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Messerkauf: Danke und Rückmeldungen (für Anfänger: aber zu lang)

Erste Schnitte: Windmühlenmesser "Hümmelken"

[TL; DR: Gute Messer müssen nicht teuer sein. Und manchmal bekommt man 'ne Riesenportion Geschichte gleich gratis dazu. ]

Drei private Messerkäufe standen schon vor meinen internet-Recherchen im Sommer fest. Zwei davon sind die beiden Schälmesser von Windmühle.
http://www.messer-mit-tradition.de/windmuehlenmesser-details.php?artikel_nummer=1461.225.02
http://www.messer-mit-tradition.de/windmuehlenmesser-details.php?artikel_nummer=1385.250.01

Ich muss gestehen, dass ich etwas verblüfft war, dass es in einem Messerforum voller Spezialisten jemand gibt, der diese doch sehr einfachen, fast langweiligen Messer auch zu schätzen weiß. Das hatte ich nicht erwartet und das war wahrscheinlich der erste Grund, warum ich mich in diesem Forum angemeldet habe.

Wenn mir jemand ein Messer vorführen würde, dass eine Chicoree in der Luft, im Flug, mit einem Schnitt zu einer wunderschönen Seerosendekoration verarbeiten könnte, würde ich trotzdem nicht mit ihm sein Messer tauschen wollen.
Wenn es Messer gibt, die im Ruhrgebiet Kulturgeschichte geschrieben haben (ich bin gebürtiger Dortmunder), dann diese beiden. Sie gehören m. E. in jedes Industriemuseum, zumindest hier in unserer Region. Sie haben in den Zechensiedlungen und den Siedlungen der Stahlbarone buchstäblich Millionen Tonnen von Kartoffeln geschält, Möhren geschrabbt, Gemüse geputzt. Wenn am Ende eines Winters die "Neuen Kartoffeln" noch zu teuer waren und die alten Kartoffeln im Keller schrumpelig-weich waren und praktisch nur noch aus Keimen bestanden, haben sie nie gekniffen und ihren Job gemacht. Meines Wissens hatte sie wirklich jede Familie. Natürlich nicht immer von Herder.
Sie waren erschwinglich und gut. Perfekt für die Haushalte hier.

Für mich sind sie "schön."
Die zweite Dimension meines Begriffs von Schönheit ist - neben "Ordnung" - "Zeit."
Diese beiden Küchenmesser gehören zur Geschichte von mir, meiner Familie und der Region. Wenn ich sie in die Hand nehme, fühle ich mich "verortet." Das einzige, was ihnen ermangelt ist irgendwie ... "Zukunft." Sie bieten keine über das Hier und Jetzt hinausweisende Anregung. Pure Tradition.
Schade eigentlich.
Aber akzeptabel.

Warum von Herder und nicht von Marsvogel, Boeker ...? Weil meine beiden alten auch von Herder waren, weil sie mir jeden zweiten Tag bei Raiffeisen, Kaufpark oder sonstwo an der Kasse begegnen. Und natürlich, weil sie hier im Forum empfohlen wurden. ;)

Über die Verarbeitung und Leistungsfähigkeit der beiden Messer werde ich mich nicht verbreiten. Beides wurde hier im Forum kurz und treffend hinreichend beschrieben.
Mir bleibt nur noch zu sagen, dass ich, als ich sie jetzt nach zwei Jahren das erste Mal wieder in die Hand nahm, "zuhause" war.
Leider werde ich ihrer Leistungsfähigkeit und ihren "Kernkompetenzen" nicht hinreichend gerecht. Für mich sind sie reine Obstmesser. Allenfalls schnitze ich mal, das aber sehr selten, ein wenig Dekoration damit. Aber eines haben sie geschafft: mein Obstverbrauch ist in den letzten Wochen eklatant angestiegen. :D
 
Moijn,

Messer herstellen und richtig benutzen und scharf zu halten ist sicher eine Kunst. Aber so viel Text kann ich nicht lesen.

Das liegt aber an mir. Daumen hoch für so viel Arbeit!!

Grüße

Christian
 
Aber so viel Text kann ich nicht lesen.
@Dilettant: Kennst Du die Abk. TL;DR? Vielleicht kannst Du eine Zusammenfassung an Anfang oder Ende Deiner Artikel stellen. Ich lese sie gerne, aber manchmal habe ich einfach nicht die Zeit, da wuesste ich gerne, ob der Inhalt mich interessiert, ohne ihn komplett zu lesen. Vielen Dank!
 
@ Anteater: Herzlichen Dank!
Gute Idee. Sehr gute Idee.
Und nein, diese Abkürzung kannte ich noch nicht.
Sachen gibt's. :D

Mmmh.
Jetzt ist das Kind natürlich schon im Brunnen.
Kontrolliert doch bitte beim nächsten Artikel über das 1922, ob ich es richtig mache und korrigiert mich ggf.
 
Erste Schnitte: großes Kochmesser Herder 1922

[TL; DR: Das 1922 erschien mir perfekt für mein privates Messerkonzept. Für andere, insbesondere Kochanfänger, halte ich es für nur eingeschränkt empfehlenswert]

So in etwa?

TEXT FOLGT
 
Ja, so etwa. Du kannst ruhig etwas mehr da rein tun, ich denke vier Zeilen ist ein sinnvolles Maximum. Denk an einen Zeitungsartikel, der nach der Ueberschrift einen fett gedruckten Absatz hat, der das Thema des Artikels zusammenfasst. Ich persoenlich lese davon drei oder vier Zeilen, dann will ich wissen, ob ich den Rest lese.
 
Erste Schnitte: großes Kochmesser Herder 1922

[TL;DR: Back to the roots oder - die europäische Küche hat immer recht: es braucht einen Wetzstab, ein Kochmesser, den Wiegeschnitt + "x" und alles wird gut. Also steht das Konzept: Denn was dem Profi recht ist, kann dem Laien nur billig sein. Taugt das 1922 dafür?]

Das 3. und letzte Messer, das für mich schon vor der Information hier beim GSV feststand, war das Herder Kochmesser 1922.
Das erste Mal gesehen habe ich es in einem kleinen Laden für Küchenausstattung in Dortmund. Wer sich da auskennt: direkt hinter der Marienkirche in der Innenstadt. Name weiß ich nicht.
Für jemanden, für den Messer einfach nur Gebrauchsgegenstände sind, wird es völlig unverständlich, albern oder sogar psychisch bedenklich erscheinen, aber das Messer fesselte mich auf den ersten Blick.
Ich bin reingegangen und habe es ausführlich begutachtet ... bis es mir ziemlich unmissverständlich bestimmt von der Verkäuferin aus der Hand genommen wurde: "Ein sehr schönes Messer, wollen sie es kaufen?" So oder so ähnlich hat sie sich geniert.
Natürlich wollte ich es kaufen. Aber leider hatte ich keinen genügend guten Grund. Die alten Messer funktionierten ja noch.

