BeiGruenBremser
Veganer
Vorweg ein paar einleitende Worte, die meine Situation ein wenig näher beschreiben: Ich bin 39 Jahre und habe bisher noch nie gebacken. Mein letzter Kontakt mit rohem Teig war im Kindergarten, wobei ich da wahrscheinlich auch keinen sinnvollen Beitrag geleistet habe. Meine Kochkünste beschränken sich auch auf ein absolutes Minimum und hier im Forum bin ich angemeldet, weil meine Frau mir vor zwei Jahren die Anschaffung eines Grills genehmigt hat, auf dem ich sogar Fleisch zubereiten darf. Das ist für mich etwas Besonders, weil meine Frau zu der Gattung gehört, die meinem Essen das Futter wegfrisst. Aber zurück zum Backen und was mich letztendlich dazu motiviert hat, dass ich mich jetzt selber an Pizza zu versuchen. Meine Lieblingspizzeria hat auf günstigere Zutaten umgestellt und gleichzeitig den Preis angehoben und die Qualität damit so weit gesenkt, dass ich mir denke: "Das kann ich besser".
Als Vorbereitung habe ich mir etliche Rezepte im Netz und auf Youtube angeschaut. Meine erste Schlussfolgerung war, dass ich einen Pizzastein benötige. Die Recherche hierzu hat weitere 2 Wochen gedauert und letztendlich habe ich dann doch einfach einen aus einem Angebot für 10 Euro bestellt (33 cm Durchmesser und 1,2 cm dick, Cordierit). Dazu noch ein passendes Pizzablech, weil unsere Küche so klein ist, dass jede Art von Schaufel mit dem Griff irgendwo anecken würde. Als meine Frau den Pizzastein gesehen hat, hat sie einfach "irgendein billiges" Pizzamehl und eine Pizzasoße beim Discounter besorgt und meinte, dass ich dann wohl alles habe und mal endlich loslegen soll.
Ich habe nicht losgelegt. Irgendwie fühlte ich mich noch nicht bereit, aber die Lust auf eine leckere Pizza wuchs weiterhin. Bei einem Einkauf in der Metro entdeckte ich dort das heilige Caputo Mehl in verschiedenen Ausführungen. Die gelbe Verpackung hatte ich schon mehrmals in YT Videos gesehen und einfach mal gekauft. Damit hatte ich allerdings auch wieder die Aufmerksamkeit meiner Frau geweckt. Es brauchte keine Worte, der Blick war eindeutig. Ich musste handeln.
Heute war es dann so weit. Dank Corona habe ich viel Freizeit. Nachdem meine Frau zur Arbeit aufgebrochen war, habe ich spontan ein Rezept gegoogelt.
Das Rezept sah folgende Zutaten vor:
500 gr Mehl (405er oder Typ 00)
300 ml Wasser
5 gr frische Hefe
2 Teelöffel Salz
1 Rührapparat
Also die frische Hefe aus dem Kühlschrank gefischt und gegoogelt wie man Hefe überhaupt korrekt verwendet. Die Hefe soll in lauwarmen Wasser verrührt werden. Kann jemand nachvollziehen, dass ich mit der Temperaturangabe "lauwarm" nicht viel anfangen kann? Ich habe also gegoogelt welche Temperatur "lauwarm" ist. Witzig ist, dass dann direkt Ergebnisse für Hefe angezeigt werden. Ich bin also nicht alleine mit diesem Problem. Irgendwo stand was von 28°C bis 30°C. Mit dem BBQ Thermometer habe ich dann die Temperatur vom Wasser aus dem Wasserhahn gemessen und 30°C lauwarmes Wasser abgefüllt. Dann die Hefe ausgepackt und in den Müll geworfen, weil diese schon einen grünen Pelz hatte. Trockenhefe war mir noch ein Begriff und ich wusste, dass meine Frau sowas irgendwo im Schrank hat. Nach ein paar Minuten hielt ich diesen wertvollen Schatz in Form von einem kleinen, blauen Päckchen in der Hand und stand vor dem nächsten Problem. Wie verwendet man Trockenhefe korrekt. Dazu habe ich zum Glück schnell eine Anleitung gefunden. 