Den italienischen Rotweinen wird häufig nachgesagt, dass sie nicht ordentlich altern können. Stimmt das oder haben wir es hier mit dem gleichen Vorurteil zu tun wie etwa, dass Frauen immer recht haben müssen? Glücklicherweise ist vor allem unser Jürgen reich auch an italienischem Mumien gesegnet und so hieß es wieder einmal, die Sternetrinker für ein OT zusammenzurufen. Angesichts der edlen italienischen Weine, die auf uns gewartet haben, wollten wir auch kulinarisch nicht zurückstehen. Daher hatten wir ein 8-gängies Menü geplant. Die Materialschlachten werden immer größer! Zu allem Überfluss habe ich mir gerade das wundervolle Kochbuch von Sebastian Frank (Restaurant Horvath, Berlin) zugelegt und mir in den Kopf gesetzt, ein paar Komponenten daraus zuzubereiten.
Nun ist es natürlich schlecht, Komponenten aus einem Restaurant kochen zu wollen, ohne sich davor noch einmal vom Stile des Hauses überzeugt zu haben. Also sind Jürgen, @Flashy und ich am Donnerstag kurzentschlossen auf Klassenfahrt nach Berlin gegangen und haben die aktuelle Menüfolge im Horvath getestet. Wir haben ausgezeichnet gegessen, so dass auch dem etwas kritischen @Kimble ein Wiederholungsbesuch nur wärmstens anempfohlen werden kann.
Am Freitag haben wir dann schmerzlich realisiert, was alles den Weg auf unseren Menüzettel gefunden hat. Nämlich als es ans einkaufen ging. Aus den geplanten 2 bis 3 Stunden ist ein ganzer Tag geworden, ehe wir auch die letzte Zutat beisammen hatten. In seinem jugendlichen Leichtsinn hatte Stefan zudem beschlossen, freitags nebenher noch Nürnberger Lebkuchen und Pfeffernüsse backen zu wollen. Weihnachten steht ja schließlich vor der Tür und sonst wäre es uns doch auch vermutlich langweilig geworden! Nach unserem Einkaufsmarathon war allerdings klar, dass die Plätzchenaktion vertagt werden muss. Am Abend gab es ein schnelles Stück Fleisch und wir haben uns den ersten Weinen angenähert. Gantenbein Pinot Noir 2008 zeigte sich ausgezeichnet, ein ausgewogener Wein gerade im Übergang von der Primär- zur Sekundärphase. Genauso gut, wenngleich etwas maskuliner René Monnier Pommard 2006. Die Session in der Küche ging auch ohne Plätzchen bis weit nach Mitternacht. Wer den Thread zur Räucherfischsuppe (klick hier) verfolgt hat, wird wissen warum.
Den Sonnabend haben wir dann mehr oder weniger entspannt mit den Vorbereitungen verbracht. Nachdem @bbq4you zu uns gestoßen war, kam endlich richtiges Fleisch auf den Grill. Mittlerweile nehme ich zum Angrillen ganz verstärkt die gußeiserne Platte, das geht ausgezeichnet. Da kann man auf irgendwelche Beilagen gerne verzichten. Bassermann-Jordan Riesling Kirchenstück GG 2011, Hirtzberger Hochrain Smaragd 2009 und Kollwentz Blaufränkisch Point 2008 waren schöne Begleiter. Ansonsten hatten wir den einen oder anderen Whisky, Brandy und selbst der gute Grand Marnier Cuvee du cent cinquantenaire durfte nicht fehlen.
Am Sonntag ging es dann Schlag auf Schlag. Begonnen haben wir - der Tradition entsprechend - mit den Bacon-Karamell-Äpfeln auf dem besten Sonntagsgeschirr meiner Großmutter. Schließlich ist es nicht mehr weit bis Totensonntag.
Sodann gab es Carpaccio, geschnitten aus dem Hüftfilet eines Black Angus und handplattiert von bbq4you. Dazu nur geröstetes Öl von Macadamianüssen, Parmesanspäne und ein wenig Kresse. Wir hatten das Carpaccio bewusst dicker geschnitten (d. h. nicht eingefroren und dann auf der Aufschnittmaschine, wie dies beim billigen Italiener geschieht), damit die Anmutung auch tatsächlich fleischig und der Biss griffig ist.
Widmen wir uns den ersten Weinen:
Seppelt Moyston Claret 1978: Bordaux-Stil, klassische Nase, schön gereift. Mild, wenig Säure, war ausgezeichnet zum Carpaccio. Sehr ausgewogen mit seiner Eleganz, brachte dann noch etwas Süße nach vorn.
