Saßen auf der Straße und erzählten sich was,
Da kam die Polizei: Ei, was ist denn das?
- Drei Chinesen ohne Kontrabass.
Wie andernorts versprochen hier nun das Dreifach-Review, meiner neu erstandenen chinesischen Schneidwaren. Im Vorfeld gab es ja einige Diskussionen zum Thema chinesische Messer und was sie können und was sie nicht können. Im Hintergrund steht immer noch das Urteil, dass aus China eigentlich nur minderwertige Ware kommt. Wer also Wert auf Qualität und wer Wert auf Schneidqualitäten legt, nicht den Blick Richtung China richten darf und im Umkehrschluss, wer das doch tut, dem kann es nicht um die Schneideigenschaften von Kochmessern gehen. Der will bloß billig. Diese Meinung wird meistens von Nerds vertreten, die locker 200, 300, 400 € und mehr für ein Küchenmesser hinlegen und davon 30 Stück aufwärts in ihrer Sammlung haben. Das hat viel mit der Rechtfertigung der Ausgaben für das eigene Hobbys zu tun. Und da würde es nicht ins Konzept passen, wenn aus China brauchbares auch zu günstigeren Kursen kommen würde. Ob chinesische Kochmesser das Objekt der Begierde für Fans und Hobbyisten sein können, ist jedoch ein Problem, das dem durchschnittlichen Messerbenutzer egal sein kann.
Was der normale Messerbenutzer will und was er wollen sollte, sind oftmals zwei verschiedene Dinge. Was die Leute von Küchenmessern wollen sind manchmal ganz widersprüchliche Sachen. z.B. Pflegeleichtigkeit ist dann schlecht, wenn es damit identifiziert wird, dass man ein Messer in die Spülmaschine stecken kann. Dann sind Messer mit Plastikgriff anzuraten. Bessere Kochmesser gehören aber nicht in die Spülmaschine, denn der Spülvorgang schadet dem Stahl, der Schärfe und dem Griff. Oftmals geht es auch um äußerlichen Glanz und die Wertigkeit eines Messers. Man will mit dem Messer zeigen, dass man sich was Gutes leisten kann. Viele denken auch sie könnten ein Messer kaufen, das ewig scharf bleibt, um sich so nicht um das Schärfen kümmern zu müssen. Das sind alles Anforderungen die in einem Widerspruch zu einer guten Funktion eines Küchenmessers stehen können. Deshalb definieren wir lieber, was eine gute Funktion eines Küchenmessers ausmacht. Dazu gehört an erster Stelle das Schneiden und an zweiter Stelle die Pflege, hauptsächlich das Schärfen und Scharfhalten. Beim Schneiden geht es 1. um den leichten Schnitt ohne Kraft 2. um die Balance, das Greifen und den Griff. Für den leichten Schnitt ist die Klingengeometrie verantwortlich, die die Schneidfähigkeit des Messers bestimmt, und die ein scharfes Messer voraussetzt. Also ist in Bezug auf die drei Chinesen die Klingengeometrie zu untersuchen. Von unten nach oben:
1. Kiritsuke: Anschliff halbe Klingebreite, darüber poliertes Hammerfinish, schräg abgeschnittene Spitze, Stahl 7Cr15MoV, Griff Schichtholzmicarta, Bezugsquelle: Aliexpress
2. Bob Kramer Klon von den Nanfang Brothers 67 Lagen Schweißverbundstahl, Schneidlage vermutlich aus 10CR15CoMoV, V-Schliff bis zum Rücken, schwarzer Kunststoffgriff, Bezugsquelle: Amazon
3. Kiritsuke: Anschliff halbe Klingebreite, darüber schwarzes Hammerfinish, schräg abgeschnittene Spitze, Stahl 5Cr15MoV, Wa-Griff, Ebenholzkopfstück, Messingspacer, laut Webseite Sandelholz oder Mkuruti. Bezugsquelle: Aliexpress
Die Daten von unten nach oben (erstes Foto):
