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Lebensmittelhygiene, Keimbelastung von Fleisch und Sicherheit von Garmethoden - eine kleine Einführung

Hammhh-let

GSV-Ravioli-Anfixer
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Lebensmittelhygiene, Keimbelastung von Fleisch und Sicherheit von Garmethoden - eine kleine Einführung


Das Thema „Keime im Fleisch“ oder generell das Risiko bei Zubereitung und Verzehr von nicht vollständig durchgegartem Fleisch ist alltagspräsent und auch hier im GSV immer wieder ein Thema. Eine kürzlich – sehr schön sachlich geführte – Diskussion zu der Thematik hat mich bewogen, einmal einen kurzen Abriss zu der Thematik Mikrobiologie beim Grillen und Kochen zu schreiben.


Drei wichtige Dinge vorab:

  • Disclaimer / Haftungsausschluss: Ich kann natürlich trotz solider Recherche und Abfassung nach bestem Wissen und Gewissen keine Haftung für Gesundheit der Leser oder die Richtigkeit der Informationen aus den von mir verwendeten Quellen übernehmen. JEDER muss SELBST entscheiden, wie er mit dem Thema umgeht und nicht jede Empfehlung die ich zitiere oder persönlich gebe, kann von jedem übernommen werden. Vorerkrankte, betagte Menschen, Personen mit Abwehrschwäche oder Personen mit bestimmter Medikation MÜSSEN sich ggf. beim Thema Lebensmittelsicherheit anders verhalten als ich.

  • Erfahrungsgemäß wird, wenn „althergebrachte Meinung“ oder Mythen diskutiert werden, die Diskussion irgendwann emotional. Ich würde mich über rege Diskussion und Beisteuerung von Informationen und Wissen freuen – es wäre aber schön, wenn wir sachlich und wissenschaftlich fundiert bleiben. Bin mal gespannt, ob das klappt :D

  • Saubere Hände, eine saubere Küche im Allgemeinen, gründliche Reinigung von Messern, Besteck, Behältern und Co. sollten selbst verständlich seien. Darauf gehe ich im folgenden nicht weiter bzw. konkret ein.


(Bisherige) Themen

1. Einführung, Umgang mit Allgemeinempfehlungen und Mythen
2. Hackfleisch
3. Rindfleisch generell (Steak)
4. Schweinefleisch (und Trichinien im Speziellen)
5. Salmonellen, Geflügel und Eier
6. Listerien und Besonderheiten bei Schwangeren


Ich werde versuchen, die Themen nach und nach zu ergänzen.


1. Einführung, Umgang mit Allgemeinempfehlungen und Mythen

Grundannahme:


Kein Lebensmittel der Welt ist in seinem natürlichen Zustand keimfrei. Mikroorganismen aller Art sind in unserer gesamten Umwelt vorhanden, sie befinden sich auf Alltagsgegenständen, auf Küchenutensilien – selbst wenn sie gründlich gereinigt wurden und sind auf unserer menschlichen Haut und eben auch auf den Lebensmitteln, die wir essen.

Das ist zunächst auch erstmal gar nichts Schlimmes, der größte Teil der Mikroorganismen unserer Umwelt ist harmlos und nicht wenige Bakterien benötigen wir tatsächlich sogar zum Überleben. Die Bakterien unserer Haut helfen z.B. bei der Regulation des Milieus unserer Haut und unterstützen bei der Abwehr, insbesondere da sie in Konkurrenz zu pathogenen (potenziell „gefährlichen“, „krankmachenden“) Keimen stehen. Darmbakterien sind lebensnotwendig für unsere Verdauung und für die Darmgesundheit von entscheidender Bedeutung. [1]


Keime in Lebensmitteln

Trotz dieser natürlichen Keimbelastung kann der (gesunde, immunkompetente) Mensch Nahrungsmittel, auch tierische, roh zu sich nehmen. Vor der Zähmung des Feuers war diese Art der Ernährung für unsere Spezies ohnehin normal.

Früchte wie Äpfel, Orangen oder auch Kokosnüsse essen wir wie selbstverständlich roh, aber auch rohes Rindfleisch und rohe Eier (z.B. „Beef tartar“) oder rohe Austern werden von vielen Menschen mit Genuss gegessen. Aber warum ist das so?


Bei der Betrachtung von Keimen in Lebensmitteln ist es nämlich wichtig, drei wichtige Faktoren besonders zu berücksichtigen.
  • Die Art der Keimbelastung
  • Die Menge der Keimbelastung
  • Nebenprodukte der Keimbelastung

Die Art der Keimbelastung ist insofern von Bedeutung, als dass nur ein Teil der Mikroorganismen krank machen kann bzw. fast immer krank macht. Die Wissenschaft beschreibt diesen Teil der Mikroorganismen als „Pathogene“ bzw. „pathogene Mikroorganismen“ oder auch gemeinhin als Krankheitserreger. Die Erreger sind dabei vielfältig, sowohl Bakerien, Viren, Pilze, Protozoen (Einzeller), Prionen, Parasiten, Würmer als auch deren Stoffwechselprodukte können beim Menschen Krankheitserscheinungen hervorrufen. Alle diese Mikroorgansimen sind in gewissem Umfang in Speisen vorhanden und insofern von Bedeutung. [2] [3]

Die Menge der Keimbelastung ist ebenfalls von großer Bedeutung – sowohl für das Verständnis krankmachender Effekte von Mikroorganismen als auch für das Verständnis von Mechanismen in der Küche und am Grill, die zur Vermeidung eben jener pathogenen Wirkung bestimmter Keime entwickelt wurden. Der menschliche Körper setzt sich mit seinem Immunsystem tagtäglich mit der Keimbelastung unserer Umwelt auseinander und kommt damit auch sehr gut zurecht, erst wenn der Mensch entweder mit der Art der Keimbelastung (siehe oben) oder mit der Menge an Keimen nicht mehr zurechtkommt, kann es zu Krankheitserscheinungen kommen. Dies ist natürlich eine schwerwiegende Vereinfachung, genügt aber für das Thema Kochen und Grillen so erstmal. Wichtig zu wissen ist, dass der Mensch mit geringen, normalen Mengen an Keimen durchaus zurechtkommt, erst wenn erhebliche, das normale Maß übersteigende Kontamination (hohe Keimbelastung) von Lebensmitteln vorliegt, kann es zu Problemen kommen. Auch unsere Art zu kochen dient niemals dazu, die Keime unserer Lebensmittel vollständig und in Gänze zu vernichten - eben nur so weit zu reduzieren, dass wir unsere Lebensmittel gefahrlos verzehren können.

Auch Nebenprodukte von Mikroorganismen (Stoffwechselprodukte, Giftstoffe, Toxine) sind von Bedeutung. Häufig ist es nicht der Keim selbst, der zu Krankheitserscheinungen führt, sondern Nebenprodukte seines Stoffwechsels. Für Kochen und Grillen ist dies von Bedeutung, da für die Inaktivierung von Toxinen (Giftstoffe) teilweise weitaus höhere Temperaturen erforderlich sind, als für die Unschädlichmachung der Mikroorganismen selbst. [3]


Die Art, wie gewisse Mikroorganismen zu Krankheit oder Krankheitssymptomen führen, spielt bei der Zubereitung von Speisen selbst erst mal keine große Rolle. Wer sich an dieser Stelle weiter informieren möchte, kann recht einfach mit Wikipedia starten. Für Interessierte empfehle ich übrigens auch wärmstens „Modernist Cuisine“ - meiner Meinung nach die modernste, umfangreichste und auch wissenschaftlichste Monographie zum Thema Lebensmittel, Lebensmittelsicherheit, Koch- und Garmethoden und vielem mehr.


Kurze Einführung in die Mikrobiologie

Mikroorganismen und die meisten Keime (Ausnahme: Viren, Viroide, Prionen) sind mikroskopische Lebensformen, die ganz vereinfacht ausgedrückt ‚leben‘, also sich fortpflanzen und Nahrung verstoffwechseln. Dabei leben diese Mikroorganismen zum Teil mit den Menschen oder ihren Wirten in Symbiose, das heißt die Lebensformen sind aneinander gewöhnt und nutzen sich sogar gegenseitig, z.B. durch Vorbereitung und Vorverdauung von Nahrungsbestandteilen. Auch eine große Menge eben dieser Bakterien oder Mikroorganismen macht den Menschen oder auch das Tier nicht krank. [4]

Andere Keime sind zwar den Menschen oder anderen Wirten nicht von unmittelbarem Nutzen, machen jedoch auch nicht krank. Kommt es allerdings zu einer Störung des Gleichgewichts dieser Keime, zu überproportionaler Vermehrung oder insbesondere zur Verschleppung dieser Keime an Orte, in denen sie nicht natürlicherweise vorkommen (z.B. Hautkeime in offene Wunden, Darmkeime in die Blutbahn) können Krankheitserscheinungen durch eigentlich unproblematische Keime hervorgerufen werden.

