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Mehrstufiger Pizzateig mit Biga

Pizza_Underground

Militanter Veganer
Servus Pizzaiolos,

wem der User "Pizza Underground" nichts sagt, der wurde hier ganz offiziell vorgestellt und dient künftig der Veröffentlichung unserer gemeinsamen Projekte.

Nachdem wir ja im ersten größeren Werk an einem einfachen Rezept versucht haben, möchten wir euch in diesem Thread an komplexerere Teige heranführen. Diesesmal dreht sich alles um den Vorteig "Biga" und die hier vorgestellte herangehensweise sind erste Versuche etwas neues auszuprobieren.

Pizzateig mit 50% Biga Vorteig

Vorwort

Das Thema Vorteige ist in der Pizzateigherstellung gar nicht so neu. Bei einer Suche hier im Forum stößt man auf erste Nennungen von Biga bereits im Jahr 2013. Die Vorgehensweise unterscheidet sich zwar zu heute, dennoch hat das Thema in den letzten Monaten wieder an Fahrt aufgenommen. Insbesondere auf Instagram überbieten sich die Pizzaiolos mit immer ausgefalleren Bigateigen. Momentan sind 100% Biga gepaart mit hohen Hydrationen von 80% aufwärts ein absolutes Trendthema.

Grundsätzliches zu Biga
Ein Biga ist ein relativ fest geführter Vorteig, typischerweise mit einer Hydration zwischen 40-60%. Die übliche Hefedosierung liegt bei 1%, was für Pizzateige eigentlich mächtig viel ist. Diese Empfehlung findet man auch immer wieder in Pizzateigrezepten. Wir sind uns im Underground aber alle einig, dass das zu viel des guten ist. Allenfalls kann man dieser Hefedosierung arbeiten, wenn der Anteil am Biga entsprechend klein ist.

Vorteige setzt man unter anderem ein, um den Geschmack der fertigen Backwaren zu beeinflussen. Wer sich diesbezüglich noch etwas einlesen will, findet bei Lutz Geisler und seiner Seite "Bäckerlatein" einige hilfreiche Infos
Vorteig
Biga

Was bei der Bigaherstellung zumindest hier im Forum auch noch recht "neu" ist, ist die Tatsache dass Biga an der Hydrationsuntergrenze hergestellt wird, was keinen homogenen Teig ergibt, sondern recht trockene Krümel. Der Sinn und Zweck davon ist, dass damit die Fermentation langsam, aber mit mehr Sauerstoff abläuft.

Nachteile
Auch wenn es beabsichtigt ist, dass die Hefe viel Luft erwischt - der Teig tut das auch. Insofern ist dieser einer hohen Oxidation ausgesetzt, was sich gerne in einem blassen Erscheinungsbild bei der fertigen Pizza zeigt. Vestärkt wird das auch durch die Tatsache, dass die trockenen Brösel relativ aufwendig auf eine hohe Hydration "hochgeknetet" werden müssen.

Überlegung für den Versuch
Die Überlegung war, wie kann man einerseits die positiven Eigenschaften des Biga für den Pizzateig nutzen, anderseits eine zu starke Oxidation zu vermeiden. Dabei ist die Idee entstanden, Biga mit einem Autolyseteig zu mischen. Bei letzterm werden nur die Zutaten vermengt, aber nicht geknetet. Ob das was wird, muss also unser Versuch zeigen. Was die Hefemengen angeht, wurde hier bewusst wieder mit 0,1% gearbeitet, ganz ohne App - denn die kann maximal auch nur Anhaltswerte liefern.


Rezept Teig

Biga Vorteig

1000 g Mehl Rossa Forte
440 ml Wasser
2 g Frischhefe

Reifung im Keller bei ca. 18° für etwa 12 h

Autolyseteig
800 g Mehl Rossa Forte
200 g Mehl "Integrale S"
700 ml Wasser

ca. 4-5h bei RT stehen lassen.

