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Teigherstellung für Brot, Gebäck und Pizza - Ohne Industriehefe und ohne Kneten

Noch schnell ein Anschnittbild nachgeschoben:
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Die Teigherstellung als No-knead Variante ist etwas haarig. Mit 68%Hydration ist der Teig eher auf der schwach hydrierten Seite und das Semola nimmt während der Autolyse das Wasser auch nicht besonders gut auf. Es gibt also zahlreiche Mehl/Semola Klümpchen, die es aufzudrücken gilt. Unterm Strich hat es zwar ganz gut funktioniert, ich hatte weder im Gebäck noch im Brot irgendwelche Teigklümpchen. Trotzdem überlege ich, ob bzw. wie man das Problem eventuell von vorneherein vermeiden kann.
 
Kürzlich kam die Rede wieder einmal auf Ruchbrot und da ist mir sofort eingefallen, daß ich schon länger keines gemacht habe. Also mußte wieder eines her...

Ruchbrot die Zweite - Teil 1

Ich nehme dafür (wie meistens) zwei Vorteige: Einen Hefewasser-Poolish (hier aus Urdinkel) und einen Roggensauer (diesmal aus Champagnerroggen). Beide habe ich am frühen Vormittag angesetzt.
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Am Nachmittag habe ich schnell einen Autolyseteig zusammengerührt und ein paar Stunden stehen lassen. Am Abend werden die Vorteige dann zusammengerührt und Salz zugegeben. Außerdem kommt noch gemahlenes Getreide dazu...
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Jetzt wird das Ganze mit einem Küchenspatel bzw. Teigschaber grob vermengt...
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Dann geht es mit bloßen Händen weiter...
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Es werden zunächst die Mehl- bzw. Getreideklumpen zerdrückt und dann beginne ich mit den S&F...
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Jetzt werden 5-6 S&F im Abstand von etwa 20-30 Minuten eingelegt...
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Danach wird der Teig kalt gestellt...
 
Ruchbrot die Zweite - Teil 2

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und

Rezept
(Die Mengenangaben beziehen sich auf 1 Brot)

Dinkel-Poolish
  • 100g UrDinkel (gemahlen)
  • 100g Apfel-Hefewasser
Roggen-Sauerteig
  • 45g Waldstaudenroggen (gemahlen)
  • 45g Wasser
  • 10g RASG
Autolyseteig
  • 240g Urdinkel-Ruchmehl
  • 220g Wasser
Hauptteig
  • 200g reifer Poolish
  • 100g Roggensauer
  • 460g Autolyseteig
  • 50g Khorasan (gemahlen; alternativ: Rotkornweizen, Ur-Weizen)
  • 60g Urdinkel (gemahlen)
  • 11g Salz

Option: Weitere ~20g Schüttwasser beim Hauptteig (das ergibt dann eine Hydration von ~78%; nicht anfängertauglich)
 
Ich fürchte, ich vernachlässige mein Hefewasser zu sehr. Das kommt nicht so richtig in Fahrt, wenn ich den Poolish ansetze. Muss ich wohl mal besser betreuen, damit ich das hier nachbauen kann.
 
Ich fürchte, ich vernachlässige mein Hefewasser zu sehr. Das kommt nicht so richtig in Fahrt, wenn ich den Poolish ansetze. Muss ich wohl mal besser betreuen, damit ich das hier nachbauen kann.
Ich füttere meines einmal die Woche bzw. wenn ich eine größere Menge (>= 100g) abnehme. Weniger Betreuung geht fast nicht...
 
Das Rezept habe ich jetzt oben eingefügt, hier noch ein paar Bilder vom gestrigen Brunch (für den es noch warm angesenst wurde)...

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Der Brunch war köstlich und mit dem Brot bin ich auch nicht unzufrieden. Heute Abend oder morgen wird die zweite Hälfte des Teiges verbacken (ich hatte die doppelte Menge Teig angesetzt).
 
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und

Rezept
(Die Mengenangaben beziehen sich auf 1 Brot)

Dinkel-Poolish
  • 100g UrDinkel (gemahlen)
  • 100g Apfel-Hefewasser
Roggen-Sauerteig
  • 45g Waldstaudenroggen (gemahlen)
  • 45g Wasser
  • 10g RASG
Autolyseteig
  • 240g Urdinkel-Ruchmehl
  • 220g Wasser
Hauptteig
  • 200g reifer Poolish
  • 100g Roggensauer
  • 460g Autolyseteig
  • 50g Khorasan (gemahlen; alternativ: Rotkornweizen, Ur-Weizen)
  • 60g Urdinkel (gemahlen)
  • 11g Salz

Option: Weitere ~20g Schüttwasser beim Hauptteig (das ergibt dann eine Hydration von ~78%; nicht anfängertauglich)
Salve @DarkRoast
das Brot ist wirklich eine Schönheit! 👌
kurze Frage: wenn ich kein Apfelhefewasser hab, kann ich dann auch einfach nen paar Krümel Helfe in normales Wasser machen? 😇
mfg Alex
 
kurze Frage: wenn ich kein Apfelhefewasser hab, kann ich dann auch einfach nen paar Krümel Helfe in normales Wasser machen? 😇
Ja, natürlich geht das: Einfach beim Poolish statt des Hefewassers normales (ungechlortes) Wasser nehmen und ein paar Krümel Hefe dazugeben.