Wenige Keime, die auch den meisten Hobbyköchen und Grillern bekannt sind, machen allerdings fast immer krank, zumindest bei höherer Anzahl von Keimen oder nicht-ordnungsgemäßer Zubereitung der Speisen, auf welchen sie zu finden sind. Seit Jahrzehnten von besonderem Interesse sind dabei stets Salmonellen, Staphylococcus aureus, Clostridium Botulinum, Noroviren oder aber auch Würmer und Darmparasiten aller Art. [2] Die Liste lässt sich (fast) unendlich weiter fortführen, das macht für eine Übersicht und einen Einstieg in das Thema für den interessierten GSV’ler aber keinen Sinn.


Der Hobbykoch und Griller muss aber grundsätzlich wissen, bei welchen Lebensmitteln zumindest eine gewisse Gefahr bei der Zubereitung besteht und wie diese umgangen wird.


Die Kochmethoden des modernen Menschen sind dabei in den vergangenen Jahrzehnten bzw. tatsächlich sogar vergangenen Jahrhunderten, zunächst durch Beobachtungen und Erfahrung, später sodann auch durch wissenschaftliche Methoden, entwickelt worden, um insbesondere krankmachende Mikroorganismen durch die Koch- und Garprozesse für den Menschen unschädlich zu machen. [5]

Am Anfang stand dabei, schwer vereinfacht ausgedrückt, die Beobachtung, dass auf gewisse Weise behandelte Lebensmittel weniger schnell verderblich wurden und weniger häufig krank machten. Durch ausprobieren (try & error) wurden auch Methoden entwickelt, um verderbliche Lebensmittel haltbar zu machen.

Erst ab dem 19. Jahrhundert begann die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas Mikrobiologie, ganz maßgeblich durch Robert Koch, Louis Pasteur und andere. [6] [7] [8]

Erstmals entwickelte die Menschheit ein grundlegendes Verständnis für die krankmachende Wirkung bestimmter Mikroorganismen. Es hat allerdings viele Jahrzehnte gedauert, bis Arzneimittel, Impfungen und (für uns hier relevant) Techniken zur Keimreduktion in Lebensmitteln entwickelt wurden.

Da insbesondere bei der Zubereitung von Lebensmitteln lange Zeit die zugrundeliegende Biologie und Wissenschaft nicht bekannt war, und, auch bis in das letzte Jahrhundert hinein, breite Massen der Bevölkerung keinen Zugang zu den Informationen und kein Verständnis derselben erlangen konnten, ranken sich verschiedene Mythen um das Thema sichere Zubereitung von Nahrungsmitteln.


Wo her stammen die alten Empfehlungen und Mythen?

Eine komplette Aufarbeitung kann in einem kleinen Artikel wie diesem kaum erfolgen. Ich habe mich allerdings vor einiger Zeit mit großem Interesse genau mit diesem Thema beschäftigt, da auch bei uns zu Hause ganz häufig erklärt wurde, dass „Schweinefleisch durchgebraten werden muss“ oder „rohe Eier wegen der Salmonellen“ nicht verzehrt werden dürften.

Die althergebrachte Meinung ist dabei ganz häufig nicht unbedingt Bauernweisheit oder seit Jahrhunderten tradierte Erfahrung, sondern stammt oft sogar aus Empfehlungen offizieller Stellen (z.B. USDA, FDA, RKI etc.).

Auch heute noch führt das RKI hinsichtlich der Salmonellen aus:

„Alle Speisen und Lebensmittel, die viel Eiweiß und Wasser enthalten, müssen entweder heiß (> 70°C) oder unterhalb 10°C, also im Kühlschrank, aufbewahrt werden. Rohe Fleisch- und Wurstwaren, Schlachtgeflügel, Seetiere, Eier, Cremes, Salate und Mayonnaisen mit Rohei sowie Speiseeis sind nach dem Einkauf stets im Kühlschrank aufzubewahren.“ [9]

und

„Speisen dürfen nicht längerfristig warm, d. h. unter 60°C, gehalten werden. Eine sichere Abtötung der Salmonellen wird bei Temperaturen über 70°C für mindestens zehn Minuten Garzeit erreicht.“ [9]


Gleichermaßen führt das Robert-Koch-Institut bezüglich der Trichinien aus:

„Für den Verbraucher bestehen Möglichkeiten der Prävention in der Behandlung und Zubereitung des Fleisches. Abtöten der Parasiten durch Erhitzen: Temperaturen im Kern des Fleisches von mindestens 70 °C über eine Minute töten Trichinella-Larven mit Sicherheit ab. Zu beachten ist dabei, dass diese Temperaturen auch im Kern größerer Fleischstücke erreicht werden müssen; hier bestehen in der Praxis Risiken. Beispielsweise ist das Erhitzen mittels Mikrowelle keine zuverlässige Methode. Besonders sollte auch auf Reisen eine ausreichende Erhitzung des Fleisches – erkennbar am Farbumschlag von rot nach grau – beachtet werden.“ [10]


Soweit exemplarisch für Salmonellen und Trichinien (Schweinefleisch) die auch heute noch kommunizierte Empfehlung an den Verbraucher - die auch immer wieder hier im Forum entsprechend diskutiert wird.



Wie geht man mit diesen Empfehlungen um?


Die Frage ist natürlich vollkommen berechtigt und ich kann auch nachvollziehen, dass bei solchen Themen durchaus auch mal hitzig diskutiert werden kann. Zunächst einmal sollte man sich klarmachen, dass offizielle Stellen wie das Robert-Koch-Institut oder in Amerika die FDA natürlich niemals Empfehlungen wie: „Schweinefleisch kann man ruhig rosa essen, normalerweise passiert da nix“ herausgeben dürfen. Wenn man dem Verbraucher eine offizielle Empfehlung gibt, dann muss man (als Person oder Autor) oder aber auch als Behörde sicherstellen, dass diese Empfehlung auch für nahezu 100% aller Fälle und Bürger sicher ist.

Etwas schade ist natürlich, dass die Empfehlungen offizieller Stellen nicht etwas differenzierter sind - dies kann man denen aber um Gottes Willen nicht zum Vorwurf machen (siehe oben). Längst nicht jeder Bürger wäre in der Lage, umfassende und differenzierte Empfehlungen für sich konkret sinnvoll und sicher zu adaptieren - noch kann man insbesondere bei den offiziellen Stellen da eine Verpflichtung sehen, für jedes Lebensmittel und für jeden persönlichen Geschmack differenzierte Empfehlungen zu geben. Positiv hervorzuheben ist aber, dass insbesondere im amerikanischen Bereich jüngere Empfehlungen hinsichtlich der sicheren Temperaturen und Garzeiten differenzierter werden. Dazu aber später mehr.

Da zumindest die meisten hier allerdings gerne ihr (Rinder)-Steak nicht gerne totgegart essen und nicht wenige auch beim Schweinefleisch zumindest zartes Rosa bevorzugen, findet ganz alltäglich eine Missachtung offizieller Empfehlungen und althergebrachter Erfahrung statt. Auch bei dem oft besonders argwöhnisch betrachteten Hackfleisch (Stichwort „Burger medium“) beobachtet man eine Trendumkehr, in den heimischen Küchen und am Grill wird zunehmend auch ein rosa Pattie bevorzugt und durchaus bekommt man heutzutage auch schon in der Gastronomie, meistens auf Wunsch, den Burger in medium serviert.


Aber ist das auch sicher?

