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Mr. Gardener Pelletsmoker Indiana XXL Test: Beef Brisket

Ilvergast

Militanter Veganer
Hallo zusammen;

Wie bereits vor einiger Zeit angekündigt, wollte ich euch ja an meinem ersten "echt" gesmoketen Brisket-Versuch teilhaben lassen, verbunden mit der Frage, ob das Ergebnis auch auf einem Baumarktmodell zu überzeugen weiß. Allerdings hat mir heute morgen schon der Metzger meines Vertrauens einen möglicherweise entscheidenden Strich durch die Rechnung gemacht. Im Folgenden die Tragödie in voller Länge:

Fast 3 Wochen lang freute ich mich nun schon auf mein "Brisket meets Billig-Smoker"-Experiment.
Bei Low & Slow-Projekten ist es mir doppelt wichtig, lokal zu kaufen, weil ich dann zu wissen glaube, was ich bekomme. Mit dem Meister fachsimpelte ich deshalb seinerzeit noch detailliert über mein Vorhaben, und er gab mir zu verstehen, dass er wüsste, was ich meine.

Statt eines Smoker-tauglichen Briskets jedoch habe ich heute dieses fettfrei parierte, in Point und Flat getrennte(!) und im Großschlachterei-Akkord mit schlechtem Schnitt verstümmelte Etwas bekommen. Dass das Fleisch, wie ich nachträglich von den Thekendamen erfahren habe, aus Irland stammt, war dann noch das ökologische i-Tüpfelchen dieser vorprogrammierten Enttäuschung:
Ich befürchte, dass dass Fleisch ohne Fettdeckel über Nacht trocken werden wird; und außerdem ist es m.E. eine unverzeihliche Sünde, Point und Flat zu trennen (aber wem sag' ich das). Ein Brisket wird AM STÜCK gegart, herrjeh!

Also, echte BBQ-Kultur ist offenbar noch nicht in den Herzen hiesiger Fachbetriebe angekommen. Das gilt übrigens sowohl für die Traditionsmetzgerei im Nachbarort, die mir letztes Jahr 3 Kg gepökelte (statt roher) Rippe für 3-2-1 verkaufen wollte, als auch unseren freundlichen Fleischerei- und Partyservice von nebenan.

Heißt unterm Strich, dass ich überhaupt keine Ahnung habe, wie lange der Spaß dauern wird und ob es arg austrocknet. Das 2700 g schwere Brisket vom letzten Jahr benötigte auf dem Gasgrill kuriose 14 Stunden (war wohl nachts zu kalt); auf dem Smoker erwarte ich konstantere Temperaturen und rechne für die 3300 g mit 9 - 11 Stunden. Ich werde auf jeden Fall ne Wanne mit Schwarzbier mit in den Smoker stellen und hoffe, dass alles glatt geht.

Auf jeden Fall muss ich mir nen Metzger mit Ahnung von Low&Slow-Geschichten suchen. Die BBQ-Cuts sind hier in der Gegend noch nicht so geläufig... :-(

Einen ersten Eindruck vom Gerät an sich könnt ihr dem Thread "Mr. Gardener Pelletsmoker Indiana XXL Testankündigung" entnehmen.



