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Dank an Rainer Gaucho

Humpadiedel

Prior des heiligen El Porti
10+ Jahre im GSV
★ GSV-Award ★
Ich habe ein schlichtes Kochmesser, sicher nichts besonderes, aber ich hänge sehr an dem treuen Stück. :love:

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Bisher konnte ich mich nicht entscheiden eine Schleifmaschine oder einen Schleifstein zu besorgen. Ich hätte mich wahrscheinlich auch nicht getraut, mein Messerchen damit zu quälen. :blinky:

Was liegt also näher, als den kleinen Schatz jemandem in die Hand zu geben, der das sicher besser kann.

In diesem Fall also den Schärf-Service von Messer Unikat, oder genauer: Rainer Gaucho.

Ich habe das Messer hingeschickt und Ruckzuck war es wieder da.

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Und es ist wieder schön scharf.

Herzlichen Dank!

Gruß
Humpadiedel
 

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Dein kleiner Schatz sieht verdammt nach einem Tchibo Chefmesser aus, das es vor einiger Zeit mal für 10€ gab und dann reduziert sogar für 5€. Der Stahl ist in Ordnung. Ich habe allerdings den Kropf weggeflext und die Klinge ausgedünnt. Vom Stahl her sind die mittelpreisigen Tchibomesser in der Einzelverpackung nicht übel . Die Geometrie ist aber üblicherweise nicht gut. D.h. viel zu dick an der Wate. (Die Messersets im Block mit kurzem hohlen Anschliff sind dann doch übel)
 
wie dünnt man denn eine Klinge aus?

Das geht dann nicht mehr mit "Hausmitteln", oder?

Viele Grüsse,
Gerhard
 
@ carbo: Das ist richtig.
Es ist das Tchibo-Messer. Ich habe bisher meinen Messern relativ wenig Beachtung geschenkt. Das Tchibo ist mein Liebstes, da es mir gut in der Hand liegt, scharf ist, unempfindlich ist und ich prima damit zurecht komme.

Teure Messer mögen besser schneiden, aber da hätte ich immer Angst, es wie auch immer, zu ruinieren.

Messer müssen ( imho) praktische Werkzeuge sein und nix für die Vitrine oder die Samthandschuhe. Daher kann ich mich auch nicht mit rostenden Messern anfreunden.

Das heißt nicht, dass ich die Messer z.B. von Rainer Gaucho nicht toll finde, aber die sind eben nix für mich.

Gruß
Humpadiedel
 
wie dünnt man denn eine Klinge aus?

Das geht dann nicht mehr mit "Hausmitteln", oder?

Viele Grüsse,
Gerhard

Doch geht.
Man nehme einen Wasserstein, erst mal von der gröberern Sorte, und damit
wechselseitig die Klingenseiten Abschleifen.
Macht man am besten in einer Vollmondnacht unter einer alten Eiche.
Dann mit einem feineren Stein die Klinge wieder glätten, und schärfen.
Beim schärfen muss man ja nicht bis auf Rasiermesserschärfe gehen,
da mach ja auch nur bei Rasiermessern Sinn.
Bei meine alten Messern mache ich das jedes mal und die sehen
eigentlich immer gut aus, und schneiden auch prima.
Nur da mit der Eiche das lasse ich weg.
Küchentisch geht auch, man wird ja auch älter.

Ein schönes Video zu dem Thema gibt es natürlich auch.
VIDEO Anleitung zum Schleifen japanischer Küchenmesser - Messer schärfen
 
Also "Ausdünnen" habe ich so verstanden daß die Geometrie geändert wird.

Viele Grüße,
Gerhard
 
Wenn du das Messer oft geschärft hast wird die Klinge in dem Bereich breiter.
Um die alte Geometrie wieder herzustellen, muss auch Material an den
den Seiten abgetragen werden.
 
@humpadiedel: Rubust ist das Tchibomesser zweifellos. Vor allem der Griff ist schön dick, sodass man ordentlich was in der Hand hat. Die einen lieben eher filigrane Griffe, die anderen möchten anpacken.

