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Pizza Canotto - hoch hydrierte Pizzateige

Es ist fast ein Jahr ohne Beiträge vergangen :-( Ich habe hier viel gelernt und möchte mit euch ein Video teilen wo ein Teig mit ca. 73% Hydration aus 50% Biga hergestellt wird. Frohes Neues euch allen!
Ich habe festgestellt, dass man weder Biga noch Hydration über 70% benötigt für eine schöne Canotto.

Ich nutze dieses Rezept mit genau 70% Hydration und Caputo Nuvola (Super):

https://www.grillsportverein.de/for...za-napoletana-rezept-mit-62-hydration.335134/
 
Ich habe festgestellt, dass man weder Biga noch Hydration über 70% benötigt für eine schöne Canotto.
Der Vorteil eines lange geführten Biga liegt IMHO eher darin, daß man selbst mit den geschmacksneutralen Caputo Mehlen wenigstens ein bißchen Geschmack in den Teig bekommt...
 
Der Vorteil eines lange geführten Biga liegt IMHO eher darin, daß man selbst mit den geschmacksneutralen Caputo Mehlen wenigstens ein bißchen Geschmack in den Teig bekommt...
Da gebe ich dir völlig Recht, aber den anderen Teig lasse ich auch 3 Tage gehen.

Und um das geschmackslose Caputo zu kompensieren ersetze ich 20% des Mehls mit frisch gemahlenem Weizen.

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Da gebe ich dir völlig Recht, aber den anderen Teig lasse ich auch 3 Tage gehen.
Was ist "der andere Teig"? Ich habe ja auch nur selten Teige, mit weniger als 3 Tagen Gare. Der Vorteil des Biga - im Vergleich mit einem Poolish, z.B. - bei langen Garen ist m.E., daß durch die niedrigere Hydration einerseits die LAB weniger Essigsäure erzeugen und andererseits auch die Enzymaktivität etwas gebremst ist.

Und um das geschmackslose Caputo zu kompensieren ersetze ich 20% des Mehls mit frisch gemahlenem Weizen.
Das ist ein guter Anfang... :thumb2:
 
Servus,

ich habe mich mehrfach an das Thema Biga herangetastet, über anteilige Verwendung, Mischung von Biga mit Autolyseteig, bis hin zur 100% Variante. Zu behaupten, dass man das alles mit einfach geführten Teigen erreichen kann - dem würde ich mich nicht mehr anschließen. Jede Zubereitungsart bringt ihre spezifischen Ergebnisse hervor. Mittlerweile bin ich sehr oft mit der 100% Variante unterwegs, hier bekommt man über den Biga einerseits ein sehr tolles Aroma in den Teig, auf der anderen Seite kann man die Wasseraufnahme gegenüber einfach geführten Teigen steigern. Im Ergebnis bekommt man dann sehr aromatische und luftig-leichte Pizzen.

Der Weg dorthin hat mich aber ziemlich viele Rückschläge gekostet und der Erfolg stellt sich auch mit 1x machen nicht ein. Mein grobes Ausgangssetting ist:

12h Biga mit 0,2% Hefe und 45% Hydration für ca. 12h (in der früh ansetzen), Temperaturbereich 14-18°
Hauptteig abends ansetzen
Gare über Nacht im Kühlschrank
Stückgare ca. 4-5h
 
Ach ja, das habe ich noch vergessen:

Eine lange Führung des Hauptteiges bringt nur Nachteile mit sich. Mit meinem Halbwissen erkläre ich mir das so: Die Hefen arbeiten im Biga deutlich gebremst: Einerseits im eher kühlen Umfeld, dazu noch mit wenig Wasser. Nun kneten wir den Hauptteig, die Temperatur steigt im Teig und dazu herrschen plötzlich ideale Verhältnisse. Das ist wie, als wenn bei Vollgas endlich die Handbremse gelöst wird. Endlich dürfen die Hefen ordentlich arbeiten, was diese dann auch tun. Gibt man diesen zu viel Zeit, treten die negativen Effekte, in dem Fall des Zuckers ziemlich deutlich zu Tage. Man sieht sehr oft, dass Biga Teige mit Brandblasen übersäht, die Pizzen aber eher blass sind. Das muss man im Auge behalten und ggf. gegensteuern. Viele Pizzaiolos tun das mit Malzzugabe, Honig ist meine bevorzugte Methode.
 