Haupteig
Biga Vorteig
160 ml Wasser
60 g Salz
Autolyseteig

ca. 20 h im Kühlschrank

Stückgare
ca. 4-5h bei 18° im Keller

In Prozenten ausgedrückt haben wir also die folgenden Eckdaten:

90% Mehl Tipo 00
10% Mehl "Integrale" (Vollkornmehl)
65% Hydration
3 % Salz
0,1% Hefe

Als Mehl kommt ein Urlaubsmitbringsel zum Einsatz, auch wenn die Verpackung anders aussieht wie auf der Website, es handelt sich um dieses Mehl hier. Darüber hinaus war noch dieses Vollkornmehl mit im Einsatz.
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Gerade bei der Bigaherstellung bitte das Mehl sieben. Tut man das nicht, braucht man sich auch später nicht über Mehlnester im Teig wundern.
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Wasser ebenfalls wiegen
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Erst einen Schluck Wasser in die Knetmaschine, Mehl drauf und Maschine einschalten. Restliches Wasser zugeben und nur kurz mischen (2-3 Minuten) bis sich Krümel gebildet haben. Das Mehl sollte aber nun weitgehend eingearbeitet sein.
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Die Krümel nochmals schön klein rupfen und in einen verschließbaren Behälter geben.
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Nochmals ein Blick von oben drauf. Das ganze wanderte dann in den Keller bei ca. 18-20° für rund 12-13h.
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***Biga im Keller***
Nächster Tag - unser Biga befindet sich noch im Keller, 5 Stunden vor der eigentlichen Teigzubereitung wurde das restliche Mehl und Wasser als Autolyseteig angesetzt.

***Herstellung Autolyseteig***
Kleines Detail: In dem Vollkornmehl ist wirklich alles drin - also wurde die Kleie ausgesiebt. Die muss man nicht wegwerfen, im konkreten Beispiel wurde diese tags drauf in den Brotteig gegeben.
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Hier sieht man schön die grobe Körnung des Vollkornmehls.
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Nochmals Wasser abwiegen, 2g zu viel *Drama* ;)
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;)

Hier wurden nur die beiden Mehlsorten mit dem Wasser vermischt, aktuell hat das ganze 70% Hydration. Das lässt man nun einfach stehen oder ist neugierig und macht zwischendrin schon mal ein stretch and fold.
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*** Herstellung Hauptteig ***
Unser zweiter Teig hat nun 5h ruhen dürfen. Nun wird es Zeit, zunächst den Bigateig auf 60% Hydration zu bringen und dann mit dem Autolyseteig zu verkneten.

Hier nun der Biga nach rund 12 Stunden. Volumenzunahme ist sichtbar, die Krümel sind nun "verbacken".
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Was für ein Aroma strömt uns da in die Nase! Das duftet wirklich ausgezeichnet!
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Unser Autolysteig schaut auch schon gut aus.
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Im nächsten Schritt bringen wir erst einmal den Biga auf 60%. Die Krümel würden sich sonst nur sehr schlecht mit dem Autolyseteig verbinden.
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Das Salz bereiten wir auch gleich vor.
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Wir geben die Krümel wieder in die Maschine und geben das Wasser nur sehr langsam zu. Trotzdem darauf achten, dass der Vorgang nicht zu lange dauert. Es bedarf für diese Technik einer leistungsfähigen Knetmaschine.
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Einige Minuten später - Wasser ist drin, aber der Teig noch nicht final geknetet.
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Jetzt geben wir unseren Autolyseteig zu, man sieht wie toll der sein Glutengerüst von ganz alleine entwickelt hat.
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Beide Teige nun zusammenfügen und nochmals 2-3 Minuten kneten, dabei das Salz unterkneten lassen.
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Jetzt schaut das schon ganz anders aus.
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Hier nochmals ein wenig geshapt.
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Unser Teig geht nun in die Stockgare, in dem Szenario für ca. 20 Stunden. Es wurde eine kalte Gare im Kühlschrank durchgeführt.


Ca. 4-5 Stunden vor dem Backen werden nun die Teiglinge abgestochen. Man sieht eine Volumenzunahme, ohne dass er Teig total explodiert ist. Eigentlich perfekt so.
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So wandern die Teiglinge nun wieder in den Keller bei den ca. 18-20°.
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Ofen wird schön vorgeheizt
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Ein bisserl haben sie an Form verloren, aber Verarbeitung ist kein Problem.
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Schaut schon mal gut aus...
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Wir haben da erst mal nicht viel zu meckern.
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Halt - Blasen sind eigentlich nicht erwünscht. Das wird notiert und soll beim nächsten Mal besser werden.
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Die Krume passt, aber es sind leichte Tendenzen zu "Spiderweb" erkennbar. Davon spricht man, wenn die Krumestruktur zusammenschmilzt und sich "fadenartige Gebilde" in großen Hohlräumen bilden.
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Hier passt die Optik
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Hier wieder leichte Blasenbildung. Es hängt auch ein wenig mit der Ofentempertur zusammen.
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Der Boden passt auch.
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Hier sieht man das mit dem "Spiderweb" schon etwas deutlicher. Aber noch ist es undramatisch.
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Die letzten Teiglinge sind nicht mehr weiter auseinander gelaufen. Die groben Eckdaten unseres Teiges passen.
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Als Fazit kann man fürs erste festhalten:

Geschmacklich waren das wirklich erstklassige Pizzen. Das mag an dem noch recht frischen Mehl gelegen haben, aber auch der Biga tut einiges dazu. Verarbeitung war gut, das Rezept ist jedoch recht zeitaufwenig. Es wäre noch auszuloten, wie eine Reifung bei Raumtemperatur wäre, dazu wäre ein Ansatz den Bigaanteil zu reduzieren und ggf. auch die Menge der Hefe.

Aber es muss hier niemand warten, der zweite Test ist ja schon gemacht:

Biga
500 g Mehl Rossa Forte
220 ml Wasser
0,7 g Frischhefe

Reifezeit ca. 13h im Keller bei ca. 18°

Autolyseteig
850 g Mehl Rossa Forte
150 g Mehl Integrale S ausgesiebt
700 ml Wasser

ca. 4 h bei RT

Hauptteig
Biga
Autolyseteig
80 ml Wasser
45 g Salz
ca. 20h Reifezeit im Keller bei ca. 18°, Stückgare ca. 4-5 h ebenfalls im Keller

Verändert wurde:

- Die Hefemenge auf nun ca. 0,05% der Gesamtmehlmenge
- Der Bigaanteil, auf die Mehlmenge gesehen 1/3
- Temperatur der Gare des Hauptteiges
- Der Ofen: Statt im Bollore wegen schlechten Wetters im P134H LE
- Die Hydration - wobei das ein Denkfehler war. Beim ersten Teig wurden ja gleiche Mehlanteile mit unterschiedlicher Hydration zusammengefügt. Aus 60% Biga und 70% Autolyseteig werden letztendlich 65%. Das funktioniert aber nicht wenn die Mehlmenge unterschiedlich ist. Insofern wurde die Hydration auf letztlich rund 67% erhöht.

Was bei dem Versuch noch aufgefallen ist: Die Bigakrümel ließen sich recht einfach zu einem Klumpen zusammenfügen. Da die Teigmenge geringer war, war es kaum möglich den Teig zu kneten. Es war zu wenig, mit dem ersten Schluck wurde der Teig nur in der Maschine umhergeschoben. Also kurzerhand Autolyseteig dazu und den Hauptteig kneten, restliches Wasser einkneten um zum Schluss das Salz. Das ging relativ flott mit rund 6-7 Minuten.

Aber gucken wir uns die Ergebnisse an:

Leider etwas breit gelaufen - Resultat des Denk- und Rechnenfehlers bei der Hydration. Aber noch gut zu verarbeiten gewesen.
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Nr. 1 - kleiner Appetithappen nur mit Olivenöl, Rosmarin und Oregano. Lecker...
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Hier einmal ausgebreitet - schaut gut aus.
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Krumenbild, gefällt besser als im ersten Versuch.
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Rand geht gut hoch, keine nenneswerte Blasenbildung, schöne Bräunung.
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Nicht ganz rund - bisschen dem weichen Teig geschuldet.
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Als Fazit des zweiten Versuches ist folgendes mitzunehmen:

- die Hydration im Biga auf 45% erhöhen. Immer noch Brösel, sollte sich aber dann einfacher zusammenfügen lassen.
- 1/3 Biga war ziemlich gut.
- kaum Blasenbildung
- Hydration wieder anpassen 65% oder gar mal etwas drunter.
- Hefe wurde mit der PizzApp+ berechnet, allerdings als einstufiger Teig. Die Hefemenge ließe sich nochmals etwas senken, in der Konstellation mit recht konstanten 18° sollten 0,03-0,04 % reichen.

Gesamtfazit
Es handelt sich hier also um eine Anleitung, die als Inspiration dienen soll eingetretene Wege zu verlassen und mit Mehlen, Vorteigen und in der Zubereitung etwas zu spielen. Der Grat zwischen Erfolg und Niederlage ist wesentlich schmaler als bei einem einfach geführten Teig. Auf der anderen Seite wird man neue Nuancen entdecken und damit auch die Vielfältigkeit, die sich mit wenigen Grundzutaten immer wieder neue variieren lassen.