Drückt mir die Daumen für heute Nacht!
🙂


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So, Projekt "Brisket auf dem Indiana XXL Smoker" ist durch, und um es gleich vorweg zu sagen: Es war NICHT die erwartete Katastrophe (siehe voriger Post), aber zugleich enorm ausbaufähig. Um 04:00 Uhr morgens warf ich den Smoker an und drehte erstmal drei Runden ums Haus, um die m.E. große Lärmbelästigung zu überprüfen. Da das Gerät aber in einer windgeschützten Ecke auf der Terasse steht, war nach längerem Lauschangriff nicht zu befürchten, dass der nachbarliche Schlaf in irgendeine Richtung beeinträchtigt werden könnte.
Für das Brisket wählte ich Hickory-Pellets; Point und Flat wurden beide verkabelt und kamen neben einem GN-Behälter mit einem Liter Schwarzbier auf den Rost. Den Regler stellte ich auf 107°C und begab mich für 3 1/2 Stunden zu Bett, bis ich mit enthusiastischen "Oh Vater, oh Vater, der Morgen graut!"-Rufen geweckt wurde. Das Kind schaut eindeutig zu viel Fernsehen.
Ein schneller Blick auf die beiden Sonden zeigte gegen 07:45 Uhr erwartbare Temperaturen im Fleisch (ca. 65° - 70°); erfreulicherweise stimmte nach der nächtlichen Einlaufzeit aber auch die Displayanzeige der Innenraumtemperatur mit der des Drehreglers überein.
Gegen 12:00 Uhr kroch das Flat mühselig dem Plateau-Gipfel entgegen (das Point sollte sich noch entschieden mehr Zeit nehmen), und bei KT 72° im Flat sackte auch die Innenraumtemperatur auf knapp unter 90° C ab. Verdunstungskühle, schon klar; in dem Moment dachte ich aber mit Schrecken daran, ob vielleicht die Brennkammer mit Asche verstopft wäre. Aus meinen ersten Gehversuchen mit dem Gerät schlau geworden, installierte ich noch ein weiteres Innenraumthermometer etwas über Rosthöhe (Danke, Kartoffel).
Hinzu kam die Enttäuschung beim Wrappen des Flats: Dieses fühlte sich so unbefriedigend tot und trocken an, dass ich kurz versucht war, alles abzusagen. Mit Blick auf die stundenlange Vorbereitung der Beilagen erklärte meine Frau mich kurzerhand für verrückt und empfahl, ich solle es wie das Point halten: Low & Slow.

Gut, dachte ich; für das Versagen meines Metzgers kann ja der Smoker tatsächlich nichts. Also tunkte ich das Flat vorm Einwickeln noch kurz im bis dahin kaum reduzierten Schwarzbier. Und schon der nächste Zwiespalt: Temperatur niedrig lassen, bis auch das Point das Plateau hinter sich hat; oder "Baller los" auf 120°C, damit wenigstens das Flat ins Ziel kommt...?
Ab da wurde das ganze Projekt etwas nervenaufreibend, denn die Displayanzeige stimmte, wie schon zuvor, mitnichten mit der tatsächlichen Innenraumtemperatur überein. Ab dem Zeitpunkt verließ mich auch meine Souveränität ein wenig; denn frustriert von dem unglücklichen Fleischkauf und unsicher im Umgang mit dem Gerät trieb ich im Halbstundentakt ordentlich Schindluder mit dem Temperaturregelsystem: Ständig war die Temperatur entweder zu hoch oder zu niedrig; und gleichzeitig rechnete ich immer rückwärts von möglichen Ruhezeitendpunkten, um der Familie einen ungefähren Anhaltspunkt zum Essen geben zu können. Gegen 14:00 Uhr hatte ich das Flat dann auf 95°C geprügelt (insgesamt also 10 Stunden gesmoked) und hob den steifen Ziegel nur mäßig begeistert in die warme Thermobox. Ab dem Zeitpunkt war mir das Point relativ egal; es sank erst 20 Minuten vor Erscheinen der Gäste (und somit 70 Minuten nach dem Flat!) neben selbiges.

Mein Ärger über die schlechte Parierung des Fleisches, gepaart mit der scheinbar willkürlichen Temperatursteuerung des Smokers ließen meine Erwartungshaltung minütlich weiter sinken; und als die vier verschiedenen Baguettes aufgeschnitten und dampfend aufgetischt wurden, zusammen mit Guacamole, Meerretich, verschiedenen BBQ-Saucen, Knoblauchsauce, Balsamico-Zwiebeln, gebratenen Rauchsalz-Champignons in Scheiben, Roquefort Blauschimmelkäse und noch einem halben Dutzend weiterer Köstlichkeiten; da hatte ich ein wenig Hoffnung: Wenn das Brisket - anders als im letzten Jahr - gar nicht (alleine) der Star des Abends sein müsste, wer weiß...?

