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Beef Brisket zum Muttertag

oliver_schweiz

Militanter Veganer
Hallo allerseits

Viele trauen sich für einen Festtagsschmaus nicht an Brisket. Oft hört man zu unberechenbare Garzeit, wurde trocken und ähnlich und die Ehrfurcht vor dem Misslingen isr grösser als die Abenteuerlust. Verständlich, denn schliesslich will man sich nicht blamieren und auch will man die Gäste nicht studenlang hungern lassen weil das Brisket sich ordentlich mehr Zeit lässt als einem lieb ist.

Ich habe hier einen 2.5kg Rinderbrust vom Weidelandrind, wird auch gern als „Kernstück“ verkauft. Wichtig ist, dass ein ordentliches Flat und Point zusammen sind und das Stück auch schön durchzogen ist und eine tolle Fettschicht dazwischen aufweist. Das „Flat“ ist der breite, untenliegende Teil, das „Point“ das obenliegende, ferthaltigere Teil. Hier bringt es absolut nichts, Magerfleisch zu kaufen, denn je magerer das Fleisch, desto schneller trocknet es auch aus.

Als erstes habe ich sämtliche überständige Fettablagerubgen um das Fleisch herum abgetrennt. Dss kann gut mal sein, dass da ein paar hundert Gramm zusammenkommen. Denn anders als Schweinefett, zerläuft Rinderfett nicht. Folglich muss es weg.

Rinderbrust frisch ausgepackt.
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Rinderbrust von Fett getrennt
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Anschliessend verfahre ich typisch amerikanisch und spritze das Fleisch mit einer Marinierspritze und reinem Apfelsaft auf. Und das nicht zu knapp.
Achtung, das Aufspritzen sollte immer zwischen den Fasern erfolgen, nicht quer dazu.

Nach dem Aufspritzen geht für 8-12h in den Kühlschrank, mit Vorteil im Vakuumbeutel oder aber eng mit Frischhaltefolie eingepackt. Die Säure des Apfelsafts zersetzt während dieser Zeit die zähen Fleischfasern etwas und hilft ungemein das Fleisch zart zu machen. Zudem schützt er ebenfalls vor dem Austrocknen während des Smokens.

Ca 4h bevor gesmoked wird, nehme ich die Rinderbrust aus dem Kühlschrank und lasse sie erst einmal ein bis zwei Stunden auf Raumtemperatur kommen.

Anschliessend bestreiche ich das Brisket komplett, aber gaaaaanz hauchdünn mit Senf der ebenfalls Zimmertemperatur hat. Nur quasi als Leimschicht, damit der Rub besser hält.

Für den Trockenrub bin ich beim Brisket immer sehr experimentierfreudig. Ich greife auch gerne auf Magic Dust oder Glitter zurück den es von verschiedenen Herstellern gibt. Ansonsten kommen bei mir immer Pfeffer, Salz. Paprika, Cumin, Zwiebelpulver und Knoblauchpulver als Basis dazu. Egal ob selbstgemacht oder Fertigmischung; hier das Fleisch nicht overrubben. Wir wollen es ja nicht panieren und das Rindfleisch soll auch seinen Eigengeschmack behalten.

Das Fleisch ausgiebig rubben, runderhum und auch unter dem Point.

Fertig gerubbtes Brisket, ab auf den Smoker... Mit der Fettseite - also dem Point oben!
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Hier kommen wir nicht drumrum, die Kerntemperatur zu messen. Ich stecke meistens sogar zwei - einmal in Point und einmal ind das Flat Stück. Vorallem letzteres ist aber ausschlaggebend wann das Stück gar ist. Ich fahre immer eine Kerntemperatur zwischen 92°C und 95°C. Und das kann dauern. Rekord ist bis anhin 12 Stunden, es kann aber auch locker 20 Stunden und länger dauern. Ihr solltet also früh genug anfangen! Was tun wenn es viel zu früh fertig ist, dazu mehr zum Schluss...

Die erste Stunde achte ich immer darauf dass es nur heissgeräuchert wird bei um die 90°C. Das sorgt für einen wunderschönen Rauchring unter der Kruste.
Erst danach fahre ich den Smoker auf ca 110°C oder etwas unterhalb. Hier gilt die Devise lieber ein paar Grad kühler dafür länger als zu heiss!

Die ersten zwei bis drei Stunden lasse ich das Stück ohne den Deckel zu öffnen brutzeln - passiert sowieso noch nicht viel rein optisch. Danach öffne ich zum ersten Mal kurz den Deckel und moppe es auch gleich das erste mal rundherum. Beim Moppen min ich Purist: Man kann hier halbe Kunstwerke zusammenbrutzeln als Mop - darauf verzichte ich, sondern nehme ganz einfach jeweils wieder Apfelsaft. Wer mag, kann da auch gern 50:50 Whsiky oder 20:80 Rum dazugeben.

Jetzt heisst es die nächste gefühlte Ewigkeit alle ca 1.5h das Fleisch gründlich mobben. Und zwar rundherum.