Andererseits kannst du in ein paar Tagen ein triebstarkes Hefewasser selbst herstellen. Alles was du dazu brauchst ist ein Bio-Apfel (ungespritzt, Schale unbehandelt), ungechlortes Wasser und etwas guten Bio-Honig (kein Industriehonig): Schau mal hier.
 
Ich füttere meines einmal die Woche bzw. wenn ich eine größere Menge (>= 100g) abnehme. Weniger Betreuung geht fast nicht...
Doch geht. :D könnte natürlich auch erklären, dass der Poolish nicht so anspringt. Wobei ich es ja erstaunlich finde, wie sehr es noch blubbert, auch wenn man die Haustiere lange vernachlässigt hat.
Da mein Hefewasser am Wochenende umgekippt ist :-)rolleyes:), habe ich frische Schalen nachgelegt und den nicht ausgelaufenen Teil nochmal gefüttert und aufgefüllt. Bei der Gelegenheit habe ich das Thymian-Rosmarin-Wasser auch aufgefrischt. Ich muss dringend mal wieder Wurzelbrot mit Knoblauch-Mayo machen.
 
Ruchbrot die Zweite - Teil 3

Gestern habe ich den zweiten Teil des Teiges verbacken. Ich habe die Gelegenheit genutzt um eine kleine Bilderstrecke von der Bearbeitung nach der Stockgare zu machen..

Wichtig ist jetzt, daß man den Teig sehr vorsichtig behandelt um keine CO2 Blasen zu zerstören und dadurch seine Chancen auf eine schöne, relativ gleichmäßige Porung mindert.

Den Teig vorsichtig aus der Schüssel nehmen und auf die Arbeitsfläche legen...
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Jetzt den Teig mit der Teigkarte rund formen indem man ihn auf der Arbeitsfläche dreht. Gleichzeitig bring man damit die nötige Spannung für einen schönen Ofentrieb in den Teigling. Wenn der Teigling an der Oberfläche zu reißen beginnt, ist genügend Spannung im Teig. Dann sollte man aufhören...
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Dann zugedeckt etwas rasten lassen. Die Dauer richtet sich nach dem Stand der Gare...
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Dabei wird der Teigling etwas flacher...
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Jetzt das Gärkörbchen gut bemehlen...
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Ich nehme dazu ein feinmaschiges Sieb...
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jetzt kommt etwas Mehl auf die Arbeitsfläche...
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und auf den Teigling. Die bemehlte Seite kommt anschließend nach unten...
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Jetzt wird der Teigling vorsichtig etwas gedehnt (am besten in dem man ihn mit beiden Händen festhält, dabei vorsichtig - wie ein Lenkrad - dreht und die Schwerkraft wirken läßt). Der Teig ist mehr oder weniger stark klebrig, also muß man schnell umgreifen. Dann wird er auf die Arbeitsfläche gelegt...
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und mehrfach eingeschlagen (bzw. aufgerollt)...
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Dann kommt er ins Gärkörbchen...
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und darf zugedeckt an einem moderat warmen Plätzchen (z.B. auf dem Ofen, einer Heizung oder der Espressomaschine) wieder rasten...
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Wenn die Gare zum Einschießen passt, wird der Teigling sehr(!) vorsichtig in den Deckel vom - gut vorgewärmten(!) - Dopf oder auf das leicht (!) bemehlte Brett zum Einschießen gestürzt und ggf. eingeschnitten...
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Dann wird der Deckel mit dem Dopf zugedeckt und kommt in den Ofen, oder es wird vom Brett eingeschossen und geschwadet. Das Schwaden beim freigeschobenen Backen ist für mich unverzichtbar, denn nur dadurch kann sich das Brot schön entfalten. Beim Dopf ist es nicht notwendig, da der Eigenschwaden des Teiglings dafür ausreicht. Nach etwa der Hälfte der Backzeit kommt das Brot bei mir aus dem Dopf heraus und wird dann - vom Boden entkoppelt - fertig gebacken.
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Nach insgesamt etwa 50-70 Minuten Backzeit - die letzten paar Minuten ist die Ofentüre einen Spalt weit geöffnet, die gesamte Backzeit richtet sich hauptsächlich nach dem Gewicht des Teiglings und der gewünschten Bräunung - ist das Brot fertig.
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Wir haben fertig! :D
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Fazit:
Nach weiteren zwei Tagen in der Kühlung ergibt der Teig ein Brot, das hervorragend schmeckt. Der Geschmack ist fast noch ein bißchen spannender - weil etwas kräftiger, intensiver, als der des zwei Tage früher gebackenen Brotes. Allerdings ist das Handling schon ein wenig prekär und das Brot ein bißchen mehr in die Breite gelaufen.

