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Würste (Hauswürstel) machen früher

Stella der mare

Fleischesser
5+ Jahre im GSV
Möchte euch eine schöne Geschichte erzählen. Es geht dabei und Würste (Hauswürstel) machen früher.

Ich begann mit der Wurst- und Fleischproduktion nachdem mein bester Freund und ich gemeinsam Hauswürste gemacht haben. Das war im Jahr ca. 2000. Er hat das Rezept, die Utensilien und alles was dazu gehört von seinem Vater gelernt und geerbt. Sein Vater war Sudetendeutscher.

Der Wurst-tag ist wie folgt abgelaufen:

Anfangs erwähne ich, dass es ein Wintertag war und wir (draußen) Temperaturen um die 0°C hatten. Zuerst haben wir beim Onkel das frische Fleisch geholt. Es war noch leicht dunkel draußen. Dort wurde gerade zerlegt und wir sind mit Frischfleisch (sehr große Stücke) nach Hause gefahren. Uns wurde Wurstfleisch gegeben. In einem Kellerraum im Elternhaus befand sich ein kleiner Wolf (schon mit Strom) und eine Handfleischspritze (ca. 2 kg. Füllmenge). Der Raum war nicht beheizt und hatte ca. 15 °C (am Ende wegen der Körperwäre sicher mehr) Wir begannen das Fleisch zu zerlegen und grob von Sehnen usw. zu befreien. Schönere Stücke würde für das Sonntags Schnitzel aufbehalten. Zu Beginn wurde ein Schnaps getrunken - wegen der Desinfektion wurde mir gesagt. Wir haben das Fleisch in wolfgerechte Stücke geschnitten und dann gewolft. Gewürzt wurde mit Salz (normales Salz) viel Paprika, frischen Knoblauch und Pfeffer. Gemischt wurde in einer großen Wanne aus Kunststoff - Selbe Wanne wurde auch verbendet um meinen Freund (im zarten Babyalter) zu baden. Das Mischen/vermengen dauerte min. 30 Min.

Dann wurde die Wurstspritze gefüllt und der Darm aufgezogen. Wir verwendete Schweinedarm den wir im warmen Wasser einlegten. Zum Teil frischen und zum Teil eingefrorenen vom letzten Mal (aus Spargründen). Der alte Darm ist natürlich immer aufgeplatzt. Jetzt war es ca. 12 Uhr. Die ersten Würste bekam die Mutter für das Mittagessen. Es gab Dampfnudeln, Sauerkraut, Hauswürste und Bier. Dafür wurde der Prozess unterbrochen. Um ca. 14 Uhr machten wird mit dem Füllen weiter.

Um Ca. 17 Uhr waren wir fertig. Dann wurde die Seche aufgebaut. Sie bestand aus 5 Teilen. Vier Teile waren 1m x 2m (die Wände) und das Dach war 1,2m x 1,2m. Die Seitenteile wurde irgendwie mit Nägel zusammengehalten. Das Dach wurde draufgelegt und auch mit Nägel befestigt. Die Frontwand war zum aushängen gedacht. Die Hinterwand hatte oben eine Ausnehmung für den Rauchabzug. An den Seiten wurde die Selche mit Stricken zum Boden gespannt. Die Würste kamen auf Holzstöcke und wurde in die Selche gehängt. Befeuert wurde am Boden mit Sägespäne (ich weiß nicht welche). Das war die Arbeit der Mutter - jeden Abend - ca. 1 Woche lang. Die Sägespäne lagen auf einem alten Backblech.

Danach wurden die Würste - auf den selben Stöcken - in der alten Garage aufgehängt. Dort blieben sie. Abgenommen wurden Sie nur nach dem Kriterium der Bissfestigkeit. Ca. 2-3 Wochen.

Was soll ich sagen. Die Würste waren gut, haben bis Herbst gehalten und keine war irgendwie verdorben. Warum erzähle ich euch die Geschichte: Jetzt weiß ich, dass ich manches anders mache einige Punkte wären:

  • Alter vom Fleisch

  • Einige Tage vorher das Fleisch beizen

  • Verwendung von NPS und nur getrocknete Gewürze

  • Temperaturführung vom Fleisch

  • Würzen vor dem Wolfen dann ist das Kneten nachher nicht mehr (oder nur ganz wenig) notwendig.
Nun würde ich mir euch (Fachleuten) eine kleine Diskussion starten.

