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Rettet den Wasserweck !

Stefan31470

Landesgrillminister
10+ Jahre im GSV
Hallo zusammen,

seit Wochen versuche ich, ein Rezept für Wasserwecken aufzutreiben. Und zwar der Wasserwecken, wie sie am Mittelrhein (~ Koblenz bis Wiesbaden) üblich waren: Große Doppelbrötchen, bei Vollgare gebacken (ohne jeden Schnitt oder Ausbund), dunkelbraune, glänzende, splitternde Kruste mit wattiger, softer Krume, die einen geringen Roggenanteil zu enthalten schien. Ich habe zahlreiche Bäckereien kontaktiert. Vergeblich. Manche hatten sie früher einmal im Angebot, aber schon so lange aus dem Programm genommen, dass nicht einmal mehr das Rezept vorhanden ist. Bäcker Dries in Rüdesheim hatte die perfekten Wasserwecken, aber auch dort sind sie längst Geschichte.

Das ist aus Sicht des Kunden kaum zu verstehen: Diese Brötchen waren außerordentlich schmackhaft, sie sind der Geschmack meiner Kindheit und frühen Jugend. Ich kann mir ihr Aussterben nur so vorstellen, dass sie entweder zu aufwändig herzustellen sind, zu teuer im Angebot wären oder/und es keinerlei Vorfertigung in Form von Mehlmischungen, Streichen o.ä. gibt. Es wäre ein Jammer, wenn das Rezept verschollen bliebe.

Sie sehen aus wie in diesem Link. Allerdings stimmt das Rezept nicht. Das ist bei allen Rezepten so, die im Web leicht zugänglich sind. Insbesondere das Rezept im Plötzblog trifft das Original nicht. Es handelt sich zumeist um einfachste Weizenteige, die an einer Ecke leicht abgeändert wurden (Vorteig, Malz, Ölstreiche...). Auch Knauzen, schwäbische Wasserwecken o.ä., auf was man so stößt, treffen es nicht.

Wer also eine Information oder gar ein Rezept in dieser Richtung hat - ich wäre für jeden Hinweis außerordentlich dankbar. Und selbstverständlich würde ich das Rezept testen und allen zugänglich machen.

Danke im Voraus und beste Grüße
Stefan
 
Das Rezept kenne ich nicht, find es aber spannend, sowas zu reaktivieren (beinahe hätte ich reanimieren gesagt...). Bist Du Dir sicher mit dem Roggenanteil? Die sehen nämlich aus wie die Pärle aus meiner Kinderzeit am Bodensee. Und in denen war definitiv kein Roggen aber ein kleiner Anteil Vollkornmehl. Ein Pärle mit Leberwurst bestrichen und Gurkenscheiben belegt war über Jahre mein täglich Pausenbrot.
 
Hallo Irmgard,

danke für Deine schnelle Rückmeldung. Mit dem Roggenmehl bin ich mir absolut nicht sicher, sondern komme nur von der Krumenfarbe und dem ganz leicht säuerlichen Geschmack darauf. Es muss ein gewisser Anteil an Sauerteig mitspielen. Natürlich kann es auch etwas Vollkornmehl sein oder 1050 aufwärts. Schwierig ist vor allem der knackige Kontrast zwischen der dunkel ausgebackenen Kruste und der fluffigen (faserigen ? - ich erinnere mich nur, dass die Krume extrem fluffig und weich ist) Krume. Ich habe mir auf die Schnelle einmal Pärle angeschaut, bin aber bisher nur auf schweizer Rezepte gestoßen. Rein nach dem Rezept passt das schon ganz gut, mit Weizensauerteig und halbdunklem Weizenmehl. Nur die Optik, die geht wieder in Richtung Knauzen. Ich hoffe noch auf weitere Hinweise. Wenn das aber nicht ergiebig wird, lohnt sich ein Backversuch garantiert. Obwohl wohl niemals in einem ehrwürdigen Rezept zu finden, denke ich auch an Tangzhong/Yudane 20 zur Verbesserung der Teigstruktur.
 