1. poliertes Kiritsuke: Masse 224g, Schneidenlänge 188 mm, Klingenbreite am Kehl 44mm, Klingenbreite vor der schrägen Spitze 34mm, ursprünglich war die Dicke über der Schneidfacette ca. 0,4mm. Das resultierte im Zusammenspiel mit dem halbhohen Anschliff in einem schwergängigen Schnitt, weshalb ich die Wate auf Null runtergeschliffen habe d.h. pro Seite jeweils solange geschliffen bis sich ein Grat bildete. Dafür habe ich das Hammerfinish zweimal abgeklebt und dann eine Klemmschiene aus Plastik über den Rücken gezogen. Das gab beim Auflegen auf den Stein den Winkel vor. Das Resultat war ein beidseitiger ca. 6 mm breiter zusätzlicher Anschliff, der mit weiteren Steinen verfeinert wurde und anschließend wurden die feinen Kratzer die hauptsächlich am Übergang zum bisherigen Anschliff bleiben, mit einem Bandschleifer etwas reduziert. Am Schluss habe ich den Anschliff bis zum Hammerfinish auf der Lederscheibe senkrecht zur Schneide poliert. Wahrscheinlich verlief die vorhandene Politur des Hammerfinish in Längsrichtung. Jedenfalls ergab sich durch das Polieren eine zusätzliche Linie zwischen Hammerfinish und Anschliff. Nach dieser Prozedur lässt sich die Dicke über der nicht vorhandene Wate nur noch schwer bestimmen, weil der Messschieber abrutscht. Ich würde sagen so ca. 0,2mm als Anhaltspunkt.
2. Bob Kramer Klon von den Nanfang Brothers: Masse 243g, Schneidenlänge 211mm, Klingenbreite am Kehl 58mm. Das Nanfang befindet sich im Originalzustand, wie er sich direkt aus der Schachtel präsentiert. Dicken direkt über der Schneidfacette, so gemessen, dass der Messschieber gerade noch packt. Direkt am Kehl 0,36mm, nach 5cm - 0,24mm, nach 10cm - 0,25mm, nach 15cm - 0,27mm, an der Spitze 0,31mm. Das heißt die Klinge ist zwar auf ganzer Länge nicht nagelgängig, schneidet aber trotzdem nicht schlecht. Man kann das Messer ohne Ausdünnen benutzen ohne sich zu ärgern.
3. Kiritsuke mit Wa-Griff und schwarzem Hammerfinish: Masse 190g, Schneidenlänge 211mm, Klingenbreite am Kehl 48mm, Klingenbreite vor der abgeschrägten Spitze 31mm, Originalzustand. Dicken über der Schneidfacette: direkt am Kehl 0,15-0,2mm, nach 5cm - 0,15mm, nach 10cm - 0,15mm, nach 15cm - 0,16mm, an der Spitze 0,24mm. Die Schneide ist fast überall nagelgängig, allerdings bleibt die Beule klein/geht nicht weit hoch, da der Schliff nicht gleichmäßig bis zum Rücken geht sondern nur bis zur Hälfte und dadurch die Dicke der Klinge schnell zunimmt, was in einer kleinen Beule resultiert. Ich würde das Messer trotz Nagelgängigkeit nicht mehr als Laser bezeichnen.
Schneideigenschaften:
1. poliertes Kiritsuke: Nach dem seitlichen Ausdünnen haben sich die Schneideigenschaften so verbessert, dass ich mit ihm gern arbeite. Der zusätzliche 6mm breite Anschliff wirkt wie ein balliger Anschliff, der das Schnittgut richtiggehend von den Flanken abdrängt. Bei dünnen Karottenscheiben sieht man richtig wie sich die Scheiben vom Messer wegbiegen. Dünne Scheiben gehen ohne Knack. Schneidet man die Möhre mittig, knackt es. Da macht sich dann der halbhohe Anschliff bemerkbar. Zwiebeln kleben, lassen sich aber leicht abstreifen. Überhaupt scheint das Polieren der Gleitfähigkeit beim Schneiden durch das Schnittgut gut zu tun und die Haftung wider erwarten zu reduzieren. Die geringe Krümmung der Schneide und das Abdrängen des Schnittguts macht es als Salamimesser gut tauglich.