Und dann, nach dem Aperitif (einem feinen Basil-Smash-Gin) das Aha-Erlebnis und die geschmackliche Rechtfertigung für die investierten Euro in den "Billig-Smoker" beim Auswickeln und Aufschneiden des Point: Dies gab einen guten Schluck Fleischsaft in die Schüssel ab und präsentierte sich mit einem fantastischen Rauchring. Gleiches galt für das Flat, das ebenfalls viel(!) Fleischsaft abgab, von dem sogar später noch einiges übrig blieb: Der Rest wanderte in die dunkle Sauce, die ich gestern aus den rohen Abschnitten gekocht hatte.

Versuch einer Zusammenfassung:
Das letztjährige Brisket vom Gasgrill hatte fast keinen Rauchring, war aber so unglaublich saftig (weil am Stück und mit Fettauflage), dass es alle umgehauen hat.
Das heutige Brisket indes ist sehr schlecht pariert auf den Smoker gekommen und erwartungsgemäß wahnsinnig trocken gewesen, hatte aber einen wunderbaren Rauchgeschmack, der perfekt mit dem (Fertig-)Rub harmonierte. Als Fleischeinlage für unsere "Baguette-Sandwiches" mit tausend Saucen und Beilagen war es - halb so dünn wie üblich geschnitten - genau richtig. Ich jedenfalls tunkte noch Stunden später selig grinsend ein Scheibchen nach dem anderen in den pur auf den Tisch gestellten Fleischsaft.

Ich bin geneigt, die Ungereimtheiten im Umgang mit dem Gerät maßgeblich auf die qualitativen Defizite des Fleisches zu schieben. Und da weder Fleisch noch Smoker total versagt haben, werde ich in diesem Thread in loser Folge einfach weiter posten (ich weiß, das sagen sie alle). Zuerst möchte ich das - am Gasgrill bereits erprobte - BBQ-Tryptichon "Brisket / Pulled Pork / Spare Ribs" abarbeiten. Als nächstes kommen dann wohl 3-2-1- Rippchen dran :-)

Danke für's Lesen; ich hoffe, ihr konntet meiner emotionalen Achterbahnfahrt ein wenig Unterhaltung abgewinnen.

Rauchige Grüße;
Ilvergast

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Ein fast schon episches Drama mit versöhnlichem Ausgang. 🍻
 
Tschaaa - liest sich aber trotzdem, als hätte das erste Brisket geschmeckt und darum geht‘s ja (auch).
Die gewonnenen Erkenntnisse über Metzger & Smoker beim nächsten Mal nutzen - das macht so ein Hobby aus, Essen essen und stetig verbessern...

:anstoޥn:
 
Also meine bescheidene Erfahrung nach " weniger ist oft mehr" zieht bei BBQ nicht.
Hier trifft "viel hilft viel" besser zu.

Ums saftig zu bekommen, möglichst große Stücke, also ab 5kg aufwärts, am besten mit Point und Flat, verwenden. Der Rest funktioniert doch prima!!
 
Hast das beste raus gemacht :thumb2:
Ist schon ärgerlich, wenn man nicht bekommt, was man bestellt hat.
Man kann die Fleischer aber auch verstehen - von ein paar BBQ-Bekloppten wie wir das sind, können die ihren Betrieb nicht über Wasser halten. Die müssen eben den Mainstream bedienen.
In Großstädten mag das mit spezialisierten Fleischern über einen gewissen Zeitraum gut gehen, aber nicht auf dem platten Land.
Vielfach liegt es aber auch an uns selbst - einen gestanden Meister muss ich nichts von Flats, Points oder sonstigen ach so hochmodernen US-Cuts erzählen. Die sind alle so gut ausgebildet, dass sie einem alles aus dem Tier "schnitzen" können - man muss ihnen nur genau sagen, was man will. Zur Not zeigt man dem ein Foto und wenn man will, dass der Fettdeckel z.B. auf dem Fleisch bleiben soll, dann sollte man das vorher mitteilen.
Es ist auch sehr vorteilhaft wenn man weiß wo in dem Tier sich die Teilstücken befinden und wie sie auf deutsch heißen. Nicht, dass jemand Hanging Tender bestellt und freundlich an die Deutsche Bahn verwiesen wird ;)
Ich habe den Luxus, dass ich immer das Teil bekomme, was ich bestelle. Wenn es nämlich unklar ist, was ich genau möchte, dann zerlegt mein Meister erst dann, wenn ich daneben stehe.
Die täglich Zerlegeroutine in den deutschen, wie auch fast allen anderen europäischen Fleischereien ist nunmal nicht so ganz American-BBQ kompatibel. Sie zerlegen zügig so, wie sie es zu 99% auch im Laden umsetzen können und wie sie es durch zig tausendfache Übung perfektioniert haben.
 