Ich könnte nur Schwäbische Wasserwecken Rezept ausfindig machen.
Bin aber gespannt.
 
Sorry, schwäbische Wasserwecken und Knauzen sind zwar geschmacklich gut, aber leider andere Gebäcke.

Beste Grüße
Stefan
 
Und hier noch ein Link zu den "echten" Wasserwecken von Bäcker Dries: So müssen sie aussehen ! Wie gesagt, er backt sie nicht mehr und das Rezept scheint verschollen. Im Grunde sehen sie aus wie große Röggelchen - auch wenn Wasserwecken viel weniger Roggen - wenn überhaupt - enthalten. Die glänzende Oberfläche scheint auf alle Fälle vom Wälzen in Bäckerstärke und Einsprühen mit Wasser herzurühren. Auch die Vollgare stimmt.

Beste Grüße
Stefan.
 
Hi Stefan,

also aussehen tun sie in Deinen Links wirklich wie Röggelchen. Ich habe die hier einmal nach dem Rezept von Lutz Geißler gebacken und in einem weiteren Versuch nochmal etwas dunkler werden lassen.

Trotz des Namens haben die einen recht überschaubaren Anteil Roggen von ca. 15% und kommen u.a. mit einem Sauerteig-Ansatz als Vorteig daher. Vielleicht kommt das ja Deiner Erwartung nahe.

Den Glanz bekommt man da hin, indem man die Teiglinge in der Stückgare auf Leinen legt, das mit Stärke bestreut ist. Vor dem Einschießen und nochmal zum Ende der Backzeit mit Wasser aus einer Sprühflasche großzügig einsprühen.

Wäre neugierig auf Deine Meinung, falls Du die mal ausprobieren solltest.

Gruß
benz
 
Hallo benz,

vielen Dank für den Hinweis. Ich war bereits auf diesen Link gestoßen und werde die Röggelchen schon am Wochenende backen. Die Herstellung erfolgt mit einem sehr milden Monheimer Salzsauerteig. Das sollte mir bei der Positionsbestimmung helfen. Eventuell mit dem Hinweis von @cremecaramelle (wenn man nach Pärle sucht, findet man Hatler Pärle = Schweizer "Bürli") kombinieren, also dunkles Weizenmehl statt Roggen verwenden, aber versäuert, und die Farbgebung wie bei den Röggelchen - das könnte es durchaus sein.

Einer der kontaktierten Bäcker, die Wasserwecken führen, hat geantwortet. Er hat zwar nicht das Rezept herausgegeben, aber Hinweise erteilt. Danach wäre die einzige Besonderheit von Wasserwecken gegenüber den Schnittbrötchen, die ich regelmäßig backe, dass die Backtemperatur geringfügig erhöht ist und die Brötchen sorgfältig abgestrichen werden, wenn sie aus dem Ofen kommen. Ich finde, das klingt stark nach "wie Wasserwecken", aber nicht nach wie "Wasserwecken" :rolleyes:.Ein anderer Bäcker verwendet Quellmehl für seine besonders fluffigen Backwerke. Da liege ich mit einem Mehlkochstück wohl nicht ganz so sehr daneben. Ich nehme mir aber aus dem Kontakt mit, dass man nicht allzu aufwändig und trickreich bei der Teigentwicklung sein sollte - der Name "Wasserweck" steht per se eigentlich schon für Einfachheit und Bodenständigkeit.

Ich werde auf alle Fälle über meine Röggelchen-Erfahrungen berichten. Ich bin in Düsseldorf aufs Gymnasium gegangen (habe aber noch nie Röggelchen gebacken) - die Halbbrötchen werden also rund, und nicht länglich ;-).