Ich verweise einmal auf den obenstehenden Disclaimer ;-) und sage dann „ja“ ;-)

Dann aber kommt ein „kommt drauf an“ und „jeder entscheidet für sich“ - und das ist durchaus ernst gemeint. Ganz häufig liest man hier im GSV bei der Diskussion solcher Themen „wenn ich für Gäste koche, würde ich niemals …“ - und das ist auch genau richtig so. Wenn man Verantwortung für mehr als nur den eigenen Magen übernimmt, dann gelten sicher andere Regeln - insbesondere wenn man für ältere Familienmitglieder oder vorerkrankte Freunde kocht oder grillt. Mindestens sollte abgesprochen sein, wie möglicherweise kritisches Grillgut zubereitet wird. Dies sehe ich aber als Selbstverständlichkeit an und liegt zudem auch im persönlichen Verantwortungsbereich eines jeden selbst. Ich glaube, das brauchen wir an dieser Stelle auch nicht diskutieren.

Anhand einiger Beispiele, die hier für viele von relevant sein dürften und mit denen ich mich einmal gründlich (durch Lesen und Recherche) und dann auch im Alltag beschäftigt habe, möchte ich jetzt einmal den (wissenschaftlichen bzw. kulinarischen) Wissensstand kommunizieren und erklären, wie ich persönlich mit den jeweiligen Themen umgehe. Aber wie gesagt: Das ist eine Wiedergabe von, nach bestem Wissen und Gewissen recherchierten, Fremdinformationen sowie meine persönliche Interpretation und Herangehensweise. Ich bin zwar Naturwissenschaftler, aber speziell kein Mikrobiologe, auch kein Lebensmitteltechniker, kein ausgebildeter Koch oder Gastronom – sondern nur enthusiastischer Griller und Hobbykoch, der allerdings nach vielen Jahren der Zubereitung und des Verzehrs von nicht vollständig durchgegarten Lebensmitteln Gott sei Dank noch nicht einmal krank war. ;-)

Aber was nicht ist, kann ja immer noch werden… ;-)

Aber jetzt mal konkret zu ein paar Beispielen:


2. Hackfleisch:

Die Gefahr der Mikroorganismen beim Hackfleisch liegt, wieder mal schwer vereinfacht wiedergegeben, an folgendem: Durch das Wolfen vergrößert sich die Oberfläche der gleichen Menge Fleisch um ein Vielfaches. 500 g Rindernacken als Stück hat eine vergleichbar geringe Oberfläche, nur auf der Oberfläche selbst können sich Keime (die dort auch völlig natürlich vorhanden sind) vermehren. Durch das Wolfen wird die Oberfläche dann aber massiv (massiv!!!) vergrößert, das heißt die völlig natürlich auf dem Fleisch sitzenden Mikroorganismen haben nach dem Wolfeneine unglaublich viel größere Fläche zum Besiedeln und zur Vermehrung. Beim Hackfleisch kommt noch ein weiteres Problem dazu: Die Keime, die normalerweise nur auf der Oberfläche vom Fleisch zu finden sind, werden durch das Wolfen schön mit nicht kontaminiertem Fleisch vermischt und gleichmäßig in der Hackfleischmasse verteilt. Waren die Keime zuvor nur auf der begrenzten Oberfläche des Ausgangsstücks, so sind sie nach dem Wolfen gleichmäßig verteilt und haben ihre große, in der Oberfläche vergrößerte Spielwiese zur Ausbreitung und zur Vermehrung.

Dies führt dazu, dass sich für die Mikroorganismen bessere Vermehrungsbedingungen ergeben. Kommen dann noch eine bereits per se hohe Keimbelastung des Ausgangsstücks, unhygienische Verarbeitung, unsachgemäße Lagerung (außerhalb des Kühlschranks), zu lange Lagerung (mehrere Tage) oder andere unglückliche Umstände hinzu, hat Hackfleisch durchaus die reale Gefahr sehr schnellen Verderbs - mit entsprechenden Folgen. Hackfleisch, bei Zimmertemperatur für mehrere Stunden liegen gelassen, dürfte in der Folge ungenießbar sein.


Wie geht man vor?

Die Maßnahmen, die zur sicheren Handhabung erforderlich sind, ergeben sich eigentlich von allein. Optimal ist die Auswahl eines hygienisch unbedenklichen Ausgangsproduktes, selbstverständlich sollte die hygienisch einwandfreie Verarbeitung durch den Metzger sein. Bei beidem habe ich, Ausnahmen bestätigen hier sicherlich die Regel, bei meinem persönlichen Metzger aber auch ganz generell in Deutschland wenig Sorgen.

Wer zu Hause selbst wolft, achtet natürlich auf einwandfreie Sauberkeit der Küche und insbesondere auch des Fleischwolfs - nach jeder Benutzung sollte eine gründliche Reinigung selbstverständlich sein. Das Wolfen zu Hause hat natürlich den unschlagbaren Vorteil, dass das Hackfleisch sehr frisch ist und der kritische Prozess der Oberflächenvergrößerung und der Verschleppung von Keimen sehr dicht am Zeitpunkt des Verzehrs gelegen ist.

Ganz generell sollte Hackfleisch nach dem Kauf oder der Herstellung, ohne wesentliche Unterbrechung der Kühlkette, natürlich zeitnah verzehrt werden. Das ist neben der Frage der Lebensmittelsicherheit auch eine Frage des Genusses. Bei frischem Hackfleisch habe ich kein Problem damit, dieses auch noch nach 2-3 Tagen zu verzehren, selbstverständlich nur nach kritischem Blick auf das Produkt, nach Geruchsprobe und nach ordentlicher Zubereitung. Rindfleisch, welches ich roh verzehre, hacke ich selbst und esse es sofort.

Burger medium hat sicherlich eine etwas kleinere Toleranz als eine stundenlang geköchelte Bolognese. Da findet aber bitte jeder seinen eigenen Weg.



3. Rindfleisch (Steak) generell:

Rindfleisch hat hinsichtlich der Kerntemperaturen den klaren Vorteil gegenüber dem Schweinefleisch, dass die Belastung mit Bandwürmern, insbesondere Trichinien, historisch kein (größeres) Thema war. [11].

Natürlich ist eine normale Kontamination von Rindfleisch mit gewissen Mikroorganismen stets vorhanden, bei Steak allerdings erstmal nur auf der Außenseite und nicht im Inneren des Stückes Fleisch. Das Steak hat dabei prinzipiell den bereits beim Hackfleisch genannten Vorteil einer relativ geringen Oberfläche bezogen auf Volumen und Masse. Genau dieser Bereich der kontaminierten Oberfläche, der gute GSV’ler bevorzugt ja eine schöne Kruste beim Steak, wird dann auch beim Braten in der Pfanne oder auf dem Grill mit sehr hoher Temperatur bearbeitet und wird insofern eine sehr gute Reduktion der Keimlast erfahren - bei den Temperaturen, bei denen die Maillard-Reaktion für die schöne Kruste abläuft, stirbt normalerweise jeder alltagsübliche Keim auf der Oberfläche des Steaks. Im Inneren selbst ist die Keimlast weitaus geringer bzw. zu vernachlässigen, weshalb hier gar keine so große Hitze (aus hygienischen Überlegungen heraus) erforderlich ist. Das Erreichen einer gewissen Kerntemperatur dient hier allein der Konsistenz und dem Geschmack, weniger dem Abtöten von Keimen. Der Verzehr von Rindfleisch mit Kerntemperaturen von 50° aufwärts, wie üblich, ist insofern hygienisch unproblematisch. Von wenigen Individuen vielleicht mal abgesehen, kann vom Standpunkt der Hygiene aus Rindersteak also nicht vollständig durchgegart verzehrt werden. Dies wird gemeinhin auch akzeptiert, nicht ohne Grund bekommt man sein Steak im Restaurant medium oder sogar rohes Rindfleisch in Form von Tartar.


Wie geht man vor?

