Er trat ein, niemand grüßte, er setzte sich, wurde mehrmals umplatziert von Wirt und Kellner, bis er an einem kleinen Beistelltischchen mit Blick zur Wand saß - die andere Tische waren angeblich alle reserviert.
„Ich hätte Pirciati ch’abbruscianu, wenn Ihnen danach ist“, sagte der Schnauzbart.
Er wusste, was Pirciati waren, eine bestimmte Sorte Pasta, aber wieso abbruscianu, was verbrannte da? Doch er wollte dem anderen nicht die Genugtuung verschaffen, ihm zu erklären, wie Pirciati zubereitet werden. So fragte er nur:
„Was heißt >wenn mir danach ist<“
„Eben wenn Ihnen danach ist“, lautete die Antwort.
„Mir ist danach, keine Sorge, mir ist danach“.
Schließlich kamen die Nudeln:
Sie dufteten nach Paradies auf Erden. Der Schnauzbart lehnte sich bequem an den Türrahmen, als gäbe es gleich etwas zu sehen.
Montalbano wollte den Duft tief in seine Lungen strömen lassen.
Während er gierig einatmete, sagte der andere:
„Wollen Sie eine Flasche Wein griffbereit haben, bevor Sie anfangen zu essen?“
Der Commissario nickte, er hatte keine Lust zu reden. Ein Krug wurde vor ihn hingestellt, ein Liter schwerer Rotwein. Montalbano schenkte sich ein Glas ein und steckte die erste Gabel in den Mund. Die Luft blieb ihm weg, er hustete, und Tränen traten ihm in die Augen. Er hatte das deutliche Gefühl, alle seine Geschmackpapillen hätten Feuer gefangen. Er leerte das Glas auf einen Zug, und der Wein war, was den Alkoholgehalt betraf, auch nicht von schlechten Eltern.
„Immer langsam und vorsichtig“, riet der Wirt und Kellner.
„Was ist denn da drin?“ fragte Montalbano halb erstickt.
„Öl, eine halbe Zwiebel, zwei Knoblauchzehen, zwei gesalzene Anchovis, ein Teelöffel Kapern, schwarze Oliven, Tomaten, Basilikum, ein halber scharfer Peperoncino, Salz, Schafkäse und schwarzer Pfeffer“, zählte der Schnauzbart mit leisem Sadismus in der Stimme auf.
„Jesus Maria“, sagte Montalbano. „Und wer kocht bei Ihnen?“
„Mè mogliere, meine Frau“, sagte der Schnauzbart und ging drei neuen Gästen entgegen.
Im Wechsel mit den Gabelbissen trank Montalbano schluckweise Wein und stöhnte, mal als läge er in den letzten Zügen, mal vor überwältigender Lust (kann Essen so erschöpfend lustvoll sein wie Sex?, fragte er sich mittendrin), und traut sich sogar, mit Brot die im Teller verbliebenen Saucenreste zu essen, wobei er sich ab und zu den Schweiß von der Stirn wischte.
Danach konnte er nichts anderes mehr essen, bezahlte eine Rechnung, die ein Witz war, ging, wie es sich hier gehört, grußlos hinaus und bemerkte, dass er vollkommen betrunken war.
Danach verhielt er sich überhaupt nicht so, wie es seiner Stellung und seinem Amt angemessen war.
Andrea Camilleri: Der Kavalier der späten Stunde
Ein ganz schnelles und einfaches Gericht, aber wirklich köstlich, probiert's mal aus...
Herzlichst
Walter