche Stelle am Horizont zeigt. Dies übt man indem man abwechselnd Rollbewegungen nach links und nach rechts macht (also quasi mit den Tragflächen winkt). Wenn man's kann fliegt die Maschine dabei wie an einer Schnur gezogen geradeaus. Wenn man's nicht kann sieht's halt so aus wie bei mir.
Der Erstflug dauerte nur wenige Minuten, genau 24 wie unser Protokoll am Ende zeigte. Für 11 Uhr war sie bereits für den nächsten Piloten reserviert und wir waren schon ein paar Minuten überfällig als mein Fluglehrer mir den Kurs gab welcher uns zurück zur Platzrunde bringen sollte. Während mein Fluglehrer das durchaus bedauerlich fand war ich eigentlich nicht unglücklich darüber. Ich hatte in der kurzen Zeit so viele neue Eindrücke erlebt die mussten erst mal verarbeitet werden.
Also flog ich uns im Sinkflug (natürlich mal wieder mit dem "Whoooops"-Moment) Richtung Posttower Bonn bevor ich rechts nach "der roten Schule" suchen sollte. Diese kennzeichnet praktischerweise den Einflugpunkt in die Platzrunde. Für mich mit meiner Rot-Grün-Schwäche natürlich unglaublich sinnvoll! Aber ok, ein farbiges Gebäude inmitten lautet weißer Gebäude erkenne auch ich - also flugs nach rechts gerollt und Kurs auf die Schule genommen. Danach wurde ein Hochhaus ins Visier genommen ("das hintere von den beiden da vorne") und dann ging's mit Motor im Leerlauf zwischen zwei Häusern hindurch (also darüber) in einer Linkskurve in den Endanflug. Der Blick nach draußen bestätigte dass vor uns die Landebahn lag.
Ab dort übernahm dann glücklicherweise mein Fluglehrer, ich sollte nur erfühlen was er steuerte. Nein, trotz erfühlen könnte ich diese Landung nicht nachmachen, da braucht's noch einige Platzrunden (erfahrungsgemäß an die 100) bis das so reibungslos klappt. Ich durfte dann wieder das Flugzeug von der Piste zum Stellplatz fahren wo es unser Nachfolger dann in Empfang nehmen konnte.
Hat wirklich wer bis hierhin gelesen? Vielen Dank!


Ich musste das ganze einfach mal aufschreiben und dachte mir, ich kann's doch auch mit jemandem teilen. Wer weiß, vielleicht ist ja der ein oder andere von Euch jetzt angefixt!? Grillen kann man auch prima mit den Kollegen auf dem Flugplatz (in den Hangars habe ich schon das ein oder andere Grillsportgerät gesichtet) und bei dem was so manche für Ihre Grillhardware ausgeben sollte eine Fluglizenz in einem Verein auch noch drin sein.
Meine nächste Praxisstunde ist für Donnerstag geplant aber da hat Petrus ja auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich werde Euch mit weiteren Erfahrungsberichten auf alle Fälle verschonen wenn nicht gerade etwas außergewöhnliches passiert. Wer sich für das Thema interessiert und evtl. Fragen hat darf natürlich auch gerne Kontakt mit mir aufnehmen.
Viele Grüße,
Thomas