Pizza_Underground
Militanter Veganer
Servus Pizzaiolos,
wem der User "Pizza Underground" nichts sagt, der wurde hier ganz offiziell vorgestellt und dient künftig der Veröffentlichung unserer gemeinsamen Projekte.
Nachdem wir ja im ersten größeren Werk an einem einfachen Rezept versucht haben, möchten wir euch in diesem Thread an komplexerere Teige heranführen. Diesesmal dreht sich alles um den Vorteig "Biga" und die hier vorgestellte herangehensweise sind erste Versuche etwas neues auszuprobieren.
Pizzateig mit 50% Biga Vorteig
Vorwort
Das Thema Vorteige ist in der Pizzateigherstellung gar nicht so neu. Bei einer Suche hier im Forum stößt man auf erste Nennungen von Biga bereits im Jahr 2013. Die Vorgehensweise unterscheidet sich zwar zu heute, dennoch hat das Thema in den letzten Monaten wieder an Fahrt aufgenommen. Insbesondere auf Instagram überbieten sich die Pizzaiolos mit immer ausgefalleren Bigateigen. Momentan sind 100% Biga gepaart mit hohen Hydrationen von 80% aufwärts ein absolutes Trendthema.
Grundsätzliches zu Biga
Ein Biga ist ein relativ fest geführter Vorteig, typischerweise mit einer Hydration zwischen 40-60%. Die übliche Hefedosierung liegt bei 1%, was für Pizzateige eigentlich mächtig viel ist. Diese Empfehlung findet man auch immer wieder in Pizzateigrezepten. Wir sind uns im Underground aber alle einig, dass das zu viel des guten ist. Allenfalls kann man dieser Hefedosierung arbeiten, wenn der Anteil am Biga entsprechend klein ist.
Vorteige setzt man unter anderem ein, um den Geschmack der fertigen Backwaren zu beeinflussen. Wer sich diesbezüglich noch etwas einlesen will, findet bei Lutz Geisler und seiner Seite "Bäckerlatein" einige hilfreiche Infos
Vorteig
Biga
Was bei der Bigaherstellung zumindest hier im Forum auch noch recht "neu" ist, ist die Tatsache dass Biga an der Hydrationsuntergrenze hergestellt wird, was keinen homogenen Teig ergibt, sondern recht trockene Krümel. Der Sinn und Zweck davon ist, dass damit die Fermentation langsam, aber mit mehr Sauerstoff abläuft.
Nachteile
Auch wenn es beabsichtigt ist, dass die Hefe viel Luft erwischt - der Teig tut das auch. Insofern ist dieser einer hohen Oxidation ausgesetzt, was sich gerne in einem blassen Erscheinungsbild bei der fertigen Pizza zeigt. Vestärkt wird das auch durch die Tatsache, dass die trockenen Brösel relativ aufwendig auf eine hohe Hydration "hochgeknetet" werden müssen.
Überlegung für den Versuch
Die Überlegung war, wie kann man einerseits die positiven Eigenschaften des Biga für den Pizzateig nutzen, anderseits eine zu starke Oxidation zu vermeiden. Dabei ist die Idee entstanden, Biga mit einem Autolyseteig zu mischen. Bei letzterm werden nur die Zutaten vermengt, aber nicht geknetet. Ob das was wird, muss also unser Versuch zeigen. Was die Hefemengen angeht, wurde hier bewusst wieder mit 0,1% gearbeitet, ganz ohne App - denn die kann maximal auch nur Anhaltswerte liefern.
Rezept Teig
Biga Vorteig
1000 g Mehl Rossa Forte
440 ml Wasser
2 g Frischhefe
Reifung im Keller bei ca. 18° für etwa 12 h
Autolyseteig
800 g Mehl Rossa Forte
200 g Mehl "Integrale S"
700 ml Wasser
ca. 4-5h bei RT stehen lassen.
Haupteig
Biga Vorteig
160 ml Wasser
60 g Salz
Autolyseteig
ca. 20 h im Kühlschrank
Stückgare
ca. 4-5h bei 18° im Keller
In Prozenten ausgedrückt haben wir also die folgenden Eckdaten:
90% Mehl Tipo 00
10% Mehl "Integrale" (Vollkornmehl)
65% Hydration
3 % Salz
0,1% Hefe
Als Mehl kommt ein Urlaubsmitbringsel zum Einsatz, auch wenn die Verpackung anders aussieht wie auf der Website, es handelt sich um dieses Mehl hier. Darüber hinaus war noch dieses Vollkornmehl mit im Einsatz.