Castillo Ygay Gran Reserva Especial 1959: leicht kräutrig, deutlich mehr Säure, opulente und dichte Nase, Brotkruste, typische Riojafrucht. Wundervoller gereifter Wein, noch leicht spürbares Tannin.
Dom. Comte Georges de Vogüe Chambolle-Musigny Les Amoureuses Premier Cru 1997: maskuline Nase, leicht animalisch, auch hier perfekte Reife, noch präsente Säure, gutes Tannin, schöne Kraft,
Charpoutier Cote Rotie La Mordoree Cuvee LXXX: (1978 – 1980) top Süße, schön gereift, alles gut eingebunden, milde Säure + Tannin, mittlere Länge, sehr charmanter Wein, machte großen Spaß
In der Menüfolge sodann dreierlei Tatar. Rind klassisch, Lachs nach Johannes King und Thunfisch auf Avocado mit einer leichten asiatischen Marinade. Wundervoll, kann ich Euch sagen. Auch die Mengen sind durchaus als amtlich zu bezeichnen. Das eigentliche Highlight aber war das Schattenspiel der Sprossen auf dem Teller!
Champagne Vauversin Orpair Grand Cru Extra Brut BdN: hatte es schwer, indifferente Süße, wenig Druck
Besondere Erwähnung verdient der Sashimi-Gang. Stefan hatte ein wunderschönes Stück Bauch vom Blauflossen-Thunfisch besorgt. Geschmack und Konsistenz sind schwer zu beschreiben. Dazu gab es zum Vergleich normalen Gelbflossenthunfisch (Metro) und Blauen Marlin aus dem Feinkosthandel. Das sind Unterschiede. Besonders stolz sind wir auf die Idee, die aus Sojasoße, Mirin, Ketjap Manis, etwas Hot Soße und Limette komponierte Soße in Schraubglasdeckeln zu servieren. Hier gilt es, auch einmal ein Hoch auf unsere Gäste auszubringen. Jeder hat die Assoziation zum Falco, unserem Lieblingsrestaurant in Leipzig, sofort verstanden! Nicht erwähnen muss ich wohl, dass Stefan echten Wasabi besorgt hatte. Was für ein Unterschied zu dem billigen grünen Zeug, was sonst als Wasabi ausgegeben wird. Toller Gang und durch den Bauch gehaltvoll wie ich noch kein Sashimi auf dem Teller gehabt habe.
L´Ermita 1996: ganz anders, sehr jugendlich, viel junges Holz, Tannin noch sehr präsent, explosive Frucht, wirkt aber auch ein bisschen selektiert zwischen Tannin, Frucht und Holz, warmer Wein mit guter Länge, überraschend perfekt zum Thunfischsashimi, v.a. der der intensive Bauch führt den Wein zusammen.
Barolo Conterno 1995: gut gereift, viel Druck, ausgewogen, noch guter Tannin-Biss, speckig, kräutrig
Barolo 1993: ruppiges Tannin, fällt ab, scheint am Verblassen zu sein
Weiter ging es mit der Räucherfischsuppe. Ein großartiger Gang, meiner Meinung nach der beste des Tages. Und was macht der Sachse Sonntagnachmittag? Richtig – er probiert eine kleine Vertikale Sassicaia.
Sassicaia 1990: großer Wein, rund, viel Kraft, perfekt balanciert. Tannin rund, Frucht auf den Punkt gereift, bester Wein des Tages.
1991: nicht so gut, mehr Säure, weniger lang, Tannin nicht so gut eingebunden
1988: gefällt mir besser als 1991, ähnl. Säuregerüst, präsentes Tannin, schöne Frucht, guter Wein, aber nicht groß
Weiter im Text mit Huhn und Tomate. Auf dem Teller haben wir eine pikante Tomatensoße mit Grilltomate und Schinken-Karamell-Sud aus dem Kochbuch vom Horvath. Dazu angetrocknete Tomaten, mein geliebtes Röstzwiebelöl und eine gesmokte Hühnerunterkeule. Das witzige an der Tomatensoße ist, dass sie durch die Zugabe von Obstbrand „geschärft“ wird, d. h. der Alkohol wird als Medium zum Schärfen eingesetzt. Das ist ungewöhnlich und herausfordernd, funktioniert aber tatsächlich. Das ist so richtig „auf die Fresse gekocht“, wie es an anderer Stelle immer heißt. An diesem Gang wird definitiv weitergearbeitet, der hat das Zeug, sich bei mir zu einem echten Klassiker zu entwickeln.
