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Grundsätze beim Pizzabacken

racetec1

Vegetarier
5+ Jahre im GSV
Ich habe mich anfangs immer schwer getan, gewisse „Gesetzmäßigkeiten“ bei der Herstellung eines funktionierenden Pizzateigs im Netz zu finden.
Die PizzaApp ist natürlich klasse, aber die Wechselwirkungen von Zutaten und Handlungsweisen verstehen ist noch was anderes.
Also habe ich mal angefangen kurze und prägnante Regeln zu sammeln und ich hoffe, dass hier noch einige dazu kommen oder verbessert werden.
Ich fang dann mal an:
Salz und Hefe nie zusammen im Wasser ohne Mehl einarbeiten?
Salz immer zum Schluss zugeben?
Salz ca. 3-4%?
Mindesthydration 55%, abhängig von W-Gehalt?
Je höher der W-Wert des Mehles desto länger die Gare?
Je höher der W-Wert des Mehles desto mehr Hydration verträgt der Teig?
Je höher die Hydration desto weniger Hefe?
Je kürzer die Gare desto mehr Hefe?
Je höher die Hydration desto kürzer die Stückgare?
Frischhefeanteil 0,1% des Mehles?
Trockenhefeanteil 1/3 des Frischhefeanteils (0,033%)?
Teig ist fertig geknetet, wenn der „Fenstertest“ mit 2 Fingern durchgeführt werden kann?

Hoffe auf rege Beteiligung und Antworten.
Gruß
 
:bierchips:

Ich kann leider nur eine der Fragen wirklich mit "Ja" beantworten, deshalb bin ich gespannt was da jetzt an Antworten kommt...
 
auf was bezogen? Gesamtmenge oder auf den Mehlanteil?
Auf die Gesamtmenge bezogen sind deine 3-4% definitiv zu viel und bezogen auf den Mehlanteil landest du bei 60% Hydration und einem Teigling von mittleren 225g sowie deinen 3,5% Salz bei knapp 5g Salz allein im Teig. Das entspricht in etwa der empfohlenen Tagesdosis Salz für einen Erwachsenen und da sind der Käse, die eventuell verwendete Salami, der Schinken oder auch die Soße in der Salz sein könnte nicht eingerechnet.
 
Salz und Hefe nie zusammen im Wasser ohne Mehl einarbeiten?

Quatsch mit Soße: Es ist eine alte Mär, dass das Salz die Hefe kaputt macht. Sehr gut erklärt findest du es hier. Was ich dazu sagen muss ist, dass ich mehrere Versuche mit "Salz gestresster Hefe" hinter mir habe und es war kein nennenswerter Effekt auszumachen. Vermutlich auch deswegen, weil man im Pizzateig ja recht wenig Hefe verwendet. Es hatte weder einen positiven, noch einen negativen Effekt.

Salz immer zum Schluss zugeben?

Es macht einen Unterschied, denn das Salz verändert natürlich den Teig. Je eher du es zugibst, umso mehr macht sich das bemerkbar, insbesondere dann, wenn der Teig lang geknetet und damit viel Sauerstoff eingearbeitet wird. Aber es gibt daher für mich auch keine Regel, wann es rein muss. Ich habe für mich mehrere Herangehensweisen ausgemacht und abhängig davon gebe ich das Salz zu.


Viel zu viel - es wird zwar immer 3% empfohlen, aber ich rate davon ab. Die empfohlene Tagesmenge an Salz liegt bei 5g für Erwachsene. Wenn ich 30g Salz in 1 Kilo Mehl gebe, dann habe ich bei 7 Teiglingen (ca. 230g) dann schon über 4g in einer einzigen Pizza. Ohne Belag! 2,5% finde ich einen guten Kompromiss, wobei das immer noch viel ist.

Mindesthydration 55%, abhängig von W-Gehalt?

Da gibt es keine Gesetzmäßigkeiten. Hängt vom Pizzastil und dem verwendeten Mehl ab.

Je höher der W-Wert des Mehles desto länger die Gare?

Ein hoher W-Wert lässt auf einen hohen Proteingehalt schließen, was grundsätzlich eine längere Gare möglich macht. Das heißt nicht, dass man zwingend eine lange Gare machen muss, aber schaden tut es sicher nicht. Vor allem wird ja auch das Gluten ein Stück weit abgebaut und der Teig dann auch bekömmlicher. Insofern liegt einem so eine Proteinbombe mit kurzer Gare wohl schwer im Magen.

Je höher der W-Wert des Mehles desto mehr Hydration verträgt der Teig?

Würde ich nicht pauschal unterschreiben. Es gibt einen Zusammenhang, aber ich habe auch feststellen müssen dass Ausnahmen die Regel bestätigen.

Je höher die Hydration desto weniger Hefe?

Je höher die Hydration, desto schneller läuft die Fermentation ab. Aber das muss man auch immer im Kontext mit der Temperatur sehen. Ich dosiere die Hefe ohnehin immer sehr sparsam, bei hoher Hydration bin ich da tendentiell noch vorsichtiger unterwegs.