Über das 1922 ist es eigentlich müßig zu schreiben. Gerade in den letzten Wochen wurde im Internet sehr ausführlich darüber gesprochen. Es wurde gemessen, getestet und ausdiskutiert.
Aber es ist jetzt meins.
Das ist entschieden was anderes. :D
Und ich erlaube mir mal einfach, auch meinen Senf dazu zu geben.

Es liegt jetzt direkt neben mir.
Und ich beäuge und betaste es wieder einmal, wie fast jeden Tag.
Das ist mir, glaube ich, das letzte Mal mit einer Gitarre passiert, die ich mir von Herrn Hanika habe basteln lassen. 20 Jahre? Glaube ja.

Aber betrachten wir das 1922 mal nüchtern.
Ich finde es etwas zu schwer und sein Klingenrücken könnte wirklich etwas dünner sein. Zudem weiß ich seit neuestem ;) , dass ich Holzkitt mit Klinge erworben habe. Und mal unter uns: mit 23 cm gehört es m.E. eher weniger in eine private Küche, außer man hat eine sehr ruhige Hand, ein starkes Handgelenk und einen festen Ellbogen. "So lang wie nötig, so kurz wie möglich." Sein Klingenbauch ist etwas flach, damit senkt sich die mögliche Höhe des Schnittguts beim Wiegeschnitt. Schön fände ich, wenn die ganzen Metallkanten geschliffen und poliert wären. Der Griff ...

Aber Kerl, eye?!
Was für ein Messer!
Für mich: "Die Mutter aller Kochmesser."
Der Archetyp.

Das Messer ist "schön". Gerade mit allen seinen zu erwartenden Mucken, seiner Sperrigkeit, seinen Ecken und Kanten.
Doch: es ist anders schön als die Hümmelken. Für mich wirkt es alt-vertraut und hat doch gleichzeitig einen Anflug von Moderne. Es hat (lacht nicht!) irgendwie eine französische Anmutung.
Seine Spitze sitzt mittiger in der Klinge als bei meinen sonstigen "deutschen" Kochmessern. Ich brauche den Ellbogen wohl etwas weniger hoch beim "Rumpitzeln" nehmen als sonst. Außerdem ist sie ziemlich genau in der richtigen Flucht zu Zeigefinger und Daumen im "Pinch-Grip." Wird wahrscheinlich auch helfen.
Die etwas flachere, gestreckte Form wird mich ollen Grobmotoriker nötigen, etwas sauberer zu wiegen. Ich werde was lernen. Klasse!

(Mir ist gerade eine nur bedingt witzige Idee durch den Kopf gegangen. Bitte seht mir die kleine Verrücktheit nach. Ich würde Herder gerne eine Alternativreihe zu diesem Messer andienen: Taucht die Klinge werksseitig in Senf oder Essig, dünnt sie ein wenig aus, schleift und poliert alle Ecken und Kanten, nehmt einen schlichten, dunkelgrau-melierten Griff aus rutschfesten Verbundwerkstoff, haut 70 Euro auf den Verkaufspreis, damit ihr über 200 Euro kommt, und verkauft es unter dem Titel "2122 - Zurück in die Zukunft." Könnte klappen. Das Messer hätte es in meinen Augen verdient.)

Mein altes privates Messerkonzept wollte es etwas besser machen als das ewig Gleiche. Ich habe versucht, das eine "universelle" Kochmesser gleichmäßig auf drei Messer aufzuteilen: ein 15cm-Kochmesser, ein 18cm-Kochmesser, ein 20cm-Santoku. Das kannte ich aus Berufs-Küchen, wo der Koch aber eigentlich immer ein Hauptmesser hatte. Das hatte zwei Vorteile: 1. Bessere Differenzierung je nach Schnittgut. 2. Längere Schleifintervalle.
Das Konzept ging nicht auf, weil ich das kleine Kochmesser weniger genutzt habe, da ich das Wetzen scheute (s.o.), und das Santoku weniger, weil ich damit nicht richtig klar kam.
Dieses Jahr hat es mir gereicht: mache ich es halt so, wie alle anderen. Weniger Trotz, viel mehr bittere Einsicht.
Ein Wetzstab, ein Kochmesser, Wiegeschnitt und ein wenig drumrum. Reicht. Machen in Europa wohl die meisten. Kann nicht verkehrt sein.

Die Frage war dann eigentlich nur noch, ob 18 cm oder 23 cm beim 1922. Ich habe mich für die längere Variante entschieden, weil das Messer flacher baut und ich auf der sicheren Seite sein wollte. Klappt das nicht - im Sinne von fühle ich mich damit privat "unwohl"-, nu, kaufe ich mir das andere und schenke das Lange einem Freund.

Schärfe?
Schnitthaltigkeit?
Kann ich nicht sagen. Ich habe es erst zweimal benutzt. :lach:
 
18 cm mit Kropf ist zum Wiegen zu klein bzw. nur für kleines Schnittgut geeignet oder nicht universell genug. Ein Kochmesser ab 20 cm macht ein kleineres überflüssig, aber ein kleineres macht umgekehrt ein langes nicht überflüssig.
 
18 cm mit Kropf ist zum Wiegen zu klein bzw. nur für kleines Schnittgut geeignet oder nicht universell genug. Ein Kochmesser ab 20 cm macht ein kleineres überflüssig, aber ein kleineres macht umgekehrt ein langes nicht überflüssig.

Berechtigter Einwand, danke.
Aber für mich eher eine Frage der Partitionierung. Zuhause habe ich Zeit und schneide mir alles fürs Wiegen hinreichend klein.
 
Erste Schnitte: Herder Nakiri Carbon Kirsche

[TL;DR: Auf den amerikanischen Boards wird häufig nach der Brauchbarkeit von Nakiris gefragt. Bis vor 5 Wochen hätte ich leichten Herzens geantwortet: "Habe ich nie gebraucht." Nach den ersten Versuchen mit dem Herder Carbon bin ich fast geneigt zurück zu fragen: "Braucht jede und jeder ein universelles Kochmesser? Egal ob Gyuto, Santoku, Kochmesser französischer oder deutscher Form."]

"Homo ludens:" der Mensch ist ein "spielendes Wesen." Schiller hatte recht.
Zumindest bei mir.
Im Sommer bin ich losgegangen, um mir einfach ein paar Messer zu kaufen, die "vernünftig" sind. Ich lese mich drei Monate ein, um diesmal keine Fehler zu machen. Nur, um mir dann selbst bei jeder sich bietenden Gelegenheit Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Das ist so etwas von dämlich!
Und warum? Eitelkeit!
Eitelkeit, nichts weiter. :DS:

Mit dem Nakiri wollte ich mir beweisen, dass ich es noch drauf habe. So ein Männerding, was wenige Frauen nachvollziehen können: "Manchmal muss ein Mann tun, was ein Mann tun muss." Und natürlich ging es da nur vordergründig um Messer: es geht um befürchtete wachsende Engsternigkeit und eine Lernfähigkeit, die sich neuen Gegebenheiten stellen kann.