Es gilt wie immer das Grundkonzept von dem Erwerb eines hygienisch anständigen Lebensmittels, was bis zur Übergabe an den Endverbraucher hygienisch ordnungsgemäß behandelt wurde. Die Kühlkette sollte bis zum heimischen Kühlschrank eingehalten werden, bis zur endgültigen Verarbeitung ist aus oben genannten Gründen allerdings dann tatsächlich ein gewisser Spielraum vorhanden. Lagerung in der 0° Zone, Vakuumverpackung und ähnliches wirken sich positiv auf die Zeitdauer der Haltbarkeit aus, kann diese aber natürlich nicht unendlich verlängern. Oft fragt der interessierte Neuling hier, was er tun soll, wenn er am Montag sein Filetsteak erworben hat, dieses aber erst am Freitag grillen will. Bei der Beachtung vorgenannter Grundsätze ist meiner Meinung nach eine Lagerung für entsprechende Zeiträume meist unproblematisch. Vor dem endgültigen Zubereiten gilt es natürlich, dass Stück sorgsam zu inspizieren und dran zu riechen, bei dem Verdacht, dass sich Verderb eingestellt hat (schlechter Geruch) sollte das Fleisch sicherheitshalber entsorgt werden. Gewisse Verfärbungen (rötlichere Farbe als beim Erwerb, teils gräuliche Verfärbungen, auch ein Grünstich bei vakuumverpackten Fleisch) deuten dabei allerdings tatsächlich nicht auf einen Verderb der Ware hin, dies ist in weiten Teilen normal und auf das Hämoglobin im Blut (Grünstich) oder auf oxidative Prozesse (rötliche, teils aber auch gräuliche Verfärbung) zurückzuführen. Dies ist per se nicht schlimm. Es gilt an dieser Stelle: „Hört“ auf eure Nase. Geruchsneutrales Odeur bzw. mild nach Fleisch riechende Aromatik deutet auf ein hygienisch einwandfreies Produkt hin, welches mit Genuss verzehrt werden kann. Geruch von Fäulnis, strenge, beißende oder sonstig ‚unnormale‘ Gerüche deuten auf mögliche Gefahren hin. Tipp an Neulinge: „Trainiert“ euren Geruchssinn, schnuppert an jedem frischen Stück Fleisch (ohne es mit ungewaschen Fingern anzugrapschen ;-) ) und merkt Euch, was normal riecht und auch, was nicht.



4. Schweinefleisch (und Trichinien im Speziellen):

Schweinefleisch, heutzutage aber hauptsächlich Wildfleisch ist ein natürlicher Wirt für Trichinien. Aus der Sicht der Lebensmittelhygiene besonders problematisch ist der parasitäre Wurm Trichinella spiralis, der Verursacher der Trichinellose.

Zur Trichinellose / Trichinose: Die Trininellose ist der Grund, warum jahrzehntelang Schweinebraten totgegart wurde. Trichinella spiralis ist ein Fadenwurm, der im Larvenstadium über den Verzehr von befallenem Fleisch in den Wirt gelangt, hauptsächlich wie gesagt Wild, früher aber auch (Haus-)Schwein. Warum früher, dazu später mehr. Im Rahmen des Verdauungsprozesses werden die Larven freigesetzt, diese nisten sich in der Darmschleimhaut ein reifen dann zu erwachsenen Fadenwürmern heran. Männliche und weibliche Trichinella spiralis paaren sich und setzen neue Larven frei, die über Lymphe und Blutgefäße in verschiedene Organe oder auch Muskulatur des Wirtes gelangen. Die Dauer des Lebenszyklus ist unterschiedlich, beim Hund z.B. dauert es etwa nur eine Woche, bis erneute Larven gebildet werden, bei Menschen (an sich kein natürlicher Wirt) kann es 3-4 Monate dauern. Die Erreger können sich dabei einkapseln und so Jahre oder Jahrzehnte überdauern, durch diesen Prozess werden aber auch Organschäden verursacht. Bei Befall des Herzmuskels kann eine Infektion sogar tödlich verlaufen. Eine Behandlung ist grundsätzlich möglich, die erforderlichen Medikamente haben aber nicht unerhebliche Nebenwirkungen. [12] [13] [14]

Die Erkrankung der Trichinellose ist heutzutage extrem selten geworden. Kommerziell produziertes Schweinefleisch ist aufgrund der kontrollierten Fütterung und der Unterbrechung des Lebenszyklus in aller, aller (aller) Regel frei von Trichinien. Das Gefrieren von Schweinefleisch tötet etwaig verbliebene Larven ab, bei Schweinefleisch ist das Gefrieren auf -21° C für 82 h tödlich für die Erreger. Nicht wenig industriell gefertigtes Schweinefleisch wird im Rahmen des Fabrikationsprozesses entsprechend behandelt, ferner dient auch die Fleischbeschau durch den Veterinär dem Ausschuss von Fleisch, welches von Trichinien befallen ist. Die Maßnahmen haben dazu geführt, dass Trichinellose bei Menschen eine extrem seltene Erkrankung geworden ist, als Beispiel gab es in einem Beobachtungszeitraum von 4 Jahren in den USA lediglich 55 Fälle, was heruntergebrochen auf Deutschland und unserer Einwohnerzahl etwa 10-15 Fällen in 4 Jahren entspricht, also 3-4 im Jahr. Außerdem sind die bekannt gewordenen Fälle fast immer auf den Verzehr von Wild zurückzuführen, in den USA tatsächlich zumeist Bärenfleisch. Fälle, in denen Trichinellose durch den Verzehr kommerziell hergestellten Schweinefleisches hervorgerufen wurde, sind quasi nicht bekannt. Im Grunde gibt es nur sehr wenige Einzelfälle nach Verzehr von Schweinefleisch, diese dann fast immer bei privater Haltung und Hausschlachtung.

Im Grunde kann man durchaus sagen, dass Trichinellose durch Verzehr von Schweinefleisch (Wild ist etwas abweichend zu behandeln) in Deutschland kein Thema ist. [12] [13] [14]


Wie geht man vor?

Grundsätzlich ist Trichinella spiralis, sollte er entgegen jedweder Wahrscheinlichkeit und Statistik doch in deinem Schweinefleisch vorhanden seien, durchaus temperatursensibel. Als sichere Temperatur gilt Erhitzen auf 54-55° C für die Dauer von 120 min, alternativ das Erhitzen auf 60°C für etwa 12 min. [14].

Damit sind wir auch beim Schweinefleisch bei „medium“, also schönem, rosa gegartem Schweinefleisch.

Woher kommt jetzt aber die Empfehlung, das Fleisch immer stundenlang auf 70° KT zu kochen? Nun, diese Empfehlung stammt noch aus Zeiten, in denen Trichinien im Schweinefleisch sowie ganz generell noch ein größeres Thema waren. Unter anderem die FDA empfahl ewige Zeiten, Schweinefleisch bei 160°F bzw. 71°C längerfristig durchzugaren - wie ich oben schon beschrieben habe, veröffentlicht selbst das Robert-Koch-Institut noch heute entsprechende Hinweise. Wie damit umzugehen ist, habe ich oben schon diskutiert und final entscheidet, wie schon mehrfach erwähnt, ohnehin jeder für sich.

Neuere Empfehlungen allerdings sind durchaus lieberaler, moderner und auch stärker an der Wissenschaft orientiert. Neuere Empfehlungen der FDA (z.B. FDA Food Code 2009), aber auch U.S. Code of Federal Regulations 9CFR318.10 weisen niedrigere Temperaturen für das Garen von Schweinefleisch als unbedenklich aus, gemäß offizieller Empfehlungen, z.B. adaptiert im Modernist Cuisine, gilt beim Schweinefleisch eine Temperatur von 49°C für 21 h, von 54°C für 30 min oder 61°C für 1 min als sicher. [15]

Die Empfehlung, Schweinefleisch mindestens auf 70° zu ziehen, kann insofern prinzipiell als historisch angesehen werden - auch wenn sich dies nach wie vor immer wieder durch die Diskussionen und selbst Kochbücher zieht. Warum das? Ganz einfach: Jeder schreibt von jedem ab, nur die Wenigsten in Literatur (und Wissenschaft) machen sich die Mühe, althergebrachte Weisheiten und „Wissen“ auf den Prüfstand zu stellen.

Trivia: Unser Schweinefleisch ist unter anderem auch aufgrund der 70°C Empfehlung so unglaublich fettig. Dies ist das Ergebnis jahrelanger Zucht und diente dem Ziel, das Fleisch selbst bei einer Kerntemperatur von 70°C noch einigermaßen genießbar zu halten.