Beste Grüße
Stefan
 
So habe gestern ein Ciabatta (100% Hydration), Baguettes de Tradition und Düsseldorfer Röggelchen gebacken.
Röggelchen 1 comp800.jpg

Als Erstversuch kamen die Röggelchen eigentlich recht gut aus dem Ofen.
Röggelchen 2 comp800.jpg
Röggelchen 3 comp800.jpg
Röggelchen 4 comp800.jpg
Röggelchen 5 comp800.jpg
Röggelchen 6 comp800.jpg

(Zu den Bläschen ist es gekommen, weil die Röggelchen vor Backende ein zweites Mal mit Glanzstreiche abgestrichen wurden und im Ofen fertig gebacken wurden. Diesen optischen Mangel kann man vermeiden, dann klappt es vielleicht auch mit der Fensterung.)
Beurteilung im Hinblick auf Wasserwecken:
  • Als Röggelchen sehr gut, für Wasserwecken aber ein viel zu dominanter Roggengeschmack. Der Hinweis von @cremecaramelle war/ist goldrichtig. Der nächste Backversuch für Wasserwecken verwendet nur Weizenmehle.
  • Die Röggelchen wurden zwar mit einem Anteil an Anstellgut gebacken, davon war aber kaum etwas zu schmecken - sie waren nicht säuerlich genug.
  • Die Krume war weich und locker, aber nicht soft und wattig genug. Ich werde ein Mehlkochstück einarbeiten.
Ich bin eigentlich ganz guter Hoffnung, in die richtige Richtung zu arbeiten und werde weiter berichten. Wer noch Infos/Ideen hat: Ich bin nach wie vor für jeden Hinweis dankbar.

Beste Grüße
Stefan
 
@Stefan31470
Als ich (lang ist´s her) meine Bäckerlehre ohne Bravur meisterte hat mein Meister die Wasserweggla aus dem gleichen Teig wie für Seelen gemacht.
Vllt. bringt Dich das weiter.
Nach Rezept brauchst mich aber nicht fragen,diese Lehre war mir nämlich eine:Mach nichts worauf Du keinen Bock hast!

griassle 69er
 
Nun habe ich ja im Laufe der Zeit gelernt, dass es Seelen-Rezepte gibt wie Sand am Meer. Von ganz einfach (z.B. Häussler) über stark regional geprägt bis etwas komplexer (brooot). Ich denke aber auch, dass Wasserwecken etwas mit Basisrezepten zu tun haben müssen, eventuell etwas aufgebohrt (Mehltypen, Kochstück) oder mit einem raffinierten Detail (Kruste). Danke für den Hinweis, ich mache mir da gerade Gedanken.

Beste Grüße
Stefan
 
Was ich noch weiss ist:
Der Meister hat den Teig in der Maschine gemacht,dann in einen Trog und Wasser drauf.
Offen stehen lassen,bestimmt 20min.,dann das stehende Wasser von Hand untergeschlagen(gehoben) und wieder mit Wasser bedeckt.
Das ganze 3x.
Dann zu Weggla oder Seelen (aus nem Teigfladen mit Teigschaber abgestochen und in die Länge gezogen) weiterverarbeitet.
 
@sixtyniner: Vielen Dank für diese hilfreiche Information. Sie stellt zum ersten Mal eine echte Verbindung zum Namen Wasserweck her (ich habe mich immer gefragt, weshalb der Wasserweck Wasserweck heißt). Irgendeine Idee, um wieviel Wasser es sich in etwa (zusammen in %) gehandelt hat ? OK, Wasserwecken sind keine Seelen, aber ich erinnere mich genau an die faserige, fluffige Struktur der Krume. Die Seelen, die ich bisher (ganz oder teilweise aus Dinkel) gebacken habe, waren immer sehr kompakt und etwas gummiartig. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das durch Unterschlagen von Wasser verhindert wird.

Beste Grüße
Stefan
 
Tach zusammen, ich hänge mich mal mit meiner Meinung rein. Der Name Wasserwerk besagt das der Teig mit Wasser gemacht wird. Im Gegensatz zu Milchbrötchen. Ein einfacher mittelfester Weizenteig mit einem Malzbackmittel ohne Emulgatoren. Klieven, bei entsprechender Reife in den Ofen. Nach dem Backen und der gewünschten Bräunung kann der Wasserwerk angestrichen werden. Der ist nicht aufwendiger in der Herstellung als andere Brötchen. Ein Grund das der in Bäckereien nicht mehr so häufig zu finden ist könnte folgender sein. Das Bewußtsein der Verbraucher mit sehr dunklen Backwaren.
Und das macht ja den Wasserwerk aus. Sehr kräftig gebacken, bis kurz vor Schwarz.
Stichwort: Akrylamid, gleich Krebseregend.
Gruß Eckhard
 
Hallo Eckhard,
Grüße an alle Backfreundinnen/Backfreunde, die sich hier beteiligt haben.