Die erste praktische Begegnung mit dem Nakiri war denkbar schlecht.
Da das Herder Carbon noch auf der Fensterbank weiter trocknen sollte, habe ich mir kurzentschlossen in der Ratio ein Fiskars Nakiri für die Arbeit geholt. Ich wollte üben. :-)
Als erstes Schnittgut habe ich so ziemlich das einfachste gewählt, was man schneiden kann: eine Zucchini. Meine Hände nehmen mir beim Schneiden normalerweise die Denkarbeit ab, sie finden ihren eigenen, richtigen Rhythmus. Das klappte schon mal nicht.
Dann habe ich ganz bewusst, ganz langsam nach vorne drückend-schiebend geschnitten. Mir pappten die Zucchinischeiben an der Klinge. Noch mal versucht. Das gleiche.
Etwas nachdenklich geworden, die Klinge abgewischt ... mit einem Papier-Küchentuch (!) ... das Blut floss ... und ich hatte den Kaffee schon nach einer Minute "Test" auf. Ich weiß nicht, wann ich mich das letzte Mal in der Küche geschnitten habe ... :mad:

Nach ein paar Tagen wollte ich dann dem Herder Nakiri noch ein Chance geben,- aber diesmal die wirklich letzte.
Ich weiß nicht, wie es gekommen ist, doch diesmal habe ich ziehend geschnitten, was ich normalerweise eher selten mache.
Oh!
Was soll ich sagen? Seit vier, fünf Wochen "ziehe" ich wie ein "Weltmeister." :D
Ich bin schwer begeistert von dem Dingen. Derweil schmollt das Herder 1922 im Messerblock.
(Nebenbei: Hätte ich bei den Videos im Internet besser aufgepasst oder mir entsprechende Tipps hier im Forum gemerkt, hätte ich mir die schlechten anfänglichen Erfahrungen erspart. ;) )

Was begeistert mich? Zunächst einmal schlicht seine Form:
1. Ein Stahlrechteck, hinten ein Griff dran gebastelt, die "Spitze" vorne-unten abgerundet (Osaka-Form?). Fertig. Also wenn ein Messer formal puristisch daherkommt, dann dieses.
2. Die Messerform ist entsprechend "ehrlich." Keine regelrechte Spitze, kein Klingenbauch - es ist sofort zu erkennen, das man alles, wo man die benötigt, einfach nicht machen kann.
3. Das Küchenmesser ist eines der wenigen, die ziemlich "zivil" daherkommen. Es ist auf den ersten Blick ein Kochmesser. Wenn mir meine Frau mit einem der üblichen Küchenmesser in der Hand begegnet, frage ich mich manchmal erschrocken, ob ich irgendetwas falsch gemacht habe. :rotfll:

Das Nakiri beschränkt sich also durch seine Form selbst. Was macht es gut?
1. Es ist kurz ohne auf eine vglw. lange Schneide zu verzichten. Hört sich paradox an, wird aber in diesem Bild vielleicht verdeutlicht:
Burgvogel Oliva 005.JPG


2. Ich kann mit diesem Messer sehr sicher schneiden. Das liegt zum einen an der sehr hohen Messerklinge, die sich im "Claw-grip" prima an die Fingerknöchel "anlehnt." Im Zugschnitt kann ich zum anderen die abgerundete Spitze leicht auf das Brett aufsetzen und erhalte damit die mir gewohnten zwei Berührungspunkte. Bombensicher.
3. Ich konzentriere mich auf die beiden möglicherweise ursprünglichsten, vom Bewegungsablauf einfachsten Schneidetechniken: Ziehen und Drücken. Und beide kann es, zumindest das Herder, richtig gut.
4. Es ist im Vergleich zum Kochmesser kurz. Für mich ist kurz gut. "Kurz und gut" sozusagen. :-) Klar, die Länge muss natürlich für das, was veranstaltet werden soll, ausreichen. Aber haltet mal eine 27er-Klinge frei in der Hand und guckt auf die Bewegung der Messerspitze. Und dann vergleicht mit einer 16 cm langen Klinge. Es mögen andere das anders sehen, aber für mich versprechen kurze Klingen mehr Kontrolle beim Schneiden.
5. Und etwas "Mystik": durch die kurze Klinge fühle ich mich den Lebensmitteln auf dem Brett irgendwie "näher" als mit dem Kochmesser. Das führt dazu, dass ich - zumindest gefühlt - konzentrierter und sauberer arbeite.
6. Die Klinge ist, über die gesamte Klingenfläche betrachtet, deutlich dünner als z.B. die Klinge des 1922. Und sie ist, wie gesagt, kurz. Beides zusammen "verführt" mich, klein und fein zu schneiden. Ich bin wirklich nicht der Julienne-Typ. Für einen süß-sauren Möhrensalat verwende ich normalerweise ... einen Julienne-Schneider. :P Aber dieses Messer ...
7. Eine letzte, vermutete Stärke des Messers, ist mir verwehrt: "Hacken," d.i. für mich schnelles, senkrechtes Auf-und-ab-Schneiden. Mache ich grundsätzlich nicht. Zu gefährlich. :-) Aber hauptsächlich, weil das "Klock-Klock-Klock" auf dem Brett mir fast so unangenehm ist wie ein Kratzen mit der Messerspitze. Fühlt sich für mich in etwa so an wie das Quietschen von Kreide auf einer Tafel.

Dem Messer fehlt es an Länge und an der Spitze. Kein Problem. Seit neuestem bin ich stolzer Besitzer eines Zubereitungs- (s.u.) und Schinkenmessers. Das hat in den letzten Wochen vollkommen ausgereicht. Wobei das Nakiri eindeutig das Hauptmesser war, mit dem man übrigens auch Fleisch schneiden kann. :D Die anderen beiden habe ich erstaunlich selten gebraucht. Zugestanden: ich habe es auch darauf angelegt. Spielerei.
Ich brauche kein Kochmesser?!

Am meisten vermisste ich das Kochmesser beim Kräuterschneiden. Der fehlende Klingenbauch des Nakiri hat mich zum Schneiden statt des üblichen Wiegens genötigt. Manchmal probiere ich mich an einem "Wiegeschnitt," den die abgerundete Spitze für mich nahelegt. Ich empfinde das leider eher als Pseudo-Wiegen. Nuja, es gibt auch Kräutermesser. ;)

Achja: das Herder Carbon schlägt das Fiskars in Sachen Schnitthaltigkeit und Schärfe deutlich. Was nicht wirklich verwundert und mit Blick auf den Preis im Vergleich auch unfair ist. Fiskars sollte m.E. sowieso die Messer gleich mit Wetzstab verkaufen ... nein, das war böse. Sorry.

