Hervé
Hervé
Einen Herve kann man nicht verstecken. Sein intensiver Duft durchdringt alles. Schon seine weiche, bräunlich-rosa schimmernde Rinde verheißt pikanten Genuss. Aufgeschnitten verrät er dem Kenner, was ihn erwartet: Je cremiger er ist und je tiefer seine Cremigkeit in das Zentrum reicht, umso kräftiger der Geschmack. Die besten dürfen sich traditionell muri ä coeur nennen, »bis zum Herzen gereift«.
In der Regel verblüfft die Käseberühmtheit aus dem Osten Belgiens, nahe bei Aachen, durch ihr charakteristisches, jedoch ausgesprochen mildes Aroma. Heute wird Herve meist angeboten, wenn er vier Wochen alt und noch mild ist. Nach zwei Monaten hat er einen kräftigeren Geschmack. Die gesetztesten, die nur noch trocken gewendet werden, die Remoudous, benötigen zusätzliche Geduld. Was den Herve zu einer Besonderheit werden lässt, ergibt sich aus verschiedenen Faktoren.
Zum einen ist das Pays de Herve eine auf rund 200 Metern gelegene Hochebene mit tonkalkigen Böden. Was hier an Gräsern wächst, hat bereits einen eigenen Charakter, der sich auf die Milch auswirkt. Das Klima I sorgt dafür, dass es in den Kellern immer feucht und gleichmäßig temperiert bleibt -ideale Bedingungen für Bakterien und Hefe¬pilze, die sich das ganze Plateau eroberten. Sie sind überall: in der Luft, im Wasser, in Molkereien und Reifekellern.
Frischgemolkene Milch wird wie üblich erhitzt und mit Lab geimpft. Ist die Molke abgelaufen, gibt der Bauer den Käseteig auf einen Stahltisch zwischen Holzplanken. So tropft der Teig zwei Tage lang ab, formt sich und wird hart, während er mehrere Male gewendet wird. Dann schneidet der Bauer den Käse in Würfel, die später 200 oder 400 Gramm auf die Waage bringen. Nach einem Bad in Salzlake, das drei, auch fünf Stunden dauert, hat der fermier sein Werk getan. Es sei denn, er wolle den Käse selbst reifen lassen, meist besorgt dies der affineur. Zu diesem Zeitpunkt ist der Käse schon mit dem Rotferment infiziert.
Die Keller, ob sie seit Jahrhunderten oder erst seit Jahren dienen, sind Brutstätten dieser Fermente. Selbst im Wasser, mit dem die Käse dreimal in der Woche abgerieben werden, existieren sie. Sie breiten sich auf der Oberfläche der Käse aus und sorgen für ihre Reife. Allmählich dringen sie weiter und weiter in sein Inneres vor. Dabei bauen sie die Säure des Frischkäses ab und entwickeln ihre Geschmackskomponenten. Und wie bei jeder großen kulinarischen Spezialität entstehen so ganz eigene Aromen, die eben nur Käse aus dem Pays de Herve aufweisen.