@wursthansel, vielen Dank für Deine Wortmeldung, die wohl in die richtige Richtung geht. Sie stimmt überein mit der oben (#11) zitierten Meinung des Bäckers, der heute noch Wasserwecken herstellt, allerdings vergleichsweise hell (mit um 10 bis 20° erhöhter Backtemperatur) ausbackt und nach dem Backen abstreicht.

Ich bin mit meinem heutigen Versuch schon sehr dicht an die Originale, an die ich mich erinnere, herangekommen. Was noch fehlt:
  • Ich habe die Optik versaut, indem ich vor dem Abstreichen Maismehl und Bäckerstärke schlicht verwechselt und mich danach gewundert habe, weshalb die Brötchen keinen Glanz annehmen. Das wurde durch die abschließende Streiche einigermaßen abgemildert - ich bitte, sich das sichtbare Maismehl wegzudenken. Das wird korrigiert.
  • Die Krume ist noch etwas zu kompakt, was vermutlich daran liegt, dass ich den Teig beim Aufarbeiten bewusst entgast und noch etwas Mehl beim Schleifen eingearbeitet habe. Ich hatte wegen einer etwas zu ausgedehnten Stockgare Sorge, dass die Teiglinge bei der Übernachtgare Übergare erhalten würden.
  • Ich habe die dennoch schon sehr angenehme Krume durch Yudane 20 erreicht (also einen Tangzhong von 20% der GMM, mit der doppelten Menge Wasser aufgebrüht). Natürlich hat kein deutscher Bäcker vor vielen Jahren ein fernöstliches Mehl-Brühstück verwendet. Allerdings lese ich von Quellmehl und Kochstück, weshalb ich den Yudane beibehalten werde.
Erreichen konnte ich
  • die klassische Form,
  • die knackige, haltbare Kruste,
  • die lockere Krume,
  • das typische Aroma aus (Weizen-)Sauerteig und höherem Ausmahlungsgrad des Mehls (550, 1050, 1600).
Wasserwecken 7 comp800.jpg
Wasserwecken 9 comp800.jpg
Wasserwecken 10 comp800.jpg
Wasserwecken 11 comp800.jpg

So ganz einfach ist Teig also nicht: Er enthält 31 Gewichtsanteile Yudane, 16 Gewichtsanteile Weizensauerteig und auch etwas Sonnenblumenöl. Die TA ist 183, was allerdings ein eher theoretischer Wert ist, weil das Yudane jede Menge Wasser in recht fester Konsistenz bindet (die Stärke verkleistert vollständig). Ausgebacken habe ich so, wie ich Wasserwecken erinnere. Womit wir beim Thema Bräunungsgrad und Acrylamid sind:

Es ist in der Tat nicht unwahrscheinlich, dass Bäckereien heute davor zurückschrecken, Backwaren sehr dunkel auszubacken, und dass es deshalb kaum mehr "echte" Wasserwecken gibt. Das muss natürlich jeder für sich entscheiden. Ich selbst halte die Gefahr auch in Anbetracht der Fotos für eher gering. Wenn ich weiter berücksichtige, dass wir uns hier in einem Grillforum tummeln, scheint mir die Gefahr durch nitrose Amine doch primär in einer anderen Ecke zu verorten zu sein ;-). Es bleibt schließlich jedem selbst überlassen, die Brötchen heller auszubacken. Der Geschmack wird dennoch sehr gut sein.

Ich danke allen ganz herzlich für ihre ausnahmslos sehr wertvollen und hilfreichen Beiträge.

Beste Grüße
Stefan

P.S.: Das waren Mini-Doppelwecken 2 x 65 Gramm. Geprüftes Rezept folgt nach letzter Optimierung und für großformatige Doppelwecken.
 
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