Wo kann ich mir ein Nakiri besonders gut vorstellen?
1. In engen Küchen und auf sehr schmalen Schneideplätzen
2. In kleinen Haushalten
3. Bei "richtigen" Männern, die breitbeinig und mit ausgefahrenen Ellbogen eng neben ihrer Liebsten oder ihrem Liebstem (Freund) in der Küche stehen :D
4. Bei Menschen, die den Wiegeschnitt nicht lernen wollen oder einfach nicht mögen
5. Bei Menschen, die lange Messer aus welchen Gründen auch immer nicht mögen
6. Bei japanophilen Menschen: Office/Petty-Messer, Nakiri, Kenyo/Yanagiba - fertig
7. Und natürlich, wie überall formuliert, in veganen oder vegetarischen Haushalten

"Spielerei" jenseits der Rationalität zeitigt manchmal - völlig überraschend - positive Ergebnisse.
Wie merkwürdig.
... aber auch das ist kein Tipp!

... homo ludens ...
 

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Erste Schnitte: zwei Burgvogel Schinkenmesser (Natura und Comfort Line)

[TL;DR: Ich habe mir zwei Schinkenmesser von Burgvogel angesehen. Für mich sind sie gut. Als innovativen Gedanken kann ich aber nur eine Tautologie anbieten.]

Die beiden Schinkenmesser hatte ich im Fabrikverkauf von Burgvogel aus anderen Gründen gekauft, doch im Nachhinein erwiesen sie sich als fast perfekte Spielgefährten für das Herder Nakiri.

Das kleine Burgvogel hatte ich mir wegen seines schönen Griffs und seiner schlanken Geometrie gekauft: http://www.messerkontor.eu/Kochmess....html?XTCsid=9250dea771eb90a256bc95ea887b6b8b
Ein Kauf - so mal nebenher - wegen einer spontan-gefälligen Optik? Manchmal wundere ich mich über mich selbst. Bei allem Respekt vor etwaigen Minderjährigen auf diesem Board: so etwas erwarte ich von einem 15jährigen, jedoch nicht von einem Mann in den besten Jahren. :p

Bei der ersten Betrachtung dieses Messers verwundert die Namensgebung: "Schinkenmesser?" Stimmt, von seiner Klingenform und Geometrie haut das hin. Aber welcher Schinken soll damit bitte geschnitten werden? Lachsschinken? In einem Zwei-Personen-Haushalt etwas älterer Personen, denen 400 Gramm Fleisch oft schon zu viel sind, könnte das Messer für Gulasch und Geschnetzeltes reichen, aber sonst?
Ich habe mal in den Katalogen u.a. von Güde und Dick geblättert. Da heißen vergleichbare Messer - m.E. treffender - "Zubereitungsmesser." Bei anderen Messerherstellern heißen sie "Allzweckmesser." Das scheint mir wegen der "Universalität" von Gyotos und Kochmessern unpassender. "Petty," d.i. klein und spitz, wäre auch noch okay, finde ich.

Das kleine Messer von Burgvogel wurde also als Zu-Bereitungs-Messer verwandt. Und das klappte vorzüglich.
Den Strunk eines Blumenkohls rausschneiden ohne die Röschen zu verletzen, eine halbe Gartenzwiebel würfeln, eine Zitrone zum Auspressen halbieren, Knoblauch dünn aufschneiden, die zwei Scheiben Gurken abschneiden, die ein gutes Käsebrot zu einem perfekten machen, ... Dafür ist dieses Messer wunderbar geeignet. Nicht umsonst steckt es momentan direkt unter dem Nakiri im Messerblock.
Apropos: Knoblauch. Jedes Mal, wirklich jedes Mal, habe ich beim Knoblauchschneiden eine Szene aus dem Film "Der Pate" vor Augen: Die Jungs sitzen im Knast und einer kocht. Einer erklärt, dass man nur mit einer Rasierklinge Knoblauch richtig dünn schneiden kann und dass das die Fleischsoße braucht.
Mmh,- es fehlt vielleicht doch noch ein Messer, dass längenmäßig die Lücke zwischen den Hümmelken und diesem Zubereitungsmesser schließt. :D

Dieser "Fehlkauf" lehrte mich, dass mittellange, schlanke Klingen nicht umsonst in jeder Standard-Serie jedes Herstellers zu finden sind. Sie machen durchaus Sinn.

Wenn ich meckern wollte, dann über einen Design-Fehler, der eigentlich keiner ist. Vorne rostfreie Klinge, hinten Holz? Hö?!
Die Hersteller werben bei ihren rostfreien Klingen oft mit "spülmaschinengeeignet." WIR wissen natürlich, dass kein Messer in die Spülmaschine gehört (falls jemand Interesse hat, kann ich auch gerne die Gegenposition einnehmen :camouflage: ). Die Hersteller verweisen auch oft auf eine Nicht-Eignung des Messers wegen des Holzgriffes. WIR wissen natürlich, dass Holzhefte pflegeleichter sind als ihr Ruf. Also was denn jetzt?!
Die Lösung liegt für UNS natürlich auf der Hand: rostfreie Klingen benötigen genauso wie Holzgriffe etwas Liebe und Zuwendung. Deswegen bin ich in diesem Punkt kein Ideologe. Alles gut. Alles easy.
Falls ihr mal die Gelegenheit haben solltet, nehmt mal das Heft eines Burgvogel Natura-Line-Messers in die Hand. Einfach mal so. ;)

Das bisher beste von mir erstandene Messer in der Preis-Leistungs-Ratio ist für mich das lange Schinkenmesser von Burgvogel Comfort Line: http://www.schneidwarenkontor.de/product_info.php?products_id=3387
Es war sehr preiswert (13,00 Euro.) Es ist mit seiner rostfreien Klinge und dem POM-Griff sehr pflegeleicht. Wichtig: Messer, die ich zum Aufschneiden nutze, lasse ich oft in der "Suppe" liegen. Und es ist über alle Erwartungen hinaus praktisch.
Ich habe mir mal den Spass gegönnt und beim Bratenaufschnitt das Burgvogel gegen das Herder 1922 antreten lassen, das zweite Mal das ich letzteres benutzt habe. Was soll ich sagen: das Burgvogel hat gewonnen. Es gleitet einfach "eleganter" durchs Schnittgut. Die Gründe finde ich in den beiden nachfolgenden Bildern.

Burgvogel Oliva 007.JPG


Oben Burgvogel. Unten Herder 1922.

Burgvogel Oliva 008.JPG


Links Herder 1922. Rechts Burgvogel.

Ich habe es gerade vorgestern auf der Arbeit gegengeprüft. Es gab vier Stück Kassler aus der Nuss (ca. 8 kg). Ja, und ich war brav und habe bei Niedrigtemperatur gegart und mit der Standard-Honig-Marinade gearbeitet. Kross und lecker. Aber interessanter war das Aufschneiden. Seit neuestem haben wir ein 36-cm-Schinkenmesser von Wüsthof. :D Mann, ich kann Euch was sagen ... eine Wucht! Zweimal mit Druck hin, ohne Druck her und die Scheiben lagen 1-A gleichmäßig geschnitten auf dem Brett. Gegen eine lange, dünne, schmale und einigermaßen scharfe Klinge hast du als einfaches Kochmesser kaum eine Chance.

