Ein neuer Tag, Zeit für neue Bilder, heute das Bareiss *** (Claus-Peter Lumpp) mit à la Carte statt Menü.
Das Hotel Bareiss ist eine Institution und neben der Traube Tonbach vermutlich der wichtigste Grund, warum das kleine Schwarzwalddorf unter Gourmets weltweit bekannt ist. Seit 15 Jahren ist das Restaurant Bareiss mit *** ausgezeichnet und damit im ständigen Wettbewerb zur benachbarten Schwarzwaldstube. Schon das Äußere lässt erahnen, das es sich hier nicht um ein hippes Designhotel handelt.
Betritt man das Hotel Bareiss, ist es eine Zeitreise in die Bundesrepublik der 70er, in die deutsche Spießigkeit nach den Gründerjahren:
Holzvertäfelte Decken und Wände, Kuckucksuhren, grüne Teppiche und schwere Lüster erinnern an eine längst vergangene Zeit. Ergänzt um eine Deko irgendwo zwischen Rokoko und Laura Ashley ergibt das Ganze ein ziemlich einzigartiges „Gesamtkunstwerk“ wie es vermutlich nur im sehr konservativen Süden Deutschlands möglich ist.
Vermutlich entspricht all das ziemlich genau dem Klischee, wie sich US-Amerikaner „Bavaria“ jenseits der Lederhosen vorstellen. Das muss man nicht unbedingt mögen, aber es gibt offensichtlich genug Gäste, denen so etwas gefällt, denn das Hotel ist gut gebucht.
Dieser Stil setzt sich im Restaurant fort, das ziemlich exakt dem früheren Klischee eines Sternerestaurants entspricht. Doppelte weiße Tischdecken, Silber-Besteck und -Deko, Kassettendecke sowie schwarz livrierte Kellner mit Fliege – das perfekte Ambiente um einen Erstbesucher der Spitzengastronomie vollkommen einzuschüchtern.
Erfreulicherweise löst sich diese bedrückende Atmosphäre beim ersten Kontakt mit dem Service des Bareiss auf, der nicht nur souverän, sondern gemessen am Louis-Quinze-Ambiente recht locker und humorvoll agiert. Wurde einem im Hotel noch der Zugang zum Restaurant verwehrt, weil man nicht vollzählig war , ist im Gourmetrestaurant von dieser leicht versnobten Steifheit nichts mehr zu spüren.
So konnte der Mittag beginnen, mit einem guten Champagner aus der sehr gut bestückten Weinkarte
Der Anrichtstil der Amuse, passt zum Ambiente
wobei die Maki-Rolle darauf wie ein Fremdkörper wirkt.
Glücklicherweise war damit der Retro-Teil beendet und es ging nun auch optisch mit dem 21. Jahrhundert weiter
Die Amuse waren nett, jedoch nicht sonderlich erinnerungswürdig, eine gute Einstimmung mit Säure und Frische.
Hätten wir das Menü gewählt, wäre es vermutlich so weitergegangen. Gänge wie
Marinierter Kingfisch mit Yuzu und Rettich
Schwarzfederhuhn mit Quiona
Lauwarmer Ziegenkäse mit Pinienkernkruste
klangen nicht nur untypisch für ein so klassisches Haus im Schwarzwald, sie weckten auch wenig Vorfreude auf das Menü. Nach Studium der Karte wäre mehr als eine 8,5/10 für das Menü schon eine echte Überraschung gewesen. Ganz anders die à la Carte-Karte, die wie ein kulinarisches Füllhorn klang, exemplarisch die
Terrine von marmorierter Gänseleber mit gesalzenem Karamell und Portwein
Törtchen von gebrannter Gänselebercrème und Haselnüssen
Gänseleberpraline mit Sesam
Gebratene Gänseleber mit glaciertem Apfel und Calvados
Gänselebereis mit Kakaobohnenstreusel
Das ist kein Gang, das ist ein ganzes Menü! Die Gänseleber auf 5 Arten dekliniert, kalt und warm, salzig, süß und bitter, mit Crunch und Schmelz, mit Röstaromen und Wein - ich wüsste nicht, wie man dieses Thema noch umfassender darstellen könnte. Ein Produkt in all seinen Facetten, Zubereitungsarten und Aromen-Kombinationen so herauszuarbeiten ist großartig. Schafft man es dann noch, eine Verbindung zwischen den Komponenten zu schaffen und das ganz als kleines Menü zu servieren, ist das schlicht Weltklasse und eine 10/10.