Ich persönlich habe beim Schweinefleisch überhaupt keine Bedenken, wenn es nur eine Kerntemperatur von 58°C - 60°C hat. Weniger Kerntemperatur ist, obengenannte Quellen berücksichtigt, prinzipiell auch bei entsprechend langer Garzeit als sicher anzusehen, nur schmeckt es mir dann nicht so gut. Zart rosa sehe ich auch kulinarisch als Optimum an. Sehr gerne gare ich aber mein qualitativ gutes Schweinefleisch (Filet, Secreto, Pluma, aber auch Rücken/Lachse oder Nacken) SV oder indirekt bis ca. 58° oder 60° KT, mit entsprechend schöner Kruste ist das (für mich persönlich) wirklich sehr lecker. Nicht trocken, zart, saftig…. Eben wie es sein muss.

Dass beim Schweinefleisch allerdings ohnehin eine gewisse Schizophrenie herrscht, brauche ich nicht weiter zu erzählen: Einerseits soll auch nach aktuellen Quellen Schweinefleisch auf 70°C Kerntemperatur totgegart werden, andererseits aber haben wir kein Problem damit, überhaupt nicht gegarten Schinken oder frisches Schweinemett roh zu essen. Lustig wird es, wenn die gleichen Leute rohes Schweinemett essen, aber an anderer Stelle auf das durchgaren bestehen :D



5. Salmonellen / Eier / Geflügel

Das Thema Salmonellen ist ohne Frage ein extrem großes und hat sicher auch eine deutlich höhere Relevanz für den Alltag, als die Trichinien beim Schweinefleisch.

Zur Salmonellose:

Salmonellen sind Bakterien, die unter anderem für Durchfallerkrankungen verantwortlich sind. Salmonellen sind grundsätzlich weit verbreitet, eine komplette Abhandlung würde hier selbstredend zu weit führen, bedeutsam für den Koch bzw. Grillmeister sind Salmonellen im Zusammenhang mit dem Verzehr von Geflügel oder aber Eiern. Ganz generell aber sind Salmonellen tatsächlich sehr weit verbreitet, es beschränkt sich eben nicht auf die genannten Produkte.

Salmonellen kommen tatsächlich nicht im Muskelfleisch des Hühnchens selbst vor. Wenn wir also Brust, Keule oder ein ganzes Hühnchen beim Metzger in der separaten Auslage sehen und dieses unter großem Hygieneaufwand (Handschuhwechsel, Verwendung von Extraplastik, separate Tüte) überreicht bekommen, ist es per se erst mal überhaupt nicht von Salmonellen befallen – anders als die Trichinien, die (historisch) im Muskelfleisch selbst überdauerten.

Salmonellen kommen erstmal nur im Verdauungstrakt (Darm) der Tiere vor und werden durch den Kot von Hühnern übertragen. Beim Schlachten kann allerdings eine Kontamination auftreten, das heißt eine Keimverschleppung auf das für den Verzehr vorgesehene Fleisch erfolgen. Über diesen Weg können also auch Salmonellen auf das Fleisch und durch Verzehr in den menschlichen Körper gelangen. Im Menschen angekommen, können Salmonellen Durchfallerkrankungen verursachen. Dabei ist nicht zwingend immer eine hochakute Durchfallerkrankung zu beobachten, auch kann die betroffene Person zum symptomlosen Dauerausscheider werden. Eine unerkannte Salmonelleninfektion mit asymptomatischer Dauerausscheidung ist insbesondere im Bereich der Lebensmittelindustrie oder der Gastronomie natürlich hochproblematisch, grundsätzlich ist eine Salmonellenerkrankungen in Deutschland deswegen auch meldepflichtig. Ein Salmonellenbefall beim Menschen kann zu unterschiedlich schweren Krankheitserscheinungen führen, problematisch können Salmonelleninfektionen insbesondere für Vorerkrankte oder Ältere sein. [16] [17]

Salmonellen können auch die Eierstöcke von Legehennen befallen, über diesen Weg ist eine Kontamination von Eiern mit Salmonellen möglich. Grundsätzlich können Hühner gegen Salmonellen geimpft werden, bei höheren Prävalenzen existiert auch eine EU-weite Verpflichtung zur Impfung. In Deutschland regelt die „Geflügel-Salmonellen-Verordnung - GflSalmoV“ die Salmonellenimpfung in Hühneraufzuchtsbetrieben ab einer gewissen Größe. [17] [18]

Impfungen haben Salmonellen in der Nutztierhaltung zwar nicht ausgerottet, grundsätzlich aber im Vergleich zu zurückliegenden Jahren heutzutage zu einer erheblichen Reduktion von Salmonellenbefall geführt.

Die Temperatur, ab welcher Salmonellen abgetötet werden, liegt – ich war selbst überrascht - bei 49°C, solange eine ausreichend lange Einwirkungsdauer sichergestellt wird. [19] Salmonellen können grundsätzlich bereits ab 4°C wachsen und sich vermehren, die optimale Temperatur, bei welcher sich Salmonellen vervielfältigen, liegt bei 41,5°C. Danach fällt die Vervielfältigungkurve steil ab, wie bereits schon gesagt, sind Temperaturen ab 49°C für Salmonellen tödlich. [20]

Im Übrigen ist die Assoziation: Salmonellen = Hühnchen durchaus nicht vollständig, tatsächlich sind Salmonellen in neueren Untersuchungen in den USA hauptsächlich im Bereich von Obst und Gemüse sowie insbesondere auch bei Nüssen und sogar Erdnussbutter festgestellt worden. [21]


Wie geht man vor?

Früher galt die Empfehlung, dass Hühnchen IMMER komplett durch- bzw. totgegart werden muss. In Kochbüchern und der Literatur finden sich auch hier offizielle Angaben, die stets eine Temperatur von z.B. 74° beinhalten, kommuniziert unter anderem von dem USDA (Amerikanisches Landwirtschaftsministerium) [22] Seitens der FDA Code 2009 wird gleiche Empfehlung herausgegeben.

Der U.S. Code of Federal Regulations ist wiederum etwas differenzierter, das Garen eines Hühnchens bei 58° Kerntemperatur für 81 min, bei 60° KT für 35 min sowie bei 63° KT für 13 min wird als sicher eingestuft. [23]

Entsprechende Empfehlungen machen durchaus Sinn, wenn man bedenkt, dass inzwischen festgestellt werden konnte, dass Salmonellen grundsätzlich ab 49°C getötet werden. Und wenn tatsächlich mal Salmonellen im Fleisch vorhanden sind, dann auch hier wiederum auf der Oberfläche, wo die Hitze beim Braten und Grillen eigentlich immer ausreicht, um sie zu töten. Schlimmer ist die Verschleppung auf andere, nicht entsprechend gegarte Lebensmittel. Selbst wenn auf dem Hühnchen Salmonellen waren, sind diese meist nach dem Braten tot - aber eben nicht auf dem Apfel, der nach dem (unhygienischen) Verarbeiten des Hühnchens angefasst wird. Und über den Apfel (oder andere roh zu verzehrende Lebensmittel) nehmen wir dann meist durch die vorherige Kreuzkontamination auf.

Ich könnte mir vorstellen, dass das Thema Salmonellen und Hühnchen nochmals weitaus kontroverser diskutiert werden dürfte, als das Schweinefleisch. Dies liegt sicher auch an jahrzehntelang kommunizierten Empfehlungen und Mythen - und man kann es natürlich auch niemandem zum Vorwurf machen, sich an (damals geltenden) Empfehlungen zu orientieren. Und grundsätzlich stellt der Mensch nur ungerne sein lieb gewonnenes ‚Wissen‘ infrage.

Ich persönlich - und auch hier entscheidet wieder jeder für sich selbst - habe durchaus kein Problem damit, Hühnchen bei Kerntemperaturen von etwa 62°C - 64°C zuzubereiten und zu verspeisen. Ich achte allerdings schon stark darauf, dass ich die Temperaturen im Inneren des Fleisches auch sicher erreiche - eben durch ausreichend lange Garzeit im SV-Becken. Wenn ich Hühnchen im Backofen oder auf dem Grill mache, bin ich meistens deutlich über einer Kerntemperatur von 62°C - 64°C, allein, damit durch die Erhöhung der Temperatur die notwendige Dauer für die Einwirkung sicher erreicht wird. Ich versuche aber tatsächlich, auch beim Hühnchen nicht ständig Staub oder Totgegartes zu produzieren - wir alle wissen, wie elendig trocken übergartes Hühnchen auch bei guter Qualität des Produktes werden kann. Da die Temperatur an der Oberfläche entscheidend ist, bin ich damit an sich schon grenzwertig überversichert ;-)

Beim Hühnchen achte ich übrigens ganz besonders auf die Qualität. Der Preis für ein Kikok Hähnchen z.B. liegt zwar spürbar über dem Preis für „normales“ Thekenhähnchen beim Metzger und gravierend über dem Preis von Billigware oder der meisten TK - Ich finde aber, beim Hühnchen merkt man Qualitätsunterschiede noch mal deutlich stärker als z.B. beim Schweinefleisch, vom Faktor Tierwohl ganz zu schweigen.