@gasschwenker: "Das geht dann nicht mehr mit "Hausmitteln", oder?" - Doch geht, dauert aber. Ungeduldig darf man nicht sein. Ich nehme dazu einen groben Bankstein (z.B. der rotweiße Zischestein von leos seite oder ein anderer, sollte nicht zu weich sein, weil der Materialverlust am Stein beim Schruppen ins Gewicht fällt). Dann klebe ich die Klinge zur Hälfte auf beiden Seiten ab z.B. mit Packetband. Über den Rücken schiebe ich eine Plastikklemmschiene, damit man einen relativ konstanten flachen Winkel erzeugt. Statt Schiene kann man auch mehrere Lagen (5-6) Isolierband nehmen (Isolierband ist dicker als Tesa). Und dann geht es los mit dem Schleifen der Klingenflanken und zwar auf einer Seite so lange bis man einen Grat spürt. Dort wo die Finger auf der Klinge liegen, wird Material abgenommen. Mit der anderen Seite macht man dann das selbe. Wenn man mit der zweiten Seite fast fertig ist, merkt man, dass die Klinge nagelgängig wird.

Wenn man schleift bis ein Grat entsteht, dann ist die Klinge an der Schneide sehr dünn. Je nach Anwendungszweck darf das Messer auch nicht zu dünn werden. Dann kann man auf feinere Steine gehen, um die Riefen zu entfernen. Die Höhe des dadurch entstehenden Anschliffs, hängt davon ab, wie dick das Messer an der Schneide war. Ein Herder hätte vielleicht einen Anschliff von ca. 2 mm. Bei dem obigen Tchibomesser ging der Anschliff über die halbe Klingenhöhe.

Man darf sich aber nichts vormachen. Nach dieser Behandlung geht das Messer zwar schon gut, sieht aber übel verkratzt aus. Die Kratzer entferne ich dann mit einem handelsüblichen Bandschleifer (Band nach oben, Schleifer mit Zwingen an einer Tischkante festgemacht). Drehzahl ganz runterregeln und immer gut kühlen. Da man das meiste Material mit Banksteinen schon entfernt hat, geht es dabei eigentlich bloß noch ums Finish. Das heißt man nimmt Bänder mit feiner werdender Körnung. Wegen der Temperaturen soll man ja eigentlich keinen Bandschleifer nehmen. Da man das meiste aber mit Banksteinen abnimmt und den Bandschleifer nur fürs Finish benutzt, ist das ein Kompromiss, der für mich funktioniert. Alles andere erfordert entweder höhere Investitionen für Maschinen oder man muss sich mit verkratzen Klingen oder schlechten Klingengeometrien abfinden. Hat man ein Messer auf diese Weise bearbeitet, hat man in Zukunft nur noch sehr wenig Arbeit damit. Wetzstahl und alle halbe Jahre über den Stein reicht.

Weil das alles nicht in 5 Minuten gemacht ist, empfehle ich Leuten, die ein Messer suchen, gleich ein Messer von Herder bzw. ein Messer mit Dünnschliff zu kaufen. Die Klingengeometrie ist schon perfekt und der Schliff ist besser, als man das mit Hausmitteln (d.h. mit wenig Geld) hinbekommt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

klingt so als müßte man den Rest seiner Jugend mit Schleifen verbringen.
Und als würde man einiges an Geld für gute Steine durch den Abfluß spülen.

Also dann doch lieber was ord entlich kaufen und weniger schleifen.

Vielen Dank für die Ausführliche Erklärung.

Viele Grüße,
Gerhard
 
Nein, so aufwendig ist es nicht. Man darf bloß keinen Stundenlohn auf das Messer drauf rechnen und man darf das Schleifen nicht hassen. Wenn man das tut und seine Zeit rechnet, dann kauft man besser bei Herder. Es ist auch nicht so, dass man für ein Messer x Steine braucht. Man sieht bloß den Materialabtrag, während man den Materialabtrag beim Abziehen z.B. nicht sieht. Außerdem sind Schruppsteine nicht teuer und wenn man einen härter gebundenen nimmt, dann ist das geldmäßig nicht teuer.