Das Moppen hat eigentlich vorallem den Zweck, das Fleisch abermals vor dem Austrocknen zu schützen. Die Oberflächenverdunstung brauch viel Wärmeenergie und senkt daher die direkt auf das Fleisch wirkende Hitze, zieht drn Garlunkt zeitlich in die Länge und hilft dem Zartmachen.

Mein Brisket nach 9h - nicht erschrecken, dunkel muss es werden!

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Bei ca 60-65°C könnt ihr mit einer sogenannten Plateauphase rechnen. Vorher ist dir Kerntemperatur in aller Regel recht schnell gestiegen, jetzt geht fast garnichts mehr... Während dieser Zeit beginnen sich die Fleischfasern zu lösen und abzusetzen und werden zart. Zu den Plateauphasen gibt es halbe literarische Abhandlungen. Ich verzichte hier bewusst auf ein langes Blabla. Aber wichtig zu wissen - je durchzogener das Fleisch ist, umso länger dauert diese Phase. Die Kerntemperatur bleibt während dieser Zeit oft mehrere Stunden(!) beinahe unverändert oder senkt sich zwischenzeitlich sogar. Nicht erschrecken, einfach weitermachen, egal wie lange es dauert!

Wichtig; ausser zum Moppen den Deckel zum Smoker nicht öffnen. Jedes Öffnen verlängert eure Garzeit zwischen 15-30 Minuten.

So und jetzt - ihr habt vermutlich schin bald keine Lust mehr zwischen Stube und Smoker hin- und her zu eilen - erreicht das Brisket die sehnlichst erwarteten 92-95°C. Aber ihr seid noch nicht fertig. Das Fleisch wird jetzt vom Smoker genommen und dicht in Alifolie gewickelt.

Vielleicht seid ihr jetzt Stunden zu früh fertig..? Es ist grad mal morgenfrüh und keiner will essen... Macht nix. Fleisch in Alufolie wickeln und dür eine Stunde in den ca 50°C Backofen oder die Warmhaltebox, wenns in einer Stunde Essen geben soll.
Solange bleibt das gute Stück nämlich jetzt beim Nachgaren. Ich verewende hier eigentlich immer den Backofen oder den gur durchgelüfteten, 50°C warmen, auslaufenden Smoker.

Wenn ihr jetzt Stunden zu früh seid -
macht nix. Ihr könnte das gut eingepackte Brisket ohne weiteres 4-10h so im Backofen lassen. Eine Schale Wasser dazu und gut ist. Bei mehreren Stunden nehme ich immer zwei oder drei Lagen Folie damit es möglichst im eigenen Saft bleibt.

An Stelle von Folie ist auch Butcherpapier geeignet, welches ich im Übrigens der Aliufolie ausser bei Baked Potatoes IMMER vorziehe.

Beim Aufschneiden des Fleisches unbedingt im 90° Winkel zur Fleischfaser anschneiden! Sonst ruiniert ihr den gesamten Aufwand mit einem Schnitt.
Eurem Besuch serviert ihr bitte immer ein Stück aus Point und Flat. Meistens ist das Flat tendenziell etwas trocken und das Point nicht allzu gross, je nach Schnitt des Fleisches vom Metzger. Ind jeder soll von der Köstlichkeit - dem Point - kosten können ;-)

Voila, so kann „Suppenfleisch“ auch sein. Eure Gäste werden es lieben!
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Hier die perfekte Fettschicht zwischen Point (oben) und Flat (unten).
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Ich wünsche euch einen guten Appetit!

Liebe Grüsse
Oliver
 
Sieht sehr gut aus, Klasse gemacht.

Gruß,

Hellboy76
 
Wow, sehr schön und informativ. Bin immer weider erstaunt, wo ihr solche Fleischschnitte her habt. Ich habe hier in der CH noch nie so etwas ergattern können....
 
Wow, sehr schön und informativ. Bin immer weider erstaunt, wo ihr solche Fleischschnitte her habt. Ich habe hier in der CH noch nie so etwas ergattern können....

Solche Stücke gibts hier in der CH in den Cash&Carrys. Die haben oftmals ein Kontingent an Einkaufskarten für Private. Einfach mal nachfragen. Da gibts grosse Stücke für Gastronetriebe. Ein Smoker-Himmel ;)
 
Schön dass mein Bericht so vielen gefällt. Leider habe ich einige Vertipper drin. Ich hab‘ ihn vom Handy aus geschrieben. Da gibts bei mit immer paar Vertippser.

Vielleicht noch eine weitere Kleinigkeit:
Bevor das Fleisch grubbt wird, sich den Faserverlauf merken und sich kurz überlegen wie ihr es nach dem smoken schneiden wollt. Wenn es eine schöne Kruste gegeben hat, ist der Faserverlauf nämlich oftmals nicht mehr wirklich gut erkennbar.

Ich teile es zum servieren immer mittig entzwei und gebe jedem
Gast ein reines Stück Flat und eines inklusive Point.

Wenn schlussendlich mehr Fleisch als Hunger da war, kann man es ohne Probleme die nächsten paar Tage kalt essen oder in der Mikrowelle wieder anwärmen. Macht sich sehr gut als Aufschnitt, Sandwichfleisch oder ähnlich.
 
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