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Koji selbstgemacht

Grillkugel

Grillkaiser
15+ Jahre im GSV
Ich trage mich schon seit längerem mit dem Gedanken, etwas mit Koji zu machen. Seit ich mir neulich beiden Fermentations-Bücher von Redzepi und Katz zugelegt habe, bin ich entschlossen, das in die Tat umzusetzen.

Das erste Problem ist die Beschaffung geeigneter Sporen. In Deutschland gibt es da praktisch nichts. Bei Ebay bin ich auf einen japanischen Händler gestoßen, der eine Auswahl von Koji-Stämmen anbietet, die für verschiedene Anwednungen optimiert sind. Ich habe mich für Gersten-Koji entschieden und deshalb die "Mugi Miso"-Variante bestellt. 20 Gramm (ausreichend für 15 kg Substrat) kosten knapp 18 Euro inklusive Versand als Einschreiben. Der Postweg hat eine Woche gedauert, aber es lag auch Ostern dazwischen

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Koji braucht für die 48-stündige Inkubationszeit eine Temperatur von ca. 30 bis 35 Grad und eine Luftfeuchte von 70% bis 75%. Es gibt viele verschiedene Methoden, das zu bewerkstelligen, von der Styropobox mit Heizelement und Luftbefeuchter über den Räucherschrank bis zum Backofen mit eingeschalteter Lampe.

Beim Stöbern im Netz bin ich auf die Wasserbad-Methode gestoßen, die mit einem Sous-Vide-Stab arbeitet. Da ich so ein Teil besitze, habe ich mich dafür entschieden. Das Wasserbad besteht aus zwei Gastronorm-Behältern. Der große Behälter hat Format 1:1 und 20 cm Tiefe, die Wanne hat das Format 2:3 und 6 cm Tiefe.

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Gerstengraupen werden 4 Stunden in Wasser eingeweicht und abtropfen gelassen. Dann werden sie ca. 20 Minuten lang gedämpft. Sie sollen "al dente" sein, also weder matschig noch hart im Kern.

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Die abgekühlten Graupen werden mit den Sporen vermischt und dann in der Wanne ausgebreitet und das Wasserbad auf 30 Grad eingestellt.

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Darüber legt man das angefeuchtete Tuch, das man schon fürs Dämpfen verwendet hat. Wenn das Wasserbad die Wanne etwas hochdrückt, kann man sie mit Wäscheklammern an den Ecken fixieren. Nach 24 Stunden sieht man schon den ersten Flaum. Die Körner werden nun noch einmal gründlich durchgemischt, damit sich der Pilz besser festsetzen kann.

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Dann kann man dem Schimmel praktisch beim Wachsen zuschauen. Bei diesem Stamm wird der Schimmel leicht gelb-grünlich. Ich hatte schon befürchtet, dass die Sporenbildung schon begonnen hat, es hat aber noch nicht "gestaubt". Nach insgesamt 48 Stunden habe ich dann aufgehört.

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Der Schimmel ist am Rand stärker gewachsen als in der Mitte, was wohl auch an ungleichmäßiger Verteilung lag. Ich hätte wohl auch etwas mehr Gerste verwenden sollen. Es waren 500 Gramm Graupen, die nach dem Dämpfen ca. 750 Gramm wogen. Die Wanne in dieser Größe sollte in der Lage sein, die doppelte Menge aufzunehmen. Dann sollte man aber nach dem Durchmischen "Wellen" formen, damit die Körner in Bodennähe genug Luft abbekommen.

Im Moment kühlt der Kuchen im Kühlschrank aus, um das Schhimmelwachstum zu stoppen. Erst danach wird sich zeigen, ob der/die/das Koji auch "funktioniert". Aber prinzipiell scheint diese Methode doch zu funktionieren.
 
Ich hab vor etlichen Jahren auch schon mal Koji besorgt, aus Deutschland, bei einem kleinen Hersteller. Wer es war, weiß ich natürlich nicht mehr, ist zu lang her. Ich wollte Miso damit machen, bei der Absicht ist es allerdings geblieben.
Ich habe aber ein Glas voll "Koji F für Soja" im Kühlschrank aufgehoben und der sieht sogar noch einigermaßen ordentlich aus. Zumeist dick mit braunem Schimmel ummantelte Getreidekörner. Sollte ich einfach mal ausprobieren... Den Noma- Guide hab ich ja.
 