"Also dann doch lieber was ordentlich kaufen und weniger schleifen." Nein, nicht was "ordentliches", das ist viel zu allgemein. "Ordentlich" ist viel und hat trotzdem ne miese Geometrie. z.B. würde ich solicut first class von der Geometrie in die gleiche Schublade stecken, wie obiges Tchibomesser. Das ist doch gerade der Witz, dass garantiert 95% aller Messer ne miese Geometrie haben und das ist keine Frage des Preises und keine Frage von ordentlich oder nicht. "Dünngeschliffen" müssen Messer sein und die dünngeschliffenen Messer, die es im Handel gibt, kannst du an einer bis maximal zwei Händen abzählen.
 
carbo hat ziemlich mit allem recht, was er geschrieben hat.
Mir persönlich machen Bandschleifer Bauchschmerzen. Ich hab mal einen Nachmittag lang damit experimentiert, was tatsächlich mit der Schneide passiert, wenn man an einem Messer mit dem Bandschleifer bearbeitet. Ergebnis ist, dass eine feine Schneide wohl schneller heiß wird, als das jedes Bauchgefühl sagen würde. Ich würde daher nach dem Schruppstein Micromesh empfehlen. Ansonsten kann man ein kleines Stückchen Schneide vermutlich sofort wieder abnehmen, bis man wieder an harten Stahl kommt. Ist nicht der Weltuntergang, aber auch wieder über.

Es gibt noch eine Handvoll Leute in Deutschland, die einen ordentlichen Dünnschliff hinbekommen - und die haben aber alle Hände voll zu tun. Es ist eine ziemliche Schande, dass diese Fähigkeit, die noch vor fünfzig Jahren aberhunderte Leute in Solingen in Perfektion beherrscht haben, heute nur noch bei leidenschaftlichen Messermachern und zwei oder drei Herstellern gefunden werden kann. Selbst Herder, die den Dünnschliff erklärtermaßen erhalten wollen, haben Luftnot. Seit Fehrekampf tot ist, kommen die drei halbausgebildeten Gesellen kaum mit der Produktion nach, sodass etliche Formen ständig nicht verfügbar sind. Die Preise haben angezogen, weil der Ausschuss bei großen Messern so saftig gestiegen ist; das feine Pließten (Blauziehen) wurden bei einigen Messern offensichtlich sogar eingestellt, weil Aufwand und Ausschuss sonst nicht mehr bezahlbar gewesen wären. Das Finish der 1922er ist merklich schlechter als früher.

Ich finde es frustrierend, wenn die fünfhundertste Limited Edition mit venezianischem Ochsenpenisknochengriff auf den Markt geworfen wird und die Kohle lieber in PR gesteckt wird anstatt in die Ausbildung und Beschäftigung einiger vernünftiger Schleifer. Und wenn die Leute dann auch noch lieber die Messer mit den hübschen Griffen und dem großen Tammtamm kaufen statt den guten Klingen, das komplettiert dieses Geschäftsgebahren. Manchmal habe ich den Eindruck, viele Menschen können nicht nur leicht geblendet werden, weil ihnen der noch vor zwei Generationen übliche Haushaltsverstand fehlt, sie scheinen das auch unbedingt zu wollen. Zu Zeiten des Internets wären die Informationen zu vielen Fragen ein paar Klicks und ein paar Minuten Recherche entfernt - und nie haben die Leute indifferenter jeden Scheiß gekauft als heute. Zu viel Geld und zu wenig Konsequenzen. Wenn das Messer in zwei Jahren hin ist - pah, dann gibts halt ein neues! Der Chinese macht es doch. Vorbei die Zeit, wo Kaufentscheidungen Lebensentscheidungen waren.