Gerade bei der Bigaherstellung bitte das Mehl sieben. Tut man das nicht, braucht man sich auch später nicht über Mehlnester im Teig wundern.
Wasser ebenfalls wiegen
Erst einen Schluck Wasser in die Knetmaschine, Mehl drauf und Maschine einschalten. Restliches Wasser zugeben und nur kurz mischen (2-3 Minuten) bis sich Krümel gebildet haben. Das Mehl sollte aber nun weitgehend eingearbeitet sein.
Die Krümel nochmals schön klein rupfen und in einen verschließbaren Behälter geben.
Nochmals ein Blick von oben drauf. Das ganze wanderte dann in den Keller bei ca. 18-20° für rund 12-13h.
***Biga im Keller***
Nächster Tag - unser Biga befindet sich noch im Keller, 5 Stunden vor der eigentlichen Teigzubereitung wurde das restliche Mehl und Wasser als Autolyseteig angesetzt.
***Herstellung Autolyseteig***
Kleines Detail: In dem Vollkornmehl ist wirklich alles drin - also wurde die Kleie ausgesiebt. Die muss man nicht wegwerfen, im konkreten Beispiel wurde diese tags drauf in den Brotteig gegeben.
Hier sieht man schön die grobe Körnung des Vollkornmehls.
Nochmals Wasser abwiegen, 2g zu viel *Drama*
Hier wurden nur die beiden Mehlsorten mit dem Wasser vermischt, aktuell hat das ganze 70% Hydration. Das lässt man nun einfach stehen oder ist neugierig und macht zwischendrin schon mal ein stretch and fold.
*** Herstellung Hauptteig ***
Unser zweiter Teig hat nun 5h ruhen dürfen. Nun wird es Zeit, zunächst den Bigateig auf 60% Hydration zu bringen und dann mit dem Autolyseteig zu verkneten.
Hier nun der Biga nach rund 12 Stunden. Volumenzunahme ist sichtbar, die Krümel sind nun "verbacken".
Was für ein Aroma strömt uns da in die Nase! Das duftet wirklich ausgezeichnet!
Unser Autolysteig schaut auch schon gut aus.
Im nächsten Schritt bringen wir erst einmal den Biga auf 60%. Die Krümel würden sich sonst nur sehr schlecht mit dem Autolyseteig verbinden.
Das Salz bereiten wir auch gleich vor.
Wir geben die Krümel wieder in die Maschine und geben das Wasser nur sehr langsam zu. Trotzdem darauf achten, dass der Vorgang nicht zu lange dauert. Es bedarf für diese Technik einer leistungsfähigen Knetmaschine.
Einige Minuten später - Wasser ist drin, aber der Teig noch nicht final geknetet.
Jetzt geben wir unseren Autolyseteig zu, man sieht wie toll der sein Glutengerüst von ganz alleine entwickelt hat.
Beide Teige nun zusammenfügen und nochmals 2-3 Minuten kneten, dabei das Salz unterkneten lassen.
Jetzt schaut das schon ganz anders aus.
Hier nochmals ein wenig geshapt.
Unser Teig geht nun in die Stockgare, in dem Szenario für ca. 20 Stunden. Es wurde eine kalte Gare im Kühlschrank durchgeführt.
Ca. 4-5 Stunden vor dem Backen werden nun die Teiglinge abgestochen. Man sieht eine Volumenzunahme, ohne dass er Teig total explodiert ist. Eigentlich perfekt so.
So wandern die Teiglinge nun wieder in den Keller bei den ca. 18-20°.
Ofen wird schön vorgeheizt
Ein bisserl haben sie an Form verloren, aber Verarbeitung ist kein Problem.
Schaut schon mal gut aus...
Wir haben da erst mal nicht viel zu meckern.
Halt - Blasen sind eigentlich nicht erwünscht. Das wird notiert und soll beim nächsten Mal besser werden.
Die Krume passt, aber es sind leichte Tendenzen zu "Spiderweb" erkennbar. Davon spricht man, wenn die Krumestruktur zusammenschmilzt und sich "fadenartige Gebilde" in großen Hohlräumen bilden.
Hier passt die Optik
Hier wieder leichte Blasenbildung. Es hängt auch ein wenig mit der Ofentempertur zusammen.
Der Boden passt auch.
Hier sieht man das mit dem "Spiderweb" schon etwas deutlicher. Aber noch ist es undramatisch.