Für's erste viel Spaß beim nachbacken - es folgen weitere Beiträge und Anleitungen, dazu haben wir ein paar Blocker unter dem Eingangspost reserviert.

Euer Pizzabäcker Underground
 
Wie man den Aufwand etwas reduzieren kann, verrät uns nun dieser Beitrag.

Auch wenn man mit Biga geschmacklich richtig tolle Teige erhält, wird der zeitliche Aufwand dadurch nicht wirklich geringer und man kann/will für einen Pizzateig ja nicht immer 2-3 Tage Vorlaufzeit einkalkulieren. Es kam daher der Gedanke auf, Biga mal versuchsweise auf Vorrat zu produzieren und ihn dann portioniert und vakuumiert einzufrieren. So hätte man bei Bedarf jederzeit einen gut gereiften Biga zur Hand, unabhängig davon, ob man ihn dann für eine lange, kalte Teigführung oder für den spontanen schnellen 4-5 Stunden Pizzateig einsetzt. Und im Gegensatz zum fertigen eingefrorenen Teig wäre es bei einem TK-Biga auch egal, dass die Triebfähigkeit unter dem Einfrieren leidet, weil man dem finalen Teig dann ohnehin noch einmal frische Hefe zugibt.

Es wurden deshalb in den letzten Wochen verschiedene Versuche mit TK-Biga unternommen und es hat sowohl für Pizza als auch für Brot, Baguette und Ciabatta immer sehr gut geklappt. Bei der Dosierung wurde im Bereich von 25% bis 75% (der Gesamtmehlmenge im Biga) alles Mögliche ausprobiert und es haben grundsätzlich alle Dosierungen bestens funktioniert. Am Ende hat sich der Bigaanteil dann aber im Bereich zwischen etwa 30% und 50% (der Gesamtmehlmenge im Biga) eingependelt.

Die bei den Versuchen verwendeten Hydrationen lagen zwischen 45% und 55% und die Hefemenge zwischen 0,1% und 0,2%. Manche Biga reiften ausschließlich bei Raumtemperatur, andere (fast) ausschließlich im Kühlschrank und dann wurden auch noch ein paar Kombination probiert (z.B. 12 Stunden bei Raumtemperatur und anschließend noch 24 Stunden im Kühlschrank). Funktioniert haben alle Hydrationen und Vorteigführung, was man bevorzugt hängt in erster Linie vom persönlichen Geschmack ab. Testsieger dieser Versuchsreihe war ganz eindeutig der kalt geführten Biga mit 45% Hydration und 0,2% Hefe, der ca. 2 Stunden bei Raumtemperatur und weitere ca. 48 Stunden bei ca. 5-6° im Kühlschrank reifte.

Vor dem Einfrieren wird der fertig gereifte Biga zusammengeknetet, portioniert und mit einem Nudelholz etwas flachgerollt (damit die Biga schneller durchfrieren und bei Bedarf dann auch schneller auftauen) und vakuumiert.

Wird ein Biga benötigt, holt man ihn nach Möglichkeit etwa 1-2 Stunden vorher aus dem Gefrierschrank, nimmt ihn aus dem Beutel und lässt ihn bei Raumtemperatur auftauen. Für ganz schnelle/spontane Nummern wurde der Biga aber auch mehrmals innerhalb von ca. 15 Minuten im lauwarmen Wasserbad aufgetaut, was ebenfalls problemlos funktioniert hat.

Für die schnelle Pizza zwischendurch oder wenn man für die aufwendige Variante einfach mal zu bequem ist, ist der TK-Biga wirklich eine tolle Sache.

Hier noch ein paar Impressionen:

Lieber gleich eine größere Menge Biga herstellen, der Aufwand ist derselbe...
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Zur Not innerhalb von ~15 Minuten im lauwarmen Wasserbad aufgetaut...
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Wenn man Zeit hat, ansonsten inerhalb von 1,5-2 Stunden bei Raumtemperatur...
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Diese Pizza besteht aus 1/3 TK-Biga, in den Hauptteig kamen noch 0,1% Hefe; Stockgare 3h bei ca. 23°, Stückgare 6,5h bei 20°..
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Expresspizza mit 75% TK-Biga, in den Hauptteig kamen noch 0,12% Hefe; keine Stockgare, Stückgare 3,5h bei ca. 23°.
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Pizza in Teglia mit 50% TK-Biga, 1% Hefe im Hauptteig; Stockgare 8h im Kühlschrank, Stückgare 1h bei ca. 23°...
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Biga mit Lievito Madre