Habe alles schon probiert: dem Fleischer mitgeteilt und mit Händen, Füßen und Bildern erklärt was genau ich bei er Rinderbrust brauche oder auch vom Boston Butt....
Klar habe ich es bekommen, aber halt sehr umständlich und mühsam. Zum Glück gibt es nicht weit weg in Graz eine Fleischer, der Grill und BBQ Seminare abhält. Da kann man Boston Butts, short ribs, St. Louis style ribs, Briskets und Co bestellen und die Einzige Frage ist immer: Wann und wieviel?

Wie auch immer. Das korrekte Ausgangsprodukt ist meiner Meinung nach absolut über das Ergebnis entscheidend. Hier lohnt es sich die richtige Qualität in der richtigen Menge zu kaufen!
 
Ein bisschen Abenteuer ist immer gut, da schmeckt es am Schluss doch am besten. :thumb2: Bestell doch beim nächsten Mal einen "ganzen Brustkern". Das wirkt bei vielen hiesigen Metzgern Wunder :-)
 
Hast das beste raus gemacht :thumb2:
... einen gestanden Meister muss ich nichts von Flats, Points oder sonstigen ach so hochmodernen US-Cuts erzählen. Die sind alle so gut ausgebildet, dass sie einem alles aus dem Tier "schnitzen" können - man muss ihnen nur genau sagen, was man will. Zur Not zeigt man dem ein Foto und wenn man will, dass der Fettdeckel z.B. auf dem Fleisch bleiben soll, dann sollte man das vorher mitteilen.
... Ganz klar, unsere Meister wissen (meistens), was sie tun, solange es um ihr gelerntes Handwerk geht. :-) Auch der Meister, der mir dieses Brisket des Grauens beschafft hat, ist hier im Ort eine feste und vollkommen zu Recht angesehen Größe. Seine "deutschen" Grillsachen sind in allen Punkten einwandfrei, und ich kaufe gerne dort ein. Umso ärgerlicher, dass ich mit ihm im Vorfeld telefonisch sehr deutlich besprochen hatte, was genau ich brauche und wofür.

Schwamm drüber; nächstes mal dann :-) . Die besagten "BBQ-Bekloppten" müssen sich halt noch flächendeckend ihr Exoten-Cuts-Netzwerk aufbauen :-D
 
Da kann man Boston Butts, short ribs, St. Louis style ribs,
Boston Butt und St. Louis Ribs sind in der Zerlegung aber auch absolut unglückliche Stücke um den Rest, der drumherum sitzt, vernünftig zu verkaufen.
Beim Boston Butt "zerballere" ich die halbe Schulter, mind. 1/3 des Nackens und die Dicke Rippe (Brustspitze)
Beim Bauch ist es ähnlich - außer zur Verwurstung taugt der Rest nicht mehr wenn die Rippen im St. Louis Style herausgeschnitten werden.
Deswegen werden sich die Fleischer hier die Stücke nur sehr ungern hinlegen und darauf hoffen, dass die jemand fürs BBQ kauft.
Schulterbraten, Nackenbraten / -steaks, Dicke Rippe und Bauch oder dessen Folgeprodukte wie geräucherter Bauchspeck lassen sich hier leichter und mit weniger Aufwand verkaufen.
 
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