Die letzten Teiglinge sind nicht mehr weiter auseinander gelaufen. Die groben Eckdaten unseres Teiges passen.
Als Fazit kann man fürs erste festhalten:
Geschmacklich waren das wirklich erstklassige Pizzen. Das mag an dem noch recht frischen Mehl gelegen haben, aber auch der Biga tut einiges dazu. Verarbeitung war gut, das Rezept ist jedoch recht zeitaufwenig. Es wäre noch auszuloten, wie eine Reifung bei Raumtemperatur wäre, dazu wäre ein Ansatz den Bigaanteil zu reduzieren und ggf. auch die Menge der Hefe.
Aber es muss hier niemand warten, der zweite Test ist ja schon gemacht:
Biga
500 g Mehl Rossa Forte
220 ml Wasser
0,7 g Frischhefe
Reifezeit ca. 13h im Keller bei ca. 18°
Autolyseteig
850 g Mehl Rossa Forte
150 g Mehl Integrale S ausgesiebt
700 ml Wasser
ca. 4 h bei RT
Hauptteig
Biga
Autolyseteig
80 ml Wasser
45 g Salz
ca. 20h Reifezeit im Keller bei ca. 18°, Stückgare ca. 4-5 h ebenfalls im Keller
Verändert wurde:
- Die Hefemenge auf nun ca. 0,05% der Gesamtmehlmenge
- Der Bigaanteil, auf die Mehlmenge gesehen 1/3
- Temperatur der Gare des Hauptteiges
- Der Ofen: Statt im Bollore wegen schlechten Wetters im P134H LE
- Die Hydration - wobei das ein Denkfehler war. Beim ersten Teig wurden ja gleiche Mehlanteile mit unterschiedlicher Hydration zusammengefügt. Aus 60% Biga und 70% Autolyseteig werden letztendlich 65%. Das funktioniert aber nicht wenn die Mehlmenge unterschiedlich ist. Insofern wurde die Hydration auf letztlich rund 67% erhöht.
Was bei dem Versuch noch aufgefallen ist: Die Bigakrümel ließen sich recht einfach zu einem Klumpen zusammenfügen. Da die Teigmenge geringer war, war es kaum möglich den Teig zu kneten. Es war zu wenig, mit dem ersten Schluck wurde der Teig nur in der Maschine umhergeschoben. Also kurzerhand Autolyseteig dazu und den Hauptteig kneten, restliches Wasser einkneten um zum Schluss das Salz. Das ging relativ flott mit rund 6-7 Minuten.
Aber gucken wir uns die Ergebnisse an:
Leider etwas breit gelaufen - Resultat des Denk- und Rechnenfehlers bei der Hydration. Aber noch gut zu verarbeiten gewesen.
Nr. 1 - kleiner Appetithappen nur mit Olivenöl, Rosmarin und Oregano. Lecker...
Hier einmal ausgebreitet - schaut gut aus.
Krumenbild, gefällt besser als im ersten Versuch.
Rand geht gut hoch, keine nenneswerte Blasenbildung, schöne Bräunung.
Nicht ganz rund - bisschen dem weichen Teig geschuldet.
Als Fazit des zweiten Versuches ist folgendes mitzunehmen:
- die Hydration im Biga auf 45% erhöhen. Immer noch Brösel, sollte sich aber dann einfacher zusammenfügen lassen.
- 1/3 Biga war ziemlich gut.
- kaum Blasenbildung
- Hydration wieder anpassen 65% oder gar mal etwas drunter.
- Hefe wurde mit der PizzApp+ berechnet, allerdings als einstufiger Teig. Die Hefemenge ließe sich nochmals etwas senken, in der Konstellation mit recht konstanten 18° sollten 0,03-0,04 % reichen.
Gesamtfazit
Es handelt sich hier also um eine Anleitung, die als Inspiration dienen soll eingetretene Wege zu verlassen und mit Mehlen, Vorteigen und in der Zubereitung etwas zu spielen. Der Grat zwischen Erfolg und Niederlage ist wesentlich schmaler als bei einem einfach geführten Teig. Auf der anderen Seite wird man neue Nuancen entdecken und damit auch die Vielfältigkeit, die sich mit wenigen Grundzutaten immer wieder neue variieren lassen.
Für's erste viel Spaß beim nachbacken - es folgen weitere Beiträge und Anleitungen, dazu haben wir ein paar Blocker unter dem Eingangspost reserviert.