2. Nanfang: Durch den gleichmäßigen V-Schliff bis zum Rücken ist die Spaltwirkung nicht so groß, allerdings wird auch das Schnittgut nicht von der Schneide abgedrängt, sondern klebt an den polierten Flanken. Dünne Karottenscheiben werden ohne Knack geschnitten, halbierte Möhren knacken. Das Nanfang ist das einzige des Trios mit einer Verjüngung der Klingendicke zur Spitze. Das resultiert aus dem Profil der Klinge mit ausgeprägter Spitze. Der Rücken wird allmählich dünner je näher er der Spitze kommt.
3. Kiritsuke mit Wa-Griff: Schneidet aufgrund seiner Daten natürlich gut. Trotzdem dasselbe Bild beim Möhrenschneiden, wie bei den anderen. Dünne Schneiben ohne Knack, große Stücke mit Knack. Da macht sich einfach gnadenlos der halbhohe V-Anschliff bemerkbar. Zudem fehlt die Balligkeit und die polierte Oberfläche des ersten Kiritsukes. Der gröbere Anschliff (siehe Detail) führt zu einer deutlich höheren Haftreibung, die sich beim Schneiden bemerkbar macht. Am Hammerfinish klebt natürlich nichts. Am darunter liegenden V-Anschliff klebt das Schnittgut an. Zum Glück ist der Anschliff nicht so breit.
Die Griffe und die Verarbeitung:
1. poliertes Kiritsuke: Von der Ästhetik gefällt mir der gewölbte und hinten senkrecht abgeschnittene Griff überhaupt nicht. Ich sehe auch einen gestalterischen Widerspruch zum geraden Klingenrücken und dem nach oben gewölbten Griff. Ein S-förmiger Rückenverlauf wäre wesentlich angenehmer fürs Auge, auch wenn man dann monieren könnte, dass das Schieben von Schnittgut auf dem Brett mit dem Rücken schwieriger wird. Das geht in der Regel trotzdem noch. Ergonomisch ist der Griff jedoch ein Hit. Die Wölbung schmiegt sich wirklich wunderbar in die Handfläche. Auf der Unterseite befindet sich eine flache Wölbung, sodass sich die drei letzten Finger bequem auf dem Griff ablegen lassen. Viele Messergriffe sind auf der Unterseite zu schmal bzw. hochoval, was meiner Ansicht nach nicht bequem ist. Der Griff wird nach vorne dünner und alles ist wunderbar rund gelutscht ohne jegliche Kanten.
2. Der Griff des Nanfang profitiert von der Gestalt des Bob Kramer Griffes, von dem er sich vor allem am Übergang zur Klinge unterscheidet. Dort wurde der Zwilling Übergang von Matteo Thun übernommen. Der Griff liegt sowohl beim Übergreifen in die Klinge als auch im Normalgriff ohne Übergreifen gut in der Hand. Die Kannten am Kehl und am Rücken sind zwar nicht scharf, wurden von mir aber mit Schleifpapier nochmal zusätzlich gebrochen, aber nicht völlig rund geschliffen. Der Griff hat ein Satinfinish, der im Gegensatz zur polierten Klinge steht. Alles sehr anständig verarbeitet.