Berücksichtigt werden sollte, dass das Thema Salmonellen zwar weitaus weniger bedeutsam ist, als im Alltag „gefühlt“ - am Ende aber doch in keinster Weise nur ein abstraktes Problem ist, wie z.B. die Trichinien beim Schweinefleisch. Auch wenn der Verstand mir hier sagt, dass nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eine Kerntemperatur von z.B. 62° für ausreichend lange Zeit gehalten sicher ist, würde ich entsprechendes Hühnchen meiner kränkelnden Großmutter mit 94 Jahren wahrscheinlich nicht vorsetzen. Auch hier entscheidet wieder jeder für sich, ich persönlich mag allerdings mein Hähnchen für mich selbst und meine Frau sehr gerne bei niedrigeren Kerntemperaturen und entsprechend saftiger, als üblicherweise empfohlen.

Aber insbesondere hier entscheidet bitte wieder jeder für sich selbst.



6. Listerien und Schwangerschaft

Listerien sind Krankheitserreger aus der Klasse der Bakterien, der häufigste und im Bereich der Lebensmittel bedeutsamste Subtyp ist Listeria monocytogenes, ein sog. grampositives Stäbchen. Listerien kommen so gut wie überall vor, der Keim siedelt also nicht primär auf Fleisch oder Lebensmitteln im Allgemeinen. Da Listerien insbesondere auch im Erdreich und in (verunreinigtem) Wasser (sog. „Schmutzkeime“) vorhanden sind, kommt es zumeist zur Aufnahme über kontaminierte Lebensmittel wie Fleisch, aber auch Salat, Obst und Gemüse. Direkte Ansteckungen Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch finden so gut wie nicht statt.

Listerien können sich schon bei relativ geringen Temperaturen vermehren, der Kühlschrank bietet insofern (wie fast immer im Bereich der Lebensmittelhygiene) nur begrenzten Schutz und verlängert lediglich die natürliche Haltbarkeit von Lebensmitteln. Lt. der European Food Safety Authority sollte die Kühlschranktemperatur hinsichtlich der Listerien auch unter 5° C liegen. Das 0° Fach, welches jeder, der eins hat, wahrscheinlich ohnehin benutzt, ist also für Fleisch, Fisch und auch Gemüse optimal.

Listeria monocytogenes hat beim keine besonders hohe Virulenz, d.h. keine übermäßig hohe krankmachende Wirkung. Die meisten Infektionen beim Gesunden verlaufen auch inapparent, d.h. ohne Symptome. Allerdings sind ältere und immungeschwächte Menschen durchaus gefährdet, prinzipiell kann auch eine Listerieninfektion (Listeriose) tödlichen Ausgang haben.

Besondere Bedeutung haben Listerien für Schwangere, das Risiko der schwangeren Frau ist gegenüber der normalen, immunkompetenten Person um ein vielfaches erhöht. Die Gefahr der Listeriose ist (neben den Salmonellen) einer der Hauptgründe, weshalb bestimmte Nahrungsmittel (z.B. Rohmilchkäse) oder Zubereitungsarten (Rohverzehr von Fleisch) für Schwangere tabu sind. Kommt es zur Listeriose bei der Schwangeren, so äußert sich dies bei der Mutter zumeist in einer grippeähnlichen Erkrankung, es droht als schwerwiegende Komplikation aber die Erkrankung des ungeborenen Kindes – mit den möglichen Folgen des Aborts, also der Fehlgeburt oder auch (bei Neu- bzw. Frühgeborenen) weiteren schwerwiegenden Erkrankungserscheinungen wie Blutvergiftung (Sepsis) oder Hirnhautentzündung (Meningitis) mit Tod des Neugeborenen oder auch bleibenden Schäden und Behinderungen.

Wird für Schwangere gekocht oder gegrillt, so gilt nicht zuletzt wegen der Gefahr der Listeriose also ein anderes Regelwerk!

Wie schon ausgeführt sind Listerien sehr weit verbreitet und auch aufgrund der Kontamination durch direkten Kontakt der Oberfläche meist nicht tief im Lebensmittel drin, wieder als Unterschied zu den Trichinien. Nicht jedes unvollständig durchgegarte Stück Fleisch führt bei der Schwangeren insofern gleich zum Schlimmsten – tatsächlich sind die Fälle dann doch selten. Aber auf Grund des (immer noch relativ geringen) Risikos im Fall der Fälle schwerer Komplikationen ist hier eigentlich nur „kein Risiko“ vertretbar.

Die Zahl der Erkrankungen sind lt. RKI gering und schwankt für Deutschland beim Menschen zwischen ca. 300 und 600 Fällen im Jahr – Angaben zur Dunkelziffer finden sich nicht, diese wird aber relativ hoch sein da beim immunkompetenten Menschen nahezu keine Krankheitssymptome auftreten und es ggf. nur zu einer Durchfallepisode ohne begleitende, bedeutsame Krankheitserscheinungen kommt. Erfasst werden ohnehin nur Fälle nachgewiesener Erkrankung, also i.d.R. nur die schweren Fälle. Für diese aber besteht in Deutschland Meldepflicht.

Bei schwerem Verlauf, wie schon geschrieben bei z.B. AIDS-Erkrankten, immunsupprimierten Menschen, Organtransplantierten, sonstig Vorerkrankten etc., ist eine Therapie mit Antibiotika möglich, schlechtes Ansprechen wird aber regelmäßig beobachtet. Die Letalität (Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Ausgangs) wird vom Robert-Koch-Institut mit 7% über alle Fälle hinweg angegeben – was wiederum - bei geringer Fallzahl insgesamt - für eine Lebensmittelinfektion ein sehr hoher Wert ist. [24] [25] [26] [27]


Wie geht man vor?

Wiederum lt. der European Food Safety Authority werden Listerien ab 65°C zuverlässig abgetötet. Spezielle Angaben zu Garzeiten und Temperaturen hinsichtlich der Listerien habe ich nicht bzw. nur sehr eingeschränkt gefunden. Ich nehme an, das liegt daran, dass Listerien beim gesunden Erwachsenen an sich kein Thema sind, anders sicher als z.B. Salmonellen (s.o.).

Ich persönlich – aber hier MUSS jeder selbst entscheiden – gehe wie folgt vor: Sind Schwangere, stillende Mütter oder sonstig Vorerkrankte bzw. immuninkompetente Personen mit am Tisch, bekommen diese stets durchgegartes Fleisch. Das parallele Servieren anderer Speisen für den Rest der Gäste bzw. Zubereitung in der gleichen Pfanne etc. ist unproblematisch. Insbesondere Schwangere und Mütter sind in der Regel auch recht gut aufgeklärt und achten im Zweifel schon selbst drauf, was sie essen dürfen und was nicht. Meine Erfahrung ist hier sogar eher, dass unsere „Übervorsicht“ als Gastgeber zwar wohlwollend zur Kenntnis genommen, aber auch ein bisschen belächelt wird. Nichts desto trotz: Tierische Produkte werden durchgegart, Risikolebensmittel (Rohmilchkäse etc.) nicht serviert.

Für mich selbst und auch für meine normale Umgebung sehe ich bei den Listerien allerdings kein Alltagsrisiko, über welches ich mir Gedanken mache. Ich befolge die Grundregeln des hygienisch einwandfreien Grundprodukts, Einhaltung der Kühlkette, Lagerung (von Fleisch) so kühl wie möglich und stelle den Verzehr zeitnah zum Erwerb sicher. Verzehr rohen Fleisches ist, wie oben schon beschrieben, beim gesunden Menschen auch an sich kein Problem – auch hinsichtlich der Listerien, zumindest wenn man die schon beschriebene Vorsicht walten lässt.

Bei den Listerien ist es meiner Meinung jedoch sinnvoll, das spezielle Risiko bei Schwangeren und auch bei sonstig Vorerkrankten oder älteren Mitmenschen zu kennen und da in der Küche oder am Grill entsprechend vorsichtig zu agieren.


