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Vacuum-Marinieren II - praktisch Erfahrung und preiswerte Umsetzung

rhausu

Militanter Veganer
Ein freundliches Hallo in die Runde,

In meinem letzten Fred habe ich erklärt, wie und warum das Vacuum-Marinieren funktioniert.
Heute nun möchte ich von den ersten praktischen Erfahrungen und dem preiswerten Bau einer Vakuumkammer berichten.

Es ist Frühling 2020. Corona-Lockout 😷. Viel Zeit zum Nachdenken und noch mehr Zeit zum Kochen. In unserer Familie setzen wir gern auf abwechslungsreiche Kost. Alle Rezepte mit Hefe, Nudeln, Mehl und Klopapier sind längst ausprobiert...:rotfll:
Ostern steht vor der Tür, und in meiner Region - Großraum Frankfurt - gibt es an Gründonnerstag traditionell die erste grüne Soße. Der Familienrat beschließt, dass dazu Salzkartoffeln und ein Rindersolber serviert werden sollen.

Rindersolber ist gepökeltes Rinderfleisch aus Nuss oder Keule, das wie ein Suppenfleisch gekocht wird - lecker! Normal würde ich eine Pökellake aus Pökelsalz, Zucker, Lorbeerblättern, Pfeffer und Wacholderbeeren herstellen und das Fleisch 2-3 Wochen einlegen. Aber 3 Tage vor Gründonnerstag wird das knapp 🤔 . Es muss also eine andere Lösung her.

Kurz vorher hatte ich meine Küchenausstattung um einen Caso VRH690 ergänzt, einem Vakumiergerät, welches mit einer Marinierfunktion ausgestattet ist. Ein kurzer Blick ins Internet verrät mir, dass ich noch ein passendes Vakumiergefäss benötige, auf das der mitgelieferte Schlauchanschluss passt.
Weitere Recherchen fördern das ernüchternde Ergebnis zutage, dass die Teile für ein Sportgerät recht klein ausfallen - 2 l Inhalt ist schon groß (Caso) - und außerdem teuer gehandelt werden. La-Va hat mehrere Schüsseln am Start, 4 l Inhalt hat die Größte, dafür rufen sie sportliche 42 Euronen auf. Natürlich sind auch die Anschlüsse nicht genormt, jeder Hersteller hat ein eigenes System. So schafft man sich Freunde fürs Leben...:eeek:

Das muß doch auch billiger und besser gehen denke ich mir, und schlage beim Großhändler meines Vertrauens auf. In der Abeilung für GN-Behälter werde ich schließlich fündig. Es gibt schöne Edelstahl-Deckel mit umlaufender Silikondichtung und vorgebohrtem Loch, damit sich in heiß verschlossenen Behältern kein Vakuum aufbaut :thumb1: und dazu ein schönes Unterteil aus durchsichtigem Kunststoff (Polycarbonat), damit ich auch sehen kann, was in der Kammer vor sich geht.
Ich wähle die Größe GN 1/3 in 150 mm Höhe, laut Aufdruck hat das Teil 5 l Inhalt. Das sollte passen. Sehr positiver Nebeneffekt des GN-Materials ist die völlige Spülmaschinentauglichkeit. Das ist bei den Fertigprodukten mit den Deckeln nicht ohne weiteres möglich.

In der heimischen Werkstatt wird das Deckelloch vorsichtig auf 5 mm aufgebohrt, dazu habe ich noch einen passenden Schlauchnippel mit M5-Gewinde im Vorrat entdeckt. Außerdem finde ich noch ein Stück 5 mm Silikonschlauch, der mir als Verlängerung und Verbindung von Vakumiergerät zum Nippel dient.

Deckel Oberseite.jpg

Deckel Oberseite

Deckel Unterseite.jpg

Deckel Unterseite

Gesamtansicht2.jpg

System in Aktion

Marinieren.jpg

Marinierfunktion aktiviert

Die Investition beläuft sich auf schlanke 27 Euro für die GN-Behälter, rechnen wir noch 3 Euro für Nippel und Schlauch.

Nun wird es Ernst: Die Pökellake wird angesetzt, aufgekocht und auskühlen lassen, das Fleisch - 2 kg falsches Filet - wandert in den Behälter, die Lake obenauf - das Fleisch ist bedeckt, Deckel drauf - zack fertich.
Schlauch anschließen und Vakumierer in Gang setzen. Marinierfunktion anwählen, d.h. das Vakuum wird zyklisch aufgebaut, für einige Zeit gehalten und wieder belüftet. Beim ersten Vakuum ziehen steigen noch lustige Bläschen auf. Bei den folgenden Durchgängen sieht man das Fleischstück leicht "atmen", es dehnt sich beim Vakumieren etwas aus und fällt beim Belüften wieder zusammen.
Da ich bei der ersten Funktionsprobe noch gewisse Bedenken habe, was das Vakuum mit meinem Behälter anstellt, habe ich die gesamte Konstruktion in einem größeren GN-Behälter stehen, um Kolateralschäden einer implodierenden Kammer einzugrenzen :pfeif:. Der Behälter zieht sich an den Seiten merklich ein, auch Boden und Deckel verformen sich leicht.
Aber: Nix passiert, auch wenn die beste Ehefrau von allen meine Konstruktion immer noch misstrauisch beäugt. Von ihrer Seite brauche ich wohl keine unautorisierte Benutzung zu befürchten...

marinieren life.jpg

Marinieren life. Für beste Ergebnisse sollte das Fleisch komplett bedeckt sein.