Saffredi 1992: sehr viel Tannin, unrund, nicht stimmig
Saffredi 2004: keine Finesse, Marmeladentopf, Holzhammer-Wein, das haben wir früher halt getrunken
Valdicava 1992: sehr vordergründige Süße, plakativ, nichts besonderes
Romitorio die Santedame 1997: vordergründig süß, nix
Castello di Ama 1997: wie vor
Fox Creek Reserve Shiraz 2000: noch viel da, marmeladig, aber nicht so schlimm wie Saffredi. Einige Ätherik. Vordergründiges Holz. Nun ja.
Solitary Block Shiraz 2004: sehr konzentriert, Rumtopf, noch in der Primärphase, sehr gut zum Huhn
Solchermaßen in Stimmung können wir uns dem Hauptgang zuwenden. bbq4you hatte ein großartiges Prime Rib vom Aberdeen Angus mitgebracht. Herrliches Material. 5 kg müssen das bestimmt gewesen sein. Da haben wir 4 Steaks draus gemacht. Ordentlich grobes Meersalz drauf und auf die Gussplatte vom Monolith. Im Ofen nachgezogen war das vom Geschmack her wirklich großartig. Ich war eigentlich schon satt bis obenhin, aber was will man denn machen!
Besondere Erwähnung verdienen hier die Beilagen. Es sollte Spaghettini mit Rahmsoße nach Horvath geben. Dafür kocht man Hühnerkeulen mit allerlei Gewürz. Um den Fond zu einer Rahmsoße zu machen, werden für 600 Milliliter 150 g Sauerrahm mit 80 g Weizenmehl empfohlen. Nachdem die Sauerrahm-Mehl-Mischung in der Soße war, hat diese massiv angezogen und eine schnittfeste Konsistenz angenommen. Einer von den Gästen hat gewitzelt, dass sei die einzige ihm bekannte Soße, die man auf einem senkrechten Teller servieren könne … Aber die Soße wurde etwas verlängert, mit Salbei verfeinert und hat das Prime Rib noch ganz ordentlich ins Szene gesetzt.
Nachdem die italienischen Weine ziemlich schnell zur Neige gegangen waren (und zwar nicht, weil wir sie getrunken haben), war zum Hauptgang sage und schreibe nichts mehr da, obwohl ich mich stocknüchtern geführt habe. Also schnell noch einmal in den Keller und Rebholz Pinot Noir R 2009 geöffnet. Sehr guter Wein, wenngleich ihm einige Stunden in der Karaffe natürlich gutgetan hätten. Aber das war eine wirkliche Wohltat nach den italienischen Preziosen.
Geplant war schließlich zum Abschluss noch eine Smokey Apfel-Tarte nach diesem Rezept: (klick hier). Aber das ist des Guten dann doch zu viel gewesen. Die Tarte wurde auf den Montag verschoben. Also haben wir uns mit den vorgesehenen Dessertweinen zufriedengegeben, das waren Schloss Reinhartshausen 1991 Schloßberg Riesling Eiswein, Franz Künstler Hochheimer Hölle 1997 Riesling Beerenauslese und Chateau Rieussec 1997. Speziell letzterer war ein wirklich persönlicher Ausklang.
Während @bbq4you und ich uns noch Zigarren und Whisky widmeten schob Stefan noch die die schon vorbereiteten Elisenlebkuchen ins Backrohr finalisierte selbige mit einer Fadenglasur.
Montag wollte ich dann eigentlich wieder auf Arbeit gehen. Doch … die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld. Der Teig für die Pfeffernüsse war zwar vorbereitet, aber noch nicht verarbeitet. Es standen zwei große Töpfe mit Fischfond-Ansatz in der Gegend herum. Naja, dann räumen wir halt ein wenig auf und backen fix noch das restliche Weihnachgebäck! Zudem haben wir mit dem edlen Thunfisch noch etwas herumexperimentiert. Und siehe da, als Sushi (Nigri) kommt das vielleicht sogar noch besser. Ich glaube es war dann schon kurz nach 17:00 Uhr als Stefan endlich nach Hause aufbrechen konnte.
Wie fällt die Bilanz aus?