Jedes dieser Elemente war für sich genommen stark, aber die Kombination brachte alles auf ein höheres Level. War die hervorragende Gänseleber aus dem Menügang zu Beginn für sich genommen, vielleicht ein gute 9/10, so waren die Beilagen dann nochmals stärker und die Kombination daraus dann so, dass es einen fast sprachlos zurück lies - besser geht es wohl kaum.
Die Produkt-Deklination, die wegen der unterschiedlichen Temperaturen häufig nacheinander serviert wurde, ergab ein Menü mit einem Spannungsbogen. Meist war der Start mit dem Gang aus dem "offiziellen" Menü gar nicht so spektakulär, aber mit jedem neuen à Part Teller steigerte sich der der Gang, bis er schließlich mit dem Akkord aus allen Variationen seinen Höhepunkt erreichte. So wurde dann aus einer anfänglichen 8,5 am Ende eine 9,5, wenn das "Gesamtkunstwerk" auf dem Tisch stand, der dadurch immer sehr gut gefüllt war.
Vergleichbar zur Gänseleber ging es dann mit den anderen Gängen weiter.
Saibling in Traubenkernöl konfiert mit schwarzem Rettich Bachkresse und eingelegten Radieschen
Rosette vom Saiblingsfilet mit Frühlingskräutervinaigrette und Saiblingskaviar
Tatar vom Saibling mit Zitronenöl, und Sauerrahmgelee
Der Saibling in einer großartigen Qualität, perfekt gegart und toll in Szene gesetzt, klare 9,5
Lauwarmer bretonischer Hummer mit Ur-Karotten, Ingwer und Earl Grey
Hummertatar mit Chicorée, Safran und Zitrusfrüchten
Hummergratin „Thermidor“
War der erste Hummergang vielleicht eine 9,0 steigerte sich das Gericht mit jedem Teller und war mit dem letzten servierte Mini-Gang, der mal wieder die stärkste Komponente war, insgesamt eine 9,5 (abgerundet)
Seezungenfilets in Croûtons gebraten auf glacierten Spargelspitzen und Hollandaise
Seezungenfilet mit Spargelrisotto, Orangenblütensauce und roh mariniertem grünen Spargel
Konfierte Seezungenstreifen mit Spargelsalat, Kaviar, Eigelbcrème und Frühlingskräutern
Dieser Gang wurde nacheinander als dreigängiges Menü serviert (weshalb es auch kein Gesamtbild gibt). Der Start war relativ unspektakulär, aber auch hier war der letzte Teller das Highlight. Angefangen bei einer 8,5 und einer 9,5 am Ende, war der Gang insgesamt eine 9,0
Bretonischer Steinbutt mit Ochsenmark und Sherry poéliert mit gebratenen Lauchschoten und Morcheln
Steinbuttbrandade mit gebratenen Steinbuttstreifen, Morcheln und Sherrygel
Konfierter Steinbutt mit Frühlingsgemüse Cassolette und Morchelsud
"The same procedure as every course? - Yes James" : Starker Anfang, der dann von Teller zu Teller gesteigert wurde - 9,5
Nach alle diesen Highlights kam dann der Hauptgang
Gebratene Taubenbrust mit braisiertem Sellerie Feigentatar und Tonkabohnenglace
Essenz von der Taube mit Taubenfilet und Trüffel
Ragoût von der Taubenkeule mit Royal Brioche und Gänselebersauce
Auch dieser Gang kam nacheinander und ist ein exemplarische Beispiel, um den Unterschied zwischen à la Carte und Menü zu erklären. Die Miéral Excellence-Taube aus der Bresse ist das Produkt, was fast alle ***-Köche nutzen. Wir hatten diese Taube innerhalb weniger Wochen bei Thomas Schanz als à la Carte und bei Christian Bau im Menü. Die Qualität aller drei Tauben war vermutlich die selbe und über Garung und Jus muss man bei Köchen dieses Kalibers nicht sprechen. Der Unterschied auf diesem absoluten Spitzenniveau ist es tatsächlich, wie man das Produkt in Szene setzt. Das machen erstgenannte Köche hervorragend (9,5) aber das letzte μ ist es, das Produkt wie im Bareiss zu deklinieren. Der Menü-Teller war eine gute 9, eine perfekte Taube schön in Szene gesetzt. Die Taubenessenz war mit ihrer Tiefe aber dann zum Niederknien und die Gänselebersauce zur Taubenkeule dann das I-Tüpfelchen, das aus diesem Gang eine 10/10 machte. So etwas kann man natürlich nicht in einem Menü realisieren, weshalb ich dankbar bin, dass es noch ein paar letzte à la Carte-Restaurants in D gibt.