3. Kiritsuke mit Wa-Griff: Wa-Griffe insbesondere dieser sind eigentlich nur bessere Besenstile. Hier ist noch nicht mal eine Verjüngung Richtung Klinge erkennbar. Trotzdem liegt der Griff dank der Achteckform gut in der Hand. Die Kanten am Kehl und am Rücken der Klinge könnten etwas runder sein. Sie wurden von mir zunächst nicht abgeschliffen, um das ursprüngliche schwarze Aussehen nicht zu verändern. Der eigentliche Hit ist aber die Verarbeitung und die Materialien des Griffes. Der Griff ist glatt poliert und fühlt sich in der Hand wunderbar handschmeichlerisch an. Mir gefällt das sehr. Auch das Ebenholzkopfstück mit dem Messingspacer und dem Sandelholzgriff gefällt mir sehr gut. Auf den Fotos sieht man, dass es sich tatsächlich um ein sehr dichtes dunkles Holz handelt. Abgesehen vom Kopfstück besteht der übrige Griff aus "Sandelholz" bzw. aus "Mkuruti"- je nach Verkäufer. Das kann auch ein anderes Tropenholz sein. Wie der Erl in das Ebenholzkopfstück eingepasst ist, kann man nur als erstklassig bezeichnen.
So jetzt zu den Empfehlungen:
1. Das Nanfang von Amazon für 12€. Ja richtig gelesen. Das ist das günstigste Damastmesser, das mir je untergekommen ist und ich finde man bekommt plenty of knife zu diesem Kurs ohne wirkliche Schwächen, wenn die Serienstreuung nicht die relativ gute Geometrie meines Exemplars insgesamt schlechter dastehen lässt. Man hat auch null Risiko, sondern kann bei Nichtgefallen das Messer wieder zurückschicken. Das geht bei Aliexpress nicht bzw. zu hohen Kosten. Dieser spezielle Nanfang Bob Kramer Klon ist mittlerweile ausverkauft. Es gibt aber noch ein ähnliches für 16 € mit Metallplatte am Griffende. Das Nanfang kam in einer schönen schwarzen Pappschachtel mit Schaumstoffeinlage und einer Oberfläche aus schwarzem Samt. Die Messer von Aliexpress kamen in einer Luftpolsterfolientasche mit Scheide aus Wellpappe.
2. Die beiden Kiritsuke stammen von Aliexpress. Bei niedrigpreisigen Schnäppchen ist hier Vorsicht geboten. Einige Verkäufer scheinen der Meinung zu sein, dass man bei sehr kleinen Preisen auch einfach ein anderes Messer schicken kann. Wahrscheinlich denken sie: Vielleicht akzeptiert es der Kunde. Oder werden auf diese Weise die Ladenhüter verscherbelt - keine Ahnung. Jedenfalls ist das ärgerlich auch wenn man in so einem Fall bei Reklamation das Messer umsonst bekommt oder nur einen Teil des Preises bezahlt. So war es bei meinen Kiritsuke. Hier muss Aliexpress transparenter werden und darf solche Praktiken nicht dulden. Das Kiritsuke mit Wa-Griff würde ich trotzdem empfehlen, weil es einfach um ein schönes, gut verarbeitetes Messer mit guter Klingengeometrie handelt, wenn alle Exemplare so dünn ausgeschliffen sind wie meines. Ein Risiko bleibt bei Aliexpress immer. Was meiner Meinung nach in Bezug auf den Preis aber zu verkraften ist.
Hier noch zwei Links zu Verkäufern:
Ob chinesische Messer gut oder schlecht sind, lässt sich aus drei Exemplaren nicht ableiten. Es zeigt aber, dass sie nicht notwendig schlecht sind und man auch preisgünstige gute Exemplare erwischen kann. Für chinesische Messer gilt jedoch, was für jedes Messer gilt. Ein Messer ist nur so gut wie die Pflege, die man ihm angedeihen lässt d.h. Messer sind regelmäßig zu schärfen und scharf zu halten. Wer das nicht macht, soll es nicht auf das schlechte Messer schieben, wenn das Schneiden nicht mehr leicht von der Hand geht. Da nützt dann ein hochpreisiges auch nicht. In diesem Sinne:
Dra Chanasan ahna Kantrabass, saßan aaf dar Straßa and arzahltan sach was,
Da kam da Palazaa, aa was ast dann das, Dra Chanasan ahna Kantrabass...