Neben der klassischen Variante Biga mit Hefe anzusetzen, gibt es auch die Möglichkeit diese durch Lievito Madre zu ersetzen. In Lutz Geißlers "Bäckerlatein" wird dies u.a. in der allgemeinen Erklärung zu Biga beschrieben. Demnach sollte LM, Mehl und Wasser im Verhältnis 2:2:1 für den Bigaansatz verwendet werden. Es hängt natürlich davon ab, wie flüssig oder trocken der LM geführt wird. Das Ziel soll ein Vorteig mit der typischen klumpig-bröseligen Struktur sein. Evtl. muss man hier das Verhältnis etwas anpassen und z.B. die Mehlmenge erhöhen.
Ein entscheidender Faktor ist, dass man aufgefrischte Mutterhefe verwendet. Versuche mit LM aus dem Kühlschrank ohne Auffrischung waren eher enttäuschend.
Hier mal ein Beispiel mit 20% Biga; damit ist der Mehlanteil für den Biga von der Gesamtmehlmenge gemeint. Der Teig wurde mit der Hand verarbeitet.

Gesamtmehlmenge für 4 Pizzen 500 g

Biga 20%
Verhältnis 2:2:1
(die Mengen sind gerundet)
67 g LM
67 g Mehl
17 g Wasser
Hauptteig
Biga 150 g
Mehl 400 g
Wasser 300 g für 70% Hydration
Salz 2,5% -> 12,5 g

Vorgehensweise
Zutaten für den Biga grob verkneten. Danach 2 Stunden bei Raumtemperatur stehen lassen, bevor er für 22 Stunden in den Kühlschrank wandert.
Für den Hauptteig Biga ca. 20 Min. in der restl. Wassermenge einweichen lassen. Meiner Meinung nimmt der Biga dabei etwas Wasser auf und lässt sich anschließend besser verarbeiten. Nachdem das restliche Mehl und Salz eingearbeitet sind, darf der Teig wieder ca. 2 Stunden bei Raumtemperatur anspringen, danach
Stockgare im Kühlschrank: 14 Stunden
Stückgare bei Raumtemperatur (ca.23°): 8 Stunden

Aufgefrischter LM

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Bigaansatz mit Manitoba von der HB-Kunstmühle

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Biga nach zwei Stunden bei RT bevor er für 22 Stunden in den Kühlschrank wandert

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Stockgare: 2 Stunden bei Raumtemperatur/14 Stunden im Kühlschrank

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Stückgare 8 Stunden bei 23° Raumtemperatur

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und endlich Pizza:)

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Biga Vorteige lassen sich nicht nur im Tiefkühler gut aufbewahren, sondern auch im Kühlschrank. Vorausgesetzt die Temperatur ist nicht zu hoch. In einem Kühlschrank mit einer Temperatur zwischen 0°C und 1°C hält sich ein Biga Vorteig bis zu zwei Wochen lang. Möglicherweise auch länger, aber darüber gibt es hier noch keine Erfahrungswerte.

Was hat das jetzt mit diesem Beitrag hier zu tun? Genau genommen gar nichts! :D

Denn hier geht es um etwas anderes, nämlich darum, was man tun kann wenn man weder im TK noch im KS Biga auf Vorrat hat, nicht genügend Zeit für einen "richtigen" Biga mit langer Führung und trotzdem auf die Geschmackscharakteristik eines Biga nicht ganz verzichten will.

Die Antwort darauf könnte "Pooga" heißen! :D

Man beginnt mit einem Poolish*) (z.B. mit 22-25% der GMM), als Schüttflüssigkeit wurde hier Hefewasser verwendet (man kann anstelle des Hefewassers auch Industriehefe in der üblichen Dosierung verwenden):
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Nach ein paar Stunden (hier waren es 3-4h) zeigt der Poolish normalerweise schon genügend Aktivität...
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...und es kann die restliche Mehlmenge (z.B. wieder 22-25% der GMM) für einen Biga zugegeben werden.

Das ist jetzt unser "Pooga":
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Der darf jetzt (hier bei etwa 17°C) reifen, bis es Zeit ist, unseren Teig anzusetzen.

