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Karamellisierte Spargelsuppe !? (Featuring Modernist Cuisine)

Hypopheralcus

Der Elch
5+ Jahre im GSV

Programmheft​


Heute hatte ich ein delikates Problem

Ich hatte zu viel Spargel

Denn zum einen hatte ich noch klassischen weißen Spargel vom Wochenmarkt am Freitag und zum Anderen wurde ich von @Kimble mit einer schönen Portion des grünen Spargels aus Pertuis bedacht (mehr dazu hier: https://www.grillsportverein.de/forum/threads/oster-ot-sternegriller-friends-zoom-edition.338160/ )

Um möglichst nichts von den Produkten zu verschwenden, habe ich mich kurzerhand entschieden, neben dem Hauptgericht (geangelter Steinbutt, Pertuis Spargel mit Yuzu Hollandaise und frischen Morcheln) noch eine "schnelle" Spargelsuppe zuzubereiten.

(Das Hauptgericht - mehr dazu hier: https://www.grillsportverein.de/for...ller-friends-zoom-edition.338160/post-4664007 )
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Da ich jetzt nicht wirklich einfach ein paar Spargel in Instantbrühe schmeißen wollte, habe ich ein Experiment gewagt:

Einige kennen inziwschen die karamellisierte Karottensuppe nach Modernist Cuisine

Auch wir haben Sie kürzlich beim großen Ostermenü zubereitet - und das stundenlange Schälen und filettieren hat sich absolut ausgezahlt und das Ergebnis uns umgehauen

Daher wollte ich nun sehen, wie weit man das weiterspinnen kann - die Version mit Kürbis ist ja auch schon bekannt - aber mit Spargel habe ich noch nichts gefunden.

Nun gab es - schnell am Abend nach der Arbeit - zwei Komponenten zu erzeugen, so wie bei der Karottensuppe: 1. Das karamellisierte Püree und 2. eine Flüssigkeit zum Strecken.
Auf beide Fragen gibt es die selbe Antwort: Der Schnellkochtopf

Ouvertüre​

Als ich meinem Mann erzählte, dass ich eine karamellisierte Spargelsuppe machen zu wollen, wurde er zuerst etwas bleich, da er sich vor seinem geistigen Auge schon den restlichen Abend irgendwelche ominösen "Filets" aus dem Spargelinneren schaben sah. Aber Gottseidank reichte es, den grünen Spargel zu schälen (der weiße war bereits geschält).

Ich wollte mich möglichst nahe am MC-Rezept entlang hangeln. Daher gab es folgendes Mise en Place:

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Links: Die Schalen vom grünen Pertuis-Spargel. Hinter dem Brett die holzigen Enden und ganz rechts am brett die holzigen Enden vom weißen deutschen Spargel. Alle 3 Komponenten brauchen wir für den "Fond".

In der Mitte des Brettes die "Center Cuts" des deutschen Spargels, die für das karamellisierte Püree dienen und links am Brett die Spitzen, die ein Einlage in die fertige Suppe werden.

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Die Abschnitte wogen ca. 450 Gramm, genauso wie die "center cuts":

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Dazu noch:
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575 Gramm Wasser (daraus wird der Fond)

Dazu noch 100 Gramm beste Butter (Ich habe Echire genommen), 30 Gramm Wasser in dem 5 Gramm Salz und 2,5 Gramm Natron aufgelöst werden.

Dann geht's los:

1. Satz: Der "Fond"​


Im MC-Rezept für Karottensuppe wird ja die Flüssigkeit durch entsaften gewonnen.
Jedoch weder hatte ich 5 kg Spargel, noch finde ich roh entsaftetes Spargelwasser besonders lecker.
Daher sollte es ein Spargelfond werden.