Je kürzer die Gare desto mehr Hefe?

Ja

Je höher die Hydration desto kürzer die Stückgare?

Hmm - ich stelle mittlerweile Teige mit hoher Hydration lieber etwas kühler, damit die Teiglinge länger Zeit zum Entspannen haben. Aber tendentiell läuft man Gefahr, dass bei hoher Hydration einem der Teig breit läuft, speziell in sehr warmer Umgebung. Da kann eine kürzere Stückgare von Vorteil sein.

Frischhefeanteil 0,1% des Mehles?

Sagen wir mal so: Als wir damals das Rezept hier für das Forum geschrieben haben, wollten wir etwas an die Hand geben, was ohne viel rechnen über 24h und einen großen Temperaturbereich recht gut funktioniert. Das tut es auch. Aber wer sich intensiver mit der Materie auseinander setzt wird früher oder später an der Schraube drehen.

Trockenhefeanteil 1/3 des Frischhefeanteils (0,033%)?

Nein: Das ist zwar die Faustformel, aber gerade bei so geringen Mengen kann das schief gehen. Hängt aber auch ein Stück weit von der jeweiligen Marke ab. Oft wird auch mit 1:2 oder 1:1,5 gearbeitet.

Teig ist fertig geknetet, wenn der „Fenstertest“ mit 2 Fingern durchgeführt werden kann?

Darüber kann man trefflich streiten. Man kann einen Teig eben ganz ohne viel Knetarbeit herstellen und muss sich darüber keine Gedanken machen. Letztlich ist es auch gar nicht so entscheidend, ob der Teig vor der Gare passt. Er soll ja dann zum Backen perfekt sein. Ich mache schon lange keinen Fenstertest mehr, weil das gesamte Zusammenspiel von Mehl/mix, Triebmittel, Hydration, Gare passen muss. Dann stellt sich eine gute Verarbeitung eingentlich von selber ein.

Es gibt natürlich herangehensweisen, bei denen maschinelles Kneten sinnvoll ist, oder zumindest eine sehr große Erleichterung. Beispielsweise arbeite ich ab und an mit einer längeren Autolyse, bei der dann später noch weiteres Wasser, Hefe, Öl und Salz eingearbeit wird. Da macht eine Knetmaschine sehr viel Sinn. Es spricht nix dagegen, einen Fenstertest zu machen. Das zeigt einem dann, dass der Teig auch wirklich soweit "fertig" ist und weiteres Kneten dann eher mehr kaputt macht.

Ich weiß, dass gerade das immer als Kriterium für einen guten Teig herangezogen wird, aber ich würde mir keinen so großen Kopf drum machen.
 
Ich freue mich, dass hier soviel verschiedene Aspekte zusammen kommen.
Bei manchen Angaben gibt es auch verschiedene Ansichten, auch abhängig von der Art der Zubereitung und Dauer der Prozedur, aber auch vom verwendeten Mehl.
Wäre super, wenn ihr jeweils dazu angebt, auf welches Mehl und welcher Vorgehensweise ihr euch bezieht.
Ich versuche dann mal einige Grundsätze und Schlüsse daraus zu ziehen.
Weiter so👏👏👏👍👍🍾
 
Sinn und Zweck dieses Threats soll sein, grundsätzliche Handlungsweisen bei der Herstellung eines Pizzateiges und seinen verschiedenen Arten (z.B. Biga, Poolish pp.) aufzulisten.
Aber auch Fehler und deren Ursachen zu listen, z. B. Gründe warum der Pizzaboden nicht durchgebacken wurde oder warum der Rand nicht fluffig aufgegangen ist pp.
Ich hoffe dadurch eine Art Übersicht zu gestalten, die ich dann hier einstellen will.
Klar ist auch, dass jeder verschiedene Vorlieben hat oder Variationen in der Herstellung und beim Mehl bevorzugt.
Daher sollen auch nur grundlegende „Gesetzmäßigkeiten“ besprochen werden.
Niemand muss sich daran halten, hilft aber vielleicht dem ein oder anderen Fehler zu analysieren und zu vermeiden.
 
….und was ist der Fenstertest?
Um zu Prüfen, ob der Teig genug Elastizität und Festigkeit hat nimmt man etwas vom gekneteten Teig und zieht ihn mit 2 Fingern auseinander.
Wichtig ist, dass der Teig am Ende glatt, geschmeidig, homogen und elastisch ist. Der Teig wird mit nassen Fingern ein tischtennisballgroßes Teigstück aus der Schüssel entnommen und vorsichtig zwischen den Fingern beider Hände rüttelnd-jonglierend auseinandergezogen. Zeigt sich eine hauchdünne, glatte Membran, die einer matten Fensterscheibe gleicht, dann ist der Teig fertig geknetet. Sind noch dickere Schlieren zu sehen oder reißt der Teig sehr schnell, dann muss weitergeknetet werden.
 