Euer Pizzabäcker Underground
wem der User "Pizza Underground" nichts sagt, der wurde hier ganz offiziell vorgestellt und dient künftig der Veröffentlichung unserer gemeinsamen Projekte.
Nachdem wir ja im ersten größeren Werk an einem einfachen Rezept versucht haben, möchten wir euch in diesem Thread an komplexerere Teige heranführen. Diesesmal dreht sich alles um den Vorteig "Biga" und die hier vorgestellte herangehensweise sind erste Versuche etwas neues auszuprobieren.
Pizzateig mit 50% Biga Vorteig
Vorwort
Das Thema Vorteige ist in der Pizzateigherstellung gar nicht so neu. Bei einer Suche hier im Forum stößt man auf erste Nennungen von Biga bereits im Jahr 2013. Die Vorgehensweise unterscheidet sich zwar zu heute, dennoch hat das Thema in den letzten Monaten wieder an Fahrt aufgenommen. Insbesondere auf Instagram überbieten sich die Pizzaiolos mit immer ausgefalleren Bigateigen. Momentan sind 100% Biga gepaart mit hohen Hydrationen von 80% aufwärts ein absolutes Trendthema.
Grundsätzliches zu Biga
Ein Biga ist ein relativ fest geführter Vorteig, typischerweise mit einer Hydration zwischen 40-60%. Die übliche Hefedosierung liegt bei 1%, was für Pizzateige eigentlich mächtig viel ist. Diese Empfehlung findet man auch immer wieder in Pizzateigrezepten. Wir sind uns im Underground aber alle einig, dass das zu viel des guten ist. Allenfalls kann man dieser Hefedosierung arbeiten, wenn der Anteil am Biga entsprechend klein ist.
Vorteige setzt man unter anderem ein, um den Geschmack der fertigen Backwaren zu beeinflussen. Wer sich diesbezüglich noch etwas einlesen will, findet bei Lutz Geisler und seiner Seite "Bäckerlatein" einige hilfreiche Infos
Vorteig
Biga
Was bei der Bigaherstellung zumindest hier im Forum auch noch recht "neu" ist, ist die Tatsache dass Biga an der Hydrationsuntergrenze hergestellt wird, was keinen homogenen Teig ergibt, sondern recht trockene Krümel. Der Sinn und Zweck davon ist, dass damit die Fermentation langsam, aber mit mehr Sauerstoff abläuft.
Nachteile
Auch wenn es beabsichtigt ist, dass die Hefe viel Luft erwischt - der Teig tut das auch. Insofern ist dieser einer hohen Oxidation ausgesetzt, was sich gerne in einem blassen Erscheinungsbild bei der fertigen Pizza zeigt. Vestärkt wird das auch durch die Tatsache, dass die trockenen Brösel relativ aufwendig auf eine hohe Hydration "hochgeknetet" werden müssen.
Überlegung für den Versuch
Die Überlegung war, wie kann man einerseits die positiven Eigenschaften des Biga für den Pizzateig nutzen, anderseits eine zu starke Oxidation zu vermeiden. Dabei ist die Idee entstanden, Biga mit einem Autolyseteig zu mischen. Bei letzterm werden nur die Zutaten vermengt, aber nicht geknetet. Ob das was wird, muss also unser Versuch zeigen. Was die Hefemengen angeht, wurde hier bewusst wieder mit 0,1% gearbeitet, ganz ohne App - denn die kann maximal auch nur Anhaltswerte liefern.
Rezept Teig
Biga Vorteig
1000 g Mehl Rossa Forte
440 ml Wasser
2 g Frischhefe
Reifung im Keller bei ca. 18° für etwa 12 h
Autolyseteig
800 g Mehl Rossa Forte
200 g Mehl "Integrale S"
700 ml Wasser
ca. 4-5h bei RT stehen lassen.
Haupteig
Biga Vorteig
160 ml Wasser
60 g Salz
Autolyseteig
ca. 20 h im Kühlschrank
Stückgare
ca. 4-5h bei 18° im Keller
In Prozenten ausgedrückt haben wir also die folgenden Eckdaten:
90% Mehl Tipo 00
10% Mehl "Integrale" (Vollkornmehl)
65% Hydration
3 % Salz
0,1% Hefe
Als Mehl kommt ein Urlaubsmitbringsel zum Einsatz, auch wenn die Verpackung anders aussieht wie auf der Website, es handelt sich um dieses Mehl hier. Darüber hinaus war noch dieses Vollkornmehl mit im Einsatz.
