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[Fermentation] Koji-Garum

DarkRoast

Simplicissimus On_Hiatus
10+ Jahre im GSV
Als ich unlängst wieder durch ein schon etwas älteres Effilee-Heft (#52) geblättert habe, stieß ich auf folgende Bemerkung von Felix Schneider:
»Vier Forellenköpfe gebe ich in ein kleines Glas, mische das mit Salz, Wasser und zum Beispiel Gersten-Koji und lasse das bei Raumtemperatur stehen. Das kostet weder Zeit noch Arbeit oder Energie.«
Na das klingt ja äußerst einfach. Der Haken dabei: Es dauert etwa 6-9 Monate, bis das Garum fertig ist. :(

Gestern ereilte uns wieder einmal ein Anruf des Fischzüchter-Ehepaars unseres Vertrauens ereilte, mit der hocherfreulichen Nachricht, daß es wieder "a scheens Fischal gabat". Also beschloß ich diesmal - anstatt der traditionellen "Fischsuppe" :D - ein Garum anzusetzen. Schließlich hatte ich schon seit langem damit geliebäugelt.

Das "scheene Fischal" kam gerade aus dem Wasser, als wir es abholten und war tatsächlich ein Prachtexemplar mit 2,3kg (nein, die Koncis habe ich vorher austariert! :D)...
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Dementsprechend goß war auch der Kopf, der zusammen mit dem Rückgrat und der Schwanzflosse die Basis für mein Garum bilden soll:
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Auf die Verwendung der restlichen Innereien - wie beim klassischen Garum üblich - habe ich bewußt verzichtet, die Enzyme für die Zerlegung der Proteine bringt in diesem Fall das Koji ein.

Im Noma-Guide ist eine etwas schnellere Variante von Koji-Garum beschrieben, bei dem die Fermentation nur(!) 10 Wochen dauert, allerdings findet diese bei 60°C statt. Nun ist zwar Geduld nicht unbedingt die ausgeprägteste meiner Tugenden :rolleyes:, aber das ist mir dann energetisch doch ein bißchen zu aufwändig. Deshalb habe ich mich für eine Kombination der beiden Varianten entschieden: Ein oder zwei Tage bei 60°C, sozusagen als Kickstarter für die Enzyme, danach bei Raumtemperatur...
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Zwischenstand nach etwa 24h...
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tbc.
 
Garum ist mutmaßlich eine der ältesten verwendeten Würzsoßen. Zumindest im europäischen Raum. Erfunden in Karthago, gelangte es über Sizilien ins römische Reich und erfreute sich dort anscheinend großer Beliebtheit und wurde auch in größerem Ausmaß produziert.

Traditionell wurde Garum in Karthago aus den damals reichen Fischbeständen des Mittelmeers erzeugt, die Fische wurden einfach zerteilt und - samt Innereien - mit Salz in Kalksandstein-Gefäße eingelegt und diese einfach in der Sonne stehen gelassen. In den Innereien der Fische enthaltene Enzyme - hauptsächlich Proteasen und Lipasen - sorgten dafür, daß sich die Eiweißstrukturen und Fettzellen von Muskeln und Haut aufzulösen begannen. Der Fisch fermentierte sich quasi selbst, technisch gesehen müßte man daher eher von einer Autolyse als von einer Fermentation sprechen. Nach einigen Monaten - die Rede ist von 6 - 9 - war dieser Vorgang weitestgehend abgeschlossen, das fertige Autolysat konnte abgeseiht und verwendet werden.

Ein Überbleibsel dieser Garum-Tradition findet sich in Europa heute lediglich noch als "Colatura di Alici" aus Cetara in der Region Salerno an der italienischen Westküste. In Asien bilden derartige Fischsoßen nach wie vor einen Eckpfeiler der authentischen Würzung.
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In China scheint man schon sehr früh einen etwas anderen Weg gegangen zu sein, in traditionellen Jiangs (z.B. Dou Ban Jiang) wurden schon sehr früh Pilze wie Aspergillus als Enzymlieferanten für die Zerlegung der Proteine in einfache(re) Aminosäuren eingesetzt.

Die Herstellung von Garum mit Hilfe von Koji-Pilzen - wie z.B. von Noma propagiert - kann daher als eine Art Synthese antiker europäischer und asiatischer Traditionen gesehen werden. Ein anscheinend nicht unbeträchtlicher Vorteil der Verwendung durch Koji eingebrachter Enzyme anstelle der fischeigenen Enzyme ist, daß der Geruch des Endproduktes angeblich deutlich weniger "gewöhnungsbedürftig" ist, als der von traditionell hergestellten Fischsoßen. Ich bin also gespannt!
 
Hatte das garum Thema auch schonmal im kopf allerdings sollte man da den Salza Teil unter 60c° um einiges erhöhen. Hatte es dann erstmal verworfen
 
...allerdings sollte man da den Salza Teil unter 60c° um einiges erhöhen.