Das restliche Mehl - und evtl. gemahlenes Getreide - wird dann mit warmem Wasser gut durchgerührt und der Pooga nach und nach untergehoben und anschließend das Salz zugegeben. Eine Küchenmaschine ist dabei praktisch, aber nicht unbedingt notwendig. Nach einer kurzen Teigruhe beginnt man mit dem Dehnen und Falten ("stretch & Fold", S&F). In diesem Falle sind mehrere S&F unbedingt notwendig, weil der Teig ja nicht geknetet wurde.

Nach ein paar S&F (hier waren es 6 im Abstand von etwa 20') schaut der Teig schon ganz gut aus:
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Jetzt kann man entweder eine Stockgare einfügen oder direkt die Teiglinge machen. Abstechen und portionieren...
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formen und in die Box(en) geben (hier mit einer dünnen Ölschicht)
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...und zur Stückgare geben. Die Temperatur hängt dabei von der zur Verfügung stehenden Zeit ab...
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Hier das für diesen Beitrag verwendete Rezept (Alle(!) Prozentangaben bezogen auf die GesamtMehlMenge und gerundet):

Poolish (Vorteig)
  • Dinkel 1050 (22%)
  • Hefewasser (22%)
Pooga (Vorteig)
  • Poolish
  • Dinkelvollkornmehl (22%)
Hauptteig
  • Pooga
  • Pizzamehl (Caputo Cuoco; 36%)
  • Farina di Tritordeum**) (9%)
  • Khorasan***) (gemahlen, nicht gesiebt; 11%)
  • Wasser (ca. 30-40°C; 45%)
  • Salz (2,5%)
(Hydration gesamt ca. 67%)

Zeitmanagement

Von der zur Verfügung stehenden Gesamtzeit, zieht man 3-4h für den Poolish ab, 2.5-3.5h für den Hauptteig samt Stockgare und 3-4h für die Stückgare. Den Rest der Zeit gibt man dem Biga für die Reife. Bei einer Vorlaufzeit von 24h sind das etwa 14h. Das reicht für ordentlich Geschmack im Teig.

Alle Zeiten sind natürlich beliebig verlängerbar, dann steuert man die Gare über die Temperatur.

Nachteil

Der einzige Nachteil dieser Methode ist ein verkürztes Zeitfenster für die Verarbeitung

Bilder

Die Backzeiten der gezeigten Pizze liegen zwischen zwei und drei Minuten.

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5) Pizza als Nachspeise (Backzeit ca. 5min)
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*) Poolish: Ein Vorteig aus Mehl und Wasser im Verhältnis 1:1
**) Tritordeum: Eine Kreuzung aus Hartweizen und Wildgerste
***) Khorasan: Alte Sommerweizensorte, wird auch unter den Namen "Kamut(R)" und "Pharaonenkorn" vermarktet
 
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Wie immer tolle Anleitungen! :thumb2:

Nur eine kleine Frage:

Müsste das Wasser bei einem Verhältnis von 2:2:1 nicht 33,5 g haben? Oder hab ich da jetzt einen Denkfehler drin?
Hallo Racamo,
im LM sind ca. 33 g Wasser enthalten. Mit den 17 g kommt man dann auf 50 g, was einem Wasseranteil von 50% im Biga entspricht.
Es teilt sich also folgendermassen auf:
2 Teile LM (67 g), bestehend aus 33,5 g Mehl, 33,5 g Wasser
2 Teile Mehl (67 g)
1 Teil Wasser 17 g
Ich hoffe, das ist verständlich. Ich muss da selbst auch immer zweimal überlegen;)
 
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Hallo Racamo,
im LM sind ca. 33 g Wasser enthalten. Mit den 17 g kommt man dann auf 50 g, was einem Wasseranteil von 50% im Biga entspricht.
Es teilt sich also folgendermassen auf:
2 Teile LM (67 g), bestehend aus 33,5 g Mehl, 33,5 g Wasser
2 Teile Mehl (67 g)
1 Teil Wasser 17 g
Ich hoffe, das ist verständlich. Ich muss da selbst auch immer zweimal überlegen;)

Hallo Driftwood,

vielen Dank für die Erklärung!
 