Die italienischen Weine – im Wesentlichen geschenkt. Ich freue mich tatsächlich über die vor einigen Jahren getroffene strategische Entscheidung, den Italienern nur einen wirklich äußerst bescheidenen Platz im Weinkeller einzuräumen. Im Vergleich zu den Weinen unserer früheren OT´s ist da schon ein kleiner Abfall zu erkennen. Aber schließlich wollten wir auch Mumien trinken und die haben wir bekommen!
In diesem Sinne, danke fürs Reinschauen!
Nun ist es natürlich schlecht, Komponenten aus einem Restaurant kochen zu wollen, ohne sich davor noch einmal vom Stile des Hauses überzeugt zu haben. Also sind Jürgen, @Flashy und ich am Donnerstag kurzentschlossen auf Klassenfahrt nach Berlin gegangen und haben die aktuelle Menüfolge im Horvath getestet. Wir haben ausgezeichnet gegessen, so dass auch dem etwas kritischen @Kimble ein Wiederholungsbesuch nur wärmstens anempfohlen werden kann.
Am Freitag haben wir dann schmerzlich realisiert, was alles den Weg auf unseren Menüzettel gefunden hat. Nämlich als es ans einkaufen ging. Aus den geplanten 2 bis 3 Stunden ist ein ganzer Tag geworden, ehe wir auch die letzte Zutat beisammen hatten. In seinem jugendlichen Leichtsinn hatte Stefan zudem beschlossen, freitags nebenher noch Nürnberger Lebkuchen und Pfeffernüsse backen zu wollen. Weihnachten steht ja schließlich vor der Tür und sonst wäre es uns doch auch vermutlich langweilig geworden! Nach unserem Einkaufsmarathon war allerdings klar, dass die Plätzchenaktion vertagt werden muss. Am Abend gab es ein schnelles Stück Fleisch und wir haben uns den ersten Weinen angenähert. Gantenbein Pinot Noir 2008 zeigte sich ausgezeichnet, ein ausgewogener Wein gerade im Übergang von der Primär- zur Sekundärphase. Genauso gut, wenngleich etwas maskuliner René Monnier Pommard 2006. Die Session in der Küche ging auch ohne Plätzchen bis weit nach Mitternacht. Wer den Thread zur Räucherfischsuppe (klick hier) verfolgt hat, wird wissen warum.
Den Sonnabend haben wir dann mehr oder weniger entspannt mit den Vorbereitungen verbracht. Nachdem @bbq4you zu uns gestoßen war, kam endlich richtiges Fleisch auf den Grill. Mittlerweile nehme ich zum Angrillen ganz verstärkt die gußeiserne Platte, das geht ausgezeichnet. Da kann man auf irgendwelche Beilagen gerne verzichten. Bassermann-Jordan Riesling Kirchenstück GG 2011, Hirtzberger Hochrain Smaragd 2009 und Kollwentz Blaufränkisch Point 2008 waren schöne Begleiter. Ansonsten hatten wir den einen oder anderen Whisky, Brandy und selbst der gute Grand Marnier Cuvee du cent cinquantenaire durfte nicht fehlen.
Am Sonntag ging es dann Schlag auf Schlag. Begonnen haben wir - der Tradition entsprechend - mit den Bacon-Karamell-Äpfeln auf dem besten Sonntagsgeschirr meiner Großmutter. Schließlich ist es nicht mehr weit bis Totensonntag.
Sodann gab es Carpaccio, geschnitten aus dem Hüftfilet eines Black Angus und handplattiert von bbq4you. Dazu nur geröstetes Öl von Macadamianüssen, Parmesanspäne und ein wenig Kresse. Wir hatten das Carpaccio bewusst dicker geschnitten (d. h. nicht eingefroren und dann auf der Aufschnittmaschine, wie dies beim billigen Italiener geschieht), damit die Anmutung auch tatsächlich fleischig und der Biss griffig ist.
Widmen wir uns den ersten Weinen:
Seppelt Moyston Claret 1978: Bordaux-Stil, klassische Nase, schön gereift. Mild, wenig Säure, war ausgezeichnet zum Carpaccio. Sehr ausgewogen mit seiner Eleganz, brachte dann noch etwas Süße nach vorn.
Castillo Ygay Gran Reserva Especial 1959: leicht kräutrig, deutlich mehr Säure, opulente und dichte Nase, Brotkruste, typische Riojafrucht. Wundervoller gereifter Wein, noch leicht spürbares Tannin.