Lieben Dank für die Erklärungen, macht auch für mich als Mikrobiologe absolut Sinn:-)

Wie es der Zufall will habe ich gestern einen Biga angesetzt um entweder Sonntag Mittag oder Abend Pizza zu machen. I.d.R. verwende ich 100 % Biga, dieses Mal sind jedoch nur 50 % geplant, dafür kommt in den Hauptteig noch 10 % Kamut. Vorgesehene Hydration entweder 65 oder 70 %.

Normalerweise lasse ich den Hauptteig noch länger gehen (>24 h im KS), aber Deinen Ausführungen folgend wäre es vermutlich besser die Gare des Biga-Teigs zu verlängern (ggf. auch im Kühlschrank statt bei 18°C) und erst ca 16 - 18 h vorher den Hauptteig zu machen, wobei die letzten 4 - 5 h davon die Stückgare sein werden?

Nochmals besten Dank:-)
 
Servus,

eine längere Bigaphase im Kühlschrank würde zumindest noch stärker bremsen - es gibt ja viele die arbeiten genau so. Es gibt ja auch den Ansatz, einer sehr langen Bigaphase, Hauptteig, sehr kurze Stockgare von vielleicht einer Stunde und dann portionieren und backen. Das ist insofern - wieder theoretisch gesprochen - vorteilhaft, weil in der kurzen Phase die negativen Effekte nicht zu Tage treten. Allerdings denke ich, muss man mit der Hefemenge dann ein Stück weit rauf.

Es führen da viele Wege nach Rom, ich für meinen Teil habe mir das mit den 12+24h auch deswegen so zurechtgebogen, weil das am besten in meinen Tagesablauf passt. Teig vor der Arbeit vorbereiten, abends dann Hauptteig machen. Am Backtag nur noch abstechen und Stückgare.

Letztendlich sollte man das Ergebnis im Auge behalten. Wenn der Rand eher blass bzw. fast weiß ist und viele sehr schwarze Stellen darauf sind, dann ist das immer ein Zeichen dafür, dass die Hefen den verfügbaren Zucker durch haben. Auch sollte man im Hinterkopf haben, dass hier der Wechsel der Mehlsorte sehr schnell komplett andere Ergebnisse bringt.
 
Hm, das klingt interessant. Habe noch nicht darauf geachtet. D.h. Der Teig schmeckt am Ende weniger sauer?
Ja. Wenn man alles andere gleich läßt...
Das hab ich mich auch gefragt.
Also einen hoch hydrierten Teig kürzer gehen lassen als mit weniger Flüssigkeit?
Ja. Wenn man alles andere gleich läßt...

Wenn der Rand eher blass bzw. fast weiß ist und viele sehr schwarze Stellen darauf sind, dann ist das immer ein Zeichen dafür, dass die Hefen den verfügbaren Zucker durch haben.
Ganz so einfach ist es nicht. Die Mikroorganismen (in erster Linie LAB und Hefen) können nur (einfache) Zucker "fressen", wenn die Enzyme (hier: Amylasen) welche erzeugen. Mit anderen Worten: Die Enzymaktivität des Mehls ist der entscheidende Faktor, aus dem Zusammenspiel von Enzymen und MO ergibt sich dann, wieviel (reduzierende) Zucker für die Maillard Reaktionen übrig bleiben. Außerdem braucht's dafür auch einfache Aminosäuren (die von den proteolytischen Enzymen aus dem Gluten) erzeugt werden. Es ist alles ziemlich kompliziert... ;)

Es macht IMHO auch nicht viel Sinn zu sagen, dieser oder jener Teil der Gare sollte länger oder kürzer sein, man muß die Gare immer in ihrer Gesamtheit sehen. Gerade bei Broten arbeite ich sehr oft mit einer langen, kalten Stockgare.

Ausschlaggebend für die Geschwindigkeit bzw. Dauer der Gare sind immer das verwendete Mehl (Glutenzusammensetzung & Enzymaktivität), Hydration, Triebmittel (Menge und Aktivität) sowie Temperatur.
 
Servus Walter,

das bringt es natürlich noch viel genauer auf den Punkt. Villeicht sollte man dazu noch anmerken, dass diese ganzen Prozesse ab dem Zeitpunkt anfangen, wenn man das Wasser zum Mehl dazu gibt. Für mich heißt das im Fall Biga, dass selbst bei geringer Hefeaktivität die Amylasen fleissig arbeiten, d.h. die längerkettigen Zucker werden schon mal in mundgerechte Häppchen zerlegt. Sobald man nun in die Phase des Hauptteiges kommt, ändern sich ja die Bedingungen und die Hefen finden nun bereits den Zucker so vor, wie diese am liebsten haben. Damit verläuft die Gare anders, als wenn man einen direkten Teig macht.

Aber ich gebe dir Recht, es wird schnell kompliziert, je tiefer man in die Materie einsteigt. Die wichtigste Erkenntnis daraus ist nur, dass man die richtigen Schlüsse daraus zieht und wie du schreibst, die Gare entsprechend anlegst.

Was ich heute festgestellt habe ist, dass ich in dem Thread damals viele Erkenntnisse erlangt habe... Wahnsinn wie die Zeit vergeht. Ich muss das alles mal in Ruhe nochmals lesen.

Ach ja, zufällig :D habe ich heute früh Biga angesetzt. Mit den Mehlen musste ich etwas improvisieren, den gleichen Mix wie beim letzten Mal funktioniert leider nicht, da mir mein Integrale ausgegangen ist und das Amalfi nun aus ist. Also habe ich einen Mix aus Kamut/Amalfi/L5S.
 
Villeicht sollte man dazu noch anmerken, dass diese ganzen Prozesse ab dem Zeitpunkt anfangen, wenn man das Wasser zum Mehl dazu gibt.
Ja, das habe ich seinerzeit in diesem Thread schon erwähnt...
Es beginnt damit, daß die im Getreide bzw. Mehl vorhandenen Enzyme - unmittelbar nach der Zugabe des Wassers - beginnen, Stärke, Proteine (und Fette) zu zerlegen. Die entstehenden Abbauprodukte - insbesondere die aus der Stärke gewonnenen kurzkettigen Zucker - dienen dabei einerseits den Mikroorganismen die mit dem Triebmittel eingebracht wurden (idealerweise hauptsächlich LAB und Hefen) als Nahrung und Grundlage für ihre Vermehrung. Andererseits stellen diese enzymatischen Abbauprodukte - nämlich einfache (reduzierende) Zucker und einfache Aminosäuren - die Ausgangsstoffe für die Maillard- (=Bräunungs-)Reaktionen beim Backen dar...
 
Inspiriert durch die Beiträge der letzten Tage habe ich es auch spontan wieder getan😄
Gestern Abend noch schnell einen biga angesetzt, 1kg Mehl und 450ml Wasser.
Heute morgen dann in der ankarsrum ausgeknetet mit 25g Salz und nochmal 280 ml Wasser, also 73% hydration.
Ist jetzt noch in der stockgare. Werd ihn gleich portionieren, das er so gegen 17-18 Uhr gebacken wird.
 
so - der Thread ist fast 5 Jahre alt - hier jüngste Ergebnisse. 100% Biga, Mehlmix aus L5S ora, Pizzuti Amalfi, Kamut frisch gemahlen, 75% Hydration.
Hallo Alex,
bitte nicht steinigen, aber was bedeutet genau 100% Biga und 75% Hydration. Vielleicht kannst Du kurz auf das Rezept und die Vorgehensweise eingehen?
Deine Pizza ist echt der Hammer!
 
Mit letztlich doch nur 65 % Hydration zwar nicht wirklich Canotto bei meinem Versuch, trotzdem für meine Verhältnisse recht gut geworden... Oder zählt Regen evtl. auch zur Hydration dazu ? 😆
Heute hat der Ardore selbst bei Sturm gezeigt was er kann :-D

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Hallo Alex,
bitte nicht steinigen, aber was bedeutet genau 100% Biga und 75% Hydration. Vielleicht kannst Du kurz auf das Rezept und die Vorgehensweise eingehen?
Deine Pizza ist echt der Hammer!

Servus,

nun - ich glaube dass ich diesbezüglich noch nie was in aller ausführlichkeit geschrieben habe, aber dazu gibt es mittlerweile zig Videos bei Youtube. Am besten bei den üblichen verdächtigen anfangen z.B. bei Vito Iacopelli.

Grob: Biga ist ein Vorteig, welcher sehr trocken angesetzt wird, in meinem Fall mit 45% Wasser (Hydration) zur Mehlmenge. Dabei vermengt man das ganze nur zu Brösel (sieht man im Beitrag darüber). Nachdem der Vorteig gereift ist, knetet man dieses Schluck für Schluck bis zur gewünschten Hydration hoch - bei mir 75% Wasser im Bezug auf die Mehlmenge.

Warum der Aufwand? Zum einen entwickelt sich ein unglaubliches Aroma. Zudem bildet sich der Bigaphase das Gluten sehr fest aus, durch das "hochkneten" erhält man einen extrem stabilen Teig, der bei zu kurzer Gare eher kontraproduktiv störrisch sein kann. So halten sich auch die Gase im Teig ziemlich gut, was diesen unglaublichen Rand ergibt.
 
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