Servus,

bei uns gab es dieses Wochenende endlich auch mal wieder Pizza, nachdem ich auch einige der Tests hier vorgenommen habe und mir das mit Biga extrem zusagt, hatte ich dieses Mal den Teig wie folgt am Start:

Biga
Molino Grossi Tipo 00
45% Hydration
0,04 % Hefe auf die GMM
12 h bei 17°
Bigaanteil am Gesamtteig: 30%

Hauptteig
Molino Grossi Tipo 00
Molino Grossi Integrale (7% GMM)
2,5% Salz
65% Hydration
20 h Stockgare, ca. 5h Stückgare - beides bei 17°

Die Autolysephase musste ich aus Zeitgründen auf ca. 45 Minuten kürzen. Das ist aber weniger tragisch, selbst 15 Minuten Autolyse sind besser als gar keine. In der Zwischenzeit habe ich den Biga ebenfalls auf 65% Hydration gebracht und dann den Hauptteig angefertigt. Insgesamt hatte also mein Teig rund 36h auf dem Buckel. Die Salzmenge habe ich mal absichtlich stark reduziert, man merkt den Unterschied aber es ist nicht so, dass das zu wenig wäre. Eigentlich war das früher mein Standard und ich werde darauf wieder zurückgehen.

Vorweg kann ich verraten: Sensationell! Hefe könnte man ggf. noch weiter reduzieren (glaubt man ja bei der Menge kaum), aber geschmacklich war das der beste Teig seit langem. Nun möchte ich euch nicht auf die Folter spannen, hier sind die Bilder:

Mitbringsel aus Südtirol wollen vearbeitet werden - war super!
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Die Teiglinge haben die Form gut gehalten.
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Olivenöl, Rosmarin und Oregano
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Erstmalig mit einem Brett unten drin. Das funktioniert wirklich super. Fichte, 3-Schichtplatte.
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Pizza "Südtirol". Mit Bergkäse, Südtiroler Speck und Zwiebel.
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Der Silvia @Cladonia nochmals danke für den Tipp, nur wenige Minuten von der Autobahn ein ziemlich großer Interspar mit dem genialen Zillertaler Bier. Bin völlig hin und weg davon!
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Und so weiter...
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Teig war bis zur letzten Pizza perfekt - hier noch eine mit Büffelmozerella.
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Ich kann euch nur den Tipp geben, mit Biga etwas zu experimentieren. Bei den Gästen kam es super an, ich habe 16 Pizzen durch den Ofen gejagt!
 
Lieber Alex @nollipa , freut mich sehr, daß Du ein kühles Blondes aus dem Zillertal genießen kannst und eigentlich nur mehr über die nicht mehr vorhandene Grenze nach Kufstein dafür musst, also nicht wirklich weit :-)

Schöne Pizzen hast Du wieder gemacht, mein Neid sei mit Dir ;-)

Trinke auch grad eines - Prost Nachbar!

Lieber Gruß aus Tirol Silvia
 
Wow ... Alex, das schaut alles mehr als perfekt aus :gratuliere: Hammer Pizzen :woot:
Sehr genial !!

Biga ... da muss ich mich jetzt auch endlich mal richtig einlesen :thumb2:
Herzlichen Dank deshalb für deinen Bericht und für's anstupsen ;)
 
Hallo Alex, deine Pizzen schauen Traumhaft aus. Wenn das zusammen fummeln mit dem Teig nicht wäre... Würde ich immer Pizzen mit Biga machen, hatte ich ja früher sowieso immer. Nur halt nicht mit dem trockenen Krümel Biga.
 
Sehr schöne Pizze Alex :thumb2:

Die Brimi- Mozzarella sind wirklich sehr gut. Der Heumilch-Mozzarella ist unsere Standardmozzarella, für Pizza verwenden wir aber fast immer den hier LINK.

Servus,
den hatte ich tatsächlich schon im Visir, aber mit wäre das von der Menge her zu viel geworden. Die Haltbarkeit von Mozarella ist ja nicht so lange (meist so um 4 Wochen), so dass ich mich eher für die kleinen Verpackungseinheiten entschieden habe.

Jedenfalls kann ich an der Stelle noch 2 Tipps loswerden:
- Es lohnt sich, diverse Mozarellasorten durchzuprobieren. Von dem Brimi-Mozarella sind wir begeistert, das ist sicher für den ein oder anderen mal ein Tipp, unterwegs auf der Brennerautbahn zu stoppen, in Südtirol wird man den vermutlich in jedem größeren Supermarkt finden. Die Qualität ist jedenfalls super, außerdem "suppt" der Mozarella kaum, d.h. für Pizza kann man den ohne stundenlanges abtropfen aus der Packung verwenden. Ein bisserl was tritt zwar aus, aber das ist undramatisch.
- In Brixen (Brennerstraße) kann man direkt bei Brimi einkaufen. Die haben einen sehr schönen Shop und dort auch andere Milchprodukte und Käse im Angebot. Wer in der Ecke ist, das ist in jedem Fall einen Besucht wert.
 