Andere Produkte, andere Keime:

Was ich hier einmal exemplarisch für Hackfleisch, Schweinefleisch und Hühnchen/Salmonellen geschrieben habe, ist natürlich nur ein kurzer Abriss für ein paar wenige, ausgewählte, aber wichtige Produkte. Die Vielfalt von Lebensmittelpathogenen ist weitaus höher, als es ein kleiner Beitrag hier im GSV abbilden kann. Wenn die Resonanz gut ist, schreibe ich vielleicht (im nächsten Urlaub ;-) ) auch zu anderen Keimen oder anderen Themen (z.B. Fisch) etwas, erstmal aber reicht es an dieser Stelle. Nach enthusiastischem Beginn hat diese kleine Einführung jetzt doch den gesamten Tag in Anspruch genommen, auch wenn ich wusste, wo die grundsätzliche Informationen (für die Quellenangaben) zu finden waren und auch wenn mir das Thema grundsätzlich gut vertraut ist, da ich hier aus Interesse vor einiger Zeit für mich privat sehr viel gelesen habe.


Ich freue mich über Ergänzungen sowie (sachliche ;-) ) Diskussion und Kritik :-)



Quellen:

[1] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Bakterien - und weiterführende Artikel

[2] N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, 1:116

[3] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Krankheitserreger

[4] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Darmflora

[5] N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, 1: 6

[6] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Koch

[7] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Pasteur

[8] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Bakteriologie

[9] Robert-Koch-Institut https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Salmonellose.html

[10] Robert-Koch-Institut https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Trichinellose.html

[11] N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, ab 1: 6 ff.

[12] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Trichinella_spiralis

[13] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Trichinellose

[14] N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, ab 1: 120 ff. sowie ab Seite 1: 179f

[15] N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, ab 1: 181

[15] N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, 1: 118

[16] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Salmonellen

[17] Intervet International B.V., Merck & Co., https://www.msd-tiergesundheit.de/fokusthemen/salmonellosen-beim-gefluegel/impfungen/

[18] GflSalmoV – z.B.: https://www.gesetze-im-internet.de/h_salmov/BJNR075210009.html

[19] N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, 1: 175

[20] N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, 1: 175 u. 176

[21] CDC 2009 – siehe z.B. N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, 1: 180

[22] USDA – Food Safety and Inspection Service

[23] U.S. Code of Federal Regulations “Chicken”, aber auch z.B. N. Myhrvold - Modernist Cuisine, Taschen Verlag, 1: 181

[24] European Food Safety Authority - https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/listeria

[25] Robert-Koch-Institut - https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Listeriose.html

[26] U.S. Food & Drug Administration (FDA) Food Code 2017 - https://www.fda.gov/media/110822/download

[27] Wikipedia -
https://de.wikipedia.org/wiki/Listeria_monocytogenes
 
, ob ich jetzt hier für meine disruptiven Äußerungen zerrissen werde
.. solche konnte ich nicht erkennen, zumal ja alles ( mit Belegen/Quellen) verargumentiert und auf die letztendliche Verantwortung des Einzelnen hingewiesen...
Wer sich dadurch nun ' verstört' zeigt, hat sich offensichtlich noch nie mit dem Thema auseinandergesetzt ...schade, weil es einen täglich betrifft...
Aber evtl hilft es dem einen/anderen, etwas offener sich dem Thema Lebensmittel und Mikrobiologie zu nähern ...
Ich find's gut...... :thumb2:
 
Wow, ein sehr schön geschriebener und mit Fakten belegter Artikel. Könnte ja schon fast als Diplom-Arbeit durchgehen ;)

Die Themen Salmonellen und Trichnien fand ich sehr interessant. Da hatte ich auch noch die veraltete Empfehlung im Kopf und immer auf Nummer sicher gegart.

Vielen Dank dafür!
 
Hammerbeitrag, meinen allergrössten :respekt:
 
Schöner Beitrag.

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Die Behörden legen hier Maßgaben fest, wie Lebensmittel kommerziell hergestellt werden.

Zumindest werden die zu verwendeten Zubereitungs-Temperaturen bezogen auf Bakterieninfekte transparent diskutiert. Was kommerziell Standard ist sollte im Privathaushalt eine gewisse Beachtung finden.


https://www.fsis.usda.gov/food-safety/safe-food-handling-and-preparation/meat/jerky


„Mit so geht es wirklich“ ist nicht ersichtlich ob Angaben zur Lebensmittelhygiene eingeschlossen sind, es werden ungewöhnlich niedrige 40 Grad empfohlen.

Dann meldet sich bei den Kommentaren ( Kopie 1.1.22)

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Hat jetzt die „Metzgerei“ die sehr niedrige Temperaturempfehlung von nur 40 Grad eines Youtubers bestätigt?
Sind das wirklich Experten in der kommerziellen Zubereitung von Beef Jerky?

Hier sollte man geeignete Quellen nennen. Es gibt auch deutsche Behörden die rechtsverbindliche Temperatur Empfehlungen aussprechen.

https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_07_fleischerzeugnisse/et_beef_jerky.htm

Für viele ist das langweilige Materie. Da ist die Freude gross wenn ein neuer Dörrautomat beworben wird.
 
Danke für die aufschlussreiche, übersichtliche Arbeit! :respekt:
 
Na, da hast du dir aber ordentlich Arbeit gemacht! Sauber recherchiert und tadellos ausgearbeitet. :respekt:

Einziger Kritikpunkt von meiner Seite: Anstelle der vielfachen Referenzen auf die Modernist Cuisine, hätte ich mir eher Referenzen auf ein solides Werk über Lebensmittel-Mikrobiologie gewunschen...
 
Statt den vielfachen Referenzen auf die Modernist Cuisine, hätte ich mir eher Referenzen auf ein solides Werk über Lebensmittel-Mikrobiologie gewunschen...

Stimmt, da hast du Recht. Wäre sicher optimal gewesen. Nur so eins hatte ich nicht zur Hand. Bin zwar Naturwissenschaftler, aber nicht in dem Bereich ;-)
 
„Mit so geht es wirklich“ ist nicht ersichtlich ob Angaben zur Lebensmittelhygiene eingeschlossen sind, es werden ungewöhnlich niedrige 40 Grad empfohlen.

Mit Beef Jerky habe ich mich noch nicht beschäftigt, ob 40°C also als optimal anzusehen ist, weiß ich nicht. Da gibts aber andere hier, die von der Herstellung was verstehen.

Grundsätzlich hat der Klaus Recht, etwas über 40°C Temperatur beginnt die Denaturierung von Eiweiß, was aber nicht bedeutet, dass (alle) Keime sterben. Ob die Denaturierung von Eiweiß bei der Herstellung von Jerky tatsächlich vermieden werden soll, weiß ich wiederum nicht. Aus Sicht der Hygiene halte ich die Herangehensweise wie im Video im Grunde für, sagen wir, für bestimmte (gesunde) Personengruppen vertretbar. Durch den Entzug von Wasser beim dörren und zusätzlich durch Salz/Zucker (Osmose) haben Keime keine guten Lebensbedingungen. Ein keimarmes Ausgangsprodukt bei 40°C gedörrt wird trotz der Temperatur, die ja für viele Bakterien „Wohlfühlzone“ ist, nicht umkippen und gefährlich werden. Einige Mikroorganismen werden aber sicher überdauern, sich aber aufgrund des reduzierten Wassergehalts im Fleisch nicht besonders gut vermehren können. Dörren, Trocknen, Pökeln usw., auch die Schinkenherstellung, dienten ursprünglich ja mal der Haltbarmachung und weniger der Geschmacksentwicklung des Fleisches.

Aber: Wie im Thread ja schon geschrieben - Bei so einer Niedrigtemperaturzubereitung von Jerky müssen bestimmte Personengruppen von so einer Herstellungsweise besser Abstand nehmen.

@waltherman hat da einen guten Link gepostet:

Hier sollte man geeignete Quellen nennen. Es gibt auch deutsche Behörden die rechtsverbindliche Temperatur Empfehlungen aussprechen.

https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_07_fleischerzeugnisse/et_beef_jerky.htm

Gerade überdauernde Listerien können für Schwangere ein echtes Risiko sein - für Schwangere wäre vorheriges Erhitzen auf deutlich über 65°C aus meiner Sicht Pflicht. Auch andere Quellen geben unter anderem aus diesem Grund die Empfehlung des vorherigen Erhitzens heraus.
 