Das lange Burgvogel hat wie das kleine Burgvogel das Herder Nakiri "unterstützt." Mit einem langen Schinkenmesser kann man z.B. prima Wirsing partitionieren, um den dann für eine Suppe mit dem Nakiri endgültig "fertig" zu machen. :-) Gleiches bei Grünkohl. Ein kleiner Hokkaido-Kürbis klappte auch noch einigermaßen ordentlich. Mit dem Kleinen von Burgvogel habe ich pariert oder Fleisch von der Beinscheibe, das zwar butterzart war, aber immer noch "klemmte", vom Knochen gelöst. Manchmal hat es auch Gemüse für das Nakiri geputzt, wenn eine Spitze gefragt war.

Was sagt mir das?
Die Wahrheit ist ein "weißer Schimmel": auf bestimmte Produkte, Arbeitsweisen oder Schnitte spezialisierte Messer machen Sinn und machen Spaß.
Mehr weiß ich dazu nicht zu sagen.
 

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Erste Schnitte: Wüsthof Filiermesser Flexibel Classic Ikon

[TL;DR: Ein Messer mit zwei Gesichtern: vorne hui, hinten ... merkwürdig. Ein Messer, das vielleicht erklären könnte, warum von Fachleuten oft von Messersets und- blöcken abgeraten wird.]

Zur Erinnerung: Um dieses Messer geht es https://www.tp-kochmesser.de/wuesthof-filiermesser-classic-ikon-weiss-4556/a-2004/ .

Für das Messer bin ich extra ein zweites Mal zum Wüsthof Fabrikverkauf zurück gegangen. Warum und wieso steht weiter oben im thread.
Ein weiterer wichtiger Grund war die Klinge des Messers. Sie hatte den richtigen "Flex."
Ich spreche in diesen Ausführungen oft von Gefühlen. Das hat einen einfachen Grund: wo Verstehen, Begreifen und Wissen nicht ausreichen, müssen Emotionen als Erkenntnisinstrument in die Bresche springen. So auch hier.

Mein Ausbeinmesser ist halbflexibel. Das ist für die meisten Arbeiten am Knochen und an der Gräte ausreichend. Aber wenn ich ganz fein arbeiten will, wenn ich besser "fühlen" will, wohin ich schneide, ist es etwas ... "plump." Es müsste sich mehr durchbiegen. Dafür wäre eine "richtig" flexible Klinge ... "nett." Nice to have.

Die Klinge des Wüsthof Ikon erschien mir "richtig."
Und tatsächlich ist sie es auch für mich.

Ich habe mir eine neue Schieblehre gekauft, um mal meine Messer durchzumessen. :D Wird ja momentan in insider-Kreisen wohl so gemacht. Und ich will ein lernendes Wesen sein. (Ich bitte um Nachsicht für etwas Spott.)
In der Mitte des Rückens (!) des Classic Ikon messe ich ... brb ... 0,8 mm!
*öhm*
Das geht für mich in Richtung Skalpell.

Mit dem Messer wurde bisher mehrfach durchwachsener Speck entschwartet und einmal ein Saibling von seiner Haut befreit.
Keine schwierigen Aufgaben für ein Filiermesser. Aber: bei mir läuft ein interner Wettbewerb. Wieviel Fett bleibt an der Haut?
Test bestanden. ;)
So ich denn will, vermag das gute Stück den Bacon in hauchdünne, durchscheinende Scheiben schneiden. Ohne Mühe. Das Classic Ikon Filiermesser bereitet mir Freude.

Eine andere Sache ist das mit dem Griff.
Ich verstehe ihn nur sehr bedingt.
Ein Filiermesser beschäftigt sich normalerweise oft mit feuchten, glitschigen, saftigen Lebensmitteln. Es ist zudem eines der wenigen Messer, wo ich häufiger mal umgreife.
Das Wüsthof ignoriert meine Interessen. >:( Ich würde es niemals für grobe Arbeiten nutzen.
Da hätte ich Angst. :D
Es machte mich ein wenig irre. Also habe ich mich mal bei Dick und bei Marttiini umgesehen. Bei den einen geben sich Metzger und Schlachter die Klinke in die Hand, bei den anderen hoppeln ständig Salz- und Süßwasserfische über die Wiese. Die sollten sich also mit Filiermessern auskennen.
Und ich fühle mich bestätigt. Das Heft eines Filiermessers muss dafür sorgen, dass die Hand nicht nach hinten rausrutscht und nach vorne nicht in die Klinge. Außerdem sollte es insgesamt etwas rutschfest sein.
Und dicker sollte das Heft sein, zumindest für grobe Arbeiten. Ich selber habe noch nie große Fische filiert, doch wenn ich in Videos sehe, wie die an der Haut reißen und mit dem Messer nur gegenhalten, ist ein schlanker Griff zu "kraftlos."
All das liefert das Wüsthof nicht. Zudem vermittelt es mir mit seiner "interessanten" Griffform den Eindruck, als ob es das Rad neu erfinden wolle. Sein Griff übernimmt das Design der Ikon-Serie und passt zudem die Griffstärke der filigranen Klinge an. Chic, keine Frage. Aber vernünftig?
Messergriffe dürfen m.E. ruhig ganz einfach daher kommen. Herder und Burgvogel machen es richtig. Deren Griffe kann jeder nutzen.
Kanten am Griffende eines Messers, wo man vielleicht auch mal von hinten drückt, haben da nichts zu suchen. Auch wenn sie, zugestanden, nicht schmerzen. Eine nicht entschärfte Klingen"spitze", am Ende der Klingenschneide, direkt vor den Fingern ohne Klingenschutz ist, gelinde gesagt, auch unvernünftig.
Das schreit geradezu: "Mach' mich Aua!"

Das Wüsthof bietet mir zwei gute Griffpositionen, die ich tatsächlich für mich angenehm nutzen kann. Das Heft ist weiß und ich erkenne es sofort im Messerblock meines Tranchierwagens. Mit ihm in der Hand fühle ich mich mehr als Chirurg denn als Metzger.
Das ist auf eine eigene Weise gut. "Witzig."
Für mich.

Man stelle sich vor, dieses Messer würde in einem Messerblock oder Messerset angeboten.
Wäre es empfehlenswert?
Ja,- wenn man über seine kleinen Schwächen hinwegsehen kann oder dem Käufer ein einheitliches Bild über Funktionalität geht, "Schönheit" über "Ratio."
Bitte nicht missverstehen, - ich kann einen Schönheitsbegriff der corporate identity ganz gut nachvollziehen. Genauso verstehe ich den Wunsch der Hersteller, diesen Bedürfnissen zu entsprechen. Aber bitte: wir leben in Deutschland, wir sind in aller Welt bekannt für das Bauhaus-Design. "Form follows function" sollte gerade bei uns in den "Genen" liegen.
 