2 Päckchen Trockenhefe entsprechen einen Würfel (42 gr) frischer Hefe. Ich habe also ausgerechnet, dass ich als Ersatz für 5 gr frische Hefe ca. 1,7 gr (gerundet) Trockenhefe brauche. Mit meiner Dealerwaage konnte ich diese Menge relativ genau abwiegen. Allerdings unterscheidet man wohl zwischen Instant- und Aktivhefe. Aktivieren kann ja nicht schaden, wenn man keine Ahnung hat... Die Trockenhefe soll in Wasser mit einer Temperatur von 37°C bis 43°C aktiviert werden. Welch eine Wohltat, dass dort direkt konkrete Temperaturen angegeben sind. Zur Kontrolle, soll man schauen, ob sich nach wenigen Minuten Schaum an der Oberfläche bildet. Dafür muss aber Zucker ins Wasser und mein Rezept sieht das nicht vor. Aber die Hefe braucht ja etwas zu fressen. An diesem Punkt bin ich zum ersten Mal vom Rezept abgewichen und habe die Hefe mit einer Teelöffelspitze Zucker gefüttert, damit ich ihre Pupsis sehen kann. Nach ein paar Minuten in einer dunklen Ecke hat die Hefe dann tatsächlich Lebenszeichen von sich gegeben. Nach knapp einer Stunde war das Hefeproblem schon gelöst und es konnte mit dem Vermengen der Zutaten und dem Kneten des Teigs weitergehen.
Mindestens 20 Minuten kneten erscheint mir, als unsportlichem Pizzaliebhaber, als eine unzumutbare Aufgabe. Für diesen Zweck hat meine Frau sich mal eine Küchenhilfe (ist das noch ein Name oder schon Anglizismus? Bin jedenfalls dagegen) angeschafft. Das vorher abgewogene Mehl und Wasser mit Hefe, sowie das Salz habe ich einfach in die Rührschüssel gegeben, den Knethaken eingesetzt und die Küchenhilfe auf Stufe 2 arbeiten lassen. Keine 5 Minuten später hing der gesamte Teigklumpen am Knethaken und sah sehr fest aus. Da bin ich wieder vom Rezept abgewichen und habe via Augenmaß ca. 10 ml Wasser hinzugegeben. Sofort wurde aus dem festen Klumpen Teig ein matschiger und klebriger Klumpen. Das muss sich bestimmt nur ordentlich vermischen und dann wird alles gut, habe ich mir gedacht. 15 Minuten später war der Teig schon wieder fester, jedoch weiterhin extrem klebrig. Es erschien mir logisch, dass ich einfach etwas Mehl hinzugebe. Das hatten die Profis auf YT auch gemacht, glaube ich. Nach weiteren 15 Minuten und diversen Zugaben von geringen Mengen Mehl später, war der Teig etwas weniger klebrig und meine Nerven aufgebraucht. Ich brauchte eine Pause. Der Teig vielleicht auch? So wanderte der Teig von der Rührschüssel in einen Kunststoffbehälter mit Deckel, wo er 1,5 Stunden seine Ruhe hatte. Als ich ihn kontrolliert habe, war er schon ein wenig aufgegangen und klebte nun am Kunststoffbehälter fest. "Mehr Mehl" sagte eine innere Stimme. Mehr Mehl sollte der Teig bekommen und ich habe mich auch persönlich an ihm abreagiert und das Mehl so richtig schön reingeknetet. Auf einmal ist es passiert. Der Teig hat nicht mehr geklebt. Aber nach jedem Knetvorgang braucht der Teig angeblich Ruhe. Deshalb habe ich ihn wieder zurück in seinen Kunststoffbehälter gegeben und ihn weiter in seiner dunklen Ecke gehen lassen.
Eine Stunde später hatte ich dann das Bedürfnis den Teig aufzuteilen und in Form von Teigbällen weiter gehen zu lassen. Hierzu habe ich den Teig mit einem Spachtel aus der Backschublade meiner Frau in 4 ähnlich große Stücke zerteilt und auf einem Backblech vom Mini-Backofen gelegt. Die Oberfläche war schon leicht trocken und irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass man - gegen das Austrocknen und zur besseren Trennung von der später eingesetzten Frischhaltefolie - Olivenöl auf die Teigbälle auftragen darf. Ich habe sie in Olivenöl ertränkt. Natürlich nicht absichtlich, aber besonders geschickt war das nicht. Nachdem ich sie wieder etwas trocken getupft hatte, kam die Frischhaltefolie um das gesamte Blech und die Teigbälle waren - mehr oder weniger - luftdicht verschlossen.