Nur wenn man denjenigen Leuten sein Geld gibt, die das Richtige tun, wird auf die lange Bank auch das richtige getan werden. Jaja, tautologische Weisheit, ich weiß, aber das zu schreien scheint stark nötig zu sein, und zwar den ganzen Tag. Nicht meine Schuld.
Wir sind in Deutschland geschätzte dreißig Leute davon entfernt, überhaupt keine wirklich guten Messer mehr machen zu können. Ein großartiger Tanz des Geizes der Hersteller mit der Ignoranz der Kunden.

So, jetzt bade ich erst mal ne Runde in Eiswasser.. :motz:
 
Zuletzt bearbeitet:
Vor einiger Zeit hatte ich auf dem Flohmarkt 12 alte Silbermesser (90er Silberauflage) mit geschmiedeten Klingen von Zwilling aus den späten 1920er Jahren für wenig Geld gekauft. Die Klingen waren verrostet und mussten vor Gebrauch erstmal wieder auf Vordermann gebracht werden d.h. die Rostnarben mussten entfernt werden. Bei diesen Klingen, die an der breitesten Stelle 2cm breit sind, habe ich ausschließlich mit Steinen gearbeitet. Also zuerst wurden die Rostnarben mit dem Schruppstein entfernt und dann mit immer feineren Steinen die Riefen so gut es ging entfernt. Das wird zwar nicht ganz so gut wie mit Maschine, aber gut genug. Außerdem bekommen diese Klingen schnell eine Patina. An einem makellosen Hochglanzfinish hätte man daher eh nicht lange Freude. Diese Messer benutze ich jeden Tag, weil sie scharf und dünn sind und weil sie sehr schnell wieder scharf werden. Zudem sind die Klingen schön lang. Damit komme ich gut in tiefe Gläser und kann auch mal ne Scheibe Brot abschneiden. Die eh schon dünnen Klingen, wurden durch die Aufarbeitung noch dünner. Mit einem rostfreien Stahl wäre das wahrscheinlich nicht zu erreichen ohne dass die Schneide sich umlegt.

Bei breiteren Klingen als 2cm hätte man wahrscheinlich erhebliche Schwierigkeiten nur mit Banksteinen ein halbwegs einheitliches Klingenfinish hinzukriegen. Dabei ist nicht die Fläche des Anschliffs das Problem, sondern der Übergang vom Anschliff zum restlichen Klingenblatt, weil an dieser Stelle die groben Riefen stehen bleiben. Dass der Bandschleifer wegen der Temperaturen nicht die optimale Lösung ist, weiß ich. Den hohen Temperaturen kann man und sollte man zwar entgegenwirken, (niedrige Drehzahlen, Kühlung der Klinge) aber man darf auch nicht so tun als könnte man die Temperaturen durch Kontrolle über das Bauchgefühl in den Griff kriegen.

Andererseits kommt es beim Entfernen der Kratzer eh nicht drauf an wie der erste mm an der Schneide aussieht, also dort wo die Schneide am dünnsten ist und am heißesten wird. Man muss also nicht unbedingt die Schneide am Bandscheifer schärfen und selbst wenn man das macht, muss man eh den Grat wieder mit dem Abziehstein abnehmen, wodurch zumindest ein Teil des weichen Materials wieder entfernt wird. Mir sind jedenfalls noch keine spürbaren Nachteile aufgefallen. Was mir aber nach so einer Prozedur auffällt, ist wie positiv sich die Verbesserung der Klingengeoetrie auswirkt und wie leicht so ein Messer plötzlich schneidet.
 
Es gibt noch eine Handvoll Leute in Deutschland, die einen ordentlichen Dünnschliff hinbekommen - und die haben aber alle Hände voll zu tun. Es ist eine ziemliche Schande, dass diese Fähigkeit, die noch vor fünfzig Jahren aberhunderte Leute in Solingen in Perfektion beherrscht haben, heute nur noch bei leidenschaftlichen Messermachern und zwei oder drei Herstellern gefunden werden kann. Selbst Herder, die den Dünnschliff erklärtermaßen erhalten wollen, haben Luftnot. Seit Fehrekampf tot ist, kommen die drei halbausgebildeten Gesellen kaum mit der Produktion nach, sodass etliche Formen ständig nicht verfügbar sind. Die Preise haben angezogen, weil der Ausschuss bei großen Messern so saftig gestiegen ist; das feine Pließten (Blauziehen) wurden bei einigen Messern offensichtlich sogar eingestellt, weil Aufwand und Ausschuss sonst nicht mehr bezahlbar gewesen wären. Das Finish der 1922er ist merklich schlechter als früher.