Bei Felix Schneider sind es 13% Salz für eine Fermentation bei Raumtemperatur,...
Im Sosein wird gedämpftes Protein mit zehn Prozent Koji-Getreide und dreizehn Prozent Salz fermentiert, wobei eine haltbare, kräftige Würzsauce entsteht.

im "Noma-Guide" werden 12% für eine Fermentation bei 60°C angegeben...
The high salt content (about 12% by weight), coupled with the high temperature, creates an environment that nearly all food-borne pathogens can’t tolerate.
und im "Beef-Garum"-Rezept sind es dann tatsächlich nur 10,6%.

Der Unterschied ist also nicht allzu hoch. Daß die Salz-Konzentration während einer Fermentation bei Raumtemperatur etwas höher gewählt wird, ist aber durchaus nachvollziehbar, denn in dem Fall hält das Salz - und die dadurch reduzierte Wasseraktivität - unerwünschte Mikroorganismen in Schach, während bei 60°C die Hitze zumindest einen Teil dieser Aufgabe übernimmt.
 
Was es alles gibt 😊

Ich musste „Garum“ erst mal gogglen 🙄

Viel Erfolg 👍
 
Bei Felix Schneider sind es 13% Salz für eine Fermentation bei Raumtemperatur,...


im "Noma-Guide" werden 12% für eine Fermentation bei 60°C angegeben...

und im "Beef-Garum"-Rezept sind es dann tatsächlich nur 10,6%.

Der Unterschied ist also nicht allzu hoch. Daß die Salz-Konzentration während einer Fermentation bei Raumtemperatur etwas höher gewählt wird, ist aber durchaus nachvollziehbar, denn in dem Fall hält das Salz - und die dadurch reduzierte Wasseraktivität - unerwünschte Mikroorganismen in Schach, während bei 60°C die Hitze zumindest einen Teil dieser Aufgabe übernimmt.
Ich bin auf deine Ergebnisse gespannt👌
 
...und dann habe ich noch diese Schnellversion gefunden:

Will It Garum?
Dankeschön, das ist sehr interessant! Anscheinend ging der Impuls dafür von einem Noma-Beitrag auf Instagram aus...

Ich weiß zwar noch nicht genau, wie ich das einordnen kann, aber ich bin schon am recherchieren.
 
Dankeschön, das ist sehr interessant! Anscheinend ging der Impuls dafür von einem Noma-Beitrag auf Instagram aus...

Ich weiß zwar noch nicht genau, wie ich das einordnen kann, aber ich bin schon am recherchieren.
Auf jeden Fall ist es schräg
 
Jetzt sind es etwa 6 Wochen und das Garum steht immer noch auf der Fensterbank. Heute habe ich ihm wieder einmal etwas Aufmerksamkeit geschenkt. Das Reis-Koji schwimmt nicht mehr an bzw. nahe der Oberfläche, sondern sinkt immer stärker ab.
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Der Geruch ist (noch?) überhaupt nicht widerlich und geschmacklich finde ich es sogar ziemlich gut. Und schon ziemlich intensiv...

Es bleibt also spannend... :D
 
Jetzt sind es etwa 6 Wochen und das Garum steht immer noch auf der Fensterbank. Heute habe ich ihm wieder einmal etwas Aufmerksamkeit geschenkt. Das Reis-Koji schwimmt nicht mehr an bzw. nahe der Oberfläche, sondern sinkt immer stärker ab.
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Der Geruch ist (noch?) überhaupt nicht widerlich und geschmacklich finde ich es sogar ziemlich gut. Und schon ziemlich intensiv...

Es bleibt also spannend... :D
Mal schauen ob du das ganze überlebst😂

Spaß bei Seite, das Bild ist mal echt krass.
 
:hmmmm:Sagmermal "ich bin äußerst vorsichtig interessiert" an dem was Du da experimentell an B-Waffenfähigem herum-quaksalberst ... 8-)
 
:hmmmm:Sagmermal "ich bin äußerst vorsichtig interessiert" an dem was Du da experimentell an B-Waffenfähigem herum-quaksalberst ... 8-)
Naja, bei vielen italienischen Gerichten nehm ich recht gerne ein oder zwei Sardellenfilets dazu, die ich "einschmelzen" lasse. Gelegentlich auch ein paar Tropfen "Colatura di Alici" (siehe Beitrag #3 oben). Das Garum läßt sich anstelle dessen verwenden, da bin ich jetzt sehr zuversichtlich...
 
Der "Witz" an der Sache ... vor etwa 3 Wochen sah ich im TV eine Archäologie-Doku zum Thema Karthago und Garum ... Seitdem bin ich angefixt. Asiatische Fischsaucen oder "Maledivfish" (fermentierte Fischpaste/in SriLanka so genannt) kenne und schätze ich sowieso schon.
 
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