Danke, das war mal wieder sehr interessant. Und ulkig - ich hab mein Billig-Japan-Nakiri wieder rausgeholt. Ich hatte mir, als meine BesserMesser-Phase anfing, vier Japan-Messer fuer achzig oder neunzig Euro gekauft. Beim Ausprobieren bin ich beim Santoku haengen geblieben und habe das spaeter durch ein gutes ersetzt, das Yanagiba verwende ich noch gelegentlich, das Deba und das Nakiri war nicht so meins.

Weil ich jetzt wochentags in Boeblingen arbeite und eine nette moeblierte Wohnung habe, auf deren Terrasse ich sogar einen schnell und guestig gekauften Grill betreiben kann, fehlt mir da in der Kuechenaustattung jegliches vernueftige Messer. Mr. Pink hat vor kurzem geschrieben, dass er ein Herder Nakiri als Standardmesser benutzt. Deshalb will ich ihm eine zweite Chance geben, und habe es heute wieder rausgeholt. Jetzt gefaellt es mir schon besser ;-) Ein Herder Gemuesemesser hab ich mir schon bestellt, das kostet ja nicht die Welt. Das sollte mir reichen. Interessant fand ich, dass sich beim Nakiri ganz natuerlich ergibt, die hintere Ecke der Schneide zum Puhlen von Knoblauchtrieben zu nehmen. Ich hab da ein Hangup und puhle bei allen Knoblauchzehen den Trieb raus, auch wenn der noch lange nicht aufwacht...

Zu dem Schinkenmesser-Artikel - ich habe mir vor laengerem ein Petty Knife bestellt (12 cm), und das nehme ich gerne fuer Feineres her, wo mir das Santoku zu gross und/oder schwer ist. Dein langes Burgvogel Schinkenmesser hat etwa das Format von dem Yanagiba, das ich kaum hernehme.
 
Erste Schnitte: Herder Frühstücksmesser "Buckelsklinge"

[TL;DR: Die Buckels sind praktisch in der Handhabung,- wenn da nicht die Brötchen wären.]

Die beiden Buckelsklingen habe ich als Luxusgegenstände gekauft: http://www.messer-mit-tradition.de/windmuehlenmesser-details.php?artikel_nummer=0403.450.02 .
Mein Leben lang besaß ich noch kein Frühstücks- oder Vespermesser. Aber da meine Gäste auf der Arbeit mit offensichtlicher Selbstverständlichkeit bis Vergnügen mit den neuen Messern von Burgvogel ihre Brötchen guillotinieren, muss ja wohl was dran sein an den Dingern. Mir persönlich hat immer das Besteckmesser gereicht. Letztendlich gaben aber mein "doofer" Neffe und seine Familie - sie wohnen unter uns im Haus - den Ausschlag. Jedes mal, wirklich jedes mal stehen die beim Frühstück auf und holen sich unser Brotmesser für die Brötchen. Echt nervig. :D Das lässt unsere Vorstellung von Gastfreundschaft einfach nicht mehr zu.

Beim Kauf wurde sich ausschließlich auf die positiven Vermerke hier im Forum verlassen.

Die Buckels kommen altdeutsch-barock-gemütlich daher. Und so werden sie ja auch beworben. Ich muss gestehen, dass ich mich nicht daran erinnern kann, sie jemals in meiner engeren oder weiteren Familie wahrgenommen zu haben. Die müssen vor meiner Zeit angesagt gewesen sein oder sie waren damals für uns zu teuer. Ich habe sie als "neue" Messer erstanden.

Die Griffgestaltung ist ziemliches Understatement, genauso wie bei dem oben besprochenen Nakiri. Für mich schmeicheln sie der Hand und in der Nutzung sind sie angenehm unauffällig-praktisch. Mehr wäre in dieser Preisklasse weniger, nicht?
Die Klinge ist so dünn, dass ich das Bestreichen des Brötchens mit Butter ganz neu erfahren habe. Sie federt. Das fühlt sich ein wenig so an, als ob ich mit einem verlängerten Finger streichen würde. Ungewohnt, aber nicht schlecht.
Die Spitze der Klinge ist breit. Damit lässt sich endlich hinreichend Erdbeermarmelade auf das Croissant schaufeln und anschließend großflächig verteilen.
Die Klinge ist scharf: Zwiebeln, Petersilie, gekochtes Ei, Tomate, kalte Butter, Gurke, Leberwurst, Camembert, Appenzeller am Stück ... alles wird sauber geschnitten. Ein zusätzliches Messer ist nicht notwendig. Finde ich praktisch.

... wenn da nicht diese verflixten Brötchen wären. Die Buckels habe keine Spitze!
Och. ;)
Tatsächlich sind sie die einzigen neuen Klingen, bei denen ich einen Moment lang überlegt habe, sie zu schleifen. Ein Abziehen auf dem neuen Keramikstab hat nicht gereicht. Für mich kostet es noch ein Ticken zu viel Kraft, in das Brötchen einzuschneiden, denn Einstechen geht ja nicht.
Mmh,-

:hmmmm:

Wat nü? (d.i. "was nun")
 
Erste Schnitte: Burgvogel Kochmesser Oliva Line

[TL;DR: Ein unfairer Vergleich: Herder gegen Burgvogel.]

Der Zorn ist mittlerweile verraucht. Ich war echt ärgerlich auf mich, als ich nach den Fabrikeinkäufen vor dem Küchentisch saß und mir die "Bescherung" näher begutachtete.
Mein ursprünglicher Plan war, meine Schneidemöglichkeiten zu verbessern und zu erweitern, aber die Messerzahl auf ein perfektes Minimum zu beschränken.
Tjo,- das war wohl nichts.

Aber lassen wir das. Sonst komme ich nur wieder ins Rumheulen.

Sehen wir uns mal das Oliva Line Kochmesser im Vergleich mit dem Herder 1922 genauer an.

Burgvogel Oliva 006.JPG


Die beiden Hersteller gehen hier - nicht allgemein, denn sie haben jeder ja auch andere Serien - unterschiedliche Wege.

Das Burgvogel-Messer ist deutlich kürzer (3 cm) und höher (vor dem Heft 4 mm). Seine Klingenspitze liegt offensichtlicher oberhalb der Klingenachse. Der Klingenbauch ist kräftiger ausgeprägt und "runder." Zusammen genommen wirkt es auf mich eben "knubbelig." Dieser Eindruck wird durch den etwas höheren, größer wirkenden Griff verstärkt.
Die Klingen sind unterschiedlich in den Heften befestigt. Hier Flacherl mit Nieten (Herder), dort Steckerl (Burgvogel). Die beiden Verbindungsarten sehe ich unideologisch, Hauptsache sie sind gut gemacht. Und rein optisch passt es bei beiden, finde ich. Das Burgvogel peppt meine "Nietensammlung" sogar auf.
Ähnliches gilt auch für die verwendeten Hölzer: hier "Obst" (Pflaume), da ein "mediterranes Flair", das meine Obst- und Buchenholzsammlung erfrischend bereichert. Die Griffform des Herder ist traditionell, die des Burgvogel mutet mir durch das abgeschrägte Ende etwas flotter an. Das eine hat Griffkanten (Herder), das andere ist oval. Ich kann merkwürdigerweise trotz dieses ja nicht unwichtigen Unterschiedes nicht sagen, welches mir besser in der Hand liegt. Für mich sind beide Hefte gut.
http://www.knivesandtools.de/de/pt/-robert-herder-tranchiermesser-hrc-60.htm
http://www.messerkontor.eu/Kochmess....html?XTCsid=9250dea771eb90a256bc95ea887b6b8b
Beide Messer haben, wie man erkennen kann, einen hinteren Handschutz,- beim Kochmesser von Burgvogel ist es eher ein optisches Stilmittel.