Die ersten Produkte sind jetzt in Arbeit. Als erstes habe ich "Shio Koji" angesetzt, was nichts anderes ist als eine Mischung aus gleichen Teilen Koji und Wasser mit 4% Salz. In Japan verwendet man das als Umami-Allzweckwaffe oder auch als Marinade. Je länger die Soße fermentiert, um so kräftiger wird sie.

Beim Mixen in der Küchenmaschine sind die Gerstenkörner noch zu fest, um komplett zerkleinert zu werden.

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Ich habe die Mischung ein paar Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen, damit die Körner quellen können. Gleichzeitig hat natürlich auch schon die Fermentation eingesetzt. Noch ein kleiner Schuss Wasser dazu und jetzt klappt es auch mit dem Mixen:

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Am Anfang war der Geschmack ehrlich gesagt grässlich. Aber mittlerweile merkt man, wohin die Reise geht. Ich hatte nie das Vergnügen so etwas im Original zu probieren, aber ich glaube, es geht in die richtige Richtung. Es ist schon ziemlich "umami" und geht geschmacklich in Richtung milde Sojasoße.

Außerdem habe ich heute mit dem Rest des Kojis ein Miso aus schwarzen Beluga-Linsen angesetzt. Diese werden weich gekocht und mit dem zerbröselten Koji und Salz in der Küchenmaschine püriert.

Das Verhältnis von Koji zu Linsen (oder was auch immer) und der Salzgehalt bestimmen den Charakter des Misos. In Japan wird wohl meist mit Salzgehalten von 6% bis 13% gearbeitet. Noma verwendet 4%, was wohl das Minimum für die mikrobielle Sicherheit ist. Sie gehen sowieso recht sparsam mit dem Salz um. Bei mir sind es ca. 5% geworden. Ich habe mit 6% begonnen und musste aber noch Flüssigkeit zugeben, damit die Konsistenz nicht zu bröselig wird. Ich habe ca. 40% Koji und 60% Linsen verwendet, was letztlich den Grund hatte, dass icc ausgehend von der Restmenge an Koji ein Literglas füllen wollte.

Fest packen, zur Schimmelabwehr mit Salz bestreuen, Plastikfolie drüber und beschweren. Möglicherweise ist der Füllstand doch etwas zu hoch. Ich werde das natürlich beobachten.

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Ich hab als erstes einen Teil meiner pürierten , eingefrorenen Tomaten vom letzten Jahr milchsauer vergären lassen: 1 L Püree mit 2% Salz
in ein großes Glas gefüllt und leicht zugeschraubt. Nach ein paar Tagen trennten sich Fruchtfleisch und Brühe, das Fruchtfleisch sank auf den Boden. Nach 10 Tagen schmeckte es fantastisch, würzig. V.a. verglichen mit dem Ausgangsprodukt: die eingefrorenen Tomaten waren sehr fade gewesen - eine enorme Verbesserung!

Das Fruchtfleisch hab ich mir aufs Brot gestrichen, die Brühe zum Würzen beim Kochen genommen.

Die gleiche Prozedur hab ich mit Zitronenscheiben und mit Limettenscheiben gemacht. Das Ergebnis war aber nicht sehr überzeugend, schmeckt nicht.

Was wieder sehr gut geworden ist, sind aufgetaute Stachelbeeren, die ich auch nach dem Noma- Guide habe vergären lassen. Die schmeckten heute nach 10 Tagen schön würzig- säuerlich und haben mein (leicht angebranntes) Spitzkohlgemüse , was für sich genommen
trotz Gewürzen ziemlich lahm geschmeckt hatte, echt interessant aufgepeppt!

Als nächstes werde ich das obige Rezept von Grillkugel mit dem Soja- Koji ausprobieren, also ein Soja- Miso versuchen. Aber vorher nochmal den Noma- Guide in dieser Richtung genauer studieren. Das Koji ist inzwischen mindestens 5 Jahre alt, und den Shop gibts leider nicht mehr, von dem ich es besorgt hatte. Es sieht aber noch ganz vertrauenerweckend aus und mehr als schiefgehen kanns ja nicht....

Danke für deinen Beitrag, @Grillkugel ; ich finde ihn sehr anregend!
 
Tomaten sind für den Sommer fest eingeplant. Die wachsen bei mir im Garten gut. Mit Paprika hatte ich gärtnerisch weniger Ergolg, deshalb kaufe ich den schamlos.
 
Shio Koji wird als Marinade verwendet. Die Enzyme darin machen sich über das Fleisch her, was den Geschmack verbessern soll.