Dom. Comte Georges de Vogüe Chambolle-Musigny Les Amoureuses Premier Cru 1997: maskuline Nase, leicht animalisch, auch hier perfekte Reife, noch präsente Säure, gutes Tannin, schöne Kraft,
Charpoutier Cote Rotie La Mordoree Cuvee LXXX: (1978 – 1980) top Süße, schön gereift, alles gut eingebunden, milde Säure + Tannin, mittlere Länge, sehr charmanter Wein, machte großen Spaß
In der Menüfolge sodann dreierlei Tatar. Rind klassisch, Lachs nach Johannes King und Thunfisch auf Avocado mit einer leichten asiatischen Marinade. Wundervoll, kann ich Euch sagen. Auch die Mengen sind durchaus als amtlich zu bezeichnen. Das eigentliche Highlight aber war das Schattenspiel der Sprossen auf dem Teller!
Champagne Vauversin Orpair Grand Cru Extra Brut BdN: hatte es schwer, indifferente Süße, wenig Druck
Besondere Erwähnung verdient der Sashimi-Gang. Stefan hatte ein wunderschönes Stück Bauch vom Blauflossen-Thunfisch besorgt. Geschmack und Konsistenz sind schwer zu beschreiben. Dazu gab es zum Vergleich normalen Gelbflossenthunfisch (Metro) und Blauen Marlin aus dem Feinkosthandel. Das sind Unterschiede. Besonders stolz sind wir auf die Idee, die aus Sojasoße, Mirin, Ketjap Manis, etwas Hot Soße und Limette komponierte Soße in Schraubglasdeckeln zu servieren. Hier gilt es, auch einmal ein Hoch auf unsere Gäste auszubringen. Jeder hat die Assoziation zum Falco, unserem Lieblingsrestaurant in Leipzig, sofort verstanden! Nicht erwähnen muss ich wohl, dass Stefan echten Wasabi besorgt hatte. Was für ein Unterschied zu dem billigen grünen Zeug, was sonst als Wasabi ausgegeben wird. Toller Gang und durch den Bauch gehaltvoll wie ich noch kein Sashimi auf dem Teller gehabt habe.
L´Ermita 1996: ganz anders, sehr jugendlich, viel junges Holz, Tannin noch sehr präsent, explosive Frucht, wirkt aber auch ein bisschen selektiert zwischen Tannin, Frucht und Holz, warmer Wein mit guter Länge, überraschend perfekt zum Thunfischsashimi, v.a. der der intensive Bauch führt den Wein zusammen.
Barolo Conterno 1995: gut gereift, viel Druck, ausgewogen, noch guter Tannin-Biss, speckig, kräutrig
Barolo 1993: ruppiges Tannin, fällt ab, scheint am Verblassen zu sein
Weiter ging es mit der Räucherfischsuppe. Ein großartiger Gang, meiner Meinung nach der beste des Tages. Und was macht der Sachse Sonntagnachmittag? Richtig – er probiert eine kleine Vertikale Sassicaia.
Sassicaia 1990: großer Wein, rund, viel Kraft, perfekt balanciert. Tannin rund, Frucht auf den Punkt gereift, bester Wein des Tages.
1991: nicht so gut, mehr Säure, weniger lang, Tannin nicht so gut eingebunden
1988: gefällt mir besser als 1991, ähnl. Säuregerüst, präsentes Tannin, schöne Frucht, guter Wein, aber nicht groß
Weiter im Text mit Huhn und Tomate. Auf dem Teller haben wir eine pikante Tomatensoße mit Grilltomate und Schinken-Karamell-Sud aus dem Kochbuch vom Horvath. Dazu angetrocknete Tomaten, mein geliebtes Röstzwiebelöl und eine gesmokte Hühnerunterkeule. Das witzige an der Tomatensoße ist, dass sie durch die Zugabe von Obstbrand „geschärft“ wird, d. h. der Alkohol wird als Medium zum Schärfen eingesetzt. Das ist ungewöhnlich und herausfordernd, funktioniert aber tatsächlich. Das ist so richtig „auf die Fresse gekocht“, wie es an anderer Stelle immer heißt. An diesem Gang wird definitiv weitergearbeitet, der hat das Zeug, sich bei mir zu einem echten Klassiker zu entwickeln.