Gerade bei der Bigaherstellung bitte das Mehl sieben. Tut man das nicht, braucht man sich auch später nicht über Mehlnester im Teig wundern.
Wasser ebenfalls wiegen
Erst einen Schluck Wasser in die Knetmaschine, Mehl drauf und Maschine einschalten. Restliches Wasser zugeben und nur kurz mischen (2-3 Minuten) bis sich Krümel gebildet haben. Das Mehl sollte aber nun weitgehend eingearbeitet sein.
Die Krümel nochmals schön klein rupfen und in einen verschließbaren Behälter geben.
Nochmals ein Blick von oben drauf. Das ganze wanderte dann in den Keller bei ca. 18-20° für rund 12-13h.
***Biga im Keller***
Nächster Tag - unser Biga befindet sich noch im Keller, 5 Stunden vor der eigentlichen Teigzubereitung wurde das restliche Mehl und Wasser als Autolyseteig angesetzt.
***Herstellung Autolyseteig***
Kleines Detail: In dem Vollkornmehl ist wirklich alles drin - also wurde die Kleie ausgesiebt. Die muss man nicht wegwerfen, im konkreten Beispiel wurde diese tags drauf in den Brotteig gegeben.
Hier sieht man schön die grobe Körnung des Vollkornmehls.
Nochmals Wasser abwiegen, 2g zu viel *Drama*
Hier wurden nur die beiden Mehlsorten mit dem Wasser vermischt, aktuell hat das ganze 70% Hydration. Das lässt man nun einfach stehen oder ist neugierig und macht zwischendrin schon mal ein stretch and fold.
*** Herstellung Hauptteig ***
Unser zweiter Teig hat nun 5h ruhen dürfen. Nun wird es Zeit, zunächst den Bigateig auf 60% Hydration zu bringen und dann mit dem Autolyseteig zu verkneten.
Hier nun der Biga nach rund 12 Stunden. Volumenzunahme ist sichtbar, die Krümel sind nun "verbacken".
Was für ein Aroma strömt uns da in die Nase! Das duftet wirklich ausgezeichnet!
Unser Autolysteig schaut auch schon gut aus.
Im nächsten Schritt bringen wir erst einmal den Biga auf 60%. Die Krümel würden sich sonst nur sehr schlecht mit dem Autolyseteig verbinden.
Das Salz bereiten wir auch gleich vor.
Wir geben die Krümel wieder in die Maschine und geben das Wasser nur sehr langsam zu. Trotzdem darauf achten, dass der Vorgang nicht zu lange dauert. Es bedarf für diese Technik einer leistungsfähigen Knetmaschine.
Einige Minuten später - Wasser ist drin, aber der Teig noch nicht final geknetet.
Jetzt geben wir unseren Autolyseteig zu, man sieht wie toll der sein Glutengerüst von ganz alleine entwickelt hat.
Beide Teige nun zusammenfügen und nochmals 2-3 Minuten kneten, dabei das Salz unterkneten lassen.
Jetzt schaut das schon ganz anders aus.
Hier nochmals ein wenig geshapt.
Unser Teig geht nun in die Stockgare, in dem Szenario für ca. 20 Stunden. Es wurde eine kalte Gare im Kühlschrank durchgeführt.
Ca. 4-5 Stunden vor dem Backen werden nun die Teiglinge abgestochen. Man sieht eine Volumenzunahme, ohne dass er Teig total explodiert ist. Eigentlich perfekt so.
So wandern die Teiglinge nun wieder in den Keller bei den ca. 18-20°.
Ofen wird schön vorgeheizt
Ein bisserl haben sie an Form verloren, aber Verarbeitung ist kein Problem.
Schaut schon mal gut aus...
Wir haben da erst mal nicht viel zu meckern.
Halt - Blasen sind eigentlich nicht erwünscht. Das wird notiert und soll beim nächsten Mal besser werden.
Die Krume passt, aber es sind leichte Tendenzen zu "Spiderweb" erkennbar. Davon spricht man, wenn die Krumestruktur zusammenschmilzt und sich "fadenartige Gebilde" in großen Hohlräumen bilden.
Hier passt die Optik
Hier wieder leichte Blasenbildung. Es hängt auch ein wenig mit der Ofentempertur zusammen.
Der Boden passt auch.
Hier sieht man das mit dem "Spiderweb" schon etwas deutlicher. Aber noch ist es undramatisch.