Miso kennt man von der japanischen Misosuppe, letztlich ist es eine Würzzutat. Auch Miso kann man als Marinade für Fleisch verwenden, insbesondere zum Grillen.
 
Heute kam das Shio Koji zum ersten Mal als Marinade zum Einsatz. Ich habe 2 Hähnchenschlegel über Nacht mariniert, dann kamen sie für 90 Minuten bei ca. 140°C in den Monolith, dazu eine ganze Süßkartoffel. Ich habe keine weiteren Gewürze verwendet, um ein Gefühl dafür zu bekommen.

Das Ergebnis kann sich sehen und schmecken lassen. Das Hähnchen war lecker, zart und saftig. Das machen wir mal wieder.
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Ich hab mich auch anstecken lassen... :D

Meine Kultur sollte demnächst hier aufschlagen.
 
Gestern war es dann soweit. Die Packung sieht zumindest schon mal gleich aus wie deine.
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Jetzt muß ich mich nur noch d'rübertrauen! :D
 
Danke für deinen interessanten Versuch, das stand auch schon länger auf meiner ToDo-Liste. Jetzt weiß ich zumindest wie ich es nachbauen kann :thumb2:
 
Heute war der große Tag. Ich habe das Miso zum ersten Mal eingesetzt.

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Geschmacklich ist es sehr angenehm, mit einer leicht malzigen Süße und einem Anklang von Wein. Vermutlich wandeln wilde Hefen einen kleinen Teil des entstandenen Zuckers in Alkohol um. Dazu kommt natürlich das geballte Umami.

Ich habe einen klasssischen Tafelspitz gekocht und das Miso dabei verwendet. Aus der Fleischbrühe habe ich eine Misosuppe gemacht. Einfach einen Löffel Miso in die Suppenschale geben, mit heißer Brühe auffüllend und gut verrühren. Als Einlage gab es Eierstich "Royale", also mit Sahne zubereitet, darüber ein paar Ringe Frühlingszwiebel. So sieht das Ganze fast wie eine japanissche Misosuppe mit Tofu-Einlage aus.

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Zum Fleisch habe ich das Miso mit frisch geriebenem Meerrettich und Sahne vermischt. Man muss sich bei der Menge etwas herantasten. Das Miso soll man zwar schmecken, es dar aber auch nicht dominieren. Kombiniert mit der Schärfe des Meerrettichs hat das sehr gut zum Fleisch gepasst. Ich habe dummerweise das Fleischstück nicht richtig "gelesen" und längs zur Faser angeschnitten. Dem Geschmack hat es keinen Abbruch getan.

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Der Miso-Meerrettich war lecker, aber der wirkliche Hammer war die Miso-Suppe. Da hat alles perfekt zusammengepasst, und es war definitiv eines Top-Restaurants würdig.
 
Heute war der große Tag. Ich habe das Miso zum ersten Mal eingesetzt.
Welches hast du denn gemacht? Und ... ist das Miso nicht noch sehr jung? In dem Buch über Miso, das ich habe, steht was von einer Reifezeit von mindestens sechs Monaten (bis zu drei Jahren) und daß man am besten über die kalte Jahreszeit beginnt.
 
Welches hast du denn gemacht?
Außerdem habe ich heute mit dem Rest des Kojis ein Miso aus schwarzen Beluga-Linsen angesetzt

...steht was von einer Reifezeit von mindestens sechs Monaten

Laut Noma-Buch beträgt die Reifezeit üblicherweise 3 bis 4 Montate. Irgendwo habe ich auch gelesen, dass bei langen Reifezeiten über ein Jahr der Geschmack auch wieder etwas abbauen kann oder sich zumindest nicht weiter entwickelt. Und das mit der kalten Jahrezeit ist bei Zimmertemperatur sowieso wurscht.

Fazit: Immer mal wieder probieren und nicht streng nach dem Kalender gehen. Ich finde mein Miso jetzt perfekt verwendbar, also habe ich es verwendet. Ich habe natürlich nur einen kleinen Teil verbraucht und werde beobachten, wie sich der Rest weiter entwickelt.
 
@Grillkugel: Sorry, ich hatte vergessen, daß du den Miso-Ansatz schon beschrieben hattest...

Die Idee hinter dem "Ansatz in der kalten" Jahreszeit ist übrigens, daß im Winter die Luft etwas weniger mit Mikroorganismen belastet ist, die für einen Miso-Ansatz, der noch nicht stabil ist, eventuell gefährlich werden könnten.
 
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