Zeit für das Dessert
Zartbitterschokolade mit Erdbeeren Pekanusscrème, Zitronenthymian und Erdbeersorbet
Erdbeergranité mit Zitronen-Ginschaum
Kokosparfait mit Erdbeeren und Yuzu-Shisosorbe
Auch beim Dessert setzt sich das à la Carte-Konzept mit verschiedenen à Part fort. Eine schöne Kombination, 9,0
Weiße Schokolade mit Rhabarber, Butterstreusel und Sauerklee
Vacherin von Cheesecake Crème und Rhabarbersorbet
Rhabarberragoût mit Hibiskus auf Mandelsavarin und Rhabarbereis
Ein starker Schlusspunkt, eine klare 9,5 für dieses komplexe Dessert.
Das Ende des Menüs war natürlich nicht das Ende des Tages, weshalb der Käsewagen Pflicht war:
Danach war es Zeit für ein paar Digestif
gefolgt von den Petit Fours
Zum Abschluss gab es dann noch Espresso und Tee
so dass ein großartiger Lunch am sehr späten Nachmittag sein Ende fand, weil wir die letzten Gäste im Lokal waren
aber nochmals einen Blick in die Küche werfen konnten
Als Wegzehrung gab es dann noch Kuchen
so das wir entspannt den Heimweg antreten konnten
Fazit:
Es ist schon verrückt: Eigentlich ist das Bareiss ein Synonym für all das, was ich in Gastronomie und Hotellerie nicht mag. Diese Spießigkeit, diese sakrale Atmosphäre und ein Ambiente, das traumatische Kindheitserinnerungen weckt . Dazu eine Menü-Karte, die abgesehen von ein paar modernen Buzzwords noch irgendwo im letzten Jahrhundert steht und ein Service, der wie zu einer Hochzeit (oder Beerdigung? ) gekleidet ist. Was mache ich also hier? Die Antwort ist einfach:
F*CK, das war (nach CB) das beste Essen in D (9,5) der letzten 2 Jahre und vermutlich auch einige Zeit darüber hinaus. Es ist schon fast eine Ironie, dass man auf moderne Techniken und Produkte verzichtet, die fast alle andern Spitzenköche verwenden. Stattdessen setzt man hier auf eine klassische Küche in der Tradition von Ducasse im Louis XV. oder Haeberlin - Allerbeste Produkte bis ins letzte Detail herausgearbeitet. Das entspricht nicht dem Zeitgeist von 20gängigen Brainstorming-Menüs und Fusion-Küche, aber so konsequent zu Ende gedacht bin ich froh, dass es noch ein paar letzte Verteidiger des à la Carte-Lunch gibt.
Das Bareiss ist natürlich auf seine Art aus der Zeit gefallen und es wird wohl nie ein Hotspot für Foodies werden. Das Ambiente ist noch schräger als bei CB und es wirkt wie eine Reise in die Vergangenheit. So lange aber das Team rund um Claus-Peter Lumpp solch komplexe à la Carte Gänge anbietet, werden wir weiter die Atmosphäre ignorieren und uns des großartigen Essens (und nicht zuletzt der Weine) erfreuen. Insoweit ist ein Besuch mit à la Carte Gängen eine klaren Empfehlung, auch wenn es nicht ganz günstig ist.