Da kam die Polizei: Ei, was ist denn das?
- Drei Chinesen ohne Kontrabass.
Wie andernorts versprochen hier nun das Dreifach-Review, meiner neu erstandenen chinesischen Schneidwaren. Im Vorfeld gab es ja einige Diskussionen zum Thema chinesische Messer und was sie können und was sie nicht können. Im Hintergrund steht immer noch das Urteil, dass aus China eigentlich nur minderwertige Ware kommt. Wer also Wert auf Qualität und wer Wert auf Schneidqualitäten legt, nicht den Blick Richtung China richten darf und im Umkehrschluss, wer das doch tut, dem kann es nicht um die Schneideigenschaften von Kochmessern gehen. Der will bloß billig. Diese Meinung wird meistens von Nerds vertreten, die locker 200, 300, 400 € und mehr für ein Küchenmesser hinlegen und davon 30 Stück aufwärts in ihrer Sammlung haben. Das hat viel mit der Rechtfertigung der Ausgaben für das eigene Hobbys zu tun. Und da würde es nicht ins Konzept passen, wenn aus China brauchbares auch zu günstigeren Kursen kommen würde. Ob chinesische Kochmesser das Objekt der Begierde für Fans und Hobbyisten sein können, ist jedoch ein Problem, das dem durchschnittlichen Messerbenutzer egal sein kann.
Was der normale Messerbenutzer will und was er wollen sollte, sind oftmals zwei verschiedene Dinge. Was die Leute von Küchenmessern wollen sind manchmal ganz widersprüchliche Sachen. z.B. Pflegeleichtigkeit ist dann schlecht, wenn es damit identifiziert wird, dass man ein Messer in die Spülmaschine stecken kann. Dann sind Messer mit Plastikgriff anzuraten. Bessere Kochmesser gehören aber nicht in die Spülmaschine, denn der Spülvorgang schadet dem Stahl, der Schärfe und dem Griff. Oftmals geht es auch um äußerlichen Glanz und die Wertigkeit eines Messers. Man will mit dem Messer zeigen, dass man sich was Gutes leisten kann. Viele denken auch sie könnten ein Messer kaufen, das ewig scharf bleibt, um sich so nicht um das Schärfen kümmern zu müssen. Das sind alles Anforderungen die in einem Widerspruch zu einer guten Funktion eines Küchenmessers stehen können. Deshalb definieren wir lieber, was eine gute Funktion eines Küchenmessers ausmacht. Dazu gehört an erster Stelle das Schneiden und an zweiter Stelle die Pflege, hauptsächlich das Schärfen und Scharfhalten. Beim Schneiden geht es 1. um den leichten Schnitt ohne Kraft 2. um die Balance, das Greifen und den Griff. Für den leichten Schnitt ist die Klingengeometrie verantwortlich, die die Schneidfähigkeit des Messers bestimmt, und die ein scharfes Messer voraussetzt. Also ist in Bezug auf die drei Chinesen die Klingengeometrie zu untersuchen. Von unten nach oben:
1. Kiritsuke: Anschliff halbe Klingebreite, darüber poliertes Hammerfinish, schräg abgeschnittene Spitze, Stahl 7Cr15MoV, Griff Schichtholzmicarta, Bezugsquelle: Aliexpress
2. Bob Kramer Klon von den Nanfang Brothers 67 Lagen Schweißverbundstahl, Schneidlage vermutlich aus 10CR15CoMoV, V-Schliff bis zum Rücken, schwarzer Kunststoffgriff, Bezugsquelle: Amazon
3. Kiritsuke: Anschliff halbe Klingebreite, darüber schwarzes Hammerfinish, schräg abgeschnittene Spitze, Stahl 5Cr15MoV, Wa-Griff, Ebenholzkopfstück, Messingspacer, laut Webseite Sandelholz oder Mkuruti. Bezugsquelle: Aliexpress
Die Daten von unten nach oben (erstes Foto):