  • Wie seht ihr den damaligen Prozess?

  • Hättet Ihr da Bedenken gehabt?

  • Wie macht ihr euer Würste heute?
 
Sehr schöne Geschichte !!
Ich steh auf sowas!!
Die haben nix falsch gemacht !!
Glücklich ist der, der da mitmachen und das erleben durfte !!!
Lg
 
Sehr schöne Geschichte !!
Ich steh auf sowas!!
Die haben nix falsch gemacht !!
Glücklich ist der, der da mitmachen und das erleben durfte !!!
Lg

Ich habe damals mitgemacht und berichtete von den damaligen Geschehnissen und bin immer noch glücklich darüber.

Wir haben das 3 mal gemacht (jeden Winter) und ich begann dann alleine ca. 2009 mit dem Wurst machen. Dann kam der Osterschinken (Fricandeau) dazu. Dann probierte ich mich an Schopf, Nuss, Fischerl als Kochfleisch. Dann wurde die Selche erreichtet und vieles wurde geräuchert. (Zuerst gleich wie bei meinen Freund - aber als der Sturm das ganze einmal umgeblasen hat baute ich ein fixe Selche)

Dann machte ich aus einem Fricandeau einen Parmaschinken.
Seit ich einen Kutter habe gibt es Leberkäse und Brühwürste und da die erste Salami im improvisierten "Kübel-Reife-System" gelungen ist, mache ich Dauerwürste im Reifeschrank.
 
Wir haben zweimal im Winter geschlachtet, einmal Anfang Dezember und dann noch einmal im neuen Jahr (das ging irgendwie nach dem Mond)
Unseren Großeltern war wichtig, dass wir Enkel das von relativ jungen Jahren an miterleben - allerdings aus recht praktischen Gründen, man
brauchte unsere Bluthydraulik für den händischen Fleischwolf und zum Wurstbrät kneten. :D

Es lief eigentlich alles ganz praktisch ab, zur Betäubung kam statt des Schußapparates ein Kleinkalibergewehr zum Einsatz, das Blut wurde in der Salatschüssel
aufgefangen, als Verarbeitungstisch dienten ein paar auf Böcke gelegte Holzbretter, das Wurstfleisch kam in die Waschschaffeln usw. ... ich glaub das einzige
Equipment, das wirklich nur zum Schlachten diente, waren die Glocke zum Enthaaren und so eine kleine Wurstspritze aus Blech.

Für die Hauswürstel wurde zuerst am Tag davor Knoblauchwasser angesetzt. Da hat man einfach ein paar Knollen Knoblauch in Wasser gepresst, und das warm
stehen lassen. Am nächsten Tag in der Früh wurde der Knoblauch abgeseiht und das Wasser kalt gestellt. Damit und mit dem schlachtwarmen Fleisch wurde dann
ein Brät hergestellt, von so einem Viertel der gesamten Menge Wurstfleisch. Das wurde fein durchgetrieben, mit dem Knoblauchwasser vermengt und geknetet bis
es eine so eine leimige Bindung bekam. Dann wurden zwei Viertel der Menge durch eine ganz grobe Scheibe faschiert, und mit dem Brät vermengt, und dazu kam
noch ein Viertel der ganzen Masse fein geschnitte Würfel vom Rückenspeck. Die schneiden war eine ziemliche Strafarbeit, aber wer sich beschwert hat durfte raus
in den Hof, der Oma helfen Därme putzen :D. Dann durften wir wieder kneten, und derweil hat der Opa gewürzt, wobei nur das Salz abgewogen wurde, und das
auch nur nach der Methode ein Schaffel voll Wurstbrät ist so und so viel Salz. Verwendet wurde eine Mischung aus Kochsalz und Pökelsalz 4:1. An Gewürzen
kam noch Pfeffer, Kümmel und Koriander gemahlen dazu, nach der Regel "so viel wie's halt braucht". Dann wurde das in die geputzen Därme gefüllt, und entweder
zu Kränzen gebunden oder abgedreht, zwei Tage hängen gelassen, und dann geräuchert. Diese Hauswürstel konnte man dann frisch kochen (das war und
ist unser traditionelles Weihnachtsessen), den Rest hat man zum Trocknen im Keller aufgehängt, da wurde gar nichts gemacht, der alte Keller hatte von sich aus
ein Klima im dem die Reifung hinhaute. Und zusammen mit dem Speck war das dann unsere Jause, und die gab's beim Opa fast jeden Nachmittag.