Ich finde es frustrierend, wenn die fünfhundertste Limited Edition mit venezianischem Ochsenpenisknochengriff auf den Markt geworfen wird und die Kohle lieber in PR gesteckt wird anstatt in die Ausbildung und Beschäftigung einiger vernünftiger Schleifer. Und wenn die Leute dann auch noch lieber die Messer mit den hübschen Griffen und dem großen Tammtamm kaufen statt den guten Klingen, das komplettiert dieses Geschäftsgebahren. Manchmal habe ich den Eindruck, viele Menschen können nicht nur leicht geblendet werden, weil ihnen der noch vor zwei Generationen übliche Haushaltsverstand fehlt, sie scheinen das auch unbedingt zu wollen. Zu Zeiten des Internets wären die Informationen zu vielen Fragen ein paar Klicks und ein paar Minuten Recherche entfernt - und nie haben die Leute indifferenter jeden Scheiß gekauft als heute. Zu viel Geld und zu wenig Konsequenzen. Wenn das Messer in zwei Jahren hin ist - pah, dann gibts halt ein neues! Der Chinese macht es doch. Vorbei die Zeit, wo Kaufentscheidungen Lebensentscheidungen waren.

Hallo,

Mr.Pink hat mir da aus der Seele gesprochen!
Ich bin neu hier, lese aber schon länger mit. Das mit der Windmühle ist leider etwas komplizierter:

Die haben da aktuell 10 Schleifer unter Vertrag. Herr Fehrekampf hat noch 10-15 junge Leute ausgebildet, bevor er gehen mußte. Er war zuletzt 3 Jahre schwer krank, ist aber immer noch regelmässig in die Windmühle gekommen um nach dem Rechten zu sehen. Bewundernswert. Und es zeigt, dass er keine Ruhe fand bei dem Gedanken an seine Nachfolger...
Einige arbeiten inzwischen in anderen Betrieben. Wie das so ist, hat man nicht immer allzu leidenschaftliche Lehrlinge. Die denken an alles mögliche, Mädchen und Autos und Urlaub, das mit der Tradition kommt, wenn überhaupt, erst im reifen Alter. Dabei hat die Windmühle bereits 1998 (!), also vor 15 Jahren, angefangen wieder junge Schleifer und Reider sowie Ausmacher auszubilden. Trotzdem fehlen ein, zwei Generationen von Schleifern, um den Meister zu ersetzen.

Als der Fernsehfilm "Der Blaupließter aus Solingen" gedreht wurde, Sommer/Herbst 2003, da waren bereits zwei Schleifergesellen fertig ausgebildet. Einem davon blickt der Meister am Ende des Films beim Arbeiten zu und läßt sich die Klinge (Yatagan) zeigen. Er lobt die Arbeit und sagt sinngemäß: "So is Qualität. So wollen wir die blauen Messer haben!"

So wie ich es sehe, sind es diese beiden Erst-Gesellen, welche die mit Abstand beste Qualität abliefern. Das kann man z.B. an einigen neuen Lignum3 Messern sehen. Aber das muß noch viel besser werden.

Es werden aber auch haarsträubende Pfuscher in der Schleiferei beschäftigt. Muß ebenfalls mal erwähnt werden. Die verschleifen praktisch jedes Messer. Keine gute Auswahl bei den Lehrlingsanwärtern.
Die neueste Problemzone sind tordierte Klingen (kann auch mit der Härterei zusammen hängen). Dabei verdreht sich die Klinge wie ein Flugzeugpropeller. Das ist aber nur eine Seite des Problems. Hinzu kommt eine unruhige Klingenoberfläche voller Buckel und Wellen. Diese Messer fangen an zu ruckeln beim schneiden und stecken schließleich fest. Sie fallen bei jedem Gurkentest durch! Das war früher mal die Stärke der Windmühle...