Auch beim Kropf gehen beide Messer unterschiedliche Wege. Das 1922 macht mit schmalem Kropf und Bart deutlich: hier kommt das Bewährte, Konservative. Das Oliva Line wirkt dagegen eher "modern" (aus "deutscher" Sicht) mit einem nicht bis zur Schneide/Wate heruntergezogenen Kropf. Dass man darüber, welcher Kropf und ob ein Kropf überhaupt nützlich ist, trefflich streiten kann, macht z.B. dieser Autor deutlich: http://www.messer-machen.de/schaerf...en/messervorbereitung/messervorbereitung.html . Ich habe da meine eigene Meinung zu, die hier jedoch unwichtig ist, weil sie nur bedingt kopfgesteuert ist.:-) Genauso streiten kann man sich über ein anderes, diesmal ganz kleines Detail beim Burgvogel Messer: die hintere Spitze der Schneide, die direkt vor dem Griff liegt, ist abgeschliffen. Egal wie man dazu steht (Sicherheit versus Nutzen), berührt es mich angenehm, dass ein Hersteller auch mal an kleine Details bei einem eher preiswerten Messer denkt.

Ich bin kein Designer und billige mir da nur selten eine verständige Meinung zu (vgl. Wüsthof Filiermesser). Nach meiner Ansicht ist das Design des Herder 1922 stringenter. Das Kochmesser Oliva Line von Burgvogel ist eigenständig, ohne groß anzugeben. Beides hat was für sich. Das ist sehr indifferent in der Aussage, das weiß ich, doch kann ich es nicht besser ausdrücken.

Es gibt drei Momente, wo ich ohne zu zögern sagen könnte, dass das Herder mir besser als das Burgvogel gefällt: bei der Klingenspitze, dem Klingenschliff und dem Klingenrücken:
- Die Spitze des Burgvogel ist gut, die des Herder besser. Viel feiner.
- Beim Vergleich der Klingen von unten wurde mir das erste Mal richtig klar, was Dünnschliff heißt.
- Der Klingenrücken direkt hinter dem Griff ist beim Burgvogel nur Bruchteile eines Millimeters stärker, doch die Klingenspitze des Herder läuft viel, viel feiner aus.
(Ich wollte das durch Fotos belegen, ich bekomme es einfach nicht richtig ins Bild.)
Das Klingenfinish? Da bitte ich um Hilfe (kann man das überhaupt auf dem Foto erkennen?), da fehlt mir wieder das Auge für.
Auch die Qualität der verwandten Stahlsorten kann ich nicht einschätzen. Es macht keinen Sinn, nur das wiederzugeben, was ich mir angelesen habe. Wer eine rostfreie Klinge zwingend bevorzugt, muss natürlich zum Burgvogel greifen.

In einem Gastkommentar im Messerkontor wird das Oliva Line für seine Leichtigkeit gelobt. Es wiegt auf meiner Küchenwaage ein halbes Pfund. 20 bis 30 Gramm mehr als das längere Messer von Herder. Mir erscheint das für eine 20-cm-Klinge fast zu schwer. Ein Koch widerspricht mir jedoch in einem thread der bladecommunity http://www.bladecommunity.de/board4-allgemeine-themen/board134-küchenmesser/8227-ceramic-messer/ ("Kangal"): seine Messer sollten am besten 300 Gramm wiegen, weil das Gewicht schneiden hilft.

Das, was mich richtig enttäuscht hat, war die fast starre Klinge des Messers von Burgvogel. Für mich ist das ein k.o.-Kriterium. Sie ist "tot." Es ist ein "Beil." Und wahrscheinlich werde ich es so, mit Verlaub, Herr Bahns, auch verwenden. Und falls das funktioniert, wäre das sogar ein Trost: ich besitze kein Küchenbeil.

Kann man natürlich auch mal wieder ganz anders sehen ...;)
 

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Hintergrundgeschichten

[TL;DR: WASSEREINBRUCH! Na klasse! ... Wasser aus den Heizungsrohren gelassen. Leck gesucht und gefunden. Familie arbeiten geschickt. Klempner seine Frau verständigt. Mit dem Versicherungsonkel nett geplaudert. Mitarbeiterin auf der Arbeit verständigt: "Machen Sie es sich bitte leicht. Einfach Schnitzel, Pommes, Kaisergemüse, Obstsalat. Fertig. Bitte denken Sie an das vegetarische Schnitzel. Die Dame mit der Fructoseintoleranz? Einfach Stracciatella-Eis mit Schokosoße und gehobelten Mandeln. Und: Danke!"
Hatte ich es schon erwähnt? Ich habe tolle Mitarbeiterinnen.
Jetzt hocke ich hier nutzlos rum. Radio dudelt. Radiatoren rödeln. "Absolut relaxt." Geht's Euch gut?! Nu,- dann kann ich auch die Gunst der Stunde :muhahaha: nutzen und die *** ÜBERLEITUNG *** ÜBERLEITUNG *** ÜBERLEITUNG *** zum letzten Kapitel schreiben. Das Ende rückt näher. Noch drei Abschnitte, dann habe ich fertig.]

Ein Mann.
Ein Messer.
Ein Mann mit Messer in der Faust.
Was für ein Bild! Archaisch.
Den Hintergrund kann sich jede und jeder selbst malen. Durch alle Zeiten hindurch. Es bräuchte einen Historiker mit nur ein wenig Poesie im Herzen, um Archimedes zu beweisen: "Gib mir einen Punkt, wo ich hintreten kann, und ich bewege die Erde." Obiges Bild reichte bestimmt als Ansatzpunkt aus, um die Hälfte unserer Kulturgeschichte erläuternd zu entwickeln. Die andere Hälfte könnte dann bei "Frau mit Messer in der Hand" ansetzen, würde sich jedoch wahrscheinlich etwas anders lesen.;)

Ist eigentlich schon geklärt, was zuerst da war? Das Messer (Faustkeil) oder das (Herd-)Feuer?

Messer faszinieren mich. Und einige andere offenbar auch.
Allein schon so von der Anschauung her.

In der Praxis hapert es leider manchmal.
Nicht nur beim Messerkauf.
Aber auch da. :D
 
Hintergrundgeschichten: Schleifen,- nein danke?