Ein Anschnittbild habe ich auch noch und zwei Bilder vom Brunch als Draufgabe... :D
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FAQ

F: Was versteht man unter Teiggare und welche Vorgänge laufen während der Gare ab?
A:
Die "Teiggare" - manchmal auch als "Gehen des Teiges" oder "Teigrast" bezeichnet - ist notwendig, um aus unserem Mehl/Wasser-Gemisch einen backfähigen Teig zu machen. Dabei laufen mehrere Prozesse gleichzeitig ab. Es beginnt damit, daß die im Getreide bzw. Mehl vorhandenen Enzyme - unmittelbar nach der Zugabe des Wassers - beginnen, Stärke, Proteine und Fette zu zerlegen. Die entstehenden Abbauprodukte - insbesondere die aus der Stärke gewonnenen kurzkettigen Zucker - dienen dabei den Mikroorganismen die mit dem Triebmittel eingebracht wurden (idealerweise hauptsächlich LAB und Hefen) als Nahrung und Grundlage für ihre Vermehrung.

Dabei entsteht nicht nur das für den Trieb notwendige CO2 (welches im fertigen Brot für die lockere Krume sorgt), sondern auch etliche Nebenprodukte, die für den Geschmack des Brotes verantwortlich sind. Allerdings brauchen diese enzymatischen und mikrobiologischen Prozesse eine gewisse Zeit. Deshalb ist Zeit - neben Mehl und Wasser sowie etwas Salz - die wichtigste Zutat für gutes und bekömmliches Brot.

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F: Warum muß man Roggenmehl versäuern?
A: Roggenteige und Roggenmischteige sollten nicht nur wegen des besonderen Geschmacks versäuert werden. Anders als die Gluten-Teige bei Weizen-, Dinkel-, Emmer- und anderen Broten, werden Roggenteige durch eine Stärke-Matrix (Pentosane) zusammengehalten. Amylasen - das sind Enzyme welche Stärke zerlegen - würden aber die Stärke-Matrix die für den Zusammenhalt des Teiges notwendig ist relativ rasch abbauen, weil die Aktivität der Amylasen in Roggenteigen höher ist als in Weizenteigen.

Bei Verwendung von Sauerteigen wird durch die Säure (bzw. den niedrigen pH-Wert) die Aktivität der Amylasen deutlich gebremst. Die Verkleisterungstemperatur von Roggen (53-64°C) liegt außerdem in einem Bereich in dem die Aktivität der Amylasen sehr hoch ist,. d.h. ohne entsprechende Versäuerung ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, daß unsere Roggenbrote übermäßig in die Breite laufen. Nur bei passender Versäuerung erhalten wir einen backfähigen Teig mit dennoch ordentlichem Trieb und lockerer Krume.

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F: Warum soll ich mein ASG bei Raumtemperatur (bzw. nicht im Kühlschrank) führen?
A: Durch die Aufbewahrung bei Temperaturen <= 4°C verändert sich die mikrobiologische Zusammensetzung eines Sauerteigs massiv. Die wenigsten fermentationstauglichen Mikroorganismen fühlen sich bei Temperaturen nahe der 0°C noch wohl. Und auch die Enzyme, die die MO mit Nahrung versorgen, arbeiten nur mehr sehr eingeschränkt. Das war ja der Grund für den Siegeszug der Kühlschränke: Sie bremsen bzw. verhindern das Wachstum vieler MO.

Das Führen eines Hefewassers im Kühlschrank macht m.M.n. noch weniger Sinn.

Mein Lieblingsspruch zum Thema Sauerteig und Kühlschrank:

"I want people to succeed, rather than leading them down the path towards how much starter abuse they can get away with and still make bread."
(Mike Avery)

Weiterführende Literatur dazu:
TBC

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->Glossar: Triebmittel

ToDo:
Warum soll ich mein ASG bei Raumtemperatur (bzw. Nicht im Kühlschrank) führen?

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Last Edit: 20210928
Bin begeistert.
 
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