Was waren das noch für paradiesische Zeiten, als wir uns "nur" über schlecht passende Griffe aufgeregt haben! Inzwischen hat die Windmühle ein existentielles Problem, denn das Herzstück eines Messers, die Klingenqualität, stimmt über weite Strecken nicht mehr. Besserung ist nicht in Sicht. Einige der Nachwuchsschleifer erkenne ich inzwischen am Schleifbild, das ist wie eine Handschrift, und bis auf einen entwickeln die sich sogar wieder rückwärts. Der Altmeister steht nicht mehr hinter ihnen und fordert Qualität ein.
Die haben quasi nichts bei Fehrekampf gelernt und seitdem die Hälfte wieder vergessen.

So, jetzt brauche ich auch ein Abklingbecken.

Viele Grüße,

Peter
 
Hier nochmal einige Bilder aus der Nach-Fehrekampf Produktion. Die drei Parmoulin-Fromage und das große Parmoulin stammen aus neuester Produktion. Schaut euch die "blauen" Klingen an...
 

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SRY.

Die vorherigen Bilder sind nicht sehr aussagekräftig. Das liegt daran, dass hier eine 1MB Beschränkung gilt und ich die Bilder erst durch DxO jagen + verkleinern mußte um die 1MB zu unterschreiten. (Im Original sieht man es besser)

Auf den folgenden beiden Bildern sieht man hoffentlich was ich meine. Für alle nicht Eingeweihten: Die beiden oben liegenden Messer sind noch von Fehrekampf. Die unteren beiden Lignum3 sind von seinen Nachfolgern.

Edit sagt: Alle vier Messer wurden/werden ausschließlich als "blaugepließtet" angeboten und verkauft, bei ständig steigenden Preisen.

Grüße,

Peter
 

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Jetzt mal bitte noch eine weiter gehende Erklärung für nicht Metalurgen:

Was ist denn da der Unterschied? Rein optisch gesehen finde ich die "neuen" Messer "schöner".

Klärt mich mal bitte einer auf :oops:
 
Hallo,

bezieht sich das auf mich?
Kann ja sein dass wir fast zeitgleich gepostet hatten...

Das Design ist eine Sache. Und immer Geschmackssache.

Schneiden tun die Windmühlenmesser auch. Egal ob sie 1960, 1990 oder 2020 produziert wurden/werden.

Aber schneiden können die Messer bereits nach dem ersten Grundschliff auf der Kessel'schen Schleifmaschine. Da sind sie nachher ja schon dünngeschliffen und nagelgehend.
Du brauchst im Prinzip nur noch eine saubere Fase anzuschleifen (2x übers Schleifband) und einen Griff ranzupappen, dann ist das Schneidwerkzeug fertig und kostet vielleicht 10-25 EUR.

Beim Dünnschliff spielt die Stahlsorte eine geringere Rolle als bei anderen Klingengeometrien, da schneidet (übertrieben gesagt) sogar dünn geschliffenens Hartholz.

Alles was danach kommt, sind Verschönerungsarbeiten und Kosmetik. Das ganze Pließten und Ausmachen "macht" aber den Löwenanteil am Verkaufspreis aus, welcher leicht über 100 EUR liegen kann.

Und hier setzt mannigfaltige Kritik ein. Denn die beworbenen "blauen" (blaugepließteten) Messer sind nicht mehr blau !!! Kosten aber immer noch viel Geld. Mit einem blaugepließteten Messer erwirbst Du ein bestimmtes Oberflächenfinish, eine Politur mit bestimmten Reflexionseigenschaften (Spiegelglanz).