Hallo Driftwood,

vielen Dank für die Erklärung!
Hallo Racamo,
ich muss mich bei dir entschuldigen und korrigieren. Du hast recht. Nach dem Verhältnis von 2:2:1 (LM:Mehl:Wasser) müsste konsequenterweise ein Teil Wasser 33,5g betragen. Ich war so auf den Wasseranteil von 50% im Biga fixiert, dass mir das nicht aufgefallen ist.
Meine Formel war dann 2:2:0,5, im Gegensatz zur Angabe oben.
Bei einem Verhältnis von 2:2:1 wäre der Wasseranteil von 2/3 im Biga zu hoch. Danke nochmal für deinen Hinweis! Leider kann ich das im Rezept nicht mehr korrigieren.
 
Servus,

ich habe wieder gebastelt und an den Eckdaten etwas rumgeschraubt:

Biga (Anteil 30%)
Molino Grossi Tipo 00
46% Hydration (+1%)
0,02 % Hefe auf die GMM (- 0,02%)
15 h bei 17° (+3h)

Hauptteig
Molino Grossi Tipo 00 (85% GMM (-8%))
Molino Grossi Integrale, gesiebt (10% GMM (+3%))
Dinkel frisch gemahlen (+5 % GMM)
2,5% Salz
65% Hydration
29 h Stock 4 Stückgare im Keller bei 17° waren geplant - geworden sind es dann aber 44 h Stockgare und 4 h Stückgare. Mit dem Biga also ein Teig mit 60h Vorlaufzeit. (+21 h)

In den Klammern die Änderungen zur Vorwoche. Eigentlich wollte ich ja nur 12h bei der Stockgare zugeben, aber *Denkfehler*, ich habe dafür 12h zu früh angefangen. Also war ein bisschen Zittern angesagt, ob ich die Gare tatsächlich so lange bei 17° durchführen kann. Ich dachte mir, sollte der Teig zu schnell reifen, kommt er halt in den Kühlschrank. Das war zum Glück nicht notwendig. Autolyse des Hauptteiges war ca. 1h, mit ein paar S+F dazwischen.

Der Biga war mit den 46% schon nicht mehr ganz so bröselig, nach der Gare konnte ich die Brösel recht einfach zu einem Klumpen zusammenfügen. Da ich diesesmal "nur" 10 Pizzen gebacken habe, war der Bigaanteil so klein, dass ich diesen mit dem Restwasser nicht hochkneten konnte. Er wickelte sich um die Spirale und das war's dann. Also improvisieren: Ich habe einfach den Autolyseteig in kleinen Stücken zugegeben, so dass sich der ohnehin schon etwas weichere Biga relativ schnell mit dem restlichen Teig verbunden hat. Noch den kleinen Schluck Wasser und Salz untergeknetet und fertig war der Teig. Das war diesesmal ziemlich entspannt. => Für's nächste Mal: Wird der Biga wieder mit 46% gemacht, der Autolyseteig mit dem gesamten Wasser angesetzt und nach der Strategie "Häppchenweise mischen" zum fertigen Teig gemacht.

Ich sag's euch: Der Teig war nochmals besser als in der letzten Woche. So ein Aroma - im Keller bei der Stückgare, trotz des geschlossenen Deckels!

Zeitlich ist das nun aber ausgereizt: Bei so kleinen Hefemengen war das im Biga in etwa ein Anteil von ~0,05 %. Wenn man die Gare weiter streckt, würde der Hefeanteil im Biga noch weiter sinken, so dass sich da bald keine Aktivität mehr zeigt. Auch das Mehl macht da irgendwann nicht mehr mit, Verarbeitung war zwar gut, aber man merkte bei den letzten Pizzen, dass es nicht mehr viel gebraucht hätte, dass es anstrengend wird.

Aber jetzt gibt es erst mal wieder Bilder:

Ein Schlückerl vorab:
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Nix zerlaufen. Das Brett habe ich nochmals bearbeitet: Mit dem Fein Multimaster und einem 180er Schleifpapier ist es nun blank wie ein Babypopo.
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Und los geht's:
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So, danke für's reinschauen!
 
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