Das Gerät meint, nach einer halben Stunde wäre gut, aber das glaube ich nicht. Ich wiederhole die Prozedur über den nächsten Tag noch gefühlte 10 mal.
Nach ca. 24 Stunden kommt das Fleisch mit einem Teil der Lake und frischem Wasser in den Kochtopf und wird für knappe zwei Stunden pochiert, also etwas unterhalb des Siedepunktes gar ziehen lassen.
Was soll ich sagen - das Ergebnis hat meine Erwartungen übertroffen. Das Fleisch war superzart, die Pökellake war rundum etwa 3 cm ins Fleisch eingezogen, erkennbar an der Umrötung , ein Kern mit etwa 5 cm Durchmesser war noch nicht durchgezogen. Das hätte wohl noch einen weiteren Tag Vakuumbehandlung benötigt. Immerhin, schon ein erstaunliches Ergebnis nach nur einem Tag pökeln. Die Gewürze der Lake waren herrlich zu schmecken. So eine Spezialität bekommt man sonst nur in Sachsenhausen. Das gibts jetzt wohl öfter!

An diesem Wochenende hatten wir einen schönen Lammrücken vom Türken, der mit Rosmarin, Knoblauch und Olivenöl mariniert wurde. Auch das hat hervorragend geklappt (siehe Fotos). Auch wenn das Öl die Rückenscheiben nicht komplett bedeckt hat. Die Fleischscheiben wurden mehrmals umgeschichtet.

Etwas gilt es zu beachten: Der Deckel muss beim Zusammenbau so aufgesetzt werden, dass die Lippe der Deckeldichtung nach oben klappt:

dichtung gut.jpg

Dichtung oben - ok

Klappt die Dichtung an einer Stelle nach unten, wird mit steigendem Unterdruck an dieser Stelle Luft nachgesaugt und es funzt nicht:

dichtung eingezogen.jpg

Dichtung umgeklappt - schlecht.

Dank des Polycarbonatbehälters kann man das sehr gut kontrollieren, und ggf. hilft ein wenig Speiseöl, auf die Dichtung gestrichen, das alles flutscht :thumb2:

Was noch super funktioniert: Turbo-Marinieren von Rosinen und Trockenfrüchten fürs Backen. Da reicht eine halbe Stunde tatsächlich, um aus Rosinen und Jamaika-Rum nicht mehr jugendfreie Alko-Pops herzustellen. Die Rosinen sehen aus wie Zecken kurz vorm loslassen...:lol:

Im Moment gehe ich noch mit dem Gedanken schwanger, ob das System auf GN1/2 und 150 oder 200 mm Behälter erweiterbar wäre. Das sind dann bis zu 12 l. Aber ich weiß nicht, ob der größere Behälter den Unterdruck aushält. Wobei es keinen großen Unterschied machen dürfte, ob das aus Unterteil Plastik oder Edelstahl ist.
Da jedoch durch die Corona-Krise größere Gartenpartys in nächster Zeit eh ausgeschlossen sind, reicht das vorhanden Besteck für den erweiterten Familienkreis erstmal aus.

Die nächsten Projekte mit dem VAC-U-MATOR:

  • Mutzbraten aus der Schweineschulter, lecker mariniert mit Bier und Majoran
  • Russischer Schaschlik mit einer Tomaten-Essigmarinade. Den Effekt des Mineralwassers übernimmt das Vacuum
  • Geflügelspieße mit einer Marinade auf Honig-Senf- oder auf Limonenbasis

Gerade bei solchen kleinvolumigen Fleischstücken wie Schaschlik oder Geflügelspieße kann ich mir eine positive Wirkung des Vacuummarinierens sehr gut vorstellen. Dann reicht wirklich eine knappe Stunde Vorbereitung.
Egal was als erstes kommt, ich werde berichten...:messer:

Also, frisch ans Werk und allen viel Spass beim Nachbau!!

Euer RHausU
 
Tolle Idee. Nur, wo krieg ich jetzt die Nippel her?
 
Servus Par-B-Q,
Ja, wenn du nach Nippeln googelst, entsprechen die Suchergebnisse nicht immer den Vorstellungen - das hab ich probiert.o_O
Oben im Text hatte ich die Komponenten extra verlinkt, aber hier nochmal ein Link-Tipp: Nippel bei Amazon oder Nippel bei RS
Oder google mal "Mini Barb Fitting", dann findest Du eher verwertbare Treffer
 
Gute Idee, aber wenn man doch beim GN Behälter den Schlauch vom Nippel abzieht, kommt doch die Luft von außen in den Behälter. Oder sehe ich das falsch? :hmmmm:
 
Servus Burgermeister,
Das ist richtig, ich nutze im Moment auch ausschließlich die Marinierfunktion, da kommt es ja darauf an, dass der Vakumierer den Behälter jederzeit be-/entlüften kann.
Ich mag einfache Lösungen. Zur Aufbewahrung im Vakuum würde ich den Silikonschlauch einfach umknicken und sichern oder mit einer Beutelklammer verschließen -->LINK
Ansonsten könnte man solche --> Rückschlagventile verwenden.
 
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