Das Hotel Bareiss ist eine Institution und neben der Traube Tonbach vermutlich der wichtigste Grund, warum das kleine Schwarzwalddorf unter Gourmets weltweit bekannt ist. Seit 15 Jahren ist das Restaurant Bareiss mit *** ausgezeichnet und damit im ständigen Wettbewerb zur benachbarten Schwarzwaldstube. Schon das Äußere lässt erahnen, das es sich hier nicht um ein hippes Designhotel handelt.
Betritt man das Hotel Bareiss, ist es eine Zeitreise in die Bundesrepublik der 70er, in die deutsche Spießigkeit nach den Gründerjahren:
Holzvertäfelte Decken und Wände, Kuckucksuhren, grüne Teppiche und schwere Lüster erinnern an eine längst vergangene Zeit. Ergänzt um eine Deko irgendwo zwischen Rokoko und Laura Ashley ergibt das Ganze ein ziemlich einzigartiges „Gesamtkunstwerk“ wie es vermutlich nur im sehr konservativen Süden Deutschlands möglich ist.
Vermutlich entspricht all das ziemlich genau dem Klischee, wie sich US-Amerikaner „Bavaria“ jenseits der Lederhosen vorstellen. Das muss man nicht unbedingt mögen, aber es gibt offensichtlich genug Gäste, denen so etwas gefällt, denn das Hotel ist gut gebucht.
Dieser Stil setzt sich im Restaurant fort, das ziemlich exakt dem früheren Klischee eines Sternerestaurants entspricht. Doppelte weiße Tischdecken, Silber-Besteck und -Deko, Kassettendecke sowie schwarz livrierte Kellner mit Fliege – das perfekte Ambiente um einen Erstbesucher der Spitzengastronomie vollkommen einzuschüchtern.
Erfreulicherweise löst sich diese bedrückende Atmosphäre beim ersten Kontakt mit dem Service des Bareiss auf, der nicht nur souverän, sondern gemessen am Louis-Quinze-Ambiente recht locker und humorvoll agiert. Wurde einem im Hotel noch der Zugang zum Restaurant verwehrt, weil man nicht vollzählig war , ist im Gourmetrestaurant von dieser leicht versnobten Steifheit nichts mehr zu spüren.
So konnte der Mittag beginnen, mit einem guten Champagner aus der sehr gut bestückten Weinkarte
Der Anrichtstil der Amuse, passt zum Ambiente
wobei die Maki-Rolle darauf wie ein Fremdkörper wirkt.
Glücklicherweise war damit der Retro-Teil beendet und es ging nun auch optisch mit dem 21. Jahrhundert weiter
Die Amuse waren nett, jedoch nicht sonderlich erinnerungswürdig, eine gute Einstimmung mit Säure und Frische.
Hätten wir das Menü gewählt, wäre es vermutlich so weitergegangen. Gänge wie
Marinierter Kingfisch mit Yuzu und Rettich
Schwarzfederhuhn mit Quiona
Lauwarmer Ziegenkäse mit Pinienkernkruste
klangen nicht nur untypisch für ein so klassisches Haus im Schwarzwald, sie weckten auch wenig Vorfreude auf das Menü. Nach Studium der Karte wäre mehr als eine 8,5/10 für das Menü schon eine echte Überraschung gewesen. Ganz anders die à la Carte-Karte, die wie ein kulinarisches Füllhorn klang, exemplarisch die
Terrine von marmorierter Gänseleber mit gesalzenem Karamell und Portwein
Törtchen von gebrannter Gänselebercrème und Haselnüssen
Gänseleberpraline mit Sesam
Gebratene Gänseleber mit glaciertem Apfel und Calvados
Gänselebereis mit Kakaobohnenstreusel
Das ist kein Gang, das ist ein ganzes Menü! Die Gänseleber auf 5 Arten dekliniert, kalt und warm, salzig, süß und bitter, mit Crunch und Schmelz, mit Röstaromen und Wein - ich wüsste nicht, wie man dieses Thema noch umfassender darstellen könnte. Ein Produkt in all seinen Facetten, Zubereitungsarten und Aromen-Kombinationen so herauszuarbeiten ist großartig. Schafft man es dann noch, eine Verbindung zwischen den Komponenten zu schaffen und das ganz als kleines Menü zu servieren, ist das schlicht Weltklasse und eine 10/10.