Einen Spargelfond kann jeder machen - Spargel ins Wasser und möglichst lange (am besten Stunden) kochen.
Aber ich wollte eigentlich gerne heute noch essen, daher habe ich ein Rezept für eine Schnellkochtopf-Gemüsebrühe kurzerhand auf Spargel umgebaut und es landeten alle Schalen und die holzigen Enden im Topf - bedeckt mit (ungesalzenem!) Wasser.
Ich bin mir jetzt nicht 100 % sicher, ob man es salzen dürfte - bei der klassischen Rindersuppe darf man aber niemals am Anfang salzen, denn das erhöht (oder senkt ::?::) den osmotischen Druck und verhindert das Auslaugen der Einlage ins Wasser - ich nehme an, das ist auch bei Gemüse der Fall.

Also die Schalen und Abschnitte in den Schnellkochtopf und die 575 Gramm Wasser dazu:

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Das ganze bei "Stufe 2" dann 20 Minuten kochen und dann durch ein Sieb abgießen:

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Es sollte jetzt eine etwas eingetrübte Flüssigkeit sein, die vom Geruch her nach Spargel und Popcorn (!) erinnert und vom Geschmack her ein dezentes Spargelaroma hat.

2. Satz - "Da Capo..." - das karamellisierte Püree​

Hier geht es im Grunde 1:1 wie beim MC-Rezept:

Also nochmal den Schnellkochtopf gezückt, Butter schmelzen, Spargel rein (nicht bräunen!), Wasser-Salz-Natron-Lauge dazu, alles gut durchmischen:

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Deckel drauf und bei Stufe 1 wieder für 20 Minuten garen.

Dann sollte es so aussehen und intensiv nach "Spargelpopcorn" riechen:

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Und hier wird es spannend - anders als beim Karotten-Rezept ist dieses Ergebnis "pur" wirklich nicht zum "reinlegen", da interessanterweise nicht nur der Zucker karamellisiert ist, sondern auch die Bitterstoffe im Spargel offenbar besonders stark herausgelöst wurde.

Aber jetzt war ich so weit gegangen, da wollte ich es trotzdem zu Ende bringen.

"...al Fine" - Figaros Spargels Hochzeit​

Nun den Fond dazumischen und alles gut und lange durchpürieren, bis sich eine schöne Emulsion ergibt:

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Hier habe ich nun für einen etwas cremigeren Geschmack ca. 150g Schlagrahmsahne mit dem Stabmixer eingearbeitet.
Aber das relativ bittere Aroma blieb immer noch dominant.

Ich wollte es schon als gescheitert betrachten - quasi meine erste "unvollendete Symphonie", da eilte mir der große Maestro Heston Blumenthal zur Seite.

Denn während man intuitiv bei bitterem Geschmack zum Zucker greifen würde, hat Heston hier einen anderen Ansatz:
In seinem Rezept zum The most simple chocolate mousse on the planet hat er nämlich angemerkt: "If something's too bitter, don't add sugar, add salt!"

Also, gesagt getan:

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Hier gilt - vorsichtig Abschmecken, aber es wirkt! Mit einer beherzten Prise Salz wurde aus der viel zu bitteren Suppe eine wirklich angenehme Essenz, in der sowohl das karamellisierte Süße als auch das - nun angenehm abgemilderte - bittere des Spargels harmonisch miteinander funktionieren.

Als "Einlage" dienen nun noch die Spitzen, die zuerst in mundgerechte Stücke geschnitten werden und dann in die nochmal aufgekochte Suppe für wenige Minuten eingelegt werden, bis sie bissfest gegart sind. Das dauert wirklich nur wenige Minuten.

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Dann nur mehr anrichten und fertig ist die "schnelle Feierabendsuppe":

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Konzertkritik​

War es eine Symphonie, den Salzburger Festspielen oder gar den Wiener Philharmonikern würdig?
Naja - die Oboen waren ein wenig aus dem Takt und der Paukist war wohl etwas angetrunken.
Ich würde es eine gemütliche Matinée des Kammerorchesters nennen.