[TL;DR: Schleifen macht keinen Spaß. Warum nicht? Wenn man sich aber daran begibt, kann man zu einem "zufrieden machenden" Ergebnis gelangen.]

Vielleicht ist es ja schon aufgefallen :D, aber ich bin kein großer Freund des Messerschleifens. Wenn ich in mich gehe und es mir recht überlege: Alles, was sich bei mir um die Messer herum gruppiert, ist darauf abgestellt, möglichst wenig zu schleifen. Schärfen bzw. Wetzen ist kein Thema (mehr). Da kann man mich, glaube ich, zu jeder Tages- und Nachtzeit für wecken. Das hilft ja auch mit, die Schleifintervalle zu verlängern.
Wie so oft hat das viele Gründe, von denen mir keiner gefällt, Bequemlichkeit z.B. Da hilft mir auch die Vermutung nicht, dass ich mit meiner Unlust kaum alleine stehe. Das scheint eine Volksseuche (geworden) zu sein. Wie kommt das nur?
Vielleicht liegt's an der Konsumgesellschaft? Kaufen macht Spaß, Pflege ist unlustig.
Vielleicht liegt es ja am Messer selbst?! Das einfachste und wahrscheinlich älteste Werkzeug der Welt. Jeder kennt es. Jeder hat es. Jeder kann (vermeintlich) damit umgehen. Eigentlich leicht zu pflegen, weil jetzt seit ein paar Jahrzehnten auch noch rostfrei. Und dann kommen, wenn man Pech hat ;), so ein paar Spezies und erzählen einem, dass "Abputzen" nicht reicht, wenn das Messer scharf bleiben soll. Vielleicht braucht es ja mal so was wie eine einjährige Volksaufklärung in Presse, Funk, TV und Internet. So wie bei "Rauchen gefährdet ihre Gesundheit." Ach nee,- das endet dann wieder mit Gesetzesinitiativen, Messerführerscheinen o.ä.

Wenn ich "balliger Schliff", "primäre und sekundäre Schleifphase" höre bzw. lese, merke ich, dass ich innerlich abschalte und/oder geneigt bin wegzulaufen. Ich mag Schleifen nicht. Da hilft kein Lamentieren. Ist so. Und trotzdem mache ich es mittlerweile zwar selten, doch ziemlich regelmäßig.
Das ist nicht mein Verdienst.
Die oben mal erwähnte Hauswirtschaftsmeisterin befragte ich nicht nur zum Wetzen, sondern auch gleich zum Schleifen. Ich jammerte ihr vom langen Wässern der Steine, vom eigenen Unvermögen usw. vor. Leider kann ich mich nicht mehr an den genauen Wortlaut ihrer Antwort erinnern. Er klang ungefähr so: "Was willst Du machen? Musst Du üben." Kurz, knapp, lakonisch und irgendwie "ehrenrührig." Es war auf jeden Fall etwas, was ich nicht zu hören erwartete, nicht hören wollte und was mir in diesem Moment offensichtlich nicht direkt weiterhalf.
Es gab mir dann aber den entscheidenden Tritt ins Gesäß. Ich habe mich wieder drangemacht.

Ich mag Schleifen nicht. Ich mag aber hinreichend scharfe Messer. Mir gefällt es nicht, mit stumpfen Messern zu schneiden, weil ich weiß, dass es anders geht.
Also streiten sich in mir Unlust mit Einsicht. Da ich schwer für Einsicht bin, versuche ich, mich selbst auszutricksen. Mit einem Ritual.

Wenn eines meiner Messer eine Tomate nicht gewohnt problemlos durchtrennen kann und ich vom Wetzen lange Arme bekomme, rückt "der Tag der langen Messer" nahe. Das ist seltener, als man glauben könnte, und liegt vermutlich auch an meiner sehr bescheidenen Definition von Schärfe. Ein bis zweimal im Jahr reichen bei mir völlig.
Dann muss ich nur noch darauf warten, dass meine Göga abends einen beruflichen Termin hat, mit ihrer Schwester auf Jupp geht oder eine Bemerkung wie "Ich gehe mal kurz runter" (zu Neffe und Nichte) macht.
Ruhe in der Wohnung. Mann kann sich an sein Werk machen.
Zunächst werden die beiden Schleifsteine ins Wasser geschuppst. Dann wird der Küchentisch leergeräumt, mit Zeitungspapier ausgelegt und die Malunterlage der Großnichten :-) als rutschfestere Schleifunterlage zweckentfremdet. Haushaltspapierrolle auf den Tisch. Ab in den Keller, um das Arbeitsmesser und ein paar Flaschen Bier aus dem Kellerkühlschrank zu holen. Alle Messer werden fein-säuberlich auf dem Tisch im Halbkreis ausgebreitet. Der "schlimmste" Kandidat wird schon mal streng ins Auge gefasst - der wird das erste sein. Hintergrundbeschallung: meist TV, irgendeine Serie, die ich in-und-auswendig kenne, "Star Trek" z.B.
Von so viel Arbeit völlig erschöpft, sinke ich auf den Stuhl und genehmige mir den ersten Schluck Bier. :saufen: (Keine Sorge: ich arbeite eher langsam und gründlich und habe mich beim Schleifen noch nie geschnitten.)
Dann geht alles seinen gewohnten Gang, so wie es hier im Forum beschrieben und in vielen Videos gezeigt wird.
Das dauert insgesamt so zwei, drei Stunden. Ich schleife weder besonders gut noch schnell. Doch es ist immer das gleiche: wenn ich erst einmal dran bin, macht es sogar Spaß. Und durch jetzt schon häufigere Übung überzeugt mich das Ergebnis mittlerweile schon fast selbst. Was bei mir nicht selbstverständlich ist.
Übrig bleibt ein Gefühl der Zufriedenheit: "Jetzt hast Du wieder 'ne ganze Zeit lang Ruhe."

Will ich jemandem meinen "Tag der langen Messer" andienen? Nö. Ist ja mein Ritual.
Will ich jemanden vom Schleifen auf Schleifsteinen überzeugen? Nö. Sind ja Eure Messer.
Außerdem geht's ja auch tatsächlich einfacher. Auf der Arbeit verwenden wir z.B. einen Graef Elektroschleifgerät. Geht. Liefert die Gebrauchsschärfe, die ausreichend ist. Zum Schärfen habe ich für eine meiner Mitarbeiterinnen ein kleines Durchziehdingens von Fiskars geholt, weil sie partout Wetzstäbe nicht nimmt und den Graef zu selten. Geht auch. Aber jedes Mal, wenn ich auf der Arbeit ein Messer in die Hand nehme, weiß ich, dass meine Messer zuhause besser schneiden. Was eigentlich ein Witz ist.
Aber ist in Ordnung so.
Doch ich habe es im Kopf.

Wollt ihr schärfere Messer?
Neue Messer kaufen? Alte Messer schleifen lassen? Oder "Was willst Du machen? Musst Du üben." :ks:
 
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