1. poliertes Kiritsuke: Masse 224g, Schneidenlänge 188 mm, Klingenbreite am Kehl 44mm, Klingenbreite vor der schrägen Spitze 34mm, ursprünglich war die Dicke über der Schneidfacette ca. 0,4mm. Das resultierte im Zusammenspiel mit dem halbhohen Anschliff in einem schwergängigen Schnitt, weshalb ich die Wate auf Null runtergeschliffen habe d.h. pro Seite jeweils solange geschliffen bis sich ein Grat bildete. Dafür habe ich das Hammerfinish zweimal abgeklebt und dann eine Klemmschiene aus Plastik über den Rücken gezogen. Das gab beim Auflegen auf den Stein den Winkel vor. Das Resultat war ein beidseitiger ca. 6 mm breiter zusätzlicher Anschliff, der mit weiteren Steinen verfeinert wurde und anschließend wurden die feinen Kratzer die hauptsächlich am Übergang zum bisherigen Anschliff bleiben, mit einem Bandschleifer etwas reduziert. Am Schluss habe ich den Anschliff bis zum Hammerfinish auf der Lederscheibe senkrecht zur Schneide poliert. Wahrscheinlich verlief die vorhandene Politur des Hammerfinish in Längsrichtung. Jedenfalls ergab sich durch das Polieren eine zusätzliche Linie zwischen Hammerfinish und Anschliff. Nach dieser Prozedur lässt sich die Dicke über der nicht vorhandene Wate nur noch schwer bestimmen, weil der Messschieber abrutscht. Ich würde sagen so ca. 0,2mm als Anhaltspunkt.
2. Bob Kramer Klon von den Nanfang Brothers: Masse 243g, Schneidenlänge 211mm, Klingenbreite am Kehl 58mm. Das Nanfang befindet sich im Originalzustand, wie er sich direkt aus der Schachtel präsentiert. Dicken direkt über der Schneidfacette, so gemessen, dass der Messschieber gerade noch packt. Direkt am Kehl 0,36mm, nach 5cm - 0,24mm, nach 10cm - 0,25mm, nach 15cm - 0,27mm, an der Spitze 0,31mm. Das heißt die Klinge ist zwar auf ganzer Länge nicht nagelgängig, schneidet aber trotzdem nicht schlecht. Man kann das Messer ohne Ausdünnen benutzen ohne sich zu ärgern.
3. Kiritsuke mit Wa-Griff und schwarzem Hammerfinish: Masse 190g, Schneidenlänge 211mm, Klingenbreite am Kehl 48mm, Klingenbreite vor der abgeschrägten Spitze 31mm, Originalzustand. Dicken über der Schneidfacette: direkt am Kehl 0,15-0,2mm, nach 5cm - 0,15mm, nach 10cm - 0,15mm, nach 15cm - 0,16mm, an der Spitze 0,24mm. Die Schneide ist fast überall nagelgängig, allerdings bleibt die Beule klein/geht nicht weit hoch, da der Schliff nicht gleichmäßig bis zum Rücken geht sondern nur bis zur Hälfte und dadurch die Dicke der Klinge schnell zunimmt, was in einer kleinen Beule resultiert. Ich würde das Messer trotz Nagelgängigkeit nicht mehr als Laser bezeichnen.
Schneideigenschaften:
1. poliertes Kiritsuke: Nach dem seitlichen Ausdünnen haben sich die Schneideigenschaften so verbessert, dass ich mit ihm gern arbeite. Der zusätzliche 6mm breite Anschliff wirkt wie ein balliger Anschliff, der das Schnittgut richtiggehend von den Flanken abdrängt. Bei dünnen Karottenscheiben sieht man richtig wie sich die Scheiben vom Messer wegbiegen. Dünne Scheiben gehen ohne Knack. Schneidet man die Möhre mittig, knackt es. Da macht sich dann der halbhohe Anschliff bemerkbar. Zwiebeln kleben, lassen sich aber leicht abstreifen. Überhaupt scheint das Polieren der Gleitfähigkeit beim Schneiden durch das Schnittgut gut zu tun und die Haftung wider erwarten zu reduzieren. Die geringe Krümmung der Schneide und das Abdrängen des Schnittguts macht es als Salamimesser gut tauglich.
