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Die Leiden eines Pulled Pork Wächters (eine wahre Geschichte)

kessel

Bundesgrillminister
5+ Jahre im GSV
Die Leiden eines Pulled Pork Wächters!

Da jetzt die dunkle Zeit anbricht und die Gastronomie meine manchmal doch etwas eintönigen Abende nicht mehr verschönern darf, erlaube ich mir Euch eine kleine Geschichte zu erzählen, die sich bereits im Sommer zugetragen hat.

8 Tage zuvor:
Es ist Donnerstag. Ein wunder schöner Spätsommerabend im Allgäu. Donnerstag bedeutet „Stammtisch“. „Stammtisch“ bedeutet Bier, Whisky und Männergespräche. Während diesem Mix aus Getränken und geistigen Ergüssen bekam auch das Thema Grillen, wie jeden Donnerstag, seinen Platz im Reigen der Themen.

Kurt: Hosch du scho mol Pulled Pork gmacht?
I: Noi, no nia!
Kurt: Und du Erwin?
Erwin: Na, hob i au no nia gmacht.
I: (ca. oin Whisky und zwoi Woiza später): I hob a Idee. Nägschta Freitag obend bei mir im Schrebergarta dann isch am Samschtag ab Nochmittag s`Pulled Pork fertig.
Kurt und Erwin: Des isch a sau guate Idee.


Mir ist durchaus bewusst, dass nicht jeder die doch teilweise seltsamen Laute unserer Sprache versteht, deshalb noch eine Version für unsere norddeutschen Freunde.

Kurt: Hast du schon einmal Pulled Pork gemacht?
Ich: Nein, noch nie!
Kurt: Und du, Erwin?
Erwin: Nein, das habe ich auch noch nie gemacht!
Ich: (ca. ein Whisky und zwei Weizenbier später) Ich habe eine Idee! Nächste Woche Freitagabend bei mir im Schrebergarten, dann ist am Samstag ab Nachmittag das Pulled Pork fertig.
Kurt und Erwin: Das ist eine sehr gute Idee!


Endlich Freitag:
17.00 Uhr
Kurt und Erwin trudeln, mit einem Kasten Bier im Schlepptau, bei mir im Garten ein. Rasch wird der Kühlschrank aufgefüllt und der Rest im Erdkeller verstaut. Danach wird das bereits am Vortag gewürzte Rohmaterial bestaunt. 2,6 kg Schweinehals versetzen jeden Fleischliebhaber und Grill-Fan in Entzücken. Uns war natürlich vorher schon klar, dass wir am Samstag zur Verkostung durchaus noch ein paar Esser brauchen würden und so wurde kurzer Hand beschlossen, dass Kurt`s und Erwin`s bessere Hälften uns bei der Verkostung unterstützen.

17.05 Uhr
Erschreckt stellen wir fest, dass wir noch gar kein Bier in den Händen halten. Sofort macht sich Erwin auf den Weg zum Kühlschrank und kommt, nach relativ kurzer Zeit, mit drei Bier zwischen den Fingern zurück. Ich muss gestehen, ich war verblüfft mit welchem Elan und welcher Geschmeidigkeit sich Erwin, wenn es wichtig ist, bewegen kann.
Endlich kann`s losgehen. Der Minion Ring wird gelegt, die Starterkohlen angezündet und das Thermometer eingestellt.

Puuuh, endlich Pause. Bis die Starterkohlen durch sind kann man sich ja noch ein wohl verdientes Bierchen gönnen.

17.45 Uhr
Die Kohlen sind fertig.
Akribisch versuche ich die Starterkohlen an den Minion Ring anzulegen. Kennt ihr diese dämlichen Grillzangen, die nicht großflächig parallel greifen, sondern nur linienförmig am Rand? Ich hasse sie!! Bei dem Versuch eine „ausgepfitzte“ Kohle einzufangen, die in Richtung „Schritt“ fliegt, erkenne ich schmerzhaft die Sinnlosigkeit von angeborenen Reflexen. Ich hasse sie!!
Kurt meint dass ich die zwei weißen Hautstellen zwischen Mittelfinger und Handballen mit Whisky behandeln soll. Die Idee erscheint mir sehr vernünftig. Erwin rennt los und kommt mit einer Flasche Whisky und drei Gläsern zurück. Ich wusste gar nicht wie gut sich Erwin in meiner Hütte bzw. meinen Vorratsschränken auskennt. Da aus Solidarität auch Kurt und Erwin die Behandlung mitmachen, fühle ich mich gleich besser. Schön gute Freunde zu haben.

Puuuh, endlich Pause. Bis der Grill auf Temperatur ist kann man sich ja noch ein wohl verdientes Bierchen gönnen.

18.30 Uhr
Der Grill ist aufgeheizt.
Andächtig legen wir das Objekt der Begierde auf den Rost. Was für ein Moment, was für ein Anblick. Noch schnell den Temperaturfühler einschieben und es kann los gehen.
Kurt fällt sein Blick auf die Medizinflasche, ich habe den Fehler gemacht sie stehen zu lassen, und besteht darauf die Behandlung zu wiederholen, da sonst keine nachhaltige Wirkung eintritt. Erwin und mir erscheint die Idee mehr als vernünftig. Die Schmerzen an den weißen Hautflächen lassen etwas nach. „Nüchtern“ betrachtet sieht das gar nicht mehr so schlimm aus.

Puuuh, endlich Pause. Bis sich die Temperatur eingeregelt hat kann man sich ja noch ein wohl verdientes Bierchen gönnen.