Jedes dieser Elemente war für sich genommen stark, aber die Kombination brachte alles auf ein höheres Level. War die hervorragende Gänseleber aus dem Menügang zu Beginn für sich genommen, vielleicht ein gute 9/10, so waren die Beilagen dann nochmals stärker und die Kombination daraus dann so, dass es einen fast sprachlos zurück lies - besser geht es wohl kaum.
Die Produkt-Deklination, die wegen der unterschiedlichen Temperaturen häufig nacheinander serviert wurde, ergab ein Menü mit einem Spannungsbogen. Meist war der Start mit dem Gang aus dem "offiziellen" Menü gar nicht so spektakulär, aber mit jedem neuen à Part Teller steigerte sich der der Gang, bis er schließlich mit dem Akkord aus allen Variationen seinen Höhepunkt erreichte. So wurde dann aus einer anfänglichen 8,5 am Ende eine 9,5, wenn das "Gesamtkunstwerk" auf dem Tisch stand, der dadurch immer sehr gut gefüllt war.
Vergleichbar zur Gänseleber ging es dann mit den anderen Gängen weiter.
Saibling in Traubenkernöl konfiert mit schwarzem Rettich Bachkresse und eingelegten Radieschen
Rosette vom Saiblingsfilet mit Frühlingskräutervinaigrette und Saiblingskaviar
Tatar vom Saibling mit Zitronenöl, und Sauerrahmgelee
Der Saibling in einer großartigen Qualität, perfekt gegart und toll in Szene gesetzt, klare 9,5
Lauwarmer bretonischer Hummer mit Ur-Karotten, Ingwer und Earl Grey
Hummertatar mit Chicorée, Safran und Zitrusfrüchten
Hummergratin „Thermidor“
War der erste Hummergang vielleicht eine 9,0 steigerte sich das Gericht mit jedem Teller und war mit dem letzten servierte Mini-Gang, der mal wieder die stärkste Komponente war, insgesamt eine 9,5 (abgerundet)
Seezungenfilets in Croûtons gebraten auf glacierten Spargelspitzen und Hollandaise
Seezungenfilet mit Spargelrisotto, Orangenblütensauce und roh mariniertem grünen Spargel
Konfierte Seezungenstreifen mit Spargelsalat, Kaviar, Eigelbcrème und Frühlingskräutern
Dieser Gang wurde nacheinander als dreigängiges Menü serviert (weshalb es auch kein Gesamtbild gibt). Der Start war relativ unspektakulär, aber auch hier war der letzte Teller das Highlight. Angefangen bei einer 8,5 und einer 9,5 am Ende, war der Gang insgesamt eine 9,0
Bretonischer Steinbutt mit Ochsenmark und Sherry poéliert mit gebratenen Lauchschoten und Morcheln
Steinbuttbrandade mit gebratenen Steinbuttstreifen, Morcheln und Sherrygel
Konfierter Steinbutt mit Frühlingsgemüse Cassolette und Morchelsud
"The same procedure as every course? - Yes James" : Starker Anfang, der dann von Teller zu Teller gesteigert wurde - 9,5
Nach alle diesen Highlights kam dann der Hauptgang
Gebratene Taubenbrust mit braisiertem Sellerie Feigentatar und Tonkabohnenglace
Essenz von der Taube mit Taubenfilet und Trüffel
Ragoût von der Taubenkeule mit Royal Brioche und Gänselebersauce
Auch dieser Gang kam nacheinander und ist ein exemplarische Beispiel, um den Unterschied zwischen à la Carte und Menü zu erklären. Die Miéral Excellence-Taube aus der Bresse ist das Produkt, was fast alle ***-Köche nutzen. Wir hatten diese Taube innerhalb weniger Wochen bei Thomas Schanz als à la Carte und bei Christian Bau im Menü. Die Qualität aller drei Tauben war vermutlich die selbe und über Garung und Jus muss man bei Köchen dieses Kalibers nicht sprechen. Der Unterschied auf diesem absoluten Spitzenniveau ist es tatsächlich, wie man das Produkt in Szene setzt. Das machen erstgenannte Köche hervorragend (9,5) aber das letzte μ ist es, das Produkt wie im Bareiss zu deklinieren. Der Menü-Teller war eine gute 9, eine perfekte Taube schön in Szene gesetzt. Die Taubenessenz war mit ihrer Tiefe aber dann zum Niederknien und die Gänselebersauce zur Taubenkeule dann das I-Tüpfelchen, das aus diesem Gang eine 10/10 machte. So etwas kann man natürlich nicht in einem Menü realisieren, weshalb ich dankbar bin, dass es noch ein paar letzte à la Carte-Restaurants in D gibt.