2. Nanfang: Durch den gleichmäßigen V-Schliff bis zum Rücken ist die Spaltwirkung nicht so groß, allerdings wird auch das Schnittgut nicht von der Schneide abgedrängt, sondern klebt an den polierten Flanken. Dünne Karottenscheiben werden ohne Knack geschnitten, halbierte Möhren knacken. Das Nanfang ist das einzige des Trios mit einer Verjüngung der Klingendicke zur Spitze. Das resultiert aus dem Profil der Klinge mit ausgeprägter Spitze. Der Rücken wird allmählich dünner je näher er der Spitze kommt.
3. Kiritsuke mit Wa-Griff: Schneidet aufgrund seiner Daten natürlich gut. Trotzdem dasselbe Bild beim Möhrenschneiden, wie bei den anderen. Dünne Schneiben ohne Knack, große Stücke mit Knack. Da macht sich einfach gnadenlos der halbhohe V-Anschliff bemerkbar. Zudem fehlt die Balligkeit und die polierte Oberfläche des ersten Kiritsukes. Der gröbere Anschliff (siehe Detail) führt zu einer deutlich höheren Haftreibung, die sich beim Schneiden bemerkbar macht. Am Hammerfinish klebt natürlich nichts. Am darunter liegenden V-Anschliff klebt das Schnittgut an. Zum Glück ist der Anschliff nicht so breit.
Die Griffe und die Verarbeitung:
1. poliertes Kiritsuke: Von der Ästhetik gefällt mir der gewölbte und hinten senkrecht abgeschnittene Griff überhaupt nicht. Ich sehe auch einen gestalterischen Widerspruch zum geraden Klingenrücken und dem nach oben gewölbten Griff. Ein S-förmiger Rückenverlauf wäre wesentlich angenehmer fürs Auge, auch wenn man dann monieren könnte, dass das Schieben von Schnittgut auf dem Brett mit dem Rücken schwieriger wird. Das geht in der Regel trotzdem noch. Ergonomisch ist der Griff jedoch ein Hit. Die Wölbung schmiegt sich wirklich wunderbar in die Handfläche. Auf der Unterseite befindet sich eine flache Wölbung, sodass sich die drei letzten Finger bequem auf dem Griff ablegen lassen. Viele Messergriffe sind auf der Unterseite zu schmal bzw. hochoval, was meiner Ansicht nach nicht bequem ist. Der Griff wird nach vorne dünner und alles ist wunderbar rund gelutscht ohne jegliche Kanten.
2. Der Griff des Nanfang profitiert von der Gestalt des Bob Kramer Griffes, von dem er sich vor allem am Übergang zur Klinge unterscheidet. Dort wurde der Zwilling Übergang von Matteo Thun übernommen. Der Griff liegt sowohl beim Übergreifen in die Klinge als auch im Normalgriff ohne Übergreifen gut in der Hand. Die Kannten am Kehl und am Rücken sind zwar nicht scharf, wurden von mir aber mit Schleifpapier nochmal zusätzlich gebrochen, aber nicht völlig rund geschliffen. Der Griff hat ein Satinfinish, der im Gegensatz zur polierten Klinge steht. Alles sehr anständig verarbeitet.