Bei einer Gare von 24-36 Stunden kann ich mir nur schwer vorstellen, dass es einen Unterschied macht, ob das Salz bei der Teigherstellung 15 Minuten früher oder später zum Teig kommt

Ich wollte jetzt einfach drauf losschreiben, stelle aber gerade wieder mal fest, dass es gar nicht so einfach ist. Vor allem finde ich in den Tiefen des Forums jetzt einen Beitrag nicht den ich dazu gerne bemüht hätte. Auf alle Fälle hat es am wenigsten Einfluss auf die Gare, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Eine frühe Zugabe bleicht den Teig stärker und ergibt auch einen sehr geschmeidigen Teig. Eine spätere Zugabe ist inbesondere für höher hydrierte Teige sinnvoll, da -wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe- die Bestandteile im Mehl besser quellen und sich dadurch das Glutengerüst besser bildet und so mehr Wasser aufgenommen wird.
 
Bei einer Gare von 24-36 Stunden kann ich mir nur schwer vorstellen, dass es einen Unterschied macht, ob das Salz bei der Teigherstellung 15 Minuten früher oder später zum Teig kommt
Ich weiß auch nicht, ob die 15 Minuten einen signifikanten Einfluß haben oder nicht, aber ich mache nahezu immer eine Autolyse von 2-4 Stunden und da macht es einen deutlichen Unterschied ob ich das Salz ganz am Anfang (zum Vorteig), zum Autolyseteig, oder eben erst am Ende (vor bzw. während der S&F) zugebe.

Allgemein kann man zwar sagen, daß Salz die Glutenstruktur festigt, die Gare verlangsamt und die Proteolyse verzögert. Aber das ist eben nicht in Stein gemeißelt...

aber die Wechselwirkungen von Zutaten und Handlungsweisen verstehen ist noch was anderes.
Das ist der springende Punkt. Ich verstehe deine Intention bzw. deine Vorgangsweise nicht ganz. Was erwartest du dir von diesem Thread?

Ein Teig ist etwas höchst Lebendiges und eine Gare ein ziemlich komplexer Ablauf. Zumindest aus biochemischer bzw. mikrobiologischer Sicht. Wie du vielleicht aus einigen der Antworten hier gesehen hast, gibt es schlichtweg keine simplen Grundsätze, sondern nur gewisse Zusammenhänge bzw. Abhängigkeiten. Es gibt viele Wege die zu einem guten Pizzateig führen und mindestens ebenso viele die dir einen Bauchfleck bescheren.

Um nur ein weiteres Beispiel herzunehmen: Ein Fenstertest nach dem Kneten macht - obwohl er häufig empfohlen wird - m.M.n. eigentlich überhaupt keinen Sinn. Was zählt ist das Verhalten des Teiges beim Öffnen des Teiglings und beim Backen. Oder umgelegt auf Brot: Beim Vorformen, Formen und Backen. Da kann der Fenstertest noch so toll gewesen sein, wenn dir während der Gare die Enzyme das Gluten und/oder die MO den Zucker weggefressen haben, wird das Ergebnis nicht zufriedenstellend ausfallen.

Mein Vorschlag: Versuche lieber etwas Wissen zusammenzutragen und ein bißchen Gefühl für die Gare zu entwickeln. Und wenn du dann - in zwei, drei Jahren - etwas klarer siehst*), dann mach so einen Thread auf, oder eben nicht. Dann kannst du eventuell auch besser abschätzen wie viel - oder wenig - Sinn eine Sammlung starrer Grundsätze überhaupt machen kann, oder wie hilfreich so etwas ist.

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*) Ich habe zwar ein klein wenig Wissen und Erfahrung zusammengetragen, aber je mehr ich dazulerne, desto stärker wird mir bewußt, wie komplex die Materie eigentlich ist. Und wie wenig ich eigentlich weiß...
 
Ich versuche ja gerade etwas mehr Wissen zusammenzutragen. Klappt ja auch immer besser. Ich denke, dass es trotzdem gewisse Gesetzmäßigkeiten gibt, die man von vornherein beachten kann.
 
Ich denke, dass es trotzdem gewisse Gesetzmäßigkeiten gibt, die man von vornherein beachten kann.
Natürlich gibt es die, aber sie sind eben nicht so trivial, daß sie sich in einfachen Grundsätzen ausdrücken ließen.

Einige dieser Gesetzmäßigkeiten wurden ja hier schon angerissen: Die Geschwindigkeit bzw. Dauer der Gare ist z.B. abhängig von dem verwendeten Mehl (Glutenzusammensetzung & Enzymaktivität), der Hydration, dem Triebmittel (Menge und Aktivität) sowie der Temperatur. Das sind primäre Abhängigkeiten, daneben gibt es aber noch andere Faktoren, die einen Einfluß auf den Teig und somit auch auf das Ergebnis beim Backen haben.

Solange man aber mit diesen Gesetzmäßigkeiten nicht - aufgrund von ausreichend Erfahrung und Wissen - ein bißchen "jonglieren" kann, halte ich es für besser, man hält sich an erprobte Rezepte (die es ja hier eh zu Hauf gibt)...
 
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