Zeit für das Dessert
Zartbitterschokolade mit Erdbeeren Pekanusscrème, Zitronenthymian und Erdbeersorbet
Erdbeergranité mit Zitronen-Ginschaum
Kokosparfait mit Erdbeeren und Yuzu-Shisosorbe
Auch beim Dessert setzt sich das à la Carte-Konzept mit verschiedenen à Part fort. Eine schöne Kombination, 9,0
Weiße Schokolade mit Rhabarber, Butterstreusel und Sauerklee
Vacherin von Cheesecake Crème und Rhabarbersorbet
Rhabarberragoût mit Hibiskus auf Mandelsavarin und Rhabarbereis
Ein starker Schlusspunkt, eine klare 9,5 für dieses komplexe Dessert.
Das Ende des Menüs war natürlich nicht das Ende des Tages, weshalb der Käsewagen Pflicht war:
Danach war es Zeit für ein paar Digestif
gefolgt von den Petit Fours
Zum Abschluss gab es dann noch Espresso und Tee
so dass ein großartiger Lunch am sehr späten Nachmittag sein Ende fand, weil wir die letzten Gäste im Lokal waren
aber nochmals einen Blick in die Küche werfen konnten
Als Wegzehrung gab es dann noch Kuchen
so das wir entspannt den Heimweg antreten konnten
Fazit:
Es ist schon verrückt: Eigentlich ist das Bareiss ein Synonym für all das, was ich in Gastronomie und Hotellerie nicht mag. Diese Spießigkeit, diese sakrale Atmosphäre und ein Ambiente, das traumatische Kindheitserinnerungen weckt . Dazu eine Menü-Karte, die abgesehen von ein paar modernen Buzzwords noch irgendwo im letzten Jahrhundert steht und ein Service, der wie zu einer Hochzeit (oder Beerdigung? ) gekleidet ist. Was mache ich also hier? Die Antwort ist einfach:
F*CK, das war (nach CB) das beste Essen in D (9,5) der letzten 2 Jahre und vermutlich auch einige Zeit darüber hinaus. Es ist schon fast eine Ironie, dass man auf moderne Techniken und Produkte verzichtet, die fast alle andern Spitzenköche verwenden. Stattdessen setzt man hier auf eine klassische Küche in der Tradition von Ducasse im Louis XV. oder Haeberlin - Allerbeste Produkte bis ins letzte Detail herausgearbeitet. Das entspricht nicht dem Zeitgeist von 20gängigen Brainstorming-Menüs und Fusion-Küche, aber so konsequent zu Ende gedacht bin ich froh, dass es noch ein paar letzte Verteidiger des à la Carte-Lunch gibt.
Das Bareiss ist natürlich auf seine Art aus der Zeit gefallen und es wird wohl nie ein Hotspot für Foodies werden. Das Ambiente ist noch schräger als bei CB und es wirkt wie eine Reise in die Vergangenheit. So lange aber das Team rund um Claus-Peter Lumpp solch komplexe à la Carte Gänge anbietet, werden wir weiter die Atmosphäre ignorieren und uns des großartigen Essens (und nicht zuletzt der Weine) erfreuen. Insoweit ist ein Besuch mit à la Carte Gängen eine klaren Empfehlung, auch wenn es nicht ganz günstig ist.