Weil zuerst wurde der Speck eingesalzen, und zwar Seite und Schlegel, also einmal der ausgelöste Schinkenteller ohne Knochen, und einmal Bauch und Rücken im Ganzen. Die Methode war etwas, das ich später in einem Buch einmal unter dem Begriff "Tischpökeln" gefunden habe, auch wenn der Begriff bei uns glaub ich unbekannt war. Wir nannten das einfach "Einpatzen". Dafür wurden in einem Kellerraum ein paar Bretter leicht schrägt gestellt, so dass sie quasi einen "Tisch" bildeten. Da wurde erst einmal großzügig Salz drüber gestreut, die vier Fleischstücke Schwarte nach unten draufgelegt, das Fleisch mit Knoblauch und Pfeffer eingerieben (der Knoblauch wurde auch durch den Wolf gekurbelt, so das eine Paste entstand) und dann frei Hand drüber gesalzen. Zusätzlich ein paar wenige Wacholderbeeren und grob zerpflückte Lorbeerblätter Durch den Aufbau ist das Wasser, das Salz dem Fleisch entzogen hat, immer abgelaufen. Weil es dabei aber halt auch Salz mitgenommen hat,
ist alle paar Tage wieder frei Hand drübergesalzen worden. Die Stücke blieben so einen Monat liegen, wurden dann aufgefädelt, ein paar Tage getrocknet und ganz langsam geselcht.

So, was mache ich heute anders? So ziemlich alles, angefangen dabei dass ich Fleisch und Därme im Schlachthof kaufe, einen ordentlichen Wolf und Wurstfüller verwende, die Massen für Koch- und Trockenwürstel trenne und nur noch für erstere ein Brät mache, sie unterschiedlich würze, mir eine Rezeptur für die Würzungen erarbeitet habe, die ich grammgenau auswiege.
Den Speck mache ich fast nur noch aus Unterschale und Bauch, pökle ihn im Vakuum, verwende Fertigmischungen (Pökelfix als Basis), und inzwischen bin ich schon so weit manchmal fertige Knoblauchpaste statt frisch gepresstem zu nehmen.

Das ist zwar wahnsinnig unromantisch - funktioniert aber reproduzierbar gut. Und wenn ich mich an die Spatzen in den Armen nach dem Kurbeln und Kneten erinnere, so romantisch war's früher eh nicht. :D
 
Schlachten im Winter war bei meinem Opa und bei meinem Dad auf einem kleinen Nebenerwerbsbetrieb eigentlich jährlich Programm (mind. ein Schwein pro Winter, oft mehrere für die Verwandtschaft, Freunde, etc). Gepökelt haben wir die Bratwürste nie - hier wurde rohes Brät verwendet und nur mit Salz, Pfeffer, Muskat, Zitrone und Wein gewürzt (siehe auch mein Thread:
Bratwürscht ).
Pflicht war immer Kesselfleischessen - meistens am Morgen gegen 09.30 Uhr- Danach gabs einen Schnaps. Es wurden weisser und roter Pressack, Leberwurst, Bratwurst, und Frankfurter (Streichwurst) hergestellt, der Rest des Fleisches wurde portioniert in Ribs, Koteletts, Braten, etc.

Schade, dass diese Tradition immer weniger wird - wir haben aber in meinem Elternhaus noch zwei funktionsfähige Schlachtkessel und die restlichen Wurstrezepte werde ich dem Hausmetzger noch aus den Rippen leiern - nur für den Fall, dass ich die mal brauche :)
 
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