Spaß beiseite - der extreme "WOW"-Effekt der Karottensuppe blieb hier ein wenig aus - vor allem, da ich doch mit ein wenig Gewürz und Sahne nachhelfen musste, um die Suppe abzurunden ist sie sicher nicht komplett auf der Ebene der Karottensuppe, die wirklich ohne irgendwas atemberaubend ist.
Mit diesen "Überarbeitungen" ist es aber wirklich ein spannendes Ergebnis und es ist auf alle Fälle eine Spargelsuppe, die von der Norm abweicht und so ein paar interessante Eindrücke in dieses von vielen so geschätzte Gemüse gibt.

Alles in allem wohl eine 7,5/10

Vielleicht findet sich ja jemand, der eine Idee hat, das ganze noch zu verbessern? Ich würde mich über Nachahmer natürlich sehr freuen!
 
Danke für Deine Experimentierfreude und Inspiration :thumb1:, ich bin mir sicher, dass wir alle noch ein paar Anregungen haben werden, um diese Idee weiterzuentwickeln.
 
da interessanterweise nicht nur der Zucker karamellisiert ist
schön gemacht.

btw. - dies ist Maillard, also eine KH/Protein reaktion.
Karamell ist nur Zucker verbrennen.
Der einzige Zucker der bei den Druckdampftopf verbrennen kann (120°C) ist Fruchtzucker.

Wie viel Fruchtzucker erwartest du in einem Spargel zu finden?


Ich hab meine Mod.-Cuis.-Bücher verkauft - aber zb. bei Chefsteps wird Natron NaHCO3 verwendet - nicht Natron-Lauge NaOH

Die Lauge ist vielfach basischer - das müsste zu einem seifigen Geschmack führen. Es steigert dafür den PH Wert höher, was die Maillard-Temp. senkt.
 
Sehr schön!

Ich bin ja auch gerade am Durchdeklinieren von Spargel und habe mir auch Gedanken bezüglich Spargelsuppe 2.0 gemacht.
Natürlich habe ich da auch an die MC-Variante gedacht, aber befürchtet, dass zu wenig Zucker darin enthalten ist...

Ich könnte in den Ring werfen, dass man anstatt mit Salz vielleicht mit ein bißchen (shiro) miso würzt ? Da ist das Salz für die
Aufhebung der Bitterkeit drin, aber auch reichlich umami...
 
Natürlich habe ich da auch an die MC-Variante gedacht, aber befürchtet, dass zu wenig Zucker darin enthalten ist...

Ja, Spargel hat tatsächlich etwas weniger als die Hälfte an Zuckergehalt im Vergleich zu Karotten.
Das war mir allerdings auch sehr recht - denn ich wollte ja auch gar keine "Karottensuppe aus Spargel" - also der Süßegrad der MC-Karottensuppe wäre beim Spargel für mich eher ungenießbar - der lebt ja gerade vom Gegenspiel zwischen süß und bitter.

Der "Ur-Gedanke" des Experiments war eigentlich, dass ich bisher immer aus Gewohnheit ein wenig Zucker in die Spargelsuppe gegeben habe, um den Geschmack abzurunden. Und die Idee war dann, anstatt Zucker zuzufügen, diese Komponente im Durckkochtopf so zu verstärken, dass es nicht mehr notwendig war.
Der Output war dann aber eben etwas anders als erwartet, weil offenbar auch die Bitterstoffe verstärkt wurden.

Ich könnte in den Ring werfen, dass man anstatt mit Salz vielleicht mit ein bißchen (shiro) miso würzt ? Da ist das Salz für die
Aufhebung der Bitterkeit drin, aber auch reichlich umami...

Ja, das wäre sicher eine interessante Variante - wäre ein weiteres Experiment wert.

Ich glaube, dass es schon ein brauchbarer Ansatz ist, aber dass man beim Spargel etwas mehr "nachhelfen" muss, als bei der Karottensuppe, die im Grunde überhaupt keine Würzung braucht.
 
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