3. Kiritsuke mit Wa-Griff: Wa-Griffe insbesondere dieser sind eigentlich nur bessere Besenstile. Hier ist noch nicht mal eine Verjüngung Richtung Klinge erkennbar. Trotzdem liegt der Griff dank der Achteckform gut in der Hand. Die Kanten am Kehl und am Rücken der Klinge könnten etwas runder sein. Sie wurden von mir zunächst nicht abgeschliffen, um das ursprüngliche schwarze Aussehen nicht zu verändern. Der eigentliche Hit ist aber die Verarbeitung und die Materialien des Griffes. Der Griff ist glatt poliert und fühlt sich in der Hand wunderbar handschmeichlerisch an. Mir gefällt das sehr. Auch das Ebenholzkopfstück mit dem Messingspacer und dem Sandelholzgriff gefällt mir sehr gut. Auf den Fotos sieht man, dass es sich tatsächlich um ein sehr dichtes dunkles Holz handelt. Abgesehen vom Kopfstück besteht der übrige Griff aus "Sandelholz" bzw. aus "Mkuruti"- je nach Verkäufer. Das kann auch ein anderes Tropenholz sein. Wie der Erl in das Ebenholzkopfstück eingepasst ist, kann man nur als erstklassig bezeichnen.
So jetzt zu den Empfehlungen:
1. Das Nanfang von Amazon für 12€. Ja richtig gelesen. Das ist das günstigste Damastmesser, das mir je untergekommen ist und ich finde man bekommt plenty of knife zu diesem Kurs ohne wirkliche Schwächen, wenn die Serienstreuung nicht die relativ gute Geometrie meines Exemplars insgesamt schlechter dastehen lässt. Man hat auch null Risiko, sondern kann bei Nichtgefallen das Messer wieder zurückschicken. Das geht bei Aliexpress nicht bzw. zu hohen Kosten. Dieser spezielle Nanfang Bob Kramer Klon ist mittlerweile ausverkauft. Es gibt aber noch ein ähnliches für 16 € mit Metallplatte am Griffende. Das Nanfang kam in einer schönen schwarzen Pappschachtel mit Schaumstoffeinlage und einer Oberfläche aus schwarzem Samt. Die Messer von Aliexpress kamen in einer Luftpolsterfolientasche mit Scheide aus Wellpappe.
2. Die beiden Kiritsuke stammen von Aliexpress. Bei niedrigpreisigen Schnäppchen ist hier Vorsicht geboten. Einige Verkäufer scheinen der Meinung zu sein, dass man bei sehr kleinen Preisen auch einfach ein anderes Messer schicken kann. Wahrscheinlich denken sie: Vielleicht akzeptiert es der Kunde. Oder werden auf diese Weise die Ladenhüter verscherbelt - keine Ahnung. Jedenfalls ist das ärgerlich auch wenn man in so einem Fall bei Reklamation das Messer umsonst bekommt oder nur einen Teil des Preises bezahlt. So war es bei meinen Kiritsuke. Hier muss Aliexpress transparenter werden und darf solche Praktiken nicht dulden. Das Kiritsuke mit Wa-Griff würde ich trotzdem empfehlen, weil es einfach um ein schönes, gut verarbeitetes Messer mit guter Klingengeometrie handelt, wenn alle Exemplare so dünn ausgeschliffen sind wie meines. Ein Risiko bleibt bei Aliexpress immer. Was meiner Meinung nach in Bezug auf den Preis aber zu verkraften ist.
Hier noch zwei Links zu Verkäufern:
Ob chinesische Messer gut oder schlecht sind, lässt sich aus drei Exemplaren nicht ableiten. Es zeigt aber, dass sie nicht notwendig schlecht sind und man auch preisgünstige gute Exemplare erwischen kann. Für chinesische Messer gilt jedoch, was für jedes Messer gilt. Ein Messer ist nur so gut wie die Pflege, die man ihm angedeihen lässt d.h. Messer sind regelmäßig zu schärfen und scharf zu halten. Wer das nicht macht, soll es nicht auf das schlechte Messer schieben, wenn das Schneiden nicht mehr leicht von der Hand geht. Da nützt dann ein hochpreisiges auch nicht. In diesem Sinne:
Dra Chanasan ahna Kantrabass, saßan aaf dar Straßa and arzahltan sach was,
Da kam da Palazaa, aa was ast dann das, Dra Chanasan ahna Kantrabass...