Eine kleine Bitte an den @Admin : Elmar, ist es möglich, dass ich den Text auch dauerhaft bearbeiten kann? Würde gerne später noch Themen ergänzen. Zum Beispiel Listerien, insb. bei Schwangeren wäre - wie sich aus der Diskussion ergeben hat, sicher sinnvoll und interessant zu erläutern.
 
Top, danke! :thumb2:
 
Thema ergänzt: Listerien und Schwangerschaft.

Hier die "Ergänzungen" mit Quellen, der große Text wurde auf Seite 1 entsprechend erweitert.


Listerien und Schwangerschaft

Listerien sind Krankheitserreger aus der Klasse der Bakterien, der häufigste und im Bereich der Lebensmittel bedeutsamste Subtyp ist Listeria monocytogenes, ein sog. grampositives Stäbchen. Listerien kommen so gut wie überall vor, der Keim siedelt also nicht primär auf Fleisch oder Lebensmitteln im Allgemeinen. Da Listerien insbesondere auch im Erdreich und in (verunreinigtem) Wasser (sog. „Schmutzkeime“) vorhanden sind, kommt es zumeist zur Aufnahme über kontaminierte Lebensmittel wie Fleisch, aber auch Salat, Obst und Gemüse. Direkte Ansteckungen Mensch zu Mensch oder Tier zu Mensch finden so gut wie nicht statt.

Listerien können sich schon bei relativ geringen Temperaturen vermehren, der Kühlschrank bietet insofern (wie fast immer im Bereich der Lebensmittelhygiene) nur begrenzten Schutz und verlängert lediglich die natürliche Haltbarkeit von Lebensmitteln. Lt. der European Food Safety Authority sollte die Kühlschranktemperatur hinsichtlich der Listerien auch unter 5° C liegen. Das 0° Fach, welches jeder, der eins hat, wahrscheinlich ohnehin benutzt, ist also für Fleisch, Fisch und auch Gemüse optimal.

Listeria monocytogenes hat beim keine besonders hohe Virulenz, d.h. keine übermäßig hohe krankmachende Wirkung. Die meisten Infektionen beim Gesunden verlaufen auch inapparent, d.h. ohne Symptome. Allerdings sind ältere und immungeschwächte Menschen durchaus gefährdet, prinzipiell kann auch eine Listerieninfektion (Listeriose) tödlichen Ausgang haben.

Besondere Bedeutung haben Listerien für Schwangere, das Risiko der schwangeren Frau ist gegenüber der normalen immunkompetenten Person um ein vielfaches erhöht. Die Gefahr der Listeriose ist (neben den Salmonellen) einer der Hauptgründe, weshalb bestimmte Nahrungsmittel (z.B. Rohmilchkäse) oder Zubereitungsarten (Rohverzehr von Fleisch) für Schwangere tabu sind. Kommt es zur Listeriose bei der Schwangeren, so äußert sich dies bei der Mutter zumeist in einer grippeähnlichen Erkrankung, es droht als schwerwiegende Komplikation aber die Erkrankung des ungeborenen Kindes – mit den möglichen Folgen des Aborts, also der Fehlgeburt oder auch (bei Neu- bzw. Frühgeborenen) weiteren schwerwiegenden Erkrankungserscheinungen wie Blutvergiftung (Sepsis) oder Hirnhautentzündung (Meningitis) mit gleichermaßen Tod des Neugeborenen oder auch bleibenden Schäden und Behinderungen.

Wird für Schwangere gekocht oder gegrillt, so gilt nicht zuletzt wegen der Gefahr der Listeriose also ein anderes Regelwerk!

Wie schon ausgeführt sind Listerien sehr weit verbreitet und auch aufgrund der Kontamination durch direkten Kontakt der Oberfläche meist nicht tief im Lebensmittel drin, wieder als Unterschied zu den Trichinien. Nicht jedes unvollständig durchgegarte Stück Fleisch führt bei der Schwangeren insofern gleich zum Schlimmsten – tatsächlich sind die Fälle selten. Aber auf Grund des (immer noch relativ geringen) Risikos im Fall der Fälle schwerer Komplikationen ist hier eigentlich nur „kein Risiko“ vertretbar.

Die Zahl der Erkrankungen sind lt. RKI gering und schwankt für Deutschland beim Menschen zwischen ca. 300 und 600 Fällen im Jahr – Angaben zur Dunkelziffer finden sich nicht, diese wird aber relativ hoch sein da beim immunkompetenten Menschen nahezu keine Krankheitssymptome auftreten und es ggf. nur zu einer Durchfallepisode ohne begleitende, bedeutsame Krankheitserscheinungen kommt. Erfasst werden ohnehin nur Fälle nachgewiesener Erkrankung, also i.d.R. nur die schweren Fälle. Für diese aber besteht in Deutschland meldepflicht.

Bei schwerem Verlauf, wie schon geschrieben bei z.B. AIDS-Erkrankten, immunsupprimierten Menschen, Organtransplantierten, sonstig Vorerkrankten etc., ist eine Therapie mit Antibiotika möglich, schlechtes Ansprechen wird aber regelmäßig beobachtet. Die Letalität (Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Ausgangs) wird vom Robert-Koch-Institut mit 7% über alle Fälle hinweg angegeben – was wiederum für eine Lebensmittelinfektion ein sehr hoher Wert ist. [24] [25] [26] [27]


Wie geht man vor?

Wiederum lt. der European Food Safety Authority werden Listerien ab 65°C zuverlässig abgetötet. Spezielle Angaben zu Garzeiten und Temperaturen hinsichtlich der Listerien habe ich nicht bzw. nur sehr eingeschränkt gefunden. Ich nehme an, das liegt daran, dass Listerien beim gesunden Erwachsenen an sich kein Thema sind, anders sicher als z.B. Salmonellen (s.o.).

Ich persönlich – aber hier MUSS jeder selbst entscheiden – gehe wie folgt vor: Sind Schwangere, stillende Mütter oder sonstig Vorerkrankte bzw. Immuninkompetente Personen mit am Tisch, bekommen diese stets durchgegartes Fleisch. Das parallele Servieren anderer Speisen für den Rest der Gäste bzw. Zubereitung in der gleichen Pfanne etc. ist unproblematisch. Insbesondere Schwangere und Mütter sind in der Regel auch recht gut aufgeklärt und achten im Zweifel auch selbst drauf, was sie essen dürfen und was nicht. Meine Erfahrung ist hier sogar eher, dass unsere „Übervorsicht“ als Gastgeber zwar wohlwollend zur Kenntnis genommen wird, aber auch ein bisschen belächelt wird. Nichts desto trotz: Tierische Produkte werden durchgegart, Risikolebensmittel (Rohmilchkäse etc.) nicht serviert.

Für mich selbst und auch für meine normale Umgebung sehe ich bei den Listerien allerdings kein besonderes Alltagsrisiko, über welches ich mir Gedanken mache. Ich befolge die Grundregeln des hygienisch einwandfreien Grundprodukts, Einhaltung der Kühlkette, Lagerung (von Fleisch) so kühl wie möglich und stelle den Verzehr zeitnah zum Erwerb sicher. Verzehr rohen Fleisches ist, wie oben schon beschrieben, beim gesunden Menschen auch an sich kein Problem – auch hinsichtlich der Listerien, zumindest wenn man die schon beschriebene Vorsicht walten lässt.

Bei den Listerien ist es meiner Meinung jedoch sinnvoll, das spezielle Risiko bei Schwangeren und auch bei sonstig Vorerkrankten oder älteren Mitmenschen zu kennen und da in der Küche oder am Grill entsprechend vorsichtig zu agieren.



[24] European Food Safety Authority - https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/listeria

[25] Robert-Koch-Institut - https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Listeriose.html

[26] U.S. Food & Drug Administration (FDA) Food Code 2017 - https://www.fda.gov/media/110822/download

[27] Wikipedia - https://de.wikipedia.org/wiki/Listeria_monocytogenes
 
Mannomann! Das ist ja unglaublich hier! Was für eine aufwändige Arbeit. Ich zab zwar jetzt nich nicht alles gelesen, werde es aber tun.

Vielen Dank und größten Respekt!
 
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