Saffredi 1992: sehr viel Tannin, unrund, nicht stimmig
Saffredi 2004: keine Finesse, Marmeladentopf, Holzhammer-Wein, das haben wir früher halt getrunken
Valdicava 1992: sehr vordergründige Süße, plakativ, nichts besonderes
Romitorio die Santedame 1997: vordergründig süß, nix
Castello di Ama 1997: wie vor
Fox Creek Reserve Shiraz 2000: noch viel da, marmeladig, aber nicht so schlimm wie Saffredi. Einige Ätherik. Vordergründiges Holz. Nun ja.
Solitary Block Shiraz 2004: sehr konzentriert, Rumtopf, noch in der Primärphase, sehr gut zum Huhn
Solchermaßen in Stimmung können wir uns dem Hauptgang zuwenden. bbq4you hatte ein großartiges Prime Rib vom Aberdeen Angus mitgebracht. Herrliches Material. 5 kg müssen das bestimmt gewesen sein. Da haben wir 4 Steaks draus gemacht. Ordentlich grobes Meersalz drauf und auf die Gussplatte vom Monolith. Im Ofen nachgezogen war das vom Geschmack her wirklich großartig. Ich war eigentlich schon satt bis obenhin, aber was will man denn machen!
Besondere Erwähnung verdienen hier die Beilagen. Es sollte Spaghettini mit Rahmsoße nach Horvath geben. Dafür kocht man Hühnerkeulen mit allerlei Gewürz. Um den Fond zu einer Rahmsoße zu machen, werden für 600 Milliliter 150 g Sauerrahm mit 80 g Weizenmehl empfohlen. Nachdem die Sauerrahm-Mehl-Mischung in der Soße war, hat diese massiv angezogen und eine schnittfeste Konsistenz angenommen. Einer von den Gästen hat gewitzelt, dass sei die einzige ihm bekannte Soße, die man auf einem senkrechten Teller servieren könne … Aber die Soße wurde etwas verlängert, mit Salbei verfeinert und hat das Prime Rib noch ganz ordentlich ins Szene gesetzt.
Nachdem die italienischen Weine ziemlich schnell zur Neige gegangen waren (und zwar nicht, weil wir sie getrunken haben), war zum Hauptgang sage und schreibe nichts mehr da, obwohl ich mich stocknüchtern geführt habe. Also schnell noch einmal in den Keller und Rebholz Pinot Noir R 2009 geöffnet. Sehr guter Wein, wenngleich ihm einige Stunden in der Karaffe natürlich gutgetan hätten. Aber das war eine wirkliche Wohltat nach den italienischen Preziosen.
Geplant war schließlich zum Abschluss noch eine Smokey Apfel-Tarte nach diesem Rezept: (klick hier). Aber das ist des Guten dann doch zu viel gewesen. Die Tarte wurde auf den Montag verschoben. Also haben wir uns mit den vorgesehenen Dessertweinen zufriedengegeben, das waren Schloss Reinhartshausen 1991 Schloßberg Riesling Eiswein, Franz Künstler Hochheimer Hölle 1997 Riesling Beerenauslese und Chateau Rieussec 1997. Speziell letzterer war ein wirklich persönlicher Ausklang.
Während @bbq4you und ich uns noch Zigarren und Whisky widmeten schob Stefan noch die die schon vorbereiteten Elisenlebkuchen ins Backrohr finalisierte selbige mit einer Fadenglasur.
Montag wollte ich dann eigentlich wieder auf Arbeit gehen. Doch … die Küche sah aus wie ein Schlachtfeld. Der Teig für die Pfeffernüsse war zwar vorbereitet, aber noch nicht verarbeitet. Es standen zwei große Töpfe mit Fischfond-Ansatz in der Gegend herum. Naja, dann räumen wir halt ein wenig auf und backen fix noch das restliche Weihnachgebäck! Zudem haben wir mit dem edlen Thunfisch noch etwas herumexperimentiert. Und siehe da, als Sushi (Nigri) kommt das vielleicht sogar noch besser. Ich glaube es war dann schon kurz nach 17:00 Uhr als Stefan endlich nach Hause aufbrechen konnte.
Wie fällt die Bilanz aus?
Die italienischen Weine – im Wesentlichen geschenkt. Ich freue mich tatsächlich über die vor einigen Jahren getroffene strategische Entscheidung, den Italienern nur einen wirklich äußerst bescheidenen Platz im Weinkeller einzuräumen. Im Vergleich zu den Weinen unserer früheren OT´s ist da schon ein kleiner Abfall zu erkennen. Aber schließlich wollten wir auch Mumien trinken und die haben wir bekommen!
In diesem Sinne, danke fürs Reinschauen!