Den Begriff "blaugepließtet" kannte vor 10 Jahren noch kein Mensch. Der wurde erst mit dem "Blaupließter aus Solingen" populär. Inzwischen verwendet ihn halb Solingen, ohne jedoch entsprechende Qualität zu liefern. Er verkauft sich eben gut, der Spruch. Seit dem Tod von Herrn Fehrekampf ist das Blaupließten praktisch mit zu Grabe getragen worden. Ich habe aus neuer Produktion seitdem kein einziges (!) blaues Messer mehr gesehen, und ich hatte Hunderte in Händen.

Viele Grüße,

Peter
 

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"Beim Dünnschliff spielt die Stahlsorte eine geringere Rolle als bei anderen Klingengeometrien, da schneidet (übertrieben gesagt) sogar dünn geschliffenens Hartholz." Das kann ich 100% ig unterschreiben. Das entspricht meiner Erfahrung. Auch Messer mit relativ weichen Stählen schneiden absolut gut wenn sie dünngeschliffen sind. Schnitthaltig sind sie auch, jedenfalls ausreichend, weil man sie bloß kurz abziehen muss, damit sie wieder rasieren. Man muss lediglich mit hartem Schneidgut aufpassen z.B. harte Brotkruste, da kann es schon sein, dass sich der weiche Stahl umlegt. Ist aber auch kein Weltuntergang und meistens schon mit dem Stahl wieder zu beheben.

"Alles was danach kommt, sind Verschönerungsarbeiten und Kosmetik." Den Eindruck habe ich bei deinen Vergleichsbildern auch bekommen. Die neueren sehen einfach so aus als würde der letzte Verarbeitungsschritt, das letzte Finish fehlen. Na gut man sieht auf den neueren auch "wolkige" Stellen, die auf ungleichmäßigen Druck beim Schleifen schließen lassen. Aber im großen und ganzen sieht es so aus, als würde man das mit dem letzten Verarbeitungsschritt beheben können.

"Und hier setzt mannigfaltige Kritik ein. Denn die beworbenen "blauen" (blaugepließteten) Messer sind nicht mehr blau !!! Kosten aber immer noch viel Geld. Mit einem blaugepließteten Messer erwirbst Du ein bestimmtes Oberflächenfinish, eine Politur mit bestimmten Reflexionseigenschaften (Spiegelglanz)." Spiegelglanz wäre wohl eher durch eine Spiegelpolitur zu erreichen, wie das z.B. Kai macht. Blaugepließtet wäre wohl eher ein blauschimmernd glänzendes Schliffbild. Im Gegensatz zu Spiegelpolitur sieht man noch ein Schliffbild. Die Kritik ist aber berechtigt. Es wird, wie so oft, mit einer Leistung geworben, die nicht erbracht wird.

Ich muss aber ganz ehrlich sagen, dass mir der Dünnschliff wichtiger ist als das blaugepließtete Finish, das eh vergänglich ist und nach dem ersten Jahr langsam aber sicher immer mehr verkratzt. Wenn das keiner mehr kann, weil das eine arbeitsaufwendige und sehr viel Können erfordernde Tätigkeit ist (alte Spezialmaschinen, Lederscheiben, mit Öl gemischter Sand als Schleifmedium), dann ist eine Ära eben vorbei und die bleibt durch Mogeleien nicht am Leben. Dann soll man sich lieber Gedanken machen, wie man auf andere Weise ein ansprechendes Finish erreichen kann.

Das mit dem traditionellen Handwerk ist so eine Sache, denn Herder produziert immer noch für den ganz normalen Markt und nicht direkt für Messerliebhaber. Die bedienen sich eher bei den Messermachern im Lande. Also muss Herder auch schauen, für welchen Arbeitsgang sie wie viel Arbeit aufwenden wollen. Das wäre nur anders, wenn der Staat oder eine Stiftung sich entscheiden würde: "das Blaupließten ist Kulturgut und soll erhalten bleiben" Dann müsste aber auch das Geld fließen, um einen ganzen Berufsstand wieder zu etablieren. So wie es aussieht will das aber niemand.

Zum Schluß noch Danke dafür, dass du so anschauliche Bilder gebracht hast, an denen man den Unterschied von blaugepließteten und nicht blaugepließteten Klingen gut nachvollziehen kann.
 
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