Jetzt sollten die Teigbälle zwischen 6 bis 8 Stunden gehen und ich lieber mal die Küche sauber machen, bevor meine Frau das Chaos erblickt. Außerdem hatte ich auch keinen Käse mehr im Kühlschrank. Beim Discounter habe ich deshalb noch Mozzarella und frisches Basilikum besorgt. Wenn schon kein Basilikum in der Fertigsoße drin ist, dann kann man es wenigstens auf die Pizza legen.
Gegen 15 Uhr haben die Teigballen angefangen sich gegenseitig zu fressen und mir sind Horrorbilder von überfermentierten Teigbällen aus diversen YT Videos durch den Kopf geschossen.
Das war der Zeitpunkt, wo ich meine Frau aufgefordert habe pünktlich Feierabend zu machen. Der Teig hatte noch weitere 1,5 Stunden Zeit zum Gehen und hat dabei noch etwas mehr an Volumen zugelegt, wovon ich leider kein Bild mehr gemacht habe. In dieser Zeit habe ich die Arbeitsfläche und die restlichen Zutaten vorbereitet. Eine halbe Stunde, bevor es losgehen sollte, habe ich den Pizzastein auf das Gitter in der mittleren Position gelegt und den Ofen auf die höchste Temperatur bei Umluft eingestellt. Mehr als 270°C war leider nicht drin und selbst die hat er wahrscheinlich nicht mehr erreicht. Noch weniger Vertrauen als in den Ofen, hatte ich allerdings in den Teig bzw. meine nicht vorhandenen Fähigkeiten diesen korrekt zu handhaben.
Den Teig wollte ich direkt auf dem Pizzablech ausbreiten, auf dem ich vorher schon Grießmehl (die gelbe Packung von Caputo) in großzügiger Menge verteilt habe. Dann ging alles ganz schnell. meine Frau kam zur Tür rein und stand sofort in der Küche. "Warum ist hier noch nichts fertig? Warum läuft der Ofen, obwohl noch keine Pizza drin ist? Das ist Energieverschwendung. Wo ist der Teig?". Danach ist bei mir nur noch Rauschen, weil mein selektives Gehör alle unwichtigen Fragen rausgefiltert hat. Statt zu antworten, habe ich mich an die Arbeitsfläche gestellt und gesagt, dass sie mir den ersten Teigball geben soll. Der lag in Sekundenbruchteilen vor mir im Grießmehl und ihre Finger waren auch schon wild dran am rumkneten. In der Theorie wusste ich natürlich, dass das alles ganz falsch ist und habe übernommen und es noch schlimmer gemacht. Ich habe versucht die Luftblasen aus der Mitte heraus in den Rand zu drücken und den Teig dann am Rand zu dehnen und auszubreiten. Nachdem das alles nicht so wollte, wie ich mir das vorgestellt hatte, war der Teig in der Mitte hauchdünn und die Form ziemlich weit entfernt von einem Kreis. Das überflüssige Grießmehl habe ich noch von dem Teig und dem Schieber abgeschüttelt und die Tomatensoße aus der Dose aufgetragen. Das war der Punkt, wo alles schnell gehen muss, damit der Teig nicht am Schieber kleben bleibt. Und dann kann man den Teig auch schon vorbacken, damit der Käse nicht verbrennt. Also im perfekten Teamwork die Pizza ohne Käse auf den Pizzastein geschleudert und durch die verschmutzte Scheibe die magische Reaktion des Teigs auf die Hitze bewundert. Nach kurzer Zeit war meine Frau der Meinung, dass der Käse drauf soll und hat die Führung übernommen und den Käse auf die Pizza geworfen. Ab diesem Zeitpunkt war ich wieder in der Lage ein Foto zu machen...durch die verschmutzte Scheibe.