19.30 Uhr
Die Temperatur steht.
Seit 15 Minuten steht die Temperatur konstant bei 110°C. Entspannt sitzen wir in der Pergola. Das Temperaturmessgerät lässt sich immer schwerer ablesen. Ich muss es näher heranholen. Irgend Etwas scheint mit meinen Augen nicht zu stimmen. Erwin und Kurt nicken mir verständnisvoll zu. Kurt schlägt vor noch etwas von der Medizin zu nehmen, da sie mit Sicherheit auch gegen Sehschwäche hilft. Erwin und mir erscheint die Idee mehr als vernünftig.

23.00 Uhr
Erwin und Kurt sind gegangen.
Habe beschlossen mich von Medizin und Bier fern zu halten. Jetzt sitze ich alleine in meiner Pergola und starre manisch auf das Temperaturmessgerät. Irgend Etwas hindert mich daran ins Bett zu gehen. Um nicht einzuschlafen fange ich an die Gläser und Krüge zu spülen. Mein Blick fällt auf die Kiste Bier. Zwei Kronkorken blitzen im Schein der Gartenlampe auf. Mein Wille mich von Medizin und Bier fernzuhalten, beginnt zu bröckeln. Schließlich erbringe ich das Opfer und mache mich daran die Kiste, zwecks morgiger Leergutrückgabe, vollends zu leeren.

Samstag 01.15 Uhr
Völlig erschöpft starre ich auf das Temperaturmessgerät. 113°C konstant. Mein allgemeiner Zustand ist jämmerlich. Ich muss schlafen, schließlich bekomme ich morgen wieder Gäste und das wird bestimmt nicht einfacher. Die Stufe zur Gartenhütte wird mir beinahe zum Verhängnis. Verächtlich lasse ich den Whisky links liegen und schmeiße mich aufs Bett. Mein letzter Blick fällt auf das Messgerät. Immer noch 113°C. Zufrieden schlafe ich ein.

04.45 Uhr
Lärm, Blaulicht, Stimmengewirr. Das totale Chaos in meinem Garten. Mein Kumpel Schorsch steht in Feuerwehrmontur grinsend vor mir. Der Kopf scheint überproportional groß zum Rest des Körpers zu sein. Keiner spricht mit mir. Entsetzt stelle ich fest, dass das Feuerwehrauto sich rückwärts auf meinen Grill zu bewegt. Schorsch sagt etwas zu mir, ich kann es aber kaum verstehen. Ich meine so etwas gehört zu haben wie: „Du hast mich nicht eingeladen, dafür wirst du büßen“. Das Rückwärtssignal des Feuerwehrautos wird immer lauter. Todesmutig schmeiße ich mich zwischen Feuerwehrauto und Grill. Lächerlich dieser Versuch das Auto aufzuhalten. Ich reiße die Augen weit auf und warte auf mein Ende. Plötzlich Stille. Nur das Piepen des Feuerwehrautos ist in weiter Ferne zu hören. Nass geschwitzt aber erleichtert stelle ich fest, dass ich immer noch in meiner Gartenhütte liege. Das Temperaturmessgerät piept aufdringlich. 122°C. Obwohl mir mittlerweile bewusst ist, dass das nur ein schrecklicher Traum war, bin ich sehr erleichtert, dass der Grill noch steht und weit und breit kein Feuerwehrauto zu sehen ist. Schnell den Schieber reguliert und ab ins Bett.

09.45 Uhr
Sanft werde ich von den Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fallen, geweckt. Leider habe ich mich etwas zu schnell aufgesetzt. Einsetzender Schwindel zwingt mich zurück in die Horizontale. Ein neuer Anlauf, etwas besonnener, bringt das gewünschte Ergebnis. Noch bevor ich krampfhaft nach einer Flasche Wasser suche, kontrolliere ich die Temperatur. 107°C in der Kugel, 89°C Kerntemperatur. Ein fettes grinsen kommt über meine Lippen. Perfekt. Jetzt erst mal Kaffee machen.

12.00 Uhr
93°C Kerntemperatur. Das Ding kann raus. Ein Prachtstück. Dunkel und glänzend wie ein Meteorit, liegt es vor mir. Vorsichtig mache ich einen Drucktest. Die Fingerspitze versinkt mühelos im Fleisch. Ihr solltet mein Gesicht sehen. Selbst das gleichmäßige Pochen an meinen Schläfen scheint verschwunden zu sein. Schnell in Alufolie eingeschlagen und in eine Warmhaltebox gelegt darf das Pulled Pork jetzt ruhen. Um 16.00 Uhr kommen die Gäste.

Hier ist meine Geschichte zu ende. Das Werk ist vollbracht. Um Euch nicht weiter mit meinen literarischen Unzulänglichkeiten zu quälen, stelle ich für den Rest des Tages ein paar Bilder ein. Bilder sagen mehr als tausend Worte. Fragt mich nicht wie es mir am Sonntag gegangen ist. Auf jeden Fall werde ich diese Leiden wieder auf mich nehmen. Es war verdammt lecker.



Übrigens: Schorsch habe ich doch noch eingeladen.

Freitag 23.00 Uhr
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23.00 Uhr
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01.15 Uhr
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09.45 Uhr
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12.00 Uhr
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Ab 16.00 Uhr
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Geile Geschichte zum PP :thumb2: Gerne mehr davon, das hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Und vielen Dank für die Übersetzung.;)
 
Super erzählt und super zubreitet!
 
Ein ganz toller Bericht. Sehr kurzweilig erzählt. Ich kann jedes Wort nachvollziehen, denn ich habe das auch schon (in Abwandlungen) erlebt.
Schön, daß Du er niedergeschrieben hast.
 
Saugute Geschichte :thumb1: vor allem der Part mit dem Schorsch :rotfl:
Danke fürs erzählen!
Grüße
Stephan

:anstoޥn:
 
Sehr schön. Musste echt lachen. YMMD. Danke dafür.
 
Der Hammer !! Vielen Dank dafür !!!:lach:
 
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