Die letzten Teiglinge sind nicht mehr weiter auseinander gelaufen. Die groben Eckdaten unseres Teiges passen.
Als Fazit kann man fürs erste festhalten:
Geschmacklich waren das wirklich erstklassige Pizzen. Das mag an dem noch recht frischen Mehl gelegen haben, aber auch der Biga tut einiges dazu. Verarbeitung war gut, das Rezept ist jedoch recht zeitaufwenig. Es wäre noch auszuloten, wie eine Reifung bei Raumtemperatur wäre, dazu wäre ein Ansatz den Bigaanteil zu reduzieren und ggf. auch die Menge der Hefe.
Aber es muss hier niemand warten, der zweite Test ist ja schon gemacht:
Biga
500 g Mehl Rossa Forte
220 ml Wasser
0,7 g Frischhefe
Reifezeit ca. 13h im Keller bei ca. 18°
Autolyseteig
850 g Mehl Rossa Forte
150 g Mehl Integrale S ausgesiebt
700 ml Wasser
ca. 4 h bei RT
Hauptteig
Biga
Autolyseteig
80 ml Wasser
45 g Salz
ca. 20h Reifezeit im Keller bei ca. 18°, Stückgare ca. 4-5 h ebenfalls im Keller
Verändert wurde:
- Die Hefemenge auf nun ca. 0,05% der Gesamtmehlmenge
- Der Bigaanteil, auf die Mehlmenge gesehen 1/3
- Temperatur der Gare des Hauptteiges
- Der Ofen: Statt im Bollore wegen schlechten Wetters im P134H LE
- Die Hydration - wobei das ein Denkfehler war. Beim ersten Teig wurden ja gleiche Mehlanteile mit unterschiedlicher Hydration zusammengefügt. Aus 60% Biga und 70% Autolyseteig werden letztendlich 65%. Das funktioniert aber nicht wenn die Mehlmenge unterschiedlich ist. Insofern wurde die Hydration auf letztlich rund 67% erhöht.
Was bei dem Versuch noch aufgefallen ist: Die Bigakrümel ließen sich recht einfach zu einem Klumpen zusammenfügen. Da die Teigmenge geringer war, war es kaum möglich den Teig zu kneten. Es war zu wenig, mit dem ersten Schluck wurde der Teig nur in der Maschine umhergeschoben. Also kurzerhand Autolyseteig dazu und den Hauptteig kneten, restliches Wasser einkneten um zum Schluss das Salz. Das ging relativ flott mit rund 6-7 Minuten.
Aber gucken wir uns die Ergebnisse an:
Leider etwas breit gelaufen - Resultat des Denk- und Rechnenfehlers bei der Hydration. Aber noch gut zu verarbeiten gewesen.
Nr. 1 - kleiner Appetithappen nur mit Olivenöl, Rosmarin und Oregano. Lecker...
Hier einmal ausgebreitet - schaut gut aus.
Krumenbild, gefällt besser als im ersten Versuch.
Rand geht gut hoch, keine nenneswerte Blasenbildung, schöne Bräunung.
Nicht ganz rund - bisschen dem weichen Teig geschuldet.
Als Fazit des zweiten Versuches ist folgendes mitzunehmen:
- die Hydration im Biga auf 45% erhöhen. Immer noch Brösel, sollte sich aber dann einfacher zusammenfügen lassen.
- 1/3 Biga war ziemlich gut.
- kaum Blasenbildung
- Hydration wieder anpassen 65% oder gar mal etwas drunter.
- Hefe wurde mit der PizzApp+ berechnet, allerdings als einstufiger Teig. Die Hefemenge ließe sich nochmals etwas senken, in der Konstellation mit recht konstanten 18° sollten 0,03-0,04 % reichen.
Gesamtfazit
Es handelt sich hier also um eine Anleitung, die als Inspiration dienen soll eingetretene Wege zu verlassen und mit Mehlen, Vorteigen und in der Zubereitung etwas zu spielen. Der Grat zwischen Erfolg und Niederlage ist wesentlich schmaler als bei einem einfach geführten Teig. Auf der anderen Seite wird man neue Nuancen entdecken und damit auch die Vielfältigkeit, die sich mit wenigen Grundzutaten immer wieder neue variieren lassen.
Für's erste viel Spaß beim nachbacken - es folgen weitere Beiträge und Anleitungen, dazu haben wir ein paar Blocker unter dem Eingangspost reserviert.
Euer Pizzabäcker Underground