Das Ergebnis sah dann - nachdem meine Frau es noch mit Basilikum beworfen hat - so aus:
Und irgendwie hatte meine Frau Spaß am Teig Bearbeiten und ich habe ihr diesen Spaß natürlich gegönnt. Und offensichtlich kann sie das auch deutlich besser als ich. Bei den nächsten Pizzas haben wir den Teig nicht mehr vorbacken lassen und den Käse direkt mit auf die Pizza gelegt. Die Teigbälle wollten sich allerdings nicht so leicht vom Backblech lösen und sind ein bisschen verunglückt. Dafür sieht man ihnen umso besser die Handarbeit an. Diese Formen soll die Industrie mal nachmachen.
Und dann wurde meine Frau übermütig und hat einen Champignon auf die Pizza drapiert. Da gab es für mich auch kein Halten mehr und ich habe Parmesan über die Pizza gerieben.
Die Champignons sollte man wohl dünner schneiden, aber die Pizzas wurde ab der Dritten schon deutlich runder. Mit der dritten Pizza war das Sättigungsgefühl jedoch schon so ausgeprägt, dass ich mich nicht mehr in der Lage gesehen habe weitere Fotos zu machen. Das letzte Exemplar ist auch nicht so hübsch geworden, weil meine Frau den restlichen Belag blind auf die letzte Pizza geworfen hatte. Die Champignons schwommen also in Soße und Käse. Die wird morgen unser Frühstück.
Geschmacklich würde ich das Unterfangen als Erfolg werten. Der Boden war zwar sehr dünn, dank des Pizzasteins aber gut durchgebacken und knusprig. Der Rand hätte gerne etwas fluffiger sein dürfen. Da werde ich aber sicherlich noch ein bisschen experimentieren und mir mal anschauen was die Experten hier im Forum empfehlen. Die Soße hingegen war echt übel. Das war von Oro eine Pizzasoße, die extrem sauer geschmeckt hat und auch viele grobe Stückchen und Tomatenschalen enthalten hatte. Da werde ich mir sicher mal ein paar Dosen von den San Marzano Tomaten bestellen und daraus eine Soße machen. Alles in allem habe ich viel gelernt und auch ganz gut gegessen. Leider habe ich mit dem Ergebnis auch schon den neuen Qualitätsstandard meiner ehemaligen Lieblingspizzeria übertroffen. Meine Frau ist der Meinung, dass nur die Soße ausgetauscht werden muss und dann wär das ihre neue Lieblingspizza. Und der Teig war angeblich auch besser als jeder Pizzateig, den sie bisher gemacht hat. Aber da darf man nicht viel drum geben. Ich habe festgestellt, dass sie mich oft lobt, damit ich motiviert bleibe...
Also das war mal Pizza backen aus Sicht eines blutigen Anfängers im fortgeschrittenem Alter, der einfach nur gerne Pizza isst. Vielleicht gibt es ja noch mehr von meiner Art, die man damit motivieren kann. Ansonsten hat die breite Masse hier etwas zum Schmunzeln
Als Vorbereitung habe ich mir etliche Rezepte im Netz und auf Youtube angeschaut. Meine erste Schlussfolgerung war, dass ich einen Pizzastein benötige. Die Recherche hierzu hat weitere 2 Wochen gedauert und letztendlich habe ich dann doch einfach einen aus einem Angebot für 10 Euro bestellt (33 cm Durchmesser und 1,2 cm dick, Cordierit). Dazu noch ein passendes Pizzablech, weil unsere Küche so klein ist, dass jede Art von Schaufel mit dem Griff irgendwo anecken würde. Als meine Frau den Pizzastein gesehen hat, hat sie einfach "irgendein billiges" Pizzamehl und eine Pizzasoße beim Discounter besorgt und meinte, dass ich dann wohl alles habe und mal endlich loslegen soll.
Ich habe nicht losgelegt. Irgendwie fühlte ich mich noch nicht bereit, aber die Lust auf eine leckere Pizza wuchs weiterhin. Bei einem Einkauf in der Metro entdeckte ich dort das heilige Caputo Mehl in verschiedenen Ausführungen. Die gelbe Verpackung hatte ich schon mehrmals in YT Videos gesehen und einfach mal gekauft. Damit hatte ich allerdings auch wieder die Aufmerksamkeit meiner Frau geweckt. Es brauchte keine Worte, der Blick war eindeutig. Ich musste handeln.
Heute war es dann so weit. Dank Corona habe ich viel Freizeit. Nachdem meine Frau zur Arbeit aufgebrochen war, habe ich spontan ein Rezept gegoogelt.
Das Rezept sah folgende Zutaten vor:
500 gr Mehl (405er oder Typ 00)
300 ml Wasser
5 gr frische Hefe
2 Teelöffel Salz
1 Rührapparat
Also die frische Hefe aus dem Kühlschrank gefischt und gegoogelt wie man Hefe überhaupt korrekt verwendet. Die Hefe soll in lauwarmen Wasser verrührt werden. Kann jemand nachvollziehen, dass ich mit der Temperaturangabe "lauwarm" nicht viel anfangen kann? Ich habe also gegoogelt welche Temperatur "lauwarm" ist. Witzig ist, dass dann direkt Ergebnisse für Hefe angezeigt werden. Ich bin also nicht alleine mit diesem Problem. Irgendwo stand was von 28°C bis 30°C. Mit dem BBQ Thermometer habe ich dann die Temperatur vom Wasser aus dem Wasserhahn gemessen und 30°C lauwarmes Wasser abgefüllt. Dann die Hefe ausgepackt und in den Müll geworfen, weil diese schon einen grünen Pelz hatte. Trockenhefe war mir noch ein Begriff und ich wusste, dass meine Frau sowas irgendwo im Schrank hat. Nach ein paar Minuten hielt ich diesen wertvollen Schatz in Form von einem kleinen, blauen Päckchen in der Hand und stand vor dem nächsten Problem. Wie verwendet man Trockenhefe korrekt. Dazu habe ich zum Glück schnell eine Anleitung gefunden. 2 Päckchen Trockenhefe entsprechen einen Würfel (42 gr) frischer Hefe. Ich habe also ausgerechnet, dass ich als Ersatz für 5 gr frische Hefe ca. 1,7 gr (gerundet) Trockenhefe brauche. Mit meiner Dealerwaage konnte ich diese Menge relativ genau abwiegen. Allerdings unterscheidet man wohl zwischen Instant- und Aktivhefe. Aktivieren kann ja nicht schaden, wenn man keine Ahnung hat... Die Trockenhefe soll in Wasser mit einer Temperatur von 37°C bis 43°C aktiviert werden. Welch eine Wohltat, dass dort direkt konkrete Temperaturen angegeben sind. Zur Kontrolle, soll man schauen, ob sich nach wenigen Minuten Schaum an der Oberfläche bildet. Dafür muss aber Zucker ins Wasser und mein Rezept sieht das nicht vor. Aber die Hefe braucht ja etwas zu fressen. An diesem Punkt bin ich zum ersten Mal vom Rezept abgewichen und habe die Hefe mit einer Teelöffelspitze Zucker gefüttert, damit ich ihre Pupsis sehen kann. Nach ein paar Minuten in einer dunklen Ecke hat die Hefe dann tatsächlich Lebenszeichen von sich gegeben. Nach knapp einer Stunde war das Hefeproblem schon gelöst und es konnte mit dem Vermengen der Zutaten und dem Kneten des Teigs weitergehen.
Mindestens 20 Minuten kneten erscheint mir, als unsportlichem Pizzaliebhaber, als eine unzumutbare Aufgabe. Für diesen Zweck hat meine Frau sich mal eine Küchenhilfe (ist das noch ein Name oder schon Anglizismus? Bin jedenfalls dagegen) angeschafft. Das vorher abgewogene Mehl und Wasser mit Hefe, sowie das Salz habe ich einfach in die Rührschüssel gegeben, den Knethaken eingesetzt und die Küchenhilfe auf Stufe 2 arbeiten lassen. Keine 5 Minuten später hing der gesamte Teigklumpen am Knethaken und sah sehr fest aus. Da bin ich wieder vom Rezept abgewichen und habe via Augenmaß ca. 10 ml Wasser hinzugegeben. Sofort wurde aus dem festen Klumpen Teig ein matschiger und klebriger Klumpen. Das muss sich bestimmt nur ordentlich vermischen und dann wird alles gut, habe ich mir gedacht. 15 Minuten später war der Teig schon wieder fester, jedoch weiterhin extrem klebrig. Es erschien mir logisch, dass ich einfach etwas Mehl hinzugebe. Das hatten die Profis auf YT auch gemacht, glaube ich. Nach weiteren 15 Minuten und diversen Zugaben von geringen Mengen Mehl später, war der Teig etwas weniger klebrig und meine Nerven aufgebraucht. Ich brauchte eine Pause. Der Teig vielleicht auch? So wanderte der Teig von der Rührschüssel in einen Kunststoffbehälter mit Deckel, wo er 1,5 Stunden seine Ruhe hatte. Als ich ihn kontrolliert habe, war er schon ein wenig aufgegangen und klebte nun am Kunststoffbehälter fest. "Mehr Mehl" sagte eine innere Stimme. Mehr Mehl sollte der Teig bekommen und ich habe mich auch persönlich an ihm abreagiert und das Mehl so richtig schön reingeknetet. Auf einmal ist es passiert. Der Teig hat nicht mehr geklebt. Aber nach jedem Knetvorgang braucht der Teig angeblich Ruhe. Deshalb habe ich ihn wieder zurück in seinen Kunststoffbehälter gegeben und ihn weiter in seiner dunklen Ecke gehen lassen.
Eine Stunde später hatte ich dann das Bedürfnis den Teig aufzuteilen und in Form von Teigbällen weiter gehen zu lassen. Hierzu habe ich den Teig mit einem Spachtel aus der Backschublade meiner Frau in 4 ähnlich große Stücke zerteilt und auf einem Backblech vom Mini-Backofen gelegt. Die Oberfläche war schon leicht trocken und irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass man - gegen das Austrocknen und zur besseren Trennung von der später eingesetzten Frischhaltefolie - Olivenöl auf die Teigbälle auftragen darf. Ich habe sie in Olivenöl ertränkt. Natürlich nicht absichtlich, aber besonders geschickt war das nicht. Nachdem ich sie wieder etwas trocken getupft hatte, kam die Frischhaltefolie um das gesamte Blech und die Teigbälle waren - mehr oder weniger - luftdicht verschlossen.
Jetzt sollten die Teigbälle zwischen 6 bis 8 Stunden gehen und ich lieber mal die Küche sauber machen, bevor meine Frau das Chaos erblickt. Außerdem hatte ich auch keinen Käse mehr im Kühlschrank. Beim Discounter habe ich deshalb noch Mozzarella und frisches Basilikum besorgt. Wenn schon kein Basilikum in der Fertigsoße drin ist, dann kann man es wenigstens auf die Pizza legen.
Gegen 15 Uhr haben die Teigballen angefangen sich gegenseitig zu fressen und mir sind Horrorbilder von überfermentierten Teigbällen aus diversen YT Videos durch den Kopf geschossen.
Das war der Zeitpunkt, wo ich meine Frau aufgefordert habe pünktlich Feierabend zu machen. Der Teig hatte noch weitere 1,5 Stunden Zeit zum Gehen und hat dabei noch etwas mehr an Volumen zugelegt, wovon ich leider kein Bild mehr gemacht habe. In dieser Zeit habe ich die Arbeitsfläche und die restlichen Zutaten vorbereitet. Eine halbe Stunde, bevor es losgehen sollte, habe ich den Pizzastein auf das Gitter in der mittleren Position gelegt und den Ofen auf die höchste Temperatur bei Umluft eingestellt. Mehr als 270°C war leider nicht drin und selbst die hat er wahrscheinlich nicht mehr erreicht. Noch weniger Vertrauen als in den Ofen, hatte ich allerdings in den Teig bzw. meine nicht vorhandenen Fähigkeiten diesen korrekt zu handhaben.
Den Teig wollte ich direkt auf dem Pizzablech ausbreiten, auf dem ich vorher schon Grießmehl (die gelbe Packung von Caputo) in großzügiger Menge verteilt habe. Dann ging alles ganz schnell. meine Frau kam zur Tür rein und stand sofort in der Küche. "Warum ist hier noch nichts fertig? Warum läuft der Ofen, obwohl noch keine Pizza drin ist? Das ist Energieverschwendung. Wo ist der Teig?". Danach ist bei mir nur noch Rauschen, weil mein selektives Gehör alle unwichtigen Fragen rausgefiltert hat. Statt zu antworten, habe ich mich an die Arbeitsfläche gestellt und gesagt, dass sie mir den ersten Teigball geben soll. Der lag in Sekundenbruchteilen vor mir im Grießmehl und ihre Finger waren auch schon wild dran am rumkneten. In der Theorie wusste ich natürlich, dass das alles ganz falsch ist und habe übernommen und es noch schlimmer gemacht. Ich habe versucht die Luftblasen aus der Mitte heraus in den Rand zu drücken und den Teig dann am Rand zu dehnen und auszubreiten. Nachdem das alles nicht so wollte, wie ich mir das vorgestellt hatte, war der Teig in der Mitte hauchdünn und die Form ziemlich weit entfernt von einem Kreis. Das überflüssige Grießmehl habe ich noch von dem Teig und dem Schieber abgeschüttelt und die Tomatensoße aus der Dose aufgetragen. Das war der Punkt, wo alles schnell gehen muss, damit der Teig nicht am Schieber kleben bleibt. Und dann kann man den Teig auch schon vorbacken, damit der Käse nicht verbrennt. Also im perfekten Teamwork die Pizza ohne Käse auf den Pizzastein geschleudert und durch die verschmutzte Scheibe die magische Reaktion des Teigs auf die Hitze bewundert. Nach kurzer Zeit war meine Frau der Meinung, dass der Käse drauf soll und hat die Führung übernommen und den Käse auf die Pizza geworfen. Ab diesem Zeitpunkt war ich wieder in der Lage ein Foto zu machen...durch die verschmutzte Scheibe.
Das Ergebnis sah dann - nachdem meine Frau es noch mit Basilikum beworfen hat - so aus:
Und irgendwie hatte meine Frau Spaß am Teig Bearbeiten und ich habe ihr diesen Spaß natürlich gegönnt. Und offensichtlich kann sie das auch deutlich besser als ich. Bei den nächsten Pizzas haben wir den Teig nicht mehr vorbacken lassen und den Käse direkt mit auf die Pizza gelegt. Die Teigbälle wollten sich allerdings nicht so leicht vom Backblech lösen und sind ein bisschen verunglückt. Dafür sieht man ihnen umso besser die Handarbeit an. Diese Formen soll die Industrie mal nachmachen.
Und dann wurde meine Frau übermütig und hat einen Champignon auf die Pizza drapiert. Da gab es für mich auch kein Halten mehr und ich habe Parmesan über die Pizza gerieben.
Die Champignons sollte man wohl dünner schneiden, aber die Pizzas wurde ab der Dritten schon deutlich runder. Mit der dritten Pizza war das Sättigungsgefühl jedoch schon so ausgeprägt, dass ich mich nicht mehr in der Lage gesehen habe weitere Fotos zu machen. Das letzte Exemplar ist auch nicht so hübsch geworden, weil meine Frau den restlichen Belag blind auf die letzte Pizza geworfen hatte. Die Champignons schwommen also in Soße und Käse. Die wird morgen unser Frühstück.
Geschmacklich würde ich das Unterfangen als Erfolg werten. Der Boden war zwar sehr dünn, dank des Pizzasteins aber gut durchgebacken und knusprig. Der Rand hätte gerne etwas fluffiger sein dürfen. Da werde ich aber sicherlich noch ein bisschen experimentieren und mir mal anschauen was die Experten hier im Forum empfehlen. Die Soße hingegen war echt übel. Das war von Oro eine Pizzasoße, die extrem sauer geschmeckt hat und auch viele grobe Stückchen und Tomatenschalen enthalten hatte. Da werde ich mir sicher mal ein paar Dosen von den San Marzano Tomaten bestellen und daraus eine Soße machen. Alles in allem habe ich viel gelernt und auch ganz gut gegessen. Leider habe ich mit dem Ergebnis auch schon den neuen Qualitätsstandard meiner ehemaligen Lieblingspizzeria übertroffen. Meine Frau ist der Meinung, dass nur die Soße ausgetauscht werden muss und dann wär das ihre neue Lieblingspizza. Und der Teig war angeblich auch besser als jeder Pizzateig, den sie bisher gemacht hat. Aber da darf man nicht viel drum geben. Ich habe festgestellt, dass sie mich oft lobt, damit ich motiviert bleibe...
Also das war mal Pizza backen aus Sicht eines blutigen Anfängers im fortgeschrittenem Alter, der einfach nur gerne Pizza isst. Vielleicht gibt es ja noch mehr von meiner Art, die man damit motivieren kann. Ansonsten hat